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Kategorie:

Kartell

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

25 Kt 10/22s


Bekannt gemacht am:

21.03.2024

Entscheidungsdatum:

27.03.2023


Über die Antragsgegnerinnen wird wegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV in Form von kartellrechtswidrigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausch mit Mitbewerbern im Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich Hoch‑ und Tiefbau in weiten Teilen Österreichs im Zeitraum von zumindest Juli 2002 bis Oktober 2017 eine Geldbuße in der Höhe von EUR 27,15 Millionen zur ungeteilten Hand verhängt.
Begründung:
Über die Antragsgegnerinnen wird wegen einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV in Form von kartellrechtswidrigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausch mit Mitbewerbern im Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich Hoch‑ und Tiefbau in weiten Teilen Österreichs im Zeitraum von zumindest Juli 2002 bis Oktober 2017 eine Geldbuße in der Höhe von EUR 27,15 Millionen zur ungeteilten Hand verhängt.
Begründung:
 
Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) beantragte die Verhängung einer Geldbuße gemäß § 29 Z 1 lit a und d KartG in Höhe von EUR 27,15 Mio über die Antragsgegnerinnen.
Zusammengefasst brachte die BWB vor, die Antragsgegnerinnen hätten sich jahrzehntelang nahezu im gesamten österreichischen Bundesgebiet an einheitlichen und fortgesetzten kartellrechtswidrigen Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Bauvorhaben im Hoch- und Tiefbau beteiligt, wobei beinahe sämtliche Sparten der Bauwirtschaft im Bereich Hoch- und Tiefbau betroffen gewesen seien. Die Gesamtzuwiderhandlung habe kartellrechtswidrige Preisabsprachen, Marktaufteilungen und den Austausch wettbewerbssensibler Informationen, wie beispielsweise die Abstimmung über zukünftiges Verhalten bei Angebotsabgaben und die Bildung kartellrechtswidriger Arbeits- und Bietergemeinschaften (ARGE und BIEGE) mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Hoch- und Tiefbau, zu dem auch der von der Gesamtzuwiderhandlung besonders betroffene Straßenbau zu zählen sei, umfasst. Die Gesamtzuwiderhandlung habe sich im Zeitraum von zumindest Juli 2002 bis Oktober 2017 über nahezu das gesamte Bundesgebiet Österreichs erstreckt. Die beteiligten Bauunternehmen haben jahrelang und systematisch den Wettbewerb in der Bauwirtschaft ausgeschaltet bzw haben diesen in erheblichem Ausmaß reduziert. In einem kontinuierlichen System kartellrechtswidriger bi- und multilateraler Kontakte haben sich die beteiligten Bauunternehmen gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen verholfen, ohne befürchten zu müssen, von einem günstigeren Angebot unterboten zu werden. Dies habe dem gemeinsamen Ziel gedient, den Wettbewerb bei Ausschreibungen zu minimieren oder auszuschließen, um sich so unter anderem Marktanteile zu sichern.
Das etablierte System, die große Anzahl der betroffenen Bauvorhaben (in der Folge: BVH), die lange Dauer und die Selbstverständlichkeit, mit der es zu den wettbewerbsbeschränkenden Handlungen gekommen sei, weise einen hohen Unrechtsgehalt auf, da Ausschreibungen gerade dem Zweck dienen würden, faire und transparente Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Die Absprachen der Mitbewerber haben das zentrale Ziel von Ausschreibungen vereitelt, nämlich die Möglichkeit für den Auftraggeber eine unabhängige und unbeeinflusste Wahl zu haben.
Die Antragsgegnerinnen seien an der Gesamtzuwiderhandlung in erheblichem Ausmaß beteiligt gewesen. Sie haben an zahlreichen kartellrechtswidrigen bi- und multilateralen Kontakten teilgenommen und seien in der Lage, gewesen, die Umstände der Gesamtzuwiderhandlung maßgeblich mitzuprägen. Sie seien dabei in weiten Teilen Österreichs unmittelbar an kartellrechtswidrigen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt gewesen. Aufgrund ihrer zentralen Beteiligung an der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung seien die Antragsgegnerinnen zur Gruppe der Hauptbeteiligten zu zählen.
Um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und so unter anderem Marktanteile zu sichern, haben die Antragsgegnerinnen mit Bauunternehmen, die mit ihnen im Wettbewerb stehen, ihre Preise und ihr Verhalten bei Angebotsabgaben abgestimmt. So sei rangierend auf die Abgabe wettbewerbsfähiger Angebote verzichtet worden (sogenanntes „Zurückstehen“), indem entweder kein Angebot, oder ein bewusst überhöhtes Angebot (sog. Deckangebot oder auch kartellintern als „Fahne“ bezeichnet) gelegt worden sei. Die kartellrechtswidrigen Handlungen haben auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit basiert, wonach der Zurückstehende bei späteren Aufträgen selbst durch entsprechendes Verhalten der anderen beteiligten Bauunternehmen zum Auftrag gelangt sei und so insgesamt alle beteiligten Bauunternehmen von dem mangelnden Wettbewerb der Reihe nach profitiert haben.
Dieses Prinzip der Gegenseitigkeit sei zum Teil durch die Vereinbarung von Ausgleichszahlungen oder anderen Ausgleichsleistungen für die „Zurückstehenden“ zusätzlich verstärkt worden. Teilweise sei auch eine Aufteilung der BVH auf der Grundlage von Quoten (sog fixer Schlüssel) erfolgt, die den historischen Marktanteilen der jeweiligen beteiligten Unternehmen entsprochen haben. Neben solchen Kundenaufteilungen sei es auch zu Aufteilungen von Gebieten gekommen. So habe in manchen Regionen Einigkeit darüber bestanden, welches Bauunternehmen für Ausschreibungen in welchem Gebiet zuständig sei.
Als kartellstabilisierende Maßnahmen seien ein Punktesystem und Ausgleichsleistungen eingeführt worden. Im Punktesystem sei jedes Bauvorhaben bewertet worden und die gesammelten Punkte zwischen den Mitbewerbern saldiert worden. Anhand dieser Punkte seien dann die weiteren Aufträge verteilt worden oder allenfalls Differenzen monetär ausgeglichen worden, und zwar durch Ausgleichszahlungen, Subaufträge (zB im Sinne einer Beteiligung am BVH), Bildung einer ARGE, oder durch Lieferung oder Abnahme von Leistungen unter bevorzugten Konditionen (darunter Asphaltmischgut, sonstiges Material, Personal und Geräte).
Im Rahmen der wettbewerbswidrigen Aufteilung des Marktes durch die Antragsgegnerinnen und ihren Mitbewerbern sei auch das Instrument der ARGE genutzt worden. So seien ARGE gegründet worden, die nicht als wirtschaftlich zweckmäßig und kaufmännisch vernünftig einzustufen gewesen seien, um an der jeweiligen Ausschreibung teilnehmen zu können.
Solche ARGE seien als Schnittstelle für die Festsetzung eines gemeinsamen Angebotspreises und zur Aufteilung des Auftrages genutzt worden. Darüber hinaus sei es zur Beteiligung von Bauunternehmen an einer ARGE als sog stille ARGE-Partner gekommen. Bei dieser Konstellation seien nicht alle Partner als solche nach außen und gegenüber dem Auftraggeber in Erscheinung getreten, seien aber im Innenverhältnis Beteiligte der ARGE gewesen. Diese habe insbesondere dazu gedient, die Vorgaben des Auftraggebers in Bezug auf die Höchstzahl der zugelassenen ARGE-Partner zu umgehen. Kartellrechtswidrige Vereinbarungen seien im Straßenbau auch wiederholt im Rahmen der Zusammenarbeit in Asphaltmischanlagen getroffen worden. Die Aufteilung sei zumeist nach Mischguttonnen, in seltenen Fällen auch nach der Anzahl der Projekte oder nach dem Umsatzvolumen auf dem jeweiligen Straßenbaumarkt erfolgt.
Die Umsetzungshandlungen seien an die regionalen Gegebenheiten und die betroffene Bausparte angepasst worden. Es sei zu regelmäßigen oder anlassbezogenen Gesprächsrunden, zu bilateralen Kontaktaufnahmen per Telefon, E-Mail oder Fax und dem Versenden von Deckangeboten gekommen.
Auf diese Weise sei über Jahre im Zeitraum von zumindest Juli 2002 bis Oktober 2017 ein österreichweites Kollusionssystem gewachsen, das dazu geführt habe, dass sich die beteiligten Bauunternehmen über das jeweilige Anbots- und Marktverhalten abstimmen und informieren haben können.
Dieses System sei durch die Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen von ihren jeweiligen Vorgängern übernommen worden. Neu eintretende Mitarbeiter seien in das bestehende „System“ eingeführt und ihnen seien die Spielregeln erklärt worden.
Nachdem 2017 Hausdurchsuchungen auch bei den Antragsgegnerinnen durchgeführt worden seien, haben diese in der Folge Stellungnahmen abgegeben. Am 19.7.2022 sei ein Anerkenntnis von den Antragsgegnerinnen abgegeben worden, in dem sie den von der Antragsstellerin vorgebrachten Sachverhalt außer Streit gestellt und die in Aussicht gestellte Geldbuße akzeptiert haben. Auch die rechtliche Qualifikation als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung sei anerkannt worden. Dazu hätten die Antragsgegnerinnen eine Liste mit 952 BVH, die explizit als von kartellrechtswidrigen Absprachen unter Beteiligung der Antragsgegnerinnen betroffen anerkannt worden seien und die den gesamten antragsgegenständlichen Zeitraum abdecken würden, vorgelegt.
Zur Ausmittlung der beantragten Geldbuße brachte die BWB vor, dass ausgehend davon, dass die Mehrzahl der betroffenen BVH dem Straßenbau zuzuordnen seien, der Umsatz in diesem Geschäftsbereich des letzten vollständigenGeschäftsjahrs vor der Beendigung der Zuwiderhandlung, nämlich desGeschäftsjahres 2016/2017, herangezogen worden sei und daraus ein Grundbetrag ermittelt worden sei. Unter Anwendung eines Multiplikators wegen der langen Dauer der Zuwiderhandlung habe dies einen Betrag von EUR 95,25 Mio ergeben. Davon seien Abzüge wegen der Kooperation der Antragsgegnerinnen als Kronzeugin iSd § 11b WettG sowie für die einvernehmliche Verfahrensbeendigung durch Abgabe des Anerkenntnisses und wegen der Einführung eines zertifizierten Compliance Systems und der Reorganisation der gemeinschaftlich betriebenen Asphaltmischanlagengesellschaften vorgenommen worden. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren werde die beantragte Geldbuße von EUR 27,15 Mio als angemessen angesehen.
In rechtlicher Hinsicht sei davon auszugehen, dass die Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen Einschränkungen des Wettbewerbs iSd § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV bezweckt hätten und damit eine Kernbeschränkung darstellten. Der Begriff „Vereinbarung“ laut § 1 KartG und Art 101 AEUV sei weit auszulegen. Die Zwischenstaatlichkeit sei zu bejahen, da sich die Gesamtzuwiderhandlung auf das gesamte österreichische Bundesgebiet erstreckt habe und betroffene Projekte regelmäßig EU-weit bekannt gemacht und ausgeschrieben worden seien. Damit sei neben innerstaatlichem Recht auch Unionsrecht anzuwenden.
Die getroffenen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen seien als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung zu qualifizieren, da im Rahmen eines Gesamtplans eine Vielzahl rechtswidriger aufeinanderfolgender Verhaltensweisen gesetzt worden seien und die beteiligten Unternehmen – in der überwiegenden Mehrzahl seien dieselben Unternehmen involviert gewesen - ein gemeinsames kartellrechtswidriges Ziel verfolgt haben, nämlich durch bi- und multilaterale Kontakte das Risiko des Wettbewerbs zu minimieren oder auszuschließen, um sich gegenseitig zu Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und sich so Marktanteile zu sichern.
Der Bundeskartellanwalt schloss sich dem Antrag und dem Vorbringen der Antragstellerin an.
Die Antragsgegnerinnen stellten das Tatsachenvorbringen der Antragstellerin außer Streit. Sie akzeptierten die von der Antragstellerin vorgenommene Geldbußenbemessung als angemessen.
Feststellungen:
Auf Grund der Urkunden Beilagen ./A - ./X8 und der Außerstreitstellungen steht folgender Sachverhalt fest:
1. Antragsgegnerinnen
Die Erstantragsgegnerin, FN 83175t, ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Edlbacherstraße 10, 4020 Linz. 50,99% der Anteile sind im Eigentum der HPB - Holding GmbH, 18,95% der Anteile im Eigentum der Alexandra Hova GmbH, 18,95% der Anteile im Eigentum der Catherine Hova GmbH und 11,11% der Anteile im Eigentum der Thumersbacher Geräteverleih Gesellschaft m.b.H.. Die Erstantragsgegnerinist Muttergesellschaft einer Vielzahl von Tochtergesellschaften. Die Aktivitäten erstrecken sich auf alle Sparten des Bauwesens: Hochbau, Straßen- und Brückenbau, Bahnbau und Tunnelbau.
Im Wirtschaftsjahr 2021/22 wurde ein weltweiter Umsatz iHv rund EUR 3,7 Mrd erzielt, wovon mit EUR 2,26 Mrd. mehr als die Hälfte der Umsätze in Österreich erzielt wurden.
Die Zweitantragsgegnerin, FN 223787z, ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in der Südtirolerstraße 4, 4020 Linz und ein 100%iges Tochterunternehmen der Erstantragsgegnerin. Sie ist in den Bereichen Hochbau (Umbau und Sanierung, Betonbau, Gewerbe- und Industriebau, GU-Bau, sonstiger Hochbau), Tiefbau (Kanalbau, Gas- und Wasserleitungsbau, Kabelbau) sowie Rohrbau(Rohrleitungsbau/Schweißtechnik) tätig. Das Betätigungsgebiet erstreckt sich von Oberösterreich über Niederösterreich bis Wien und Salzburg und die nördliche Steiermark.
Fallweise werden Arbeiten auch im ganzen Bundesgebiet durchgeführt.
Die Drittantragsgegnerin, FN 93173w, ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in der Brunner Straße 43, 3830 Waidhofen an der Thaya und ist ebenfalls ein 100%iges Tochterunternehmen der Erstantragsgegnerin. Die Drittantragsgegnerin ist in folgenden Bereichen tätig: Betonbau (Brückenbau, Fundamentierungsarbeiten, industrielle Betonbauten aller Art, Betonsanierungsmaßnahmen), Straßenbau (Erdbau, Außenanlagen, Asphaltierungsarbeiten), Deponiebau (Abdichtungsarbeiten) und Wasserbau (Retentionsmaßnahmen, Hochwasserschutz, Kleinwasserkraftwerke). Das geographische Tätigkeitsfeld der Kontinentale erstreckt sich über ganz Niederösterreich, Wien und bei Bedarf auch über benachbarte Bundesländer.
2. Ermittlungsverfahren
Im Mai 2017 führte die BWB aufgrund des vom Kartellgericht erlassenen Hausdurchsuchungsbefehls Hausdurchsuchungen bei den Antragsgegnerinnen gemäß § 12 Abs 1 WettbG durch. Am 26.6.2017 stellten die Antragsgegnerinnen ein Ersuchen nach § 11b WettbG (Antrag auf Setzung des Markers für den Kronzeugenstatus). In der Folge brachten die Antragsgegnerinnen weitere Stellungnahmen und Ergänzungen zu den Stellungnahmen ein. Am 21.7.2021 übermittelte die BWB den Antragsgegnerinnen eine Mitteilung der Beschwerdepunkte und forderte zum Abschluss der von den Antragsgegnerinnen laufenden Aufarbeitung auf. Am 19.7.2022 gaben die Antragsgegnerinnen ein Anerkenntnisab (Beilage ./M), in dem der von der BWB in den Beschwerdepunkten vorgebrachte Sachverhalt zu den Wettbewerbsverstößen außer Streit gestellt wurde. Dem Anerkenntnis war eine Liste von 952 BVH angeschlossen, bei denen die kartellrechtswidrigen Absprachen bei diesen BVH von den Antragsgegnerinnen zugestanden wurden.
3. Betroffener Wirtschaftszweig:
Die Zuwiderhandlung betraf den Wirtschaftszweig der Bauwirtschaft bzw das Baugewerbe. Dieser Wirtschaftszweig umfasst die Planungs- und Ausführungsleistungen an Bauwerken. Bauwerke sind Objekte, deren fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und die mit dem Boden kraftschlüssig verbunden sind. Dazu zählen etwa oberirdische Strukturen wie Gebäude, Wohnbauten, Gesundheitsbauten, Schulbauten oder Verwaltungsbauten. Darüber hinaus werden auch Verkehrsbauwerke wie Gehwege, Fußgängertunnel, Straßenbauwerke oder Bauwerke für den Schienenverkehr unter den Begriff Bauwerke subsumiert.
Der Hochbau ist jener Sektor der Bauwirtschaft, der sich mit der Planung und Errichtung von Bauwerken befasst, die mehrheitlich oberhalb der Geländelinie liegen. Im Hochbau werden grundsätzlich folgende Kategorien an Bauwerken unterschieden:
Wohnungsbau, Verwaltungsbau, Gebäude für das Gesundheitswesen, Gebäude für Lehre und Forschung, Stadthallen, Bürgerzentren, Museen, Theater, Sportstätten, Freizeitanlagen, Einkaufszentren, Kaufhäuser und Industrie- und Produktionsgebäude.
Damit fallen Wohngebäude, aber auch Büro- und große Industriegebäude sowie Wasserversorgungs-, Kanal- und Entwässerungsanlagen in den Bereich Hochbau. Keller und in den Boden eingelassene Fundamente gehören grundsätzlich nicht mehr zum Hochbau.
Der Tiefbau umfasst jene Bauwerke, die auf oder unter der Geländelinie errichtet werden.
Damit sind nicht nur Fundamente bzw die Gründung eines Bauwerks vom Tiefbau erfasst, sondern auch der Straßen-, der Eisenbahn-, Stollen- und Tunnelbau sowie der Erdbau, bei dem Boden abgetragen, bewegt und am Ende wieder verdichtet wird. Auch die Errichtung von Versorgungs- und Entsorgungsnetzen, wie Kanalisationen und Staudämme, ist dem Tiefbau zuzurechnen. Brücken werden auch dem Verkehrswegebau zugerechnet. Zum Tiefbau zählen grundsätzlich folgende Kategorien an Bauwerken: Grundbau bzw Fundamente, Verkehrswegebau, Kanalbau, Erdbau, Brückenbau, Tunnelbau, Wasserbau, Spezialtiefbau und Siedlungswasserwirtschaft.
Der Straßenbau als Teilbereich des Tiefbaus umfasst die Planung, die Herstellung und die Erhaltung von Straßen und Wegen für den Fuß- und Fahrzeugverkehr. Gegenstand des Straßenbaus sind Autobahnen und Schnellstraßen, Gemeinde- und Landesstraßen sowie Fußgänger- und Radwege. Da Österreich insbesondere über ein vergleichsweise dichtes Autobahn- und Schnellstraßennetz verfügt, nimmt der Straßenbau einen besonderen Stellenwert in der Bauwirtschaft ein.
Fast sämtliche Sparten der Bauwirtschaft im Bereich Hoch- und Tiefbau waren von der Gesamtzuwiderhandlung (wenn auch in unterschiedlicher Intensität) betroffen.
4. Kartellrechtswidrige Gesamtzuwiderhandlung:
Im Rahmen des Kartells wurden zwischen den beteiligten Bauunternehmen Absprachen getroffen mit dem Zweck, den Wettbewerb zu minimieren oder auszuschließen, um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und so Marktanteile zu sichern. Um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen, kam es zu Preisabsprachen, Marktaufteilungen, zum Austausch wettbewerbssensibler Informationen, wie etwa Abstimmungen über zukünftiges Verhalten bei Angebotsabgaben, sowie teilweise zur Bildung kartellrechtswidriger Arbeitsgemeinschaften und Bietergemeinschaften. Es handelte sich um ein das gesamte österreichische Bundesgebiet und eine sehr hohe Anzahl an Bauvorhaben betreffendes Kartell (Beilagen ./M, ./O, ./R, ./BB ./N3, ./A3, ./B4)
Die Antragsgegnerinnen und neun weitere Bauunternehmen waren Hauptbeteiligte an der Zuwiderhandlung, 44 weitere Bauunternehmen nahmen (aus derzeitiger Sicht) mit geringerer Intensität teil. Die Antragsgegnerinnen waren im Zeitraum von Juli 2002 bis Oktober 2017 in erheblichem Ausmaß beteiligt (Beilagen ./M, ./O, ./R, ./BB ./N3, ./A3, ./B4).
Den einzelnen wettbewerbsbehindernden Handlungen liegt ein Gesamtsystem zugrunde mit dem dahinterstehenden Gesamtplan der beteiligten Unternehmen, den Wettbewerb im Baubereich insgesamt zu minimieren oder auszuschließen, weshalb eine detailliert entwickelte Strategie, sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen, angewendet wurde, um so den Markt untereinander aufzuteilen. Die Antragsgegnerinnen und ihre an der Gesamtzuwiderhandlung beteiligten Mitbewerber haben über einen jahrelangen Zeitraum kontinuierlich und im Grundverständnis, sich jederzeit kontaktieren zu können, ihr Verhalten aufeinander abgestimmt und wesentliche Wettbewerbsparameter abgesprochen, um so untereinander bestehenden oder möglichen Wettbewerb zu beschränken bzw gänzlich auszuschließen. Die Auftraggeber führten über all die Jahre hinweg zum Teil aufwendige Ausschreibungen durch und zwar in der Annahme, dass Wettbewerb herrscht.
Die kartellrechtswidrigen Handlungen basierten auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit in der Erwartung, dass die bei den Ausschreibungen nicht zum Zug Gekommenen bei späteren Aufträgen selbst durch entsprechendes Verhalten der anderen beteiligten Bauunternehmen zum Auftrag gelangen und so insgesamt alle beteiligten Bauunternehmen von dem mangelnden Wettbewerb profitieren.
Dieses Prinzip wurde zum Teil durch die Vereinbarung von Ausgleichszahlungen oder anderen Ausgleichsleistungen zusätzlich verstärkt. Mitarbeiter beteiligter Unternehmen übernahmen („erbten“) dieses System von ihren jeweiligen Vorgängern, neu eintretende Mitarbeiter wurden in das bestehende System in Besprechungen eingeführt und ihnen die „Spielregeln“ erklärt. Bei einem Arbeitsplatzwechsel von einem Bauunternehmen zum Nächsten wurde dieses kollusive System mitgenommen und unter vorwerfbarer Unkenntnis oder sogar Duldung der Unternehmensleitung und Regionalleitungen angewendet. Spätestens ab Übernahme der Letztverantwortung für die Akquise von BVH übernahmen die Mitarbeiter der beteiligten Bauunternehmen, nämlich auch jene der Antragsgegnerinnen, die Methoden des kartellrechtswidrigen Preisabsprache- und Marktaufteilungssystems, in dem es zur abgesprochenen Aufteilung der Bauaufträge kam.
Über einen langen Zeitraum ist ein österreichweites Kollusionssystem gewachsen. Durch dieses allgemein etablierte System konnten die beteiligten Unternehmer sich mit Hilfe der ihnen bekannten und vereinbarten Vorgehensweisen über das jeweilige Angebots- und Marktverhalten abstimmen und informieren. Damit wurde über weite Strecken der Wettbewerb zwischen den beteiligten Bauunternehmen von vornherein ausgeschaltet und der Zweck von Ausschreibungen, nämlich der Erhalt einer objektiven Entscheidungsgrundlage für den Bauherrn durch Sichtung der konkurrierenden Angebote, unterwandert (Beilagen ./O, ./JJ, ./CC, ./MM, ./II, ./CC, ./D3, ./M).
5. Kommunikationsmuster:
Die Umsetzungshandlungen und -modi wurden an die regionalen Gegebenheiten und die betroffene Bausparte angepasst. Die Umsetzungshandlungen umfassten insbesondere bi- und multilaterale Kontakte in Form von regelmäßigen oder anlassbezogenen Gesprächsrunden, Kontaktaufnahmen per Telefon, E-Mail oder Fax und dem Versenden von Deckangeboten.
5.a. Multilaterale Kontakte
Es wurden Gesprächsrunden, abhängig vom Zeitpunkt der Ausschreibungen, je nach Bedarf ein- oder mehrmals im Jahr unter den Mitbewerbern organisiert. Diese fanden zumeist in einer der Niederlassungen der an den Absprachen beteiligten Bauunternehmen statt. Im Rahmen dieser Gesprächsrunden wurde das Bauunternehmen, das den Auftrag für ein bestimmtes BVH erhalten sollte, und dessen Abgabepreis festgelegt. Zudem wurde vereinbart, dass die zurückstehenden Mitbewerber ein Angebot abgeben, das über dem gemeinsam festgelegten Abgabepreis des designierten Auftragsempfängers liegt. Zum Teil wurden auch die Abgabepreise der zurückstehenden Mitbewerber vom designierten Auftragsempfänger vorgegeben (sog. Preisvorgabe) (Beilage ./N, ./Y, ./HH, ./V, ./II, ./JJ,./KK). Auch über E-Mail tauschte man sich über die Teilnehmer und die Termine für Gesprächsrunden aus. So lautete beispielsweise ein darauf bezugnehmendes Mail der Antragsgegnerinnen vom 22.7.2009 an einen Mitbewerber auszugsweise wie folgt (Beilage /.LL):
Protokoll zu baubesprechung vom 21/7/09
REGELN:
Es finden noch zusätzliche 5 Baubesprechungen zu nachstehenden einvernehmlich festgelegten terminen statt:
17/8/09 14.00 murhof beteff:fa swietelsky
01/09/09 13.00 murstätten beteff:fa H.
22/09/09 13.00 murtal betreff:fa L.
07/10/09 12.00 waltersdorf betreff: fa K.
20/10/09 11.00 tatzmannsdorf betreff fa H. incl nächtigung und festlegung der „prämie“ des knausrigsten und knausrigen Teilnehmers“
5.b. Bilaterale Kontakte
Bilaterale Gespräche zu wettbewerbssensiblen Themen wurden ergänzend zu den oben genannten größeren Gesprächsrunden, aber auch unabhängig davon geführt. Bilaterale persönliche Treffen fanden in Räumlichkeiten der Niederlassungen der an der Gesamtzuwiderhandlung beteiligten Bauunternehmen oder außerhalb dieser (zB auf Autobahnraststationen, Tankstellen, in Lokalen oder auf Baustellen) statt.
Die kartellrechtswidrigen bilateralen Kontakte wurden ua dazu genutzt, sich bei Mitbewerbern über die Interessenslage hinsichtlich bestimmter BVH zu informieren, konkrete Vorgehensweisen zu vereinbaren oder sich über zukünftiges Verhalten bei der Angebotsabgabe auszutauschen. Dabei trat man insbesondere mit jenen Mitbewerbern in Kontakt, die man bereits aus den Gesprächsrunden, von früheren kartellrechtswidrigen Kontakten, von Arbeitsgemeinschaften (ARGE) oder privat kannte.
Nach einer bilateralen Vereinbarung wurden zum Teil auch weitere Mitbewerber kontaktiert und ebenso miteinbezogen, indem diese etwa zum Zurückstehen bei einer bestimmten Ausschreibung aufgefordert wurden.
Zu kartellrechtswidrigen bilateralen Kontakten kam es auch oft im Rahmen von notwendigen Kontakten bei laufenden ARGE oder sonstigen Kooperationen wie zB Asphaltmischwerken, aber auch am Rande von Veranstaltungen der Bauwirtschaft (zB Veranstaltungen der GESTRATA-Gesellschaft zur Pflege der Straßenbautechnik mit Asphalt (Beilagen ./Y, ./HH, ./O, ./MM, ./Q, .//R, ./JJ, ./KK, ./NN)).
Die an den kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligten Bauunternehmen verzichteten zum Großteil bewusst auf Aufzeichnungen, oder vernichteten diese, sobald sie nicht mehr gebraucht wurden. Aufgrund der Dauer und Intensität der kartellrechtswidrigen Handlungen war es für die beteiligten Bauunternehmen jedoch organisatorisch nicht möglich auf jegliche Form von Aufzeichnung zu verzichten bzw alle Beweise zu vernichten (Beilagen ./P, ./R,. /BB, ./JJ, ./Q, ./II, ./NN, ./D3).
Kontakte per E-Mail wurden wohl primär aus Praktikabilitätsgründen für das Versenden von Deckangeboten genutzt (Beilagen ./Q, ./II).
Zumindest von zwei Mitarbeitern von Swietelsky wurde die nicht-personalisierte Emailadresse xxx, welche keine Rückschlüsse auf das Unternehmen zulassen sollten, für Absprachen verwendet (Beilagen ./G, ./C3).
6. Umsetzungshandlungsmuster und -modi
6.a. Preisabsprachen bei Ausschreibungen samt Deckangebote
Im Rahmen der Gesamtzuwiderhandlung wurden die in Ausschreibungen abzugebenden Preise vereinbart oder abgestimmt bzw es wurde besprochen, dass ein Mitbewerber überhaupt kein Angebot legen wird. Häufig kalkulierte jener Mitbewerber, welcher den Zuschlag erhalten sollte, den Angebotspreis für die zurückstehenden Mitbewerber und übermittelte diesen in Form eines Datenträgers per Email/Fax oder auch persönlich.
Die restlichen beteiligten Unternehmen boten in der Folge entweder zu einem höheren Preis oder gar nicht an (zurückstehende Mitbewerber). Oftmals kontaktierte der Initiator der Preisabsprache die zurückstehenden Mitbewerber und ließ ihnen fertige, höhere Leistungsverzeichnisse bzw vorausgefüllte Angebotsunterlagen (Deckangebote) zukommen, um den zeitlichen und finanziellen Aufwand der Mitbewerber bei der Angebotserstellung zu reduzieren (Beilagen /./N, ./O,. /P, ./B, /Q,. /R).
Die Übermittlung von Deckangeboten zielte darauf ab, die Auftragserteilung an einen zuvor bestimmten Mitbewerber so weit wie möglich zu gewährleisten. Jenes Bauunternehmen, das in Übereinstimmung mit den weiteren beteiligten Unternehmen zum Zug kommen sollte, übermittelte fertige, höhere Leistungsverzeichnisse bzw vorausgefüllte Angebotsunterlagen. Deckangebote wurden kartellintern auch als „Fahne“, „Ente“, oder „0-Lauf“ bezeichnet.
Die zurückstehenden Mitbewerber gaben sodann diese Deckangebote zum Schein als von ihnen eigens kalkulierte Angebote ab (Beilage ./M, ./OO, ./PP, ./Z, ./Q, ./G).
In handschriftlichen Aufzeichnungen wurden immer wieder ein Fahnensymbol oder das Wort „Fahne“ als Kennzeichen für die Übermittlung eines Deckangebots verwendet. Dadurch wussten die handelnden Personen unmittelbar, worum es ging (Beilagen ./RR, ./SS). Bei der Übermittlung von Deckangeboten per E-Mail wurde der Text in aller Regel kurz gehalten (Beilagen ./UU, ./VV, ./WW) und ein unverfänglicher Text verwendet (Beilagen ./VV, ./XX, ./YY, ./ZZ), wie zum Beispiel: “Wie besprochen der Datenträger„ (Beilage./VV).
6.b. Marktaufteilung
Im Rahmen der Gesamtzuwiderhandlung wurden auch Aufteilungen von Märkten besprochenund es erfolgte eine Aufteilung der BVH auf der Grundlage von Quoten (sog fixer Schlüssel), die häufig den historischen Marktanteilen der beteiligten Unternehmen entsprachen. Neben Kundenaufteilungen kam es auch zu Aufteilungen von Gebieten. So herrschte in manchen Regionen Einigkeit darüber, welches Bauunternehmen für Ausschreibungen in welchem Gebiet zuständig war. Die anderen Bauunternehmen standen bei diesen Ausschreibungen zurück(Beilagen ./N, ./S, ./R, ./T, ./U, ./L, ./V, ./W, ./X).
6.c. Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen:
Begleitend kam es zu einem laufenden Austausch wettbewerbssensibler Informationen, wie etwa über das zukünftige Verhalten bei Angebotsabgaben für Bauvorhaben. So wurde zwischen den Unternehmen das jeweilige Interesse an einzelnen Bauvorhaben „abgeklopft“, also ob jemand überhaupt Interesse an den entsprechenden Vorhaben hat oder plant, ein Angebot abzugeben (Beilagen ./Y, ./O und ./Z).
6.d. Kartellrechtswidrige ARGEs:
Teilweise wurden Arbeitsgemeinschaften als Deckmantel für kartellrechtswidrige Handlungen genutzt. So wurden ARGEs gegründet, die für die Bauunternehmen objektiv nicht notwendig waren, um an der jeweiligen Ausschreibung teilnehmen zu können und als Schnittstelle für die Festsetzung eines gemeinsamen Angebotspreises und die Aufteilung des Auftrags zu dienen (Beilagen ./O, ./AA, ./R, ./BB, ./CC, ./DD, ./EE, ./N). Es kam auch vor, dass sich einzelne Bauunternehmen an einer derartigen ARGE als stille Partner beteiligten. In diesem Fall traten nicht alle ARGE-Partner als solche nach außen und gegenüber dem Auftraggeber in Erscheinung, waren aber im Innenverhältnis Beteiligte der ARGE. Dies diente insbesondere dazu, die Vorgaben des Auftraggebers in Bezug auf die Höchstzahl der zugelassenen ARGE-Partner zu umgehen (Beilagen ./Q, ./CC). An dieser Vorgehensweise beteiligte sich Swietelsky beispielsweise beim Neubau IKEA Klagenfurt (Beilagen ./FF, ./GG).
6.e. Kontakte im Rahmen der Zusammenarbeit in Asphaltmischwerken
Asphaltmischwerke (AMW) spielen auf Grund ihrer Zulieferfunktion eine zentrale Rolle im Straßenbau. Kartellrechtswidrige Handlungen, die den Straßenbau betrafen, erfolgten daher auch im Rahmen der Zusammenarbeit von Mitbewerbern in Asphaltmischwerken, die oft als Gemeinschaftsanlagen geführt werden. Zudem waren auch zahlreiche Bauunternehmen, die eigene Mischanlagen (sog Eigenanlagen) betrieben, an kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligt.
Oftmals trafen die an den kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligten Bauunternehmen entsprechend des in Prozent festgelegten Marktanteils am Mischgutverbrauch (angegeben in Mischguttonnen) eine Einigung darüber, welcher Mitbewerber für welche BVH die Auftragserteilung erhalten sollte. Wurde der jeweilige Schlüssel am Jahresende über- oder unterschritten, wurde die Differenz in das nächste Jahr vorgetragen. Diese Aufteilung erfolgte zumeist nach Mischguttonnen, in seltenen Fällen auch nach der Anzahl der Projekte oder nach dem Umsatzvolumen auf dem jeweiligen Straßenbaumarkt. Die beteiligten Bauunternehmen legten zT auch den Preis für Mischgut anhand eines sogenannten „Mittelpreises“, der sich am Vorjahrespreis orientierte, fest. Das Bauunternehmen, das den Auftrag erhalten sollte, legte dann eine Angebotssumme fest. Die zurückstehenden Bauunternehmen gaben hingegen Angebote mit höheren Preisen oder kein Angebot ab.
Zudem wurde Asphaltmischgut als Möglichkeit der Gegenverrechnung von Guthaben für abgegebene Deckangebote bzw nicht abgegebene Angebote herangezogen (Beilagen ./Q, ./DD, ./SS), was beispielsweisebeim BVH „Hauptleistung A9 Schwarzlsee Wildon“ erfolgte (Beilage ./DD)
7. Instrumente zur Aufteilung von Bauaufträgen
7.a. Bieterrotation und „Schutzmechanismen“:
Ein Instrument zur Aufteilung von Bauaufträgen war die Organisation mittels Bieterrotation. Dabei kamen die beteiligten Unternehmen überein, dass sie hinsichtlich bestimmter Bauvorhaben wechselseitig zum Zug kommen und sich dabei gegenseitig durch die Abgabe höherer Deckangebote oder den gänzlichen Verzicht auf eine Angebotslegung unterstützen (Prinzip der Gegenseitigkeit). Bieterrotationen kamen dabei auch im Sinne eines von den beteiligten Unternehmen so bezeichneten „Kampfschutzes“ oder „Vollschutzes“ zur Anwendung.
Im Fall eines sogenannten „Vollschutzes“ wurden alle für eine Ausschreibung relevanten Mitbewerber in die Kartellabsprache eingebunden. Die beteiligten Unternehmen konnten davon ausgehen, dass keine anderen (nicht an der Kartellabsprache beteiligten) Unternehmen ein Angebot legen werden. Der Wettbewerb wird im Rahmen des „Vollschutzes“ gänzlich ausgeschlossen und bietet daher eine sehr hohe Sicherheit für die Umsetzung des gewünschten Ergebnisses.
Im Fall eines sogenannten „Kampfschutzes“ wurde nur ein Teil der für eine Ausschreibung relevanten Mitbewerber (zB fünf von insgesamt zehn) in die Kartellabsprache eingebunden. Diese Gruppe einigte sich auf einen designierten Auftragsempfänger und bot folglich so an, dass sich ihre Mitglieder nicht gegenseitig unterboten. Im Unterschied zum „Vollschutz“ nehmen auch Unternehmen außerhalb der am „Kampfschutz“ beteiligten Gruppe an der Ausschreibung teil. Dennoch wurde das Risiko des Wettbewerbs im Rahmen des „Kampfschutzes“ erheblich minimiert (Beilagen ./M, ./Y, ./O, ./E3, ./F3, ./II).
7.b. Interne Submission:
Im Vorfeld von Angebotsabgaben kam es in einigen Fällen auch zu sog „internen Angebotsöffnungen“ (auch „interne Submissionen“ genannt), bei denen die Mitbewerber vor der offiziellen Angebotsabgabe ihre Kalkulationsgrundlagen untereinander offenlegten. Das Unternehmen mit dem niedrigsten Wert erhielt den internen „Zuschlag“, die anderen standen zurück. Dieses Vorgehen diente als Mittel der Entscheidungsfindung, welches der beteiligten Unternehmen den Auftrag bei der tatsächlichen Ausschreibung erhalten soll (Beilagen ./M, ./B3, ./O, ./II, ./Z, ./G3, ./B). Der Billigstbieter durfte dann auch bei Angebotslegung im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens den billigsten Preis anbieten, wobei dann vom Billigstbieter ein Aufschlag von 5% bis maximal 25% hinzugerechnet wurde (Beilage ./G3).
7.c. Fixer Schlüssel:
Für die Aufteilung von Aufträgen wurde auch ein sog „fixer Schlüssel“, dh eine Quote vereinbart, die jedem beteiligten Unternehmen zustand. Der „fixe Schlüssel“ richtete sich dabei in der Regel nach den geschätzten Marktanteilen in einer bestimmten Region oder orientierte sich insb im Straßenbau an der geschätzten Gesamtmenge des zu verbauenden Asphaltmischguts pro Jahr (Beilagen ./M, ./Y, ./O, ./T).
7.d.Punktesystem:
Ein kartellstabilisierender Mechanismus war die Gegenverrechnung anhand eines sog „Punktesystems“: Da ein größerer Teil der beteiligten Unternehmen regelmäßig in verschiedenen Ausschreibungsverfahren aufeinander traf, wurde mithilfe der Vergabe von „Punkten“/„Anteilen“/„Prozenten“ der Netto-Angebotssumme (typischerweise iHv 0,5-3,5%) ein finanzieller Interessenausgleich unter den Beteiligten sichergestellt. Der durch diesen Prozentsatz errechnete Betrag wurde dem zurückstehenden Bauunternehmen als Forderung gegen den designierten Auftragsempfänger gutgeschrieben. Einige der beteiligten Unternehmen führten Aufzeichnungen über die sich aus diesem Punktesystem ergebenden „Forderungen und Verbindlichkeiten“ gegenüber den anderen Beteiligten (auch als „Kontokorrentverhältnis“ bezeichnet). Diese Verbindlichkeiten wurden immer wieder saldiert oder durch Ausgleichsleistungen ausgeglichen. In manchen Fällen blieben Restforderungen und Verbindlichkeiten jedoch auch über längere Zeit bestehen (Beilagen ./M und ./B3, ./O).
Die Kontaktaufnahme für die Aufrechterhaltung des Punktesystems erfolgte zB telefonisch. Das am Auftrag interessierte Bauunternehmen erkundigte sich bei seinen Mitbewerbern, ob diese zurückstehen würden. Für das Zurückstehen verlangte der Mitbewerber sodann Punkte (Beilage ./H3, ./I3). In den Aufzeichnungen über das Punktesystem wurde neben den Bezeichnungen der kontaktierten Mitbewerber (zT mit Kontaktnamen und Telefonnummer) ein „o.k.“ oder „“ als Hinweis vermerkt, dass eine Preisabsprache stattgefunden hat. Weiters wurden Aufzeichnungen über den vereinbarten Ausgleich nach dem Punktesystem oder andere Ausgleichzahlungen gemacht (Beilagen ./C3, ./K3, ./L3).
7.e.Ausgleichsleistungen:
Zurückstehende Mitbewerber wurden neben den oben beschriebenen Punkten auch mit sog „Ausgleichsleistungen“ entlohnt, wie etwa mit Ausgleichszahlungen, Subaufträgen (zB im Sinne einer „Beteiligung“ am Bauvorhaben), Arbeitsabtausch, der Bildung einer (offenen oder stillen) ARGE, der Lieferung oder Abnahme von Leistungen unter bevorzugten Konditionen (beispielsweise Asphaltmischgut, sonstiges Material, Personal oder Geräte), dem Bezug von größeren Abnahmemengen von Asphaltmischgut oder Beton. Ausgleichsleistungen standen zurückstehenden Mitbewerbern auch dann zu, wenn der Mitbewerber, zu dessen Gunsten sie zurückstanden, den Zuschlag nicht erhielt (Beilagen ./M, ./M3, ./B3, ./S, ./I3, ./N3, ./O3).
In den meisten Fällen erfolgte die Ausgleichsleistung durch den Abtausch gegen andere Bauvorhaben („Arbeitsabtausch“ - Beilagen ./P3, ./Q3, ./R3, ./BB, ./S3, ./T3).
Es kam auch vor, dass Punkte und Ausgleichsleistungen, wie Ausgleichszahlungen und Arbeitsabtausch, gemeinsam vereinbart wurden, je nachdem, was die beteiligten Unternehmen für das Zurückstehen verlangten (Beilagen ./U3, ./V3, ./W3, ./X). Ausgleichszahlungen wurden entweder als Pauschalsumme oder als prozentmäßiger Anteil von der Anbotssumme vereinbart, wobei die Berechnung der Ausgleichleistung auch auf Grundlage des Kartellaufschlags, der ua als „Überling“ bezeichnet wurde, erfolgte (Beilagen ./O, ./X3, ./X, ./W, ./Y3, ./Z3, ./N3)
Für die Auszahlung einer Ausgleichsleistung wurden vereinzelt auch Scheinrechnungen erstellt (Beilage ./Z3, ./N3).
8. Bauvorhaben mit kartellrechtswidriger Beteiligung der Antragsgegnerinnen
Die Antragsgegnerinnen beteiligten sich an Absprachen und/oder Abstimmungen im oben dargelegten Sinn bei zumindest 952 Bauvorhaben (Beilage ./M).
8. Hauptbetroffene Auftraggeber
Die hauptsächlich betroffenen Auftraggeber werden im Folgenden dargestellt und die kartellverfangenen BVH exemplarisch dargestellt.
8.1. ASFINAG
Im Frühjahr 2013 fand in der Porr Niederlassung in Unterpremstätten (Steiermark) ein sogenanntes Grundsatztreffen statt, im Laufe dessen die anwesenden Bauunternehmen Swietelsky, Porr/Teerag-Asdag, Strabag, K. und G. in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung neun BVH der ASFINAG in der Steiermark und in Oberösterreich mit einem Auftragsvolumen iHv rund EUR 56,2 Mio untereinander aufteilten. In weiterer Folge wurden von einigen der dort anwesenden beteiligten Unternehmen andere Bauunternehmen in die Kartellabsprache einbezogen, indem mit diesen der Erhalt von Punkten oder ein Arbeitsabtausch für das Zurückstehen bei Ausschreibungen vereinbart wurde (Beilagen ./O, ./F3,. /DD). An den kartellrechtswidrigen Handlungen waren die fünf Unternehmen des Grundsatztreffen sowie weitere Bauunternehmen beteiligt (Beilagen ./C4, ./D4, ./E4 ./DD).
Swietelsky nahm sowohl am Grundsatztreffen im Frühjahr 2013 als auch an einem weiteren persönlichen Treffen mit den entsprechenden Unternehmen im Juli 2013 betreffend die A9 Pyhrn Autobahn teil (Beilagen ./BB, ./O).
Die dem Grundsatztreffen folgenden Kontakte fanden meistens bilateral am Telefon statt.
Die Anzahl und Größe der zugeteilten BVH war von der Marktstellung bzw Größe des jeweiligen Bauunternehmens abhängig. Kleinere Bauunternehmen „erhielten“ ein BVH nur in einer ARGE-Konstellation mit einem großen Unternehmen. Im Gegenzug für eine Zuteilung mussten die Bauunternehmen bei den anderen Projekten zurückstehen und höhere Deckangebote abgeben (sog. Arbeitsaustausch). Die abzugebende Anbotssumme wurde ihnen vorgegeben. In einem weiteren Schritt kontaktierten die jeweiligen beteiligten Unternehmen für „ihr“ im Grundsatztreffen zugewiesenes BVH andere Bauunternehmen, um sich zu erkundigen, ob diese an einer Preisabsprache oder Marktaufteilung interessiert wären. Für das Zurückstehen durch die Nicht-Teilnahme oder die Abgabe eines Deckangebots erhielten die Kontaktierten sodann Punkte. Der Wert der Punkte ergab sich anhand der Nettoangebotssumme und wurde als Vorkosten bzw Mitbewerberkosten bei der Kalkulation berücksichtigt.
Von den kartellrechtswidrigen Handlungen im Rahmen des Grundsatztreffens waren folgende BVH in Oberösterreich und der Steiermark betroffen, bei denen Swietelsky involviert war:
 
Datum
BVH
9.12.2014
A9 Pyrn Autobahn, Instansetzung Übelbach (RFB Linz)
22.7.2014
A9 Pyhrn Autobahn Instandsetzung Übelbach
14.5.2014
A9 Pyhrn Autobahn Grenzübergang Spielfeld
22.4.2014
A9 Pyhrn Autobahn Generalerneuerung Abschnitt Schwarzlsee-Wildon, RFB Voralpenkreuz
11.2.2014
A9 Pyhrn Autobahn Instandsetzung Rottenmann-Trieben
15.7.2013
A9 Pyhrn Autobahn Schwarzlsee-Wildon
Hauptleistung
24.6.2014
A9 Pyhrn Autobahn Schwarzlsee-Wildon Vorleistung
 
BVH in Tirol:
Im Rahmen von Ausschreibungen der ASFINAG in Tirol hat Swietelsky an langjährigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teilgenommen, die historisch gewachsen sind. Dabei wurden insbesondere kartellrechtswidrige ARGE gegründet. Zumindest bis einschließlich 2011 wurden fast alle in Tirol ausgeschriebenen ASFINAG Baulose unter vier Bauunternehmen abgestimmt. Es ist daher davon auszugehen, dass in den Jahren 2005 bis einschließlich 2011 insgesamt etwa 85 BVH mit einem Gesamtvolumen iHv über EUR 52 Mio von den kartellrechtswidrigen Handlungen betroffen waren.
Die beteiligten Unternehmen führten bilaterale Gespräche, organisierten aber auch Gesprächsrunden. Zumeist kontaktierte jener Wettbewerber, der ein BVH für sich beanspruchte, die übrigen Wettbewerber.
Sofern mehrere BVH gleichzeitig ausgeschrieben waren, haben sich die Wettbewerber diese BVH im Zuge der Gesprächsrunden aufgeteilt. Hierzu wurden kartellrechtswidrige ARGE gegründet. Die nicht an der ARGE beteiligten Unternehmen sind zurückgestanden. Als Ausgleichsleistungen hatten die zurückstehenden Unternehmen zukünftige BVH gut. Die Treffen haben meist in einer der Zentralen der beteiligten Unternehmen stattgefunden.
Nach den der BWB vorliegenden Anerkenntnissen und Geständnissen von Mitbewerbern von Swietelsky waren auch folgende 17 BVH von den Kartellverstößen unter Beteiligung von Swietelsky betroffen:
 
Datum
BVH
2005
ARGE A13 Patsch
2006
ARGE A13 Belag
2006
ARGE A12 Jenbach-Stans
2007
ARGE A 12 Kranebitten
2007
ARGE A13 Matreiwald
2007
A 12 Vomp-Schwaz
2007
Ast A 12 Kramsach
2008
ARGE A13 Belag
2008
ARGE A13 Umkehrbelag
2008
ARGE S16 Landeck West
2008
ARGE A12 Hall-Amras
2009
ARGE A12 Telfs
2009
ARGE A12 Belag Kufstein II
2010
ARGE Gleiersbrücke
2010
ARGE A13 Zentralentwässerung
2010
A12 Angath-Wörgl West
2010
ARGE A 12 Kirchbichl-Angath
 
Sonstige betroffene Bauvorhaben:
 
Datum
Bauvorhaben
2014
A11 Karawankenautobahn LB INS St. Jakob Deckensanierung
2014
A2 Wolfberg Süd- St. Andrä- Deckensanierung
2013
A2 INS Völkermarkt Ost-West
2012
A11 Karawankenautobahn, Knoten Villach St. Niklas
2011
A9 Pyhrn Autobahn Lainberg Roßleiten Sanierung
2010
S35 Brucker-Schnellstraße Uferbrücke
2008
A10 Deckenerneuerung Liesertal
2011
A9 Lainberg Roßleithen Sanierung
Hinsichtlich des in der letzten Zeile der obigen Tabelle genannten Bauvorhabens A9 Lainberg Roßleithen Sanierung liegt ein Anerkenntnis eines Mitbewerbers und eine Urkunde eines Mitbewerbers vor, dass dieses BVH von kartellrechtswidrigen Absprachen unter Beteiligung der Antragsgegnerinnen betroffen war (Beilagen ./B4 und ./G)
8.2. Niederösterreichische Landesregierung:
Bei den Ausschreibungen der Straßenbauabteilungen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung nahm Swietelsky an der langjährigen Praxis von Preisabsprachen, Marktaufteilungen und dem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil, die historisch gewachsen ist und zumindest bis in die 1990er Jahre zurückgeht. Dies erfolgte in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung. Die Praxis wurde von den jeweiligen Vorgängern übernommen und neu eintretende Wettbewerber wurden in die etablierten kartellrechtswidrigen Handlungen aufgenommen.
Von der Gesamtzuwiderhandlung betroffen waren nahezu sämtliche Ausschreibungen der Straßenbauabteilungen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung - insb die Bauabteilungen 1, 2, 3, 4, 5, 7 und 8. Die Bauabteilungen sind nach Regionen organisiert. Hauptsächlich betroffen waren ausgeschriebene Baulose im Straßenbau mit Mischgutbezug.
Die kartellrechtswidrigen Handlungen waren jedoch nicht auf dieses Produktsegment beschränkt.
Je nach Region (und entsprechender Bauabteilung des Landes Niederösterreich) wurden regelmäßig Gesprächsrunden organisiert, die mit bilateralen (persönlichen und telefonischen) Kontakten sowie bilateralen E-Mails ergänzt wurden.
Die kartellrechtswidrigen Handlungen wurden in der Regel von den verschiedenen mischgutproduzierenden Wettbewerbern umgesetzt. An den Umsetzungshandlungen der Gesamtzuwiderhandlung waren konkret jene Mitbewerber beteiligt, welche Mischgutanlagen (i) in dem räumlichen Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Bauabteilung (mit-)betrieben, (ii) in die Region, für die die Bauabteilung zuständig war, Mischgut liefern konnten, oder (iii) Bauunternehmen, die in der betroffenen oder angrenzenden Region selbst keine Mischanlage betrieben, aber über explizite Bezugsrechte bei Fremdanlagenmischgut liefern konnten. Die Handlungen der Kartellanten betrafen im Allgemeinen die Festsetzung von einem „fixen Schlüssel“ oder „Punkten“ anhand von (zB historischen Marktanteilen) bei der Aufteilung von Baulosen. Bei Marktveränderungen, insbesondere bei Eintritt neuer Mitbewerber in den Markt, durch den Zusammenschluss von Bauunternehmen, durch Erwerb bestehender oder Aufbau neuer Mischanlagen, wurden die Quoten der beteiligten Bauunternehmen angepasst. Ausgeglichen wurden mittels Arbeitsabtausches innerhalb von etablierten Runden bzw vereinzelt auch durch ein Punktesystem. Von den kartellrechtswidrigen Handlungen waren vorrangig Ausschreibungen der Bauabteilungen der Niederösterreichischen Landesregierung über die Lieferung und den Einbau von Asphaltmischgut sowie Nebentätigkeiten und Erdbauarbeiten betroffen. Das System der Absprachen war darauf ausgerichtet das Jahresvolumen sämtlicher Ausschreibungen der Straßenbauabteilungen abzudecken, wobei es vorkam, dass das System nicht einwandfrei funktionierte und nicht an der Kartellabsprache beteiligte Bauunternehmen vereinzelt Zuschläge erhielten.
Swietelsky war im Rahmen der Gesamtzuwiderhandlung überwiegend an Absprachen der Bauabteilungen 1, 2, 4, 5, 7 und 8 des Amts der Niederösterreichischen Landesregierung beteiligt. Swietelsky hat in etwa bei 770 BVH unmittelbar an kartellrechtswidrigen Handlungen als beteiligtes Unternehmen teilgenommen. (Beilagen ./M, ./M4, ./B4, ./A4, ./S8, ./T, ./II, ./N, ./K4, ./N4).
Es fanden mehrmals im Jahr Gesprächsrunden statt.
Diese erfolgten häufig gebündelt. Die Treffen richteten sich nach den Abgabeterminen der Angebotslegung und fanden in den Räumlichkeiten der beteiligten Unternehmen, in den Mischgutanlagen oder in informellem Rahmen statt. Bei diesen Gesprächsrunden wurden insbesondere der Preis sowie der Bestbieter für bestimmte BVH und das Preisniveau für Mischgut für ein Jahr festgelegt (Beilagen ./N, ./V, ./T, ./O4).
Begleitend zu den Gesprächsrunden fanden auch regelmäßig und/oder anlassbezogen bilaterale kartellrechtswidrige Handlungen (persönlich, telefonisch oder per E-Mail) statt. Derartige Kontakte wurden auch dazu genutzt, um sich bei diversen BVH über das zukünftige Angebotsverhalten auszutauschen.
Die Absprachen verfolgten auch das Ziel der Marktabschottung. In der betroffenen Region (Niederösterreich und die angrenzenden Bundesländer Wien und Burgenland) befanden sich 2018 34 Asphaltmischwerke, die 2,7 Mio Tonnen Asphaltmischgut produzierten. Trotz der erheblichen Auslastungsschwankungen je nach Jahreszeit, wurden selbst in den Sommermonaten die Produktionskapazitäten nicht vollständig ausgeschöpft. Xx% der Mischwerke hatten keine Vollauslastung. Obwohl bei den Asphaltmischwerken also freie Kapazitäten bestanden, verweigerten die etablierten Bauunternehmen den in den Markt neu eintretenden Bauunternehmen (anfangs) den Bezug von notwendigem Mischgut, wodurch der Markteintritt für potentielle Mitbewerber unmöglich gemacht oder zumindest erheblich erschwert und folglich der Markt abgeschottet wurde. Dies geschah im Wissen, dass mit dem Markteintritt neuer Bauunternehmen die bestehenden wettbewerbsbeschränkenden Handlungen (auch als „Ordnung“ bezeichnet) nicht mehr haltbar wäre und entweder unter Aufnahme neuer Kartellmitglieder adaptiert werden müssten oder diese gänzlich zusammenbrechen würden.
Um eine Vorstellung vom Umfang der Absprachen zu erhalten werden exemplarisch die betroffenenBVH aus 2011 aufgezählt (Beilage ./M):
2011 L 141 Steinthal II km 4.00
L 4184 Grüne Wiese II km 5,2
L 4104 Spratzau
Lanzenkirchen Erhaltung
L 148 Park&Drive Katzelsdorf
Katzelsdorf Erhaltung
Erhaltung Kirchschlag
HMG Bromberg Erhaltung
L 137 OD Bad Fischau km 3,8
Grafenbach Erhaltung
HMG Sanierung Lagerplatz Oeynhausen
HMG Wr. Neustadt Frohsdorf
OD Ternitz Urbanhof
Trattenbach Zufahrt Jagersberger
L 4038 HMG Schönau
HMG Kreuzung Schedlerstraße
MG-Lieferung MA Bad Fischau
LB54, Günserstraße km 0,0-1,19
L 137 Km 3,2 bis km 4.00
B 17 Sanierung Wr. Neudorf Guntramsdorf
L 127 Wöglerin
B 60 Wr. Neustadt km 4,3 bis 7,5
Berg OD Kirchenplatz
HMG Steinabrückl
L 154 Lagenbug km 18,65- 19,14
L 4101 Hollenthon Spratzau
Hirtenberg NÖ LRG NWS Hirtenberg
GW Lachhof Asphaltierungsarbeiten
B 27 Gemeindegebiet Schwarzau km 3 -3,4
L4034 (km 5-5,7)und L 4035(km0-0,1)
Sommerein- Forstschäden Trautmannsdorf
Oed Schadstellen Wasserleitungsbau B 17 Kreuzungsumbau Oeynhausen
B 17 OD Traiskirchen Mitte
B 27 Raxseilbahn-Neupack
B 60 Wr. Neustadt km 4,3 -7,5
Baulos B 9, B10 STM Bruck/Leitha
Baulos L-2002 Mannersdorf
Baulos 2017 Hundsheim OD km 0,7-1,0
Baulos B-211 Bruck/Leitha Raiffeisengürtel
Baulos L 2064/L-2066 Kreuzung Mannswörth
Erhaltung Edlitz Schafferbauer
Erhaltung Hochneunkirchen Ofenegg
Erhaltung Kirchschlag Sechterleiten
Gallbrunn Stixneusiedl
GW Gregern Gm St. Peter/W
GW Hornungstal Gem. Schrattenbach
GW Karnthal Hochwolkersdorf
GW Schlatten Holzerhöfen Bromberg
GW Weibnitzerstraße Wartmannstetten
HMG Lagerplatz Oeynhausen
HMG Wr. Neustadt Frohsdorf L 148
Berndorf B18, km 11,6 -11,8
HMG Hinterbrül-Pitten
HMG Schlaglstraße Gloggnitz
HMG Ziegelofen L142 km 6,2-7,1
HMG Ternitz Urbanhof Spitzgraben Höflein
HMG Reisenberg Forschungszentrum; Mühlg.
HMG San. Leoberdorf-Matzendorf
HMG GW Holler
HMG Reichenau Forstchäden u. Kleinflächen
Kranichberg-Thalarhof
Kreuzungsumbau Oeynhausen
L 130 Heiligenkeuz km 8,15-8,3
L 144 Scheiblingskirchen-Thernberg
L 141 Steinthal II km 4,00-5,2
L 154 Laxenburg Belag km 18,65
L 167 Prellenkirchen Deutsch Haslau
L 4104 Spratzau
L 4150 Wimpassing und L 4157
L 4158 km 0,8-1,5 (Kirchberg)
L4158 km 5,2-8
LB 21 Zellenbach Rohr i. Geb km 44,1-44,8
OD Alland B 210 km 0,2-0,8
ODF Deutsch Haslau
San. Lagerplatz Oeynhausen
Schranawand-Unterwalterdorf
Zufahrt Jagersberger Gem. Trattenbach
 
In den Jahren 2012 bis 2017 wurde folgende Anzahl von Bauvorhaben der NÖ-Landesregierung von den Antragsgenerinnen als von den Kartellverstößen ihrerseits betroffen zugestanden (Beilage ./M):
Jahr
Anzahl der BVH
2012
64
2013
80
2014
100
2015
103
2016
177
2017
158
 
8.3. Steiermärkische Landesregierung
Bei den Ausschreibungen der Fachabteilung 16 des Amts der Steiermärkischen Landesregierung zum Sonderinvestitionsprogramm 2013 ("Sonderbudget des Landes Steiermark") nahm Swietelsky an Preisabsprachen, Marktaufteilungen und einem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Von den kartellrechtswidrigen Handlungen sind alle 32 BVH betroffen, die im Rahmen des Sonderbudgets des Landes Steiermark ausgeschrieben wurden. Das Gesamtbauvolumen belief sich auf rund EUR 15 Mio.
Die kartellrechtswidrigen Handlungen erfolgten in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung im Rahmen von bereits bestehenden regelmäßigen Kontakten anhand vorab durchgeführter „interner Submissionen“. Ziel der kartellrechtswidrigen Handlungen war es, die BVH untereinander aufzuteilen und nicht-steiermärkische Mischgutproduzenten vom Markteintritt abzuhalten. Persönliche Treffen fand in den Büros der Porr und der Antragsgegnerinnen in Graz statt. Für die Umsetzung der sog „internen Submissionen“ (auch interne Anbotseröffnung bezeichnet) trafen sich die beteiligten Unternehmen vor der offiziellen Angebotslegung. Jedes Kartellmitglied gab seinen kalkulierten Angebotspreis (sog interner Anbotspreis) bekannt. Auf Grundlage dieser internen Anbotspreise wurde schließlich jenes Bauunternehmen bestimmt, welches nach dem übereinstimmenden Willen aller beteiligten Bauunternehmen in der Ausschreibung obsiegen sollte. Die anderen beteiligten Unternehmen mussten in weiterer Folge zurückstehen und ein höheres Angebot - zugunsten des designierten Ausschreibungsgewinners – legen. Anhand solcher internen Submissionen wurden sämtliche der 32 Straßenbauausschreibungen aufgeteilt (Beilagen ./O, ./Y4, ./T4,. /G3, ./JJ, . B5, .V4,./A5).
Im Zuge der internen Submission wurde auch der offizielle Angebotspreis festgelegt. Zu diesem Zweck wurde unter den beteiligten Bauunternehmen vereinbart, dass ein gemeinsam festgelegter Prozentsatz auf alle internen Angebotspreise aufgeschlagen wird (Kartellaufschlag). Der jeweils um diesen Prozentsatz erhöhte interne Angebotspreis bildete den offiziellen Angebotspreis des designierten Bauunternehmens. Somit kam es zu einer Parallelverschiebung, weil sich zur Bildung des offiziellen Angebotspreises die internen Angebotspreise aller beteiligten Bauunternehmen um den gleichen Prozentsatz erhöhten.
Unter den beteiligten Unternehmen erfolgte schließlich ein gestaffelter Ausgleich, indem der Aufschlag unter allen an den internen Submissionen beteiligten Bauunternehmen in Form eines festgelegten fixen Schlüssels verteilt wurde. Der Billigstbieter erhielt den höchsten Anteil iHv 25% des Aufschlags, die übrigen Bieter teilten sich die restlichen 75% wie folgt auf:
2. Bieter :12%
3. Bieter: 11%
4. Bieter: 11%
5. Bieter: 11%
6. Bieter: 10%
7. Bieter: 8%
8. Bieter: 5%
9. Bieter: 4%
10.Bieter: 3%
Ausgleichszahlungen erfolgten überwiegend im Wege der Gegenverrechnung über eine Mischgutlieferung, Schotter oder Mieten für Geräte oder Kosten für eine Mannschaft.
Von den kartellrechtswidrigen Handlungen waren folgende im Rahmen des Sonderbudgets des Landes Steiermark ausgeschriebenen BVH betroffen:
 
Datum jeweils 2013
BVH
30.7.
L 502 Weirerteich -Laßnitz
6.8.
L242 Bergl
6.8.
B57 Leiterdorf
6.8.
L 211 Unterweißenbach
6.8.
L 201 Berndorf Kirchberg
6.8.
B66 Kiefer
6.8.
B 69 Radkersburg
7.8.
B 72 Mitterdorf
7.8.
L 117 Rettenegg
7.8.
B 54 Seibersdorf Grafndorf
8.8.
L 619 Trahütten
8.8.
L 652 Wernersdorf
8.8.
L 624 Labuttendorf
12.8.
L 416 Waldbacherstraße
12.8.
B 97 Stadl-Einach
13.8.
B 68 Sulz Raabbrücke Takern
13.8.
B 138 Bliem
13.8.
B24 Bezirksgrenze bis Knacklahn
13.8.
L 711 Bratlbauer
13.8.
B 146 Sanierung ODF Admont
20.8.
L 104 Breitenau
20.8.
B 20 Fallenstein
20.8.
B 23 Frein
20.8.
B115 Vordernberg Anstieg
21.8.
B 116 Anschluss St. Marein
21.8.
B 20 Schatz
21.8.
B21 Unteres Halltal
22.8.
L 371 Hausmannsstätten-Fernitz
17.9.
L 305 Hohenegg bei St. Marein
18.9.
B 65 Kainbach I
18.9.
L 301 Hitzendorf bis Söding u. 2 Brücken
Diese Ausschreibungen erfolgten im Zeitraum 30.7.2013 bis 18.9.2013 als Reaktion auf die Insolvenz der Alpine.
In den Jahren 2012 bis 2016 wurden insgesamt68 Bauvorhaben der Steiermärkischen Landesregierung von den Antragsgenerinnen als von den Kartellverstößen ihrerseits betroffen anerkannt(Beilage ./M).
 
8.4. Tiroler Landesregierung
Bei den jährlichen Mischgut-Ausschreibungen des Landes Tirol zur Sanierung der Bundes- und Landesstraßen nahm Swietelsky in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung an langjährigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil, die historisch gewachsen sind. Von 2005 bis 2011 wurden sämtliche ausgeschriebene Mischgut-Baulose des Landes Tirol unter vier Bauunternehmen abgestimmt. Allein in den Jahren 2005 bis einschließlich 2011 sind von den kartellrechtswidrigen Handlungen insgesamt etwa 350 BVH mit einem Gesamtvolumen iHv rund EUR 49 Mio betroffen, wobei nicht bei jeden dieser 350 BVH die Antragsgegnerinnen beteiligt waren.
An den kartellrechtswidrigen Handlungen im Zusammenhang mit den Mischgut-Ausschreibungen des Landes Tirol waren 5 Wettbewerber beteiligt, die alle entweder Eigentümer von Mischgutanlagen in Tirol sind (waren) oder an solchen beteiligt sind. Dazu wurden regelmäßig Gesprächsrunden zwischen den beteiligten Unternehmen organisiert. In einer ersten Gesprächsrunde tauschten sich die Wettbewerber über die Interessenlage hinsichtlich der ausgeschriebenen Mischgut-Ausschreibungen aus. Dieser Austausch erfolgte teilweise auch im Rahmen von bilateralen Gesprächen. Die Aufteilung erfolgte im Wesentlichen anhand der bestehenden Marktanteile. In einer zweiten Gesprächsrunde wurde der konkrete Angebotspreis jenes Wettbewerbers vereinbart, welcher den Ausschreibungszuschlag erhalten sollte. Dies erfolgte ebenfalls häufig in Form von bilateralen Gesprächen. Einigten sich die Wettbewerber auf einen Angebotspreis für den designierten Ausschreibungsgewinner, legten die anderen Wettbewerber höhere Angebote (Beilagen ./N, ./Y., ./KK). Nicht festgestellt werden kann, ob diese dargestellten kartellrechtswidrigen Handlungen über den Zeitraum von 2005 bis 2011 hinausgegangen sind.
Hinsichtlich folgender BVH liegt der BWB ein Anerkenntnis eines Mitbewerbers vor, wonach die Antragsgegnerinnen sich an kartellrechtswidrigenAbsprachen beteiligten:
 
Jahr
BVH
2005
ARGE Brixen 2
2005
ARGE Durchfahrt See
2006
ARGE Seebachtunnel
2006
Hangbrücke Rauschgraben
2009
B105 Ried Brennbach
2010
Belagssanierung auf Landstraßen B Bezirk Reutte
 
2010
Belagssanierung auf Landstraßen B Bezirke Imst und Landeck
2010
Belagssanierung auf Landstraßen B Bezirke Innsbruck und Schwaz
2010
Belagssanierung auf Landstraßen B Bezirke Kufsein und Kitzbühel
2011
Belagssanierung auf Landstraßen B Bezirke Innsbruck und Schwaz
2011
Belagssanierung auf Landstraße L und B Bezirke Kufstein und Kitzbühel
2011
Belagssanierung auf Landstraßen L und B Bezirke Imst und Landeck
2011
Belagssanierung auf Landstraßen L und B Bezirk Reutte
 
8.5. Kärntner Landesregierung
Bei öffentlichen Ausschreibungen des Landes Kärnten im Bereich Straßen- und Verkehrswegebau nahm Swietelsky im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung an Preisabsprachen, Marktaufteilungen und dem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Diese Praxis geht zumindest bis ins Jahr 2002 zurück (Beilagen: ./X5, ./Y5, ./K, ./L).
Allein von 2004 bis 2016 waren 596 BVH mit einem Gesamtvolumen von mehr als EUR 180 Mio unter den beteiligten Bauunternehmen abgesprochen.
Bei 584 davon handelt es sich um mischgutlastige Vorhaben – das sind solche, bei der zu liefernde Mischgutanteil über 60% des gesamten Auftragsvolumen beträgt - im Bereich des Straßen- und Verkehrswegebaus der Straßenbauabteilung des Amts der Kärntner Landesregierung, einschließlich der vier dazugehörigen Straßenbauämter in Klagenfurt, Spittal, Villach und Wolfsberg (Beilagen ./B4, ./Z5, ./B6, ./R, ./C6, ./X5, ./A6).
Die kartellrechtswidrigen Handlungen wurden im Rahmen von regelmäßigen Gesprächsrunden zwischen den Mitbewerbern organisiert. Bei diesen Treffen, die unter Beteiligung von Swietelsky bis zu zehn Mal pro Jahr stattfanden, teilten die beteiligten Unternehmen die konkreten BVH untereinander auf. Die Aufteilung erfolgte dabei anhand eines fixen Schlüssels, dem die bestehenden Marktanteile der Mischgutanlagen zugrunde gelegt wurden. Im Einzelnen wurde auf die Instrumente des Vollschutzes oder des Kampfschutzes zurückgegriffen (vgl Punkt 7.a.). Die Gesprächsrunden fanden meist bei Swietelsky am Standort in Klagenfurt, vereinzelt auch bei den Mitbewerbern P. und S.(ebenfalls in Klagenfurt), statt. Begleitend zu den Gesprächsrunden fanden auch regelmäßig und anlassbezogen bilaterale kartellrechtswidrige Handlungen (persönlich, telefonisch oder per E-Mail) statt. Die Praxis wurde innerhalb eines Bauunternehmens den Mitarbeitern jeweils von ihren Vorgängern übernommen (Beilagen ./N, ./Y, .Z5, ./D3, ./R, ./C6).
 
8.6. Stadtgemeinde Wiener Neustadt
 
Bei den Ausschreibungen der Jahresbauverträge der Stadtgemeinde Wiener Neustadt nahm Swietelsky in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung an langjährigen Preisabsprachen und dem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Diese Praxis geht zumindest bis 2004 zurück.
In den Jahren 2007 bis 2010 waren BVH mit einem Gesamtvolumen von etwa EUR 4,4 Mio unter fallweiser Beteiligung von Swietelsky abgesprochen.
Die Gespräche unter den beteiligten Unternehmen erfolgten meist persönlich und bilateral. Von 2004 bis 2016 fragten die beteiligten Unternehmen meist bei Strabag nach, welche Angebotspreise sie für die Jahresbauverträge in Wiener Neustadt abgeben sollten. Zum Teil gab es auch außerhalb der Jahresbauverträge Gespräche unter den Kartellmitgliedern. Im Gegenzug für das Zurückstehen der Mitbewerber hielt sich Mitbewerber S. bei anderen Gemeindeausschreibungen zurück (Beilage ./AA.).
Nach der BWB vorliegenden Unterlagen waren von den kartellrechtswidrigen Handlungen folgende BVH unter Beteiligung von Swietelsky betroffen (Beilagen ./D6, ./AA, ./V5, ./M5).:
 
Datum
BVH
16.4.2007
Straßenbauarbeiten im gesamten Stadtgebiet 2007
28.3.2008
Straßenbauprogramm 2008
2.3.2009
Straßenbauarbeiten im gesamtem Stadtgebiet 2009
21.12.2009
Straßenbauprogramm 2010
20.12.2010
Straßenbauprogramm 2011
 
8.7. Magistrat Klagenfurt
 
Bei den Ausschreibungen des Magistrats Klagenfurt nahm Swietelsky an Preisabsprachen, Marktaufteilungen und dem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Die kartellrechtswidrigen Handlungen erfolgten in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung und betrafen Ausschreibungen des Magistrats Klagenfurt zu drei über mehrere Jahre laufenden Jahresbauverträgen für Straßenbau und Künetteninstandsetzung in den Jahren 2012, 2014 und 2017 mit einem Gesamtvolumen iHv etwa EUR 14,8 Mio. Die kartellrechtswidrigen Handlungen bestanden in der Aufteilung von BVH sowie der Gründung kartellrechtswidriger ARGE, an denen Swietelsky beteiligt war, zuerst in einer abgestimmten Gruppe von Bauunternehmen (Swietelsky ab 2014), die abwechselnd eine ARGE (aus zwei oder drei Bauunternehmen) bildeten. Die ARGE-Partner vereinbarten mit einigen ihrer Mitbewerber, die nicht Teil der ARGE waren, dass diese als Subunternehmen für die ARGE tätig werden sollen und im Gegenzug kein oder ein höheres Angebot abgeben sollen, wie zB Swietelsky bei der Ausschreibung zum Jahresbauvertrag 2014 (Beilagen ./EE, ./M5, ./O).
Die Subunternehmer der ARGE wurden dabei auch in die Abstimmung und Aufteilung der einzelnen BVH im Rahmen der Jahresbauverträge eingebunden, wie zB Swietelsky bei diversen BVH zum Jahresbauvertrag 2014 (Beilagen./E6, ./EE). Alle anderen an der Ausschreibung potentiell interessierten Bauunternehmen wurden – im Sinne eines „Vollschutzes“ - von den ARGE-Partnern kontaktiert mit der Aufforderung, bei der Angebotsabgabe zurückzustehen. Die Kartellmitglieder haben sodann ihre Angebote mit den mitgeteilten Angebotssummen abgegeben oder kein Angebot gelegt. Der Ausgleich für das Zurückstehen erfolgte primär über ein Punktesystem sowie über Arbeitsabtausch. Anhand der vereinbarten Punkte (zB 1 Punkt entspricht 1%) kam es auch zu Ausgleichszahlungen. Die Höhe der Ausgleichsleistung wurde typischerweise berechnet, indem die Netto-Abgabesumme mit dem vereinbarten Prozentsatz multipliziert wurde (Beilage ./O , ./ F6, ./G6, .H6, ./I6, ./M5). Die Ausgleichszahlungen wurden sodann anhand des Gemeinkostenzuschlags berechnet. Im Fall des Jahresbauvertrages 2012 machte der Gemeinkostenzuschlag 11% aus, 10,2% waren für die Ausgleichsleistungen vorgesehen. Im Fall des Jahresbauvertrages 2014 machte der Gemeinkostenzuschlag 10% aus, wovon im ersten Jahr 8,05% für die Ausgleichsleistungen vorgesehen waren (Beilagen ./I6, ./G6).
Von den kartellrechtswidrigen Handlungen waren die Jahresbauverträge des Magistrats Klagenfurt zu Straßenbau und Künetteninstandsetzung seit 2014 betroffen. Jahresbauverträge gelten grundsätzlich für ein Jahr, sind aber auf zwei oder drei Jahre verlängerbar.
Die Ausschreibungen zu den Jahresbauverträgen fanden 2014 und 2017 statt und umfassten Tiefbauarbeiten aller Art, wie zB Sanierungen aufgrund von Schlaglöchern oder Straßenwiederherstellungen im Anschluss an Kanalarbeiten.
Folgende weitere BVH waren von den kartellrechtswidrigen Absprachen unter Beteiligung der Antragsgegnerinnen betroffen:
Datum
BVH
Sept 2009
Kanalsanierung St. Rupprechter Straße
15.12.2010
Errichtung und Sanierung v. Hausanschlüssen, Kleinbaustellen u. Nebensammler, Jahresauftrag 2011
2009-2011/2012
JA 2009 Hausanschlüsse Klagenfurt
 
Hinsichtlich des BVH Kanalsanierung 10. Oktober Straße aus 2011 liegt der BWB ein Anerkenntnis eines Mitbewerbers vor, in dem die Beteiligung der Antragsgegnerinnen genannt wird.
 
8.8. Magistrat Villach
Im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung fanden auch zu BVH des Magistrats Villach Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen (wie Austausch über das zukünftige Abgabeverhalten) statt.
Nach der BWB vorliegenden Unterlagen kam es unter Beteiligung von Swietelsky bei folgenden BVH mit einem Gesamtvolumen iHv EUR 2,7 Mio zu kartellrechtswidrigen Handlungen (Beilagen ./M, ./B4, ./S8, ./M6, ./M5, ./EE,./N6, ./V5):
 
Datum
BVH
25.1.2011
Hausanschlusskanäle und
Sammlererweiterungen im
Stadtgebiet Villach, Jahresauftrag
28.6.2011
Gerbergasse
13.12.2011
Warmbader Straße
15.2.2012
Straßeninstandsetzungen Großflächen Villach, Straßeninstandsetzung, Großflächen, Jahresauftrag 2012
18.5.2013
Tirolerstraße, Asphaltbetondeckschichte
5.3.2013
Straßeninstandsetzung Großflächen Villach Jahresauftrag 2013
 
8.9. Holding Graz
Bei den Ausschreibungen der Holding Graz-Kommunale Dienstleistungen GmbH („Holding Graz“) nahm Swietelsky an Preisabsprachen, Marktaufteilungen und dem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Die kartellrechtswidrigen Handlungen erfolgten in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung und betrafen Ausschreibungen von 2014 bis 2017, insbesondere im Bereich Verkehrswege- und Leitungsbau.
Bis Ende 2016 setzten die beteiligten Bauunternehmen die kartellrechtswidrigen Handlungen meist in bilateralen, telefonischen oder persönlichen Gesprächen um. Nach Eruierung des gegenseitigen Interesses einigte man sich darauf, wer die Ausschreibung gewinnen sollte, woraufhin der designierte Auftragsempfänger den zurückstehenden Unternehmen die abzugebenden Preise mitteilte (die Preise zugerufen hatte).
Bei einem Treffen im Herbst 2016 in den Räumlichkeiten der Porr fassten die unmittelbar beteiligten Unternehmen den Entschluss zur Bildung einer fixen Gesprächsrunde (sog „Holding Graz-Runde“). An diesem ersten Treffen nahm neben der Antragsgegnerinnen, Strabag und Porr ein weiterer Mitbewerber teil. Bei weiteren Treffen, in denen hauptsächlich die Ausschreibungen der Holding Graz im Bereich Verkehrswegebau besprochen wurden, nahm neben den erwähnten Bauunternehmen auch K. teil. Die Treffen fanden hauptsächlich bei Porr in Graz, einmal auch bei Swietelsky in Graz statt.
Nach den der BWB vorliegenden Unterlagen waren von den kartellrechtswidrigen Handlungen unter Beteiligung von Swietelsky jedenfalls folgende BVH betroffen:
 
Jahr
BVH
2016
Krottendorfer Straße Generalsanierung
2016
Staatsbahn Rampe
2016
Harter Straße Generalsanierung
24.5.2016
Teil A Diverse Fräs-und Asphaltierungsarbeiten
25.5.2016
Teil B Diverse Fräs-und Asphaltierungsarbeiten
2016
Sternäckerweg Liebenauer Hauptstraße bis Bahnübergang
2016
Hirtenkloster Geh- Radweg
2016
San. Volksgarten Makadamwege
2014-2017
Div BVH Graz zB Hans Sachs Straße, Schmiedgasse, Inge Morath Gasse
2017
San. FUZO Stigergasse, Mariahilfer Straße
2017
San. Stempfergasse FUZO
2017
San. FUZO Hofgasse
2017
 
2017
Diverse Fräs-und Asphaltierungsarbeiten
Region Nord
Triesterstraße Generalsanierung
 
8.10. Pensionsversicherungsanstalt
 
Im Rahmen der Gesamtzuwiderhandlung war Swietelsky auch an wettbewerbsbeschränkenden Handlungen bei Ausschreibungen der Pensionsversicherungsanstalt beteiligt.
Bei den zwei Teilausschreibungen zum Teilneubau der Sonderkrankenanstalt-Rehabilitationszentrum Bad Tatzmannsdorf im Jahr 2014 nahm Swietelsky an Preisabsprachen und Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Dies erfolgte in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung und betraf zwei Ausschreibungen mit einem Gesamtbauvolumen von rund EUR 900.000. Von den kartellrechtswidrigen Handlungen waren zwei öffentliche Ausschreibungen der PVA im Rahmen des BVH SKA-RZ Bad Tatzmannsdorf Teilneubau 2014 betroffen: (i) Errichtung der Außenanlagen SÜD (Abgabe- und Zuschlagstermin am 11.06.2014) und (ii) Außenanlage NORD (Abgabe- und Zuschlagstermin am 25.11.2014). Hinsichtlich Swietelsky bestand eine Teilnahme an kartellrechtswidrigen Absprachen betreffend die Errichtung der Außenanlage SÜD (Beilagen ./E4, C6): Die Abgabesumme wurde nach dem Punktesystem vereinbart, sowie abgesprochen in welcher Form und Höhe der Ausgleich für die Legung eines Deckangebots erfolgen soll. Bei Swietelsky wurde nach den Aufzeichnungen an eine anonymisierte E-Mailadresse etwa eine Fahne übermittelt (abgekürzt FA) und zusätzlich zu einem Ausgleich in Höhe von EUR 4.000 ein Arbeitsabtausch mit dem BVH Marktgemeinde St. Martin im Sulmtal, Straßenbau 2014 vereinbart (Beilage ./C3, Seite 42, ./G3).
Auch bei der Ausschreibung der PVA zum BVH SKA-RZ Bad Schallerbach (Zubau und Bestandsadaptierung bzw Teil- SKA-RZ Bad Schallerbach) nahm ua Swietelsky an kartellrechtswidrigen Handlungen teil. Das Projekt betraf ein BVH mit einem Gesamtbauvolumen iHv rund EUR 6 Mio. Porr und ein weiterer Wettbewerber gründeten eine BIEGE, um gemeinsam ein Angebot abzugeben. Diese kontaktierten bilateral 17 Wettbewerber, darunter Swietelsky AG und C. Peters. Die Kontakte erfolgten telefonisch oder bei persönlichen Treffen. Dabei wurden Preisabsprachen getroffen sowie wettbewerbssensible Informationen, vor allem zum Abgabeverhalten, ausgetauscht. Das Ergebnis der Preisabsprache (Kürzel für Kartellmitglieder, jeweilige Abgabesummen und „Fahnen“-Symbol) wurde in einer Notiz festgehalten. Mit Swietelsky wurde eine Abgabesumme von EUR 6,75 Mio vereinbart (Beilagen ./M5, ./D5, ./T6, ./U6, ./V6). Das BVH SKA-RZ Bad Schallerbach betraf eine Bestandsadaptierung und die Errichtung eines Zubaus des Rehabilitationszentrums und wurde im offenen Verfahren im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Die BIEGE Porr/Hitthaller erhielt mit ihrem Angebot iHv EUR 6,089 Mio (netto) den Auftrag.
 
8.11. OMV
Bei Ausschreibungen der OMV AG, Trabrennstraße 6- OMV bzw ihrer Tochtergesellschaft Trans Austria Gasleitung GmbH, Wiedner Hauptstraße 120-124 (TAG), nahm Swietelsky an Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil, die historisch gewachsen sind und jedenfalls bis Herbst 2006 zurückgehen. Beendet wurden sie 2017 mit den Durchsuchungsmaßnahmen der BWB und der WKStA.
Die Ausschreibungen erfolgten aufgrund der hohen Komplexität der BVH oft auf Grundlage einer Einladung zu einem Verhandlungsverfahren, dh die vom Auftraggeber zur Angebotsabgabe eingeladenen Bieter wurden nach Angebotsabgabe vom Auftraggeber zu technischen und kaufmännischen Verhandlungen eingeladen. Betroffen sind unterschiedlichste Projekte betreffend Hoch- und Tiefbau. Kontaktaufnahmen erfolgten vorwiegend per Telefon, zT auch um vorab abzuklären, welche Bauunternehmen bei einer Ausschreibung überhaupt eingeladen waren. Ergänzend zu den Telefonaten fanden auch persönliche Treffen statt, wie zB auf Raststationen oder in Niederlassungen der beteiligten Unternehmen. Den an den Preisabsprachen und Marktaufteilungen beteiligten Bauunternehmen wurde in weiterer Folge ein Deckanbot (als Tarnung auch als „Subanbot“ bezeichnet) übermittelt oder eine Abgabesumme genannt.
Jenes Bauunternehmen, das besonderes Interesse an einem BVH zeigte, organisierte die Absprache, indem es andere Wettbewerber kontaktierte und diese aufforderte im Tausch gegen ein anderes BVH oder für die Vergabe von Punkten oder die Zahlung eines Ausgleichs oder für einen Subauftrag zurückzustehen und ein Deckangebot abzugeben (Beilagen ./O, ./W6, ./F4, ./S3).
Von den kartellrechtswidrigen Handlungen waren unterschiedliche sog. „Sonderprojekte“ der OMV und der TAG im Bereich Hoch- und Tiefbau betroffen. Nach den der BWB vorliegenden Beweismitteln war Swietelsky bei folgenden drei BVH mit einem Gesamtausschreibungsvolumen iHv EUR 25,1 Mio an kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligt (Beilagen ./M, ./O, ./W6, ./X6, ./Y6, ./F4, ./DD): Verdichterstation (VS-) Weitendorf (2008), Verdichterstation (VS-) Eggendorf (vermutlich 2008), Erdarbeiten CS-Weitendorf (2006).
 
8.12. ÖBB
Bei den Ausschreibungen der ÖBB-Infrastruktur AG nahm Swietelsky an langjährigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil, die historisch gewachsen sind. Beendet wurden sie frühestens 2017. Kontakte waren va bilateraler Natur und fanden im Wege von persönlichen Treffen, Telefonaten und per E-Mail statt.
Bei zumindest folgenden Bauvorhaben war Swietelsky in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung beteiligt:
 
Datum
BVH
4.2.2011
ÖBB Strecke Ossiach
5.4.2011
Umbau Parkplatz Westbahnhof
24.7.2014
TS Werk Kittelfeld Halle 1
bis 2015
Diverse Kleinbauarbeiten Kärnten
 
8.13. VERBUND
Bei der Ausschreibung der Verbund AG zu Ausbau- und Revitalisierungsarbeiten für das Kraftwerk Pernegg fanden unter Beteiligung der Swietelsky Preisabsprachen zu allen drei Baulosen dieser Ausschreibung statt. Es handelte sich dabei um eine der größten Kraftwerksmodernisierungen in Österreich mit einem Bauvolumen iHv EUR 60 Mio. Die Ausschreibung erfolgte im Februar 2010 (Beilagen ./B7, ./B4). Die Preisabsprache erfolgte telefonisch. Dabei wurden die Kartellanten vom Organisator kontaktiert. Es wurde besprochen, welches Bauunternehmen den Auftrag für jeweils welches Baulos erhalten soll und welche Bauunternehmen zurückstehen sollen. In diesem Zusammenhang kam es auch zur Vereinbarung von Prozentpunkten und Ausgleichsleistungen (Beilagen ./C5, ./B7).
Um einen finanziellen Ausgleich unter den beteiligten Unternehmen sicherzustellen, wurde vereinbart, ihre jeweilige Anbotssumme um einen 10%igen „Gemeinkostenzuschlag“ zu erhöhen. Der Organisator, der den Auftrag für die jeweiligen Baulose erhalten sollte, hatte an die anderen neun Kartellanten jeweils einen Prozentpunkt abzugeben, also insgesamt neun Prozentpunkte. Der noch übrige Prozentpunkt blieb dem Organisator selbst.
Der dem Prozentpunkt entsprechende Betrag wurde den zurückstehenden Bauunternehmen sodann als Forderung gegen den designierten Auftragsempfänger gutgeschrieben.
 
9. Weitere Bauvorhaben in den Bundesländern
9.1. Burgenland
Im Burgenland nahm Swietelsky an kartellrechtswidrigen Handlungen im Zusammenhang mit Ausschreibungen von Hochbauprojekten teil. Diese betrafen überwiegend Ausschreibungen gemeinnütziger Wohnungs- und Siedlungsbaugenossenschaften sowie Gemeinden. Der BWB gegenüber wurde seitens eines am Kartell beteiligten Bauunternehmen bestätigt, dass zumindest 146 Hochbauprojekte im Burgenland im Zeitraum von 2010 bis 2017 von kartellrechtswidrigen Handlungen betroffen waren.
Swietelsky war zumindest bei den nachfolgenden Projekten unmittelbar an kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligt: 2012 Urnengräber (Kolumbarium) Ollersdorf
2017 Franziskanerkloster Güssing Teil Il
2004 Thermalwasserleitung Jennersdof/Grieselstein/Loipersdorf
2006 L 423 Rutschung Grieselstein
 
9.2. Oberösterreich
Auch in Oberösterreich kam es im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung unter Beteiligung von Swietelsky zu kartellrechtswidrigen Handlungen:
2016: Sanierung Hauszugänge und Parkplatz in Niederneukirchen, EGW (Erste gemeinn. Wohnungsges. Heimstätte Gesellschaft m.b.H.);
2017: Umbau Musikhaus Bachmanning – Außenanlagen Gemeinde Bachmanning;
2017: Parkplatz Veranstaltungsgebäude in Edt Gemeinde Edt bei Lambach;
Darüber hinaus fanden in Oberösterreich weitere Umsetzungshandlungen durch Swietelsky und ihren Mitbewerbern statt, indem per E-Mail vor allem Deckangebote übermittelt und Abstimmungen über das zukünftige Abgabeverhalten vorgenommen wurden.
Bei folgenden BVH übermittelte Swietelsky ein Deckangebot:
1. BVH 2008 Betriebsbaugebäude Bettelbachbrücke GD Kematen/Krems;
2. BVH 2015 Realtreuhand Freistadt Marianum Mitarbeiterparkplatz.
3. BVH 2014 BILLA Filiale F-4551, Windischgarsten Linzer Straße 34, Sanierung Außenanlage;
4. BVH 2014 GD Mauthausen, Sonnenblumenweg und Wels, Melissenweg;
5. BVH 2013 Einbau HAGO-Deckel im Kellergeschoss, Brucknerstrasse 31;
6. BVH 2007 Wirtschaftsgebäude Krippner;
7. BVH 2015 Haselgrabenweg 27, 4040 Linz, Umbau Parkplatzzufahrt;
8. BVH 2014 Nettingsdorfer Hauptzufahrt 2014;
9. BVH 2013 Hasnerstrasse 37, Sanierung befahrbare Gitter Lichtschächte Linz;
10. BVH 2013 Feldkirchen Lauterbachsiedlung 2 Sanierung Entwässerungsrinnen.
 
9.3. Kärnten:
In Kärnten waren im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung neben den bereits beschriebenen BVH anlassbezogen auch andere BVH, insbesondere BVH der Kärntner Gemeinden und Magistrate, der KELAG sowie weiterer privater Unternehmen von kartellrechtswidrigen Handlungen betroffen.
Nach den der BWB vorliegenden Unterlagen waren unter Beteiligung von Swietelsky folgende BVH von kartellrechtswidrigen Handlungen betroffen:
2016: Generalunternehmerarbeiten für die Sanierung der Piste 10L/28R Flughafen Klagenfurt, Kärntner Flughafen Betriebs GesmbH;
2016: BVH Lamplhof Hermitage Luxury Residence, Baumeisterarbeiten, Lamplhof BetriebsGesmbH
vemutl 2016: Fernwärme Klagenfurt Leitungsbau RZ Pellets GmbH
2016: Gemeinde Maria Saal;
2014: WVA St. Andrä Jakling Neubau Transportleitung,
Stadtgemeinde St. Andrä;
2014: Bestandsausbau Schulstraße St. Andrä, Gemeinde St. Andrä;
2014: Generalsanierung der VS Sittersdorf, BM, Gemeinde Sittersdorf;
2013: B83 Arnoldstein - Tarviserweg – Radweg, Straßenbauamt Villach;
2012: B91, Loiblpaß Straße, Einbindung B70d-L97, Straßenbauamt Klagenfurt;
2012: Asphaltierung Straßenbauamt Villach LIG, LIG Kärnten;
2012: Straßeninstandsetzung, Erdgas Fürnitz Arnoldstein, KELAG Netz GmbH;
2010: BA BA605 Dolintschach, WVA BA05A Penk-Dolintsch, Abwasserverb. Jauntal-Völker;
2010: Kanalsanierung Gemeinde Reichenfels BA01, Reichenfels Gemeinde;
2010: Kanalisation Dolz, Kötschendorf und Zammelsberg, Marktgemeinde Weitensfeld;
2010: BA303 u. BA206 Kanalisationserweit. sowie BA025, Wasserverb. Ossiachersee;
2010: ABA Ferlach BA11 Bodenthal, Stadtgemeinde
Ferlach;
2010: ABA Ferlach BA12 Windisch Bleiberg, Stadtgemeinde Ferlach;
2010: BA Dellach BA05, Raßnig, Holztratte, Suppersberg, Dellach/Drau Gemeinde;
Jahr unbekannt: 2 Km Straßensanierung Gemeinde Preitenegg
2015: Kelag Wärme GmbH Netzausbau, Kelag Wärme GmbH;
2015: Kelag Wärme GmbH Biomasse Heizwerk Völkermarkt, Kelag Wärme GmbH;
2014-2016 Diverse Kleinaufträge (Asphaltierungsarbeiten)Marktgemeinde Eberndorf
2017: Straßenbauarbeiten Gemeinde Sittersdorf;
2006-2017 Diverse Kleinaufträge St. Andrä, Stadtgemeinde St. Andrä;
 
9.4. Steiermark
In der Steiermark fanden im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung neben den oben beschriebenen kartellrechtswidrigen Handlungen auch bei Ausschreibungen der STEWEAG, BIG Graz, diverser Gemeinden und Wasserverbänden sowie privater Unternehmen ua Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen statt.
Nach den der BWB vorliegenden Beweismitteln kam es unter Beteiligung von Swietelsky zumindest bei den folgenden BVH in der Steiermark zu kartellrechtswidrigen Handlungen:
2017: WVA Mogersdorf BA 03, Sanierungsmaßnahmen HB (Hochbehälter) und Wasserleitungsbau;
2016: St. Stefan im Rosental, Jahresbauvertrag Asphaltierungsarbeiten;
2016: Gemeinde St. Stefan im Rosental – Jahresbauvertrag;
2016: ABA Mogersdorf Pumpwerk BA 10, Kanalbauarbeiten;
2016: Außenanlage - Straße, Gehsteig, Kirchberg/Raab Bau 13;
2015: B73 Kirchbacher Straße Rutschung km 19,618;
2015: Citypark Graz (Asphaltierungsarbeiten, Parkplatz Nord, Abdichtungsarbeiten Crescendo Fuzo u Parkdeck), Bauvermietungsgesellschaft Poppmeier & Co KG;
2015: Jahresbauvertrag Gleisdorfer Becken, Abwasserverband Gleisdorf;
2015: Sparbersbachgasse 18, Graz, Weinberger Biletti Immobilien Graz GmbH;
2015: Aufschließung Trummer Gründe, Lichtenberg, Marktgemeinde Gnas;
2015: Ortsnetz Goritz, WVA BA 09, Stadtgemeinde Bad
Radkersburg;
2014: Asphaltierungsarbeiten Hofmichlweg, Gemeinde Baumgarten;
2014: Asphaltierungsarbeiten Jahresbauvertrag, Gemeinde Langegg;
2014: Kerpelystraße Leoben, Gemeinde Leoben;
2014: Sanierung der Wege 49 und 50, Ottersbachbrücke, Wegebau Marktgemeinde St. Peter am Ottersbach;
Ende 2012: Rohrgrab- und Verlegearbeiten Gas/Strom Gasnetz Steiermark (Jahresbauvertrag 2013/2014) STEWEAG-STEG;
2013: Errichtung Sportanlage Rohrbach, Erdarbeiten, Gemeinde Rohrbach/ Lafnitz;
2013: ABA Trofaiach BA 15 BL A und BA 04, Gemeinde Trofaiach;
2013: Ortskanalisation Leoben BA 23/5 und BA 24, Gemeinde Leoben 384;
2013: Tiefbauarbeiten 2013/2014 Trofaiach, Gemeinde Trofaiach;
2012-2016: Diverse Bauvorhaben Gemeinde Traboch;
2012: Straßenbauarbeiten Stadtgemeinde Leoben;
2012: Sanierung Stützmauer Simeter;
2010: Gehsteigerrichtung auf der L217, Katzendorferstraße;
2010: Neuroth Mitarbeiterparktplatz, Neuroth AG.
 
Auch bei weiteren BVH in der Steiermark wurden Deckangebote übermittelt und wettbewerbssensible Informationen, etwa über Preise, ausgetauscht. Die Kommunikation erfolgte vielfach per E-Mail. Die Formulierungen fielen oft kurz, prägnant und sehr zielsicher aus.
Zum Austausch wettbewerbssensibler Informationen kam es bei folgenden BVH:
Neubau Tupperware Gleisdorf - 2013 (Beilagen ./S7, ./T7, ./U7, ./O7);
Kreisverkehr St. Stefan im Rosental -2014 (Beilagen ./Y7, ./Z7, ./A8, ./B8).
Bei folgenden Bauvorhaben wurde ein Deckangebot übermittelt:
Wasserverband Halbenrain - 2012(Beilagen ./W7, ./ O4);
Wasserverband Leibnitzerfeld Süd -2012 (Beilagen ./X7, ./O4);
Therme Bad Radkersburg – 2015 (Beilage ./C8)
BVH Evita KG Regenentwässerung – 2012 (Beilagen ./G8, ./H8);
Ratschendorf – 2012(Beilage ./I8, ./J8, ,/K8);
Außenanlage Gnas Bau 12 -2014 (Beilage ./M8);
 
Auch bei folgenden BVH war Swietelsky an den kartellrechtwidrigen Absprachen beteiligt:
2013: Außenanlage ÖWG-Wohnungen Zerlach (Beilage ./V7);
2015: Therme Bad Radkersburg (Beilage./C8);
2015: WVA Trössing
2015: Rutschungssanierung L 238 Rosenbergerstraße (Beilagen ./E8, ./F8).
 
9.5.Tirol
In Tirol fanden im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung neben den bereits beschriebenen kartellrechtswidrigen Handlungen auch bei anderen BVH kartellrechtswidrige Handlungen statt.
Im Bereich Hochbau fanden von 2012 bis 2016 in Tirol ca alle zwei bis sechs Wochen Gesprächsrunden statt. Zudem kam es bereits vor 2012 vereinzelt zu Preisabsprachen oder dem Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen zwischen Wettbewerbern. Die beteiligten Unternehmen einigten sich zunächst darauf, wer welches BVH erhalten sollte und legten dann den Angebotspreis für den designierten Auftragsempfänger fest. Der festgelegte Angebotspreis wurde den übrigen beteiligten Wettbewerbern - meist bilateral - mitgeteilt. Diese gaben in weiterer Folge ein höheres Angebot ab. Swietelsky war zwischen 2011 und 2017 bei zumindest 23 BVH im Hochbau in Tirol unmittelbar beteiligt.
Folgende BVH waren betroffen:
2016: EW Reutte (Elektrizitätswerk Reutte);
2015: IIG – Seniorenheim Pradl, Dürerstr. Haus A, Innsbrucker Immobilien GmbH & Co KG;
2015: TILAK - Innere Medizin/Südtrakt – Bmst Tirol Kliniken GmbH
2015: Erweiterung B66 Instandhaltung- und Energiegebäude, Ceratizit Austria GmbH;
2015 Neubau: "Haus der Musik" Innsbrucker Immobilien GmbH & Co KG.
Bei nachfolgenden Bauvorhaben liegen der BWB Anerkenntnisse von Mitbewerbern vor, wonach diese BVH von kartellrechtswidrigen Absprachen unter Beteiligung der Swietelsky betroffen waren(Beilagen ./A4, .B4, ./N):
23.03.2011: NHT – Niedere-Munde-Str. 7-7d BA 2, Neue Heimat Tirol Gemeinn. Wohnungs GmbH;
25.01.2012: NHT - WA Südt. Siedlung JE 23, Neue Heimat Tirol Gemeinn. Wohnungs GmbH;
01.03.2012: Tilak – Kinderherzzentrum BA II, Tirol Kliniken GmbH;
28.09.2012: Sandoz – Spritzenabfüllung Bau 542 Bioinject, Arge Sandoz Bau 542;
01.10.2012: IIG – Wohnbebauung Sillblöcke, Innsbrucker Immobilien GmbH & Co KG;
05.12.2012: Tigewosi - AZW Aufstockung, TIGEWOSI - Tir. Gemeinn. Wohnungsbau- u. Siedlungs GmbH;
28.02.2013: Frieden - Kranebitter Allee - Teil-GU-San. Ulfiswiese, Frieden Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft reg. GenmbH;
09.01.2014: Tigewosi – Personalwohnhaus Tilak Albertistraße, TIGEWOSI - Tir. Gemeinn. Wohnungsbau- u. Siedlungs GmbH;
21.05.2014: Bergbahn Hohe Salve – PARKGARAGE, Bergbahnen Hohe Salve, Hopfgarten-Itter-Kelchsau-Wörgl GesmbH & Co. KG;
21.08.2014: NHT - WA Sonnensiedlung 2. BA, Neue Heimat Tirol Gemeinn. Wohnungs GmbH;
23.02.2015: IIG – Seniorenheim Pradl, Dürerstr. Haus A, Immobilien GmbH & Co KG;
24.02.2015: TILAK - Innere Medizin/ Südtrakt – Bmst, Tirol Kliniken GmbH;
04.03.2015: NHT - NB Sozialzentrum und Tiefgarage, Neue Heimat Tirol Gemeinn. Wohnungs GmbH;
03.06.2015: NHT - Am Grettert Südt. Siedlung - 3. BA, Neue Heimat Tirol Gemeinn. Wohnungs GmbH;
25.06.2015 Stadtg. Schwaz – KG Postpark, Stadtgemeinde Schwaz;
30.06.2015: Erweiterung B66 Instandhaltung- und Energiegebäude, Ceratizit Austria GmbH;
27.07.2015: Neubau "Haus der Musik", Innsbrucker Immobilien GmbH & Co KG;
10.02.2016: Carisma - NB WA Breitweg Absam, Carisma Immobilien GmbH;
05.04.2016: NB Feuerwehrhalle Ehenbichl, Gemeinde Ehenbichl.
 
9.6 Niederösterreich
In Niederösterreich fanden im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung neben den bereits beschriebenen kartellrechtswidrigen Handlungen anlassbezogen auch bei anderen BVH (wie zB Brückenbau, Straßenbau, „Sonderlose und Spezialgewerke ua) kartellrechtswidrige Handlungen statt (Beilagen ./N, ./Y), darunter im Jahr 2016 das BVH HWS Türnitz, Nivelettenkorrektur L5213 und Brücke Marktgem. Türnitz und die Wohnhausanlage Bruck an der Leitha (Beilagen ./M).
Bei nachfolgenden Bauvorhaben liegen der BWB Anerkenntnisse von Mitbewerbern der Swietelsky vor, wonach diese BVH von kartellrechtswidrigen Absprachen unter Beteiligung der Swietelsky betroffen waren (Beilagen ./S4, ./P8, ./P, ./A4, ./B4):
März 2014: Straßenbau Leithaprodersdorf und Wimpassing, Gemeinde Leithaprodersdorf;
04.03.2016: HWS Türnitz, Nivelettenkorrektur L5213 und Brücke, Marktgem. Türnitz;
27.09.2016: Birago Kaserne, Melk, Neubau - Werkstätten und Garagen, Bundesministerium für Landesverteidigung;
02.03.2017: Brücke in der KG Sonnberg, Stadtgem. Hollabrunn.
 
9.7. Salzburg
In Salzburg war Swietelsky im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung zumindest beim BVH Neubau Hofer Markt und DM, Braunauersraße, Sraßwalchen an kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligt (Beilagen ./R8, ./GG).
10. Weitere betroffene Auftraggeber:
Laut dem Anerkenntnis der Antragsgegnerinnen waren folgende Auftraggeber mit ihren Bauvorhaben von kartellrechtswidrigen Handlungen, an denen die Antragsgegnerinnen beteiligt waren, betroffen:
Gemeinde Kottingbrunn (2012), Marktgemeinde Günselsdorf (2012), Wasserverband Leibnitzerfeld Süd (2012), Gemeinde Murfeld (2013), Gemeinde Gosdorf (2013), Gemeinde Semriach,(2013), Wasserverband Grenzland Süd (2014), Marktgemeinde St. Peter a. O. (2014), Stadtgemeinde Kindberg (2015), Gemeinde Proleb (2015), Gemeinde Traboch (2015), Innbrucker Immobilien GmbH & Co KG (Seniorenheim Pradl – 2015), Thermenhotel Radkerburgerhof GesmbH & Co KG (2015), Kärntner Flughafen Betriebs GesmbH & Co KG (Sanierung 2016), Stadt Eisenerz (2016).
 
Beweiswürdigung:
 
Von den Antragsgegnerinnen wurde der von der BWB vorgebrachte Sachverhalt und Deliktszeitraum ausdrücklich außer Streit gestellt. Die außerstreitgestellten Behauptungen stehen mit dem Inhalt der vorgelegten Urkunden Beilage ./A – ./X8 im Einklang. Da die Antragsgegnerinnen die Urkunden als echt anerkannten und diese als unbedenklicheinzustufen sind, konnte das Kartellgericht von weiteren Beweisaufnahmen gemäß § 33 AußStrG absehen und die Feststellungen auf das Vorbringen der BWB und den Inhalt der Urkunden gründen.
Rechtliche Beurteilung
1. Zur „Zwischenstaatlichkeit“:
Gemäß § 1 Abs 1 KartG sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmern, Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartelle), verboten. Insbesondere sind nach § 1 Abs 2 Z 1 KartG die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstige Geschäftsbedingungen sowie nach Z 3 leg.cit. die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen verboten.
Nach Art 101 Abs 1 AEUV sind alle jene Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Dazu gehören insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- und Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen (lit a) sowie die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen (lit c). Die Anwendung von Art 101 und 102 AEUV fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten (Art 5 VO [EG] 1/2003).
Beim Kriterium der Zwischenstaatlichkeit handelt es sich um eine Kollisionsnorm, die keine wettbewerbsrechtliche Bewertung der Absprache trifft, sondern die Frage beantworten soll, ob es angemessen ist, den Sachverhalt nach Unionsrecht zu beurteilen. Art 101 Abs 1 AEUV erfordert, dass die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung oder der Missbrauch der beherrschenden Stellung geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Diese Voraussetzung ist – was schon durch Abstellen auf die „Eignung“ angelegt ist – weit zu verstehen (16 Ok 7/15p mwN).
Maßnahmen, deren wettbewerbsbeschränkende Wirkungen sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken, sind schon ihrem Wesen nach geeignet den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu behindern, indem es die wirtschaftliche Verflechtung hintanhalten, die Abschottung nationaler Märkte verfestigen und die gewünschte Marktintegration verhindern können (RS0120478;Leitlinien zum Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels, ABl 2004/C 101/07, Rn 77 ff).
Bei den festgestellten Zuwiderhandlungen der Antragsgegnerinnen ist allein schon aufgrund ihrer über weite Teile des Bundesgebiets Österreich sich erstreckende Dimension jedenfallsdie Zwischenstaatlichkeit zu bejahen und Unionsrecht anzuwenden.
2. Zum Vorliegen einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise:
Das Kartellverbot des Art 101 Abs 1 AEUV erfasst – wie jenes des § 1 Abs 1 KartG – den Wettbewerb beeinträchtigende Vereinbarungen zwischen Unternehmern und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen. Beiden Tatbeständen ist gemeinsam, dass sie geeignet sein müssen, zwischen den beteiligten Unternehmern die Unsicherheiten über ihr zukünftiges Verhalten im Wettbewerb auszuschließen oder zu vermindern. In der Praxis ist eine Abgrenzung dieser Begriffe von geringer Relevanz, weil diese Formen wettbewerbsbeschränkenden Zusammenwirkens gleichrangig sind (Lager/Petsche in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 1 Rz 14 ff).
Der Begriff „Vereinbarung“ wird in diesem Zusammenhang weit ausgelegt: Nicht notwendig ist, dass es sich dabei um einen rechtlich verbindlichen Vertrag handelt; eine Vereinbarung liegt vielmehr schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten. Folglich ist der Begriff der Vereinbarung durch das Vorliegen einer Willensübereinstimmung zwischen mindestens zwei Parteien gekennzeichnet, deren Ausdrucksform unerheblich ist, sofern sie den Willen der Parteien getreu wiedergibt. Bei einer Vereinbarung zwischen Unternehmern kommt es daher weder auf die Form der Vereinbarung (diese kann schriftlich, mündlich oder schlüssig getroffen werden) noch darauf an, ob sie auch tatsächlich umgesetzt wird (Lager/Petsche aaO § 1 Rz 18 f mwN).
Neben Vereinbarungen (und Beschlüssen von Unternehmervereinigungen) sind auch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen vom Kartellverbot erfasst. Dabei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des EuGH um jede Form der Koordinierung des Verhaltens zwischen Unternehmern, die zwar nicht bis zum Abschluss eines Vertrags im eigentlichen Sinn gediehen ist, aber bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt. Unter einer Verhaltensabstimmung ist also eine „Fühlungnahme“ zwischen den Unternehmern zu verstehen, die geeignet und bestimmt ist, deren Wettbewerbsrisiko abzuschwächen (Lager/Petsche aaO § 1 Rz 25 ff mwN).
Erfasst ist jede unmittelbare oder mittelbare Koordination zwischen Unternehmen, die bezweckt oder bewirkt, das Marktverhalten zu beeinflussen oder einen Mitbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, das man selbst an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht (Lager/Petsche aaO § 1 Rz 31).
3. Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung
Vereinbarungen stellen dann einen Verstoß gegen Art 101 Abs 1 AEUV dar, wenn sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Prinzipiell müssen Wettbewerbsbeschränkungen, um vom Kartellverbot erfasst zu sein, auch spürbar sein. Spürbarkeitskriterien sind der Marktanteil, die Marktstellung, die finanziellen Ressourcen und der Umfang der Produktion der beteiligten Unternehmen sowie der Umfang der betroffenen Handelsströme (RS0106875). Handelt es sich bei den Vereinbarungen jedoch um solche, die ihrer Natur nach geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen und sind diese auch auf diesen Zweck gerichtet sind, liegt es auf der Hand, dass solche Vereinbarungen spürbare negative Auswirkungen auf den Markt haben. Es wird daher davon ausgegangen, dass eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung, also eine, die schon ihrem Wesen nach schädlich für den Wettbewerb sind, den Wettbewerb stets spürbar beeinträchtigt (Hiersche/Mertel in Egger/Harsdorf-Borsch, Kartellrecht, § 1 Rz 74, EuGH C-228/18 – Budapest Bank; EuGH C-345/14 - Maxima Latvija). Aus diesen Erwägungen sind bei bezweckten Wettbewerbsbeschränkungen die konkreten Auswirkungen, also der genaue Umfang der Spürbarkeit für den Markt im Verfahren nicht zu prüfen (RS0120477). Solche Kernbeschränkungen gelten demzufolge unabhängig vom Marktanteil der beteiligten Unternehmen als „spürbar“ (vgl EuGH 13. 12. 2012, C-226/11, Expedia, RS0106875, 16 Ok 2/22k).
Bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung zu qualifizieren ist, ist auf den Inhalt ihrer Bestimmungen und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie steht, abzustellen. Im Rahmen der Beurteilung dieses Zusammenhangs sind auch die Natur der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieses Markts oder dieser Märkte zu berücksichtigen. Für einen wettbewerbswidrigen Zweck reicht es bereits aus, wenn die Vereinbarung das Potenzial hat, negative Auswirkungen auf den Wettbewerb zu entfalten, dh wenn sie konkret geeignet ist, zu einer Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Markts zu führen (EuGH C-32/11 - Allianz Hungária, mwN). Das wesentliche Kriterium für die Einordnung als bezweckte Wettbewerbsbehinderung ist, dass eine solche Handlung in sich selbst eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt (EuGH C-67/13 P - Groupement des cartes bancaires, mwN).
Kernbeschränkungen des Wettbewerbs wie Preisabsprachen, Produktions- und Absatzbeschränkungen und Marktaufteilungsabsprachen sind grundsätzlich bezweckte Beschränkungen des Wettbewerbs (RS0120917).
Das zwischen den Antragsgegnerinnen und ihren Mitbewerbern im Zeitraum Juli 2002 bis Oktober 2017 etablierte System von Preisabsprachen, Marktaufteilungen und des Informationsaustauschesstellen Kernverstöße dar, die als bezweckterVerstoß gegen die Bestimmungen des Art 101 Abs 1 lit a und c AEUV und § 1 Abs 2 Z 1 und 3 KartG in Fortschreibung der zitierten Rechtsprechung nicht in Richtung Spürbarkeit im Sinne der Darstellung der konkreten Auswirkungen auf den Markt, zu prüfen ist.
Durch die fortgesetzte regelmäßige Beteiligung der Antragsgegnerinnen am festgestellten kollusiven System der Preisabsprachen, Absprachen über Verhalten bei den Ausschreibungen, Marktaufteilungsabsprachen im Wirtschaftszweig des Hoch- und Tiefbausverstießen die Antragsgegnerinnen gegen das Kartellverbot nach § 1 KartG und Art 101 AEUV in Form der bezweckten Behinderung des Wettbewerbs.
4. Zum Verschulden:
§ 29 KartG stellt klar, dass Geldbußen nur bei Verschulden zu verhängen sind. Der Unternehmer muss den Tatbestand vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt haben. Das KartG definiert nicht näher, was unter Vorsatz und Fahrlässigkeit zu verstehen ist. Einschlägige Definitionen enthalten aber die strafrechtlichen Bestimmungen der §§ 5 f StGB und § 3 VbVG (16 Ok 2/11).
Vorsätzlich handelt gemäß § 5 Abs 1 StGB, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Demgegenüber handelt fahrlässig, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (§ 6 Abs 1 StGB), und wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will (§ 6 Abs 2 StGB).
Gem§ 3 Abs 1 VbVG, der nach kartellobergerichtlicher Rechtsprechung im Kartellverfahren analog anzuwenden ist (RS0124134 [T1]), ist ein Verband - ein solcher ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs 2 leg.cit. insbesondere eine juristische Person - unter den weiteren Voraussetzungen des Abs 2 oder des Abs 3 für eine Straftat verantwortlich, wenn 1. die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder 2. durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.
Die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 VbVG sind hier erfüllt, weil durch die festgestellten Verhaltensweise Pflichten der Antragsgegnerinnen verletzt wurden.
Für Straftaten eines Entscheidungsträgers ist gemäß § 3 Abs 2 VbVG der Verband verantwortlich, wenn der Entscheidungsträger als solcher die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Entscheidungsträger iSd VbVG ist nach dessen § 2 Abs 1, wer 1. Geschäftsführer, Vorstandsmitglied oder Prokurist ist oder aufgrund organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in vergleichbarer Weise dazu befugt ist, den Verband nach außen zu vertreten, 2. Mitglied des Aufsichtsrates oder des Verwaltungsrates ist oder sonst Kontrollbefugnisse in leitender Stellung ausübt, oder 3. sonst maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung des Verbandes ausübt.
Für Straftaten von Mitarbeitern ist gemäß § 3 Abs 3 VbVG der Verband verantwortlich, wenn
1. Mitarbeiter den Sachverhalt, der dem gesetzlichen Tatbild entspricht, rechtswidrig verwirklicht haben; der Verband ist für eine Straftat, die vorsätzliches Handeln voraussetzt, nur verantwortlich, wenn ein Mitarbeiter vorsätzlich gehandelt hat; für eine Straftat, die fahrlässiges Handeln voraussetzt, nur, wenn Mitarbeiter die nach den Umständen gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen haben; und
2. die Begehung der Tat dadurch ermöglicht oder wesentlich erleichtert wurde, dass Entscheidungsträger die nach den Umständen gebotene und zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben, insbesondere indem sie wesentliche technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen zur Verhinderung solcher Taten unterlassen haben.
Mitarbeiter iSd VbVG ist gemäß § 2 Abs 2 leg.cit., wer (unter anderem) aufgrund eines Arbeitsverhältnisses Arbeitsleistungen für den Verband erbringt.
Dass die Verantwortlichkeit der Antragsgegnerinnen nach den hier analog anwendbaren Kriterien des § 3 Abs 2 VbVG(Verantwortlichkeit des Verbandes für die Tatbegehung durch Entscheidungsträger)bzw des Abs 3 (Verantwortlichkeit des Verbandes für Tatbegehung durch Mitarbeiter) vorliegt, wurde weder in Frage gestellt noch bestritten, sodass präzise Feststellungen dazu, welche Personen die einzelnen kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen gesetzt haben, unterbleiben konnten. Vielmehr führen die uneingeschränkten Außerstreitstellungen durch die Antragsgegnerinnen, die auch das Tatsachenvorbringen der BWB zum Verschulden umfassten, rechtlich dazu, dass die Antragsgegnerinnen ein zurechenbares Verschulden an der Gesamtzuwiderhandlung im Sinne des § 29 KartG trifft.
5. Zur Verjährung:
Das kartellrechtswidrige Verhalten der Antragsgegnerinnen umfasste einen Zeitraum von Juli 2002 bis Oktober 2017.
§ 33 KartG idF BGBl I Nr. 176/2021 ist nach § 86 Abs 12 KartG auf Rechtsverletzungen anzuwenden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes (10.9.2021) noch nicht verjährt sind.
Gemäß § 33 Abs 1 1. Satz KartG darf eine Geldbuße nur verhängt werden, wenn der Antrag binnen fünf Jahren ab Beendigung der Rechtsverletzung gestellt wurde. Diese Frist wird gem ci leg 2.Satz unterbrochen, sobald mindestens einem an der Rechtsverletzung beteiligten Unternehmer oder einer beteiligten Unternehmervereinigung eine auf Ermittlung oder Verfolgung der Rechtsverletzung gerichtete Handlung der Bundeswettbewerbsbehörde bekanntgegeben wird. Mit jeder Unterbrechung beginnt die Frist neu zu laufen.
Anders als Art 25 der VO 1/2003 differenziert § 33 KartG nicht zwischen einmaligen, dauernden und fortgesetzten Zuwiderhandlungen bzw Zustands- und Dauerdelikten. Nach dem Gesetzeswortlaut muss das Verhalten insgesamt beendet sein, um den Beginn der Verjährungsfrist auszulösen.
Bei den Dauerdelikten ist zwischen dauernden und fortgesetzten Zuwiderhandlungen zu unterscheiden. Eine dauernde Zuwiderhandlung besteht aus einer andauernden, eine fortgesetzte aus mehreren Handlungen, die jede für sich die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen. Somit handelt es sich bei einer dauernden Zuwiderhandlung um ein abgrenzbares rechtswidriges Verhalten, das ohne Unterbrechung über einen längeren Zeitraum gesetzt wird. Eine fortgesetzte Zuwiderhandlung liegt demgegenüber immer dann vor, wenn eine zu einer rechtlichen Einheit zusammengefasste Vielzahl rechtswidriger aufeinander folgender Verhaltensweisen oder mehrere abgrenzbare Handlungen, die auf die Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung gerichtet sind, erfolgen (Traugottin Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 33 Rz 6 und 7).
Der Begriff der fortgesetzten Zuwiderhandlung umfasst eine Mehrzahl von rechtswidrigen Verhaltensweisen oder von Handlungen zur Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung, die durch ein gemeinsames subjektives Element zu einer Einheit verbunden sind (EuGH C-235/92 P - Montecatini/Kommission).
Ein Verstoß gegen Art 101 Abs 1 AEUV und § 1 Abs 2 Z 1 und 3 KartG kann sich somit nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem kontinuierlichen Verhalten ergeben. Bei der Einstufung unterschiedlicher Handlungen als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung ist zu prüfen, ob zwischen ihnen insoweit ein Komplementaritätsverhältnis besteht, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die ihre Urheber im Rahmen eines auf eine einheitliche Zielsetzung gerichteten Gesamtplans anstreben. Insoweit sind alle Umstände zu berücksichtigen, die dieses Verhältnis belegen oder in Frage stellen können, wie der Anwendungszeitraum, der Inhalt einschließlich der verwendeten Methoden und im Zusammenhang damit die Zielsetzung der verschiedenen fraglichen Handlungen (EuG T-27/10 - AC-Treuhand/Kommission). Bei fortgesetzten Delikten, also solchen Verstößen, die aus mehreren Teilhandlungen bestehen, die in ihrer Begehungsweise gleichartig sind, in einem nahen zeitlichen Zusammenhang stehen und von einem Gesamtvorsatz getragen sind, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Beendigung des letzten Teilakts zu laufen (16 Ok 2/15b, 16 Ok 8/15k mwN).
Nach den Feststellungen liegt hier eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung der Antragsgegnerinnen gegen das Kartellrecht vor, da alle Einzelverstöße auf einen einheitlichen Gesamtplan und einem Gesamtsystem beruhen. Im gegenständlichen Fall liegt trotz der Beendigung der Gesamtzuwiderhandlung im Mai 2017 und der Einbringung des Antrags erst im Oktober 2022 keine Verjährung vor, weil die Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Antragsgegnerin im Juli 2021 die Verjährungsfrist unterbrochen hat. Da die Zuwiderhandlungen weniger als 5 Jahre vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte beendet waren und der Geldbußenantrag 15 Monate später eingebracht wurde, istkeine Verjährung eingetreten.
6. Keine Rechtfertigungsgründe:
Ein Freistellungs- bzw Rechtfertigungsgrund nach § 2 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 3 AEUV wurde nicht behauptet und ist nicht erkennbar.
7. Zur Höhe der Geldbuße:
Gemäß § 29 Z 1 lit a und d KartG ist bei einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoß gegen § 1 KartG bzw gegen Art 101 AEUV eine Geldbuße bis zu einem Höchstbetrag von 10% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes zu verhängen. Darunter ist der weltweite Umsatz des jeweils am Wettbewerbsverstoß beteiligten Unternehmers zu verstehen, wobei die Berechnungsbestimmung des § 22 KartG heranzuziehen ist.
Bei der Bemessung der Geldbuße ist gemäß § 30 Abs 1 KartG insbesondere auf die Schwere und die Dauer der Rechtsverletzung, auf die durch die Rechtsverletzung erzielte Bereicherung, auf den Grad des Verschuldens und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bedacht zu nehmen. Ein Erschwerungsgrund ist es gemäß § 30 Abs 2 KartG insbesondere, wenn
1. das Kartellgericht gegen den Unternehmer oder die Unternehmervereinigung schon wegen einer gleichartigen oder ähnlichen Zuwiderhandlung eine Geldbuße verhängt oder eine solche Zuwiderhandlung festgestellt hat oder
2. der Unternehmer oder die Unternehmervereinigung als Urheber oder Anstifter einer von mehreren begangenen Rechtsverletzung oder an einer solchen Rechtsverletzung führend beteiligt war.
Ein Milderungsgrund ist es gemäß § 30 Abs 3 KartG insbesondere, wenn der Unternehmer oder die Unternehmervereinigung
1. an einer von mehreren begangenen Rechtsverletzung nur in untergeordneter Weise beteiligt war,
2. die Rechtsverletzung aus eigenem beendet hat,
3. wesentlich zur Aufklärung der Rechtsverletzung beigetragen hat oder
4. den aus der Rechtsverletzung entstandenen Schaden ganz oder teilweise gutgemacht hat.Die Bemessung der verhängten Geldbuße beruht auf der von der Antragsgegnerin nicht bestrittenen Berechnung durch die Bundeswettbewerbsbehörde.
Gemäß § 36 Abs 2 KartG darf das Kartellgericht über die beantragte Geldbuße nicht hinausgehen. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat die von ihr dargelegten Milderungsgründe und Erschwerungsgründe im Sinne des § 30 Abs 3 KartG angemessen berücksichtigt. Weitere Milderungsgründe sind nicht ersichtlich. Eine niedrigere Geldbuße als die beantragte Summe, die bei einem weltweiten Konzernumsatz im vorangegangenen Geschäftsjahr von EUR3,7 Mrdrund 7,3% des Höchstbetrags nach § 29 Z 1 KartG entspricht, kommt angesichts der Schwere und Dauer des Verstoßes unddie durch die Rechtsverletzung zwangsläufig erzielte Bereicherung, das vorsätzliche Handeln und die erhebliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerinnen aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen jedenfalls nicht in Betracht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) beantragte die Verhängung einer Geldbuße gemäß § 29 Z 1 lit a und d KartG in Höhe von EUR 27,15 Mio über die Antragsgegnerinnen.
Zusammengefasst brachte die BWB vor, die Antragsgegnerinnen hätten sich jahrzehntelang nahezu im gesamten österreichischen Bundesgebiet an einheitlichen und fortgesetzten kartellrechtswidrigen Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Bauvorhaben im Hoch- und Tiefbau beteiligt, wobei beinahe sämtliche Sparten der Bauwirtschaft im Bereich Hoch- und Tiefbau betroffen gewesen seien. Die Gesamtzuwiderhandlung habe kartellrechtswidrige Preisabsprachen, Marktaufteilungen und den Austausch wettbewerbssensibler Informationen, wie beispielsweise die Abstimmung über zukünftiges Verhalten bei Angebotsabgaben und die Bildung kartellrechtswidriger Arbeits- und Bietergemeinschaften (ARGE und BIEGE) mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Hoch- und Tiefbau, zu dem auch der von der Gesamtzuwiderhandlung besonders betroffene Straßenbau zu zählen sei, umfasst. Die Gesamtzuwiderhandlung habe sich im Zeitraum von zumindest Juli 2002 bis Oktober 2017 über nahezu das gesamte Bundesgebiet Österreichs erstreckt. Die beteiligten Bauunternehmen haben jahrelang und systematisch den Wettbewerb in der Bauwirtschaft ausgeschaltet bzw haben diesen in erheblichem Ausmaß reduziert. In einem kontinuierlichen System kartellrechtswidriger bi- und multilateraler Kontakte haben sich die beteiligten Bauunternehmen gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen verholfen, ohne befürchten zu müssen, von einem günstigeren Angebot unterboten zu werden. Dies habe dem gemeinsamen Ziel gedient, den Wettbewerb bei Ausschreibungen zu minimieren oder auszuschließen, um sich so unter anderem Marktanteile zu sichern.
Das etablierte System, die große Anzahl der betroffenen Bauvorhaben (in der Folge: BVH), die lange Dauer und die Selbstverständlichkeit, mit der es zu den wettbewerbsbeschränkenden Handlungen gekommen sei, weise einen hohen Unrechtsgehalt auf, da Ausschreibungen gerade dem Zweck dienen würden, faire und transparente Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Die Absprachen der Mitbewerber haben das zentrale Ziel von Ausschreibungen vereitelt, nämlich die Möglichkeit für den Auftraggeber eine unabhängige und unbeeinflusste Wahl zu haben.
Die Antragsgegnerinnen seien an der Gesamtzuwiderhandlung in erheblichem Ausmaß beteiligt gewesen. Sie haben an zahlreichen kartellrechtswidrigen bi- und multilateralen Kontakten teilgenommen und seien in der Lage, gewesen, die Umstände der Gesamtzuwiderhandlung maßgeblich mitzuprägen. Sie seien dabei in weiten Teilen Österreichs unmittelbar an kartellrechtswidrigen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt gewesen. Aufgrund ihrer zentralen Beteiligung an der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung seien die Antragsgegnerinnen zur Gruppe der Hauptbeteiligten zu zählen.
Um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und so unter anderem Marktanteile zu sichern, haben die Antragsgegnerinnen mit Bauunternehmen, die mit ihnen im Wettbewerb stehen, ihre Preise und ihr Verhalten bei Angebotsabgaben abgestimmt. So sei rangierend auf die Abgabe wettbewerbsfähiger Angebote verzichtet worden (sogenanntes „Zurückstehen“), indem entweder kein Angebot, oder ein bewusst überhöhtes Angebot (sog. Deckangebot oder auch kartellintern als „Fahne“ bezeichnet) gelegt worden sei. Die kartellrechtswidrigen Handlungen haben auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit basiert, wonach der Zurückstehende bei späteren Aufträgen selbst durch entsprechendes Verhalten der anderen beteiligten Bauunternehmen zum Auftrag gelangt sei und so insgesamt alle beteiligten Bauunternehmen von dem mangelnden Wettbewerb der Reihe nach profitiert haben.
Dieses Prinzip der Gegenseitigkeit sei zum Teil durch die Vereinbarung von Ausgleichszahlungen oder anderen Ausgleichsleistungen für die „Zurückstehenden“ zusätzlich verstärkt worden. Teilweise sei auch eine Aufteilung der BVH auf der Grundlage von Quoten (sog fixer Schlüssel) erfolgt, die den historischen Marktanteilen der jeweiligen beteiligten Unternehmen entsprochen haben. Neben solchen Kundenaufteilungen sei es auch zu Aufteilungen von Gebieten gekommen. So habe in manchen Regionen Einigkeit darüber bestanden, welches Bauunternehmen für Ausschreibungen in welchem Gebiet zuständig sei.
Als kartellstabilisierende Maßnahmen seien ein Punktesystem und Ausgleichsleistungen eingeführt worden. Im Punktesystem sei jedes Bauvorhaben bewertet worden und die gesammelten Punkte zwischen den Mitbewerbern saldiert worden. Anhand dieser Punkte seien dann die weiteren Aufträge verteilt worden oder allenfalls Differenzen monetär ausgeglichen worden, und zwar durch Ausgleichszahlungen, Subaufträge (zB im Sinne einer Beteiligung am BVH), Bildung einer ARGE, oder durch Lieferung oder Abnahme von Leistungen unter bevorzugten Konditionen (darunter Asphaltmischgut, sonstiges Material, Personal und Geräte).
Im Rahmen der wettbewerbswidrigen Aufteilung des Marktes durch die Antragsgegnerinnen und ihren Mitbewerbern sei auch das Instrument der ARGE genutzt worden. So seien ARGE gegründet worden, die nicht als wirtschaftlich zweckmäßig und kaufmännisch vernünftig einzustufen gewesen seien, um an der jeweiligen Ausschreibung teilnehmen zu können.
Solche ARGE seien als Schnittstelle für die Festsetzung eines gemeinsamen Angebotspreises und zur Aufteilung des Auftrages genutzt worden. Darüber hinaus sei es zur Beteiligung von Bauunternehmen an einer ARGE als sog stille ARGE-Partner gekommen. Bei dieser Konstellation seien nicht alle Partner als solche nach außen und gegenüber dem Auftraggeber in Erscheinung getreten, seien aber im Innenverhältnis Beteiligte der ARGE gewesen. Diese habe insbesondere dazu gedient, die Vorgaben des Auftraggebers in Bezug auf die Höchstzahl der zugelassenen ARGE-Partner zu umgehen. Kartellrechtswidrige Vereinbarungen seien im Straßenbau auch wiederholt im Rahmen der Zusammenarbeit in Asphaltmischanlagen getroffen worden. Die Aufteilung sei zumeist nach Mischguttonnen, in seltenen Fällen auch nach der Anzahl der Projekte oder nach dem Umsatzvolumen auf dem jeweiligen Straßenbaumarkt erfolgt.
Die Umsetzungshandlungen seien an die regionalen Gegebenheiten und die betroffene Bausparte angepasst worden. Es sei zu regelmäßigen oder anlassbezogenen Gesprächsrunden, zu bilateralen Kontaktaufnahmen per Telefon, E-Mail oder Fax und dem Versenden von Deckangeboten gekommen.
Auf diese Weise sei über Jahre im Zeitraum von zumindest Juli 2002 bis Oktober 2017 ein österreichweites Kollusionssystem gewachsen, das dazu geführt habe, dass sich die beteiligten Bauunternehmen über das jeweilige Anbots- und Marktverhalten abstimmen und informieren haben können.
Dieses System sei durch die Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen von ihren jeweiligen Vorgängern übernommen worden. Neu eintretende Mitarbeiter seien in das bestehende „System“ eingeführt und ihnen seien die Spielregeln erklärt worden.
Nachdem 2017 Hausdurchsuchungen auch bei den Antragsgegnerinnen durchgeführt worden seien, haben diese in der Folge Stellungnahmen abgegeben. Am 19.7.2022 sei ein Anerkenntnis von den Antragsgegnerinnen abgegeben worden, in dem sie den von der Antragsstellerin vorgebrachten Sachverhalt außer Streit gestellt und die in Aussicht gestellte Geldbuße akzeptiert haben. Auch die rechtliche Qualifikation als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung sei anerkannt worden. Dazu hätten die Antragsgegnerinnen eine Liste mit 952 BVH, die explizit als von kartellrechtswidrigen Absprachen unter Beteiligung der Antragsgegnerinnen betroffen anerkannt worden seien und die den gesamten antragsgegenständlichen Zeitraum abdecken würden, vorgelegt.
Zur Ausmittlung der beantragten Geldbuße brachte die BWB vor, dass ausgehend davon, dass die Mehrzahl der betroffenen BVH dem Straßenbau zuzuordnen seien, der Umsatz in diesem Geschäftsbereich des letzten vollständigenGeschäftsjahrs vor der Beendigung der Zuwiderhandlung, nämlich desGeschäftsjahres 2016/2017, herangezogen worden sei und daraus ein Grundbetrag ermittelt worden sei. Unter Anwendung eines Multiplikators wegen der langen Dauer der Zuwiderhandlung habe dies einen Betrag von EUR 95,25 Mio ergeben. Davon seien Abzüge wegen der Kooperation der Antragsgegnerinnen als Kronzeugin iSd § 11b WettG sowie für die einvernehmliche Verfahrensbeendigung durch Abgabe des Anerkenntnisses und wegen der Einführung eines zertifizierten Compliance Systems und der Reorganisation der gemeinschaftlich betriebenen Asphaltmischanlagengesellschaften vorgenommen worden. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren werde die beantragte Geldbuße von EUR 27,15 Mio als angemessen angesehen.
In rechtlicher Hinsicht sei davon auszugehen, dass die Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen Einschränkungen des Wettbewerbs iSd § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV bezweckt hätten und damit eine Kernbeschränkung darstellten. Der Begriff „Vereinbarung“ laut § 1 KartG und Art 101 AEUV sei weit auszulegen. Die Zwischenstaatlichkeit sei zu bejahen, da sich die Gesamtzuwiderhandlung auf das gesamte österreichische Bundesgebiet erstreckt habe und betroffene Projekte regelmäßig EU-weit bekannt gemacht und ausgeschrieben worden seien. Damit sei neben innerstaatlichem Recht auch Unionsrecht anzuwenden.
Die getroffenen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen seien als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung zu qualifizieren, da im Rahmen eines Gesamtplans eine Vielzahl rechtswidriger aufeinanderfolgender Verhaltensweisen gesetzt worden seien und die beteiligten Unternehmen – in der überwiegenden Mehrzahl seien dieselben Unternehmen involviert gewesen - ein gemeinsames kartellrechtswidriges Ziel verfolgt haben, nämlich durch bi- und multilaterale Kontakte das Risiko des Wettbewerbs zu minimieren oder auszuschließen, um sich gegenseitig zu Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und sich so Marktanteile zu sichern.
Der Bundeskartellanwalt schloss sich dem Antrag und dem Vorbringen der Antragstellerin an.
Die Antragsgegnerinnen stellten das Tatsachenvorbringen der Antragstellerin außer Streit. Sie akzeptierten die von der Antragstellerin vorgenommene Geldbußenbemessung als angemessen.
Feststellungen:
Auf Grund der Urkunden Beilagen ./A - ./X8 und der Außerstreitstellungen steht folgender Sachverhalt fest:
1. Antragsgegnerinnen
Die Erstantragsgegnerin, FN 83175t, ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Edlbacherstraße 10, 4020 Linz. 50,99% der Anteile sind im Eigentum der HPB - Holding GmbH, 18,95% der Anteile im Eigentum der Alexandra Hova GmbH, 18,95% der Anteile im Eigentum der Catherine Hova GmbH und 11,11% der Anteile im Eigentum der Thumersbacher Geräteverleih Gesellschaft m.b.H.. Die Erstantragsgegnerinist Muttergesellschaft einer Vielzahl von Tochtergesellschaften. Die Aktivitäten erstrecken sich auf alle Sparten des Bauwesens: Hochbau, Straßen- und Brückenbau, Bahnbau und Tunnelbau.
Im Wirtschaftsjahr 2021/22 wurde ein weltweiter Umsatz iHv rund EUR 3,7 Mrd erzielt, wovon mit EUR 2,26 Mrd. mehr als die Hälfte der Umsätze in Österreich erzielt wurden.
Die Zweitantragsgegnerin, FN 223787z, ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in der Südtirolerstraße 4, 4020 Linz und ein 100%iges Tochterunternehmen der Erstantragsgegnerin. Sie ist in den Bereichen Hochbau (Umbau und Sanierung, Betonbau, Gewerbe- und Industriebau, GU-Bau, sonstiger Hochbau), Tiefbau (Kanalbau, Gas- und Wasserleitungsbau, Kabelbau) sowie Rohrbau(Rohrleitungsbau/Schweißtechnik) tätig. Das Betätigungsgebiet erstreckt sich von Oberösterreich über Niederösterreich bis Wien und Salzburg und die nördliche Steiermark.
Fallweise werden Arbeiten auch im ganzen Bundesgebiet durchgeführt.
Die Drittantragsgegnerin, FN 93173w, ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in der Brunner Straße 43, 3830 Waidhofen an der Thaya und ist ebenfalls ein 100%iges Tochterunternehmen der Erstantragsgegnerin. Die Drittantragsgegnerin ist in folgenden Bereichen tätig: Betonbau (Brückenbau, Fundamentierungsarbeiten, industrielle Betonbauten aller Art, Betonsanierungsmaßnahmen), Straßenbau (Erdbau, Außenanlagen, Asphaltierungsarbeiten), Deponiebau (Abdichtungsarbeiten) und Wasserbau (Retentionsmaßnahmen, Hochwasserschutz, Kleinwasserkraftwerke). Das geographische Tätigkeitsfeld der Kontinentale erstreckt sich über ganz Niederösterreich, Wien und bei Bedarf auch über benachbarte Bundesländer.
2. Ermittlungsverfahren
Im Mai 2017 führte die BWB aufgrund des vom Kartellgericht erlassenen Hausdurchsuchungsbefehls Hausdurchsuchungen bei den Antragsgegnerinnen gemäß § 12 Abs 1 WettbG durch. Am 26.6.2017 stellten die Antragsgegnerinnen ein Ersuchen nach § 11b WettbG (Antrag auf Setzung des Markers für den Kronzeugenstatus). In der Folge brachten die Antragsgegnerinnen weitere Stellungnahmen und Ergänzungen zu den Stellungnahmen ein. Am 21.7.2021 übermittelte die BWB den Antragsgegnerinnen eine Mitteilung der Beschwerdepunkte und forderte zum Abschluss der von den Antragsgegnerinnen laufenden Aufarbeitung auf. Am 19.7.2022 gaben die Antragsgegnerinnen ein Anerkenntnisab (Beilage ./M), in dem der von der BWB in den Beschwerdepunkten vorgebrachte Sachverhalt zu den Wettbewerbsverstößen außer Streit gestellt wurde. Dem Anerkenntnis war eine Liste von 952 BVH angeschlossen, bei denen die kartellrechtswidrigen Absprachen bei diesen BVH von den Antragsgegnerinnen zugestanden wurden.
3. Betroffener Wirtschaftszweig:
Die Zuwiderhandlung betraf den Wirtschaftszweig der Bauwirtschaft bzw das Baugewerbe. Dieser Wirtschaftszweig umfasst die Planungs- und Ausführungsleistungen an Bauwerken. Bauwerke sind Objekte, deren fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und die mit dem Boden kraftschlüssig verbunden sind. Dazu zählen etwa oberirdische Strukturen wie Gebäude, Wohnbauten, Gesundheitsbauten, Schulbauten oder Verwaltungsbauten. Darüber hinaus werden auch Verkehrsbauwerke wie Gehwege, Fußgängertunnel, Straßenbauwerke oder Bauwerke für den Schienenverkehr unter den Begriff Bauwerke subsumiert.
Der Hochbau ist jener Sektor der Bauwirtschaft, der sich mit der Planung und Errichtung von Bauwerken befasst, die mehrheitlich oberhalb der Geländelinie liegen. Im Hochbau werden grundsätzlich folgende Kategorien an Bauwerken unterschieden:
Wohnungsbau, Verwaltungsbau, Gebäude für das Gesundheitswesen, Gebäude für Lehre und Forschung, Stadthallen, Bürgerzentren, Museen, Theater, Sportstätten, Freizeitanlagen, Einkaufszentren, Kaufhäuser und Industrie- und Produktionsgebäude.
Damit fallen Wohngebäude, aber auch Büro- und große Industriegebäude sowie Wasserversorgungs-, Kanal- und Entwässerungsanlagen in den Bereich Hochbau. Keller und in den Boden eingelassene Fundamente gehören grundsätzlich nicht mehr zum Hochbau.
Der Tiefbau umfasst jene Bauwerke, die auf oder unter der Geländelinie errichtet werden.
Damit sind nicht nur Fundamente bzw die Gründung eines Bauwerks vom Tiefbau erfasst, sondern auch der Straßen-, der Eisenbahn-, Stollen- und Tunnelbau sowie der Erdbau, bei dem Boden abgetragen, bewegt und am Ende wieder verdichtet wird. Auch die Errichtung von Versorgungs- und Entsorgungsnetzen, wie Kanalisationen und Staudämme, ist dem Tiefbau zuzurechnen. Brücken werden auch dem Verkehrswegebau zugerechnet. Zum Tiefbau zählen grundsätzlich folgende Kategorien an Bauwerken: Grundbau bzw Fundamente, Verkehrswegebau, Kanalbau, Erdbau, Brückenbau, Tunnelbau, Wasserbau, Spezialtiefbau und Siedlungswasserwirtschaft.
Der Straßenbau als Teilbereich des Tiefbaus umfasst die Planung, die Herstellung und die Erhaltung von Straßen und Wegen für den Fuß- und Fahrzeugverkehr. Gegenstand des Straßenbaus sind Autobahnen und Schnellstraßen, Gemeinde- und Landesstraßen sowie Fußgänger- und Radwege. Da Österreich insbesondere über ein vergleichsweise dichtes Autobahn- und Schnellstraßennetz verfügt, nimmt der Straßenbau einen besonderen Stellenwert in der Bauwirtschaft ein.
Fast sämtliche Sparten der Bauwirtschaft im Bereich Hoch- und Tiefbau waren von der Gesamtzuwiderhandlung (wenn auch in unterschiedlicher Intensität) betroffen.
4. Kartellrechtswidrige Gesamtzuwiderhandlung:
Im Rahmen des Kartells wurden zwischen den beteiligten Bauunternehmen Absprachen getroffen mit dem Zweck, den Wettbewerb zu minimieren oder auszuschließen, um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und so Marktanteile zu sichern. Um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen, kam es zu Preisabsprachen, Marktaufteilungen, zum Austausch wettbewerbssensibler Informationen, wie etwa Abstimmungen über zukünftiges Verhalten bei Angebotsabgaben, sowie teilweise zur Bildung kartellrechtswidriger Arbeitsgemeinschaften und Bietergemeinschaften. Es handelte sich um ein das gesamte österreichische Bundesgebiet und eine sehr hohe Anzahl an Bauvorhaben betreffendes Kartell (Beilagen ./M, ./O, ./R, ./BB ./N3, ./A3, ./B4)
Die Antragsgegnerinnen und neun weitere Bauunternehmen waren Hauptbeteiligte an der Zuwiderhandlung, 44 weitere Bauunternehmen nahmen (aus derzeitiger Sicht) mit geringerer Intensität teil. Die Antragsgegnerinnen waren im Zeitraum von Juli 2002 bis Oktober 2017 in erheblichem Ausmaß beteiligt (Beilagen ./M, ./O, ./R, ./BB ./N3, ./A3, ./B4).
Den einzelnen wettbewerbsbehindernden Handlungen liegt ein Gesamtsystem zugrunde mit dem dahinterstehenden Gesamtplan der beteiligten Unternehmen, den Wettbewerb im Baubereich insgesamt zu minimieren oder auszuschließen, weshalb eine detailliert entwickelte Strategie, sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen, angewendet wurde, um so den Markt untereinander aufzuteilen. Die Antragsgegnerinnen und ihre an der Gesamtzuwiderhandlung beteiligten Mitbewerber haben über einen jahrelangen Zeitraum kontinuierlich und im Grundverständnis, sich jederzeit kontaktieren zu können, ihr Verhalten aufeinander abgestimmt und wesentliche Wettbewerbsparameter abgesprochen, um so untereinander bestehenden oder möglichen Wettbewerb zu beschränken bzw gänzlich auszuschließen. Die Auftraggeber führten über all die Jahre hinweg zum Teil aufwendige Ausschreibungen durch und zwar in der Annahme, dass Wettbewerb herrscht.
Die kartellrechtswidrigen Handlungen basierten auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit in der Erwartung, dass die bei den Ausschreibungen nicht zum Zug Gekommenen bei späteren Aufträgen selbst durch entsprechendes Verhalten der anderen beteiligten Bauunternehmen zum Auftrag gelangen und so insgesamt alle beteiligten Bauunternehmen von dem mangelnden Wettbewerb profitieren.
Dieses Prinzip wurde zum Teil durch die Vereinbarung von Ausgleichszahlungen oder anderen Ausgleichsleistungen zusätzlich verstärkt. Mitarbeiter beteiligter Unternehmen übernahmen („erbten“) dieses System von ihren jeweiligen Vorgängern, neu eintretende Mitarbeiter wurden in das bestehende System in Besprechungen eingeführt und ihnen die „Spielregeln“ erklärt. Bei einem Arbeitsplatzwechsel von einem Bauunternehmen zum Nächsten wurde dieses kollusive System mitgenommen und unter vorwerfbarer Unkenntnis oder sogar Duldung der Unternehmensleitung und Regionalleitungen angewendet. Spätestens ab Übernahme der Letztverantwortung für die Akquise von BVH übernahmen die Mitarbeiter der beteiligten Bauunternehmen, nämlich auch jene der Antragsgegnerinnen, die Methoden des kartellrechtswidrigen Preisabsprache- und Marktaufteilungssystems, in dem es zur abgesprochenen Aufteilung der Bauaufträge kam.
Über einen langen Zeitraum ist ein österreichweites Kollusionssystem gewachsen. Durch dieses allgemein etablierte System konnten die beteiligten Unternehmer sich mit Hilfe der ihnen bekannten und vereinbarten Vorgehensweisen über das jeweilige Angebots- und Marktverhalten abstimmen und informieren. Damit wurde über weite Strecken der Wettbewerb zwischen den beteiligten Bauunternehmen von vornherein ausgeschaltet und der Zweck von Ausschreibungen, nämlich der Erhalt einer objektiven Entscheidungsgrundlage für den Bauherrn durch Sichtung der konkurrierenden Angebote, unterwandert (Beilagen ./O, ./JJ, ./CC, ./MM, ./II, ./CC, ./D3, ./M).
5. Kommunikationsmuster:
Die Umsetzungshandlungen und -modi wurden an die regionalen Gegebenheiten und die betroffene Bausparte angepasst. Die Umsetzungshandlungen umfassten insbesondere bi- und multilaterale Kontakte in Form von regelmäßigen oder anlassbezogenen Gesprächsrunden, Kontaktaufnahmen per Telefon, E-Mail oder Fax und dem Versenden von Deckangeboten.
5.a. Multilaterale Kontakte
Es wurden Gesprächsrunden, abhängig vom Zeitpunkt der Ausschreibungen, je nach Bedarf ein- oder mehrmals im Jahr unter den Mitbewerbern organisiert. Diese fanden zumeist in einer der Niederlassungen der an den Absprachen beteiligten Bauunternehmen statt. Im Rahmen dieser Gesprächsrunden wurde das Bauunternehmen, das den Auftrag für ein bestimmtes BVH erhalten sollte, und dessen Abgabepreis festgelegt. Zudem wurde vereinbart, dass die zurückstehenden Mitbewerber ein Angebot abgeben, das über dem gemeinsam festgelegten Abgabepreis des designierten Auftragsempfängers liegt. Zum Teil wurden auch die Abgabepreise der zurückstehenden Mitbewerber vom designierten Auftragsempfänger vorgegeben (sog. Preisvorgabe) (Beilage ./N, ./Y, ./HH, ./V, ./II, ./JJ,./KK). Auch über E-Mail tauschte man sich über die Teilnehmer und die Termine für Gesprächsrunden aus. So lautete beispielsweise ein darauf bezugnehmendes Mail der Antragsgegnerinnen vom 22.7.2009 an einen Mitbewerber auszugsweise wie folgt (Beilage /.LL):
Protokoll zu baubesprechung vom 21/7/09
REGELN:
Es finden noch zusätzliche 5 Baubesprechungen zu nachstehenden einvernehmlich festgelegten terminen statt:
17/8/09 14.00 murhof beteff:fa swietelsky
01/09/09 13.00 murstätten beteff:fa H.
22/09/09 13.00 murtal betreff:fa L.
07/10/09 12.00 waltersdorf betreff: fa K.
20/10/09 11.00 tatzmannsdorf betreff fa H. incl nächtigung und festlegung der „prämie“ des knausrigsten und knausrigen Teilnehmers“
5.b. Bilaterale Kontakte
Bilaterale Gespräche zu wettbewerbssensiblen Themen wurden ergänzend zu den oben genannten größeren Gesprächsrunden, aber auch unabhängig davon geführt. Bilaterale persönliche Treffen fanden in Räumlichkeiten der Niederlassungen der an der Gesamtzuwiderhandlung beteiligten Bauunternehmen oder außerhalb dieser (zB auf Autobahnraststationen, Tankstellen, in Lokalen oder auf Baustellen) statt.
Die kartellrechtswidrigen bilateralen Kontakte wurden ua dazu genutzt, sich bei Mitbewerbern über die Interessenslage hinsichtlich bestimmter BVH zu informieren, konkrete Vorgehensweisen zu vereinbaren oder sich über zukünftiges Verhalten bei der Angebotsabgabe auszutauschen. Dabei trat man insbesondere mit jenen Mitbewerbern in Kontakt, die man bereits aus den Gesprächsrunden, von früheren kartellrechtswidrigen Kontakten, von Arbeitsgemeinschaften (ARGE) oder privat kannte.
Nach einer bilateralen Vereinbarung wurden zum Teil auch weitere Mitbewerber kontaktiert und ebenso miteinbezogen, indem diese etwa zum Zurückstehen bei einer bestimmten Ausschreibung aufgefordert wurden.
Zu kartellrechtswidrigen bilateralen Kontakten kam es auch oft im Rahmen von notwendigen Kontakten bei laufenden ARGE oder sonstigen Kooperationen wie zB Asphaltmischwerken, aber auch am Rande von Veranstaltungen der Bauwirtschaft (zB Veranstaltungen der GESTRATA-Gesellschaft zur Pflege der Straßenbautechnik mit Asphalt (Beilagen ./Y, ./HH, ./O, ./MM, ./Q, .//R, ./JJ, ./KK, ./NN)).
Die an den kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligten Bauunternehmen verzichteten zum Großteil bewusst auf Aufzeichnungen, oder vernichteten diese, sobald sie nicht mehr gebraucht wurden. Aufgrund der Dauer und Intensität der kartellrechtswidrigen Handlungen war es für die beteiligten Bauunternehmen jedoch organisatorisch nicht möglich auf jegliche Form von Aufzeichnung zu verzichten bzw alle Beweise zu vernichten (Beilagen ./P, ./R,. /BB, ./JJ, ./Q, ./II, ./NN, ./D3).
Kontakte per E-Mail wurden wohl primär aus Praktikabilitätsgründen für das Versenden von Deckangeboten genutzt (Beilagen ./Q, ./II).
Zumindest von zwei Mitarbeitern von Swietelsky wurde die nicht-personalisierte Emailadresse xxx, welche keine Rückschlüsse auf das Unternehmen zulassen sollten, für Absprachen verwendet (Beilagen ./G, ./C3).
6. Umsetzungshandlungsmuster und -modi
6.a. Preisabsprachen bei Ausschreibungen samt Deckangebote
Im Rahmen der Gesamtzuwiderhandlung wurden die in Ausschreibungen abzugebenden Preise vereinbart oder abgestimmt bzw es wurde besprochen, dass ein Mitbewerber überhaupt kein Angebot legen wird. Häufig kalkulierte jener Mitbewerber, welcher den Zuschlag erhalten sollte, den Angebotspreis für die zurückstehenden Mitbewerber und übermittelte diesen in Form eines Datenträgers per Email/Fax oder auch persönlich.
Die restlichen beteiligten Unternehmen boten in der Folge entweder zu einem höheren Preis oder gar nicht an (zurückstehende Mitbewerber). Oftmals kontaktierte der Initiator der Preisabsprache die zurückstehenden Mitbewerber und ließ ihnen fertige, höhere Leistungsverzeichnisse bzw vorausgefüllte Angebotsunterlagen (Deckangebote) zukommen, um den zeitlichen und finanziellen Aufwand der Mitbewerber bei der Angebotserstellung zu reduzieren (Beilagen /./N, ./O,. /P, ./B, /Q,. /R).
Die Übermittlung von Deckangeboten zielte darauf ab, die Auftragserteilung an einen zuvor bestimmten Mitbewerber so weit wie möglich zu gewährleisten. Jenes Bauunternehmen, das in Übereinstimmung mit den weiteren beteiligten Unternehmen zum Zug kommen sollte, übermittelte fertige, höhere Leistungsverzeichnisse bzw vorausgefüllte Angebotsunterlagen. Deckangebote wurden kartellintern auch als „Fahne“, „Ente“, oder „0-Lauf“ bezeichnet.
Die zurückstehenden Mitbewerber gaben sodann diese Deckangebote zum Schein als von ihnen eigens kalkulierte Angebote ab (Beilage ./M, ./OO, ./PP, ./Z, ./Q, ./G).
In handschriftlichen Aufzeichnungen wurden immer wieder ein Fahnensymbol oder das Wort „Fahne“ als Kennzeichen für die Übermittlung eines Deckangebots verwendet. Dadurch wussten die handelnden Personen unmittelbar, worum es ging (Beilagen ./RR, ./SS). Bei der Übermittlung von Deckangeboten per E-Mail wurde der Text in aller Regel kurz gehalten (Beilagen ./UU, ./VV, ./WW) und ein unverfänglicher Text verwendet (Beilagen ./VV, ./XX, ./YY, ./ZZ), wie zum Beispiel: “Wie besprochen der Datenträger„ (Beilage./VV).
6.b. Marktaufteilung
Im Rahmen der Gesamtzuwiderhandlung wurden auch Aufteilungen von Märkten besprochenund es erfolgte eine Aufteilung der BVH auf der Grundlage von Quoten (sog fixer Schlüssel), die häufig den historischen Marktanteilen der beteiligten Unternehmen entsprachen. Neben Kundenaufteilungen kam es auch zu Aufteilungen von Gebieten. So herrschte in manchen Regionen Einigkeit darüber, welches Bauunternehmen für Ausschreibungen in welchem Gebiet zuständig war. Die anderen Bauunternehmen standen bei diesen Ausschreibungen zurück(Beilagen ./N, ./S, ./R, ./T, ./U, ./L, ./V, ./W, ./X).
6.c. Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen:
Begleitend kam es zu einem laufenden Austausch wettbewerbssensibler Informationen, wie etwa über das zukünftige Verhalten bei Angebotsabgaben für Bauvorhaben. So wurde zwischen den Unternehmen das jeweilige Interesse an einzelnen Bauvorhaben „abgeklopft“, also ob jemand überhaupt Interesse an den entsprechenden Vorhaben hat oder plant, ein Angebot abzugeben (Beilagen ./Y, ./O und ./Z).
6.d. Kartellrechtswidrige ARGEs:
Teilweise wurden Arbeitsgemeinschaften als Deckmantel für kartellrechtswidrige Handlungen genutzt. So wurden ARGEs gegründet, die für die Bauunternehmen objektiv nicht notwendig waren, um an der jeweiligen Ausschreibung teilnehmen zu können und als Schnittstelle für die Festsetzung eines gemeinsamen Angebotspreises und die Aufteilung des Auftrags zu dienen (Beilagen ./O, ./AA, ./R, ./BB, ./CC, ./DD, ./EE, ./N). Es kam auch vor, dass sich einzelne Bauunternehmen an einer derartigen ARGE als stille Partner beteiligten. In diesem Fall traten nicht alle ARGE-Partner als solche nach außen und gegenüber dem Auftraggeber in Erscheinung, waren aber im Innenverhältnis Beteiligte der ARGE. Dies diente insbesondere dazu, die Vorgaben des Auftraggebers in Bezug auf die Höchstzahl der zugelassenen ARGE-Partner zu umgehen (Beilagen ./Q, ./CC). An dieser Vorgehensweise beteiligte sich Swietelsky beispielsweise beim Neubau IKEA Klagenfurt (Beilagen ./FF, ./GG).
6.e. Kontakte im Rahmen der Zusammenarbeit in Asphaltmischwerken
Asphaltmischwerke (AMW) spielen auf Grund ihrer Zulieferfunktion eine zentrale Rolle im Straßenbau. Kartellrechtswidrige Handlungen, die den Straßenbau betrafen, erfolgten daher auch im Rahmen der Zusammenarbeit von Mitbewerbern in Asphaltmischwerken, die oft als Gemeinschaftsanlagen geführt werden. Zudem waren auch zahlreiche Bauunternehmen, die eigene Mischanlagen (sog Eigenanlagen) betrieben, an kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligt.
Oftmals trafen die an den kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligten Bauunternehmen entsprechend des in Prozent festgelegten Marktanteils am Mischgutverbrauch (angegeben in Mischguttonnen) eine Einigung darüber, welcher Mitbewerber für welche BVH die Auftragserteilung erhalten sollte. Wurde der jeweilige Schlüssel am Jahresende über- oder unterschritten, wurde die Differenz in das nächste Jahr vorgetragen. Diese Aufteilung erfolgte zumeist nach Mischguttonnen, in seltenen Fällen auch nach der Anzahl der Projekte oder nach dem Umsatzvolumen auf dem jeweiligen Straßenbaumarkt. Die beteiligten Bauunternehmen legten zT auch den Preis für Mischgut anhand eines sogenannten „Mittelpreises“, der sich am Vorjahrespreis orientierte, fest. Das Bauunternehmen, das den Auftrag erhalten sollte, legte dann eine Angebotssumme fest. Die zurückstehenden Bauunternehmen gaben hingegen Angebote mit höheren Preisen oder kein Angebot ab.
Zudem wurde Asphaltmischgut als Möglichkeit der Gegenverrechnung von Guthaben für abgegebene Deckangebote bzw nicht abgegebene Angebote herangezogen (Beilagen ./Q, ./DD, ./SS), was beispielsweisebeim BVH „Hauptleistung A9 Schwarzlsee Wildon“ erfolgte (Beilage ./DD)
7. Instrumente zur Aufteilung von Bauaufträgen
7.a. Bieterrotation und „Schutzmechanismen“:
Ein Instrument zur Aufteilung von Bauaufträgen war die Organisation mittels Bieterrotation. Dabei kamen die beteiligten Unternehmen überein, dass sie hinsichtlich bestimmter Bauvorhaben wechselseitig zum Zug kommen und sich dabei gegenseitig durch die Abgabe höherer Deckangebote oder den gänzlichen Verzicht auf eine Angebotslegung unterstützen (Prinzip der Gegenseitigkeit). Bieterrotationen kamen dabei auch im Sinne eines von den beteiligten Unternehmen so bezeichneten „Kampfschutzes“ oder „Vollschutzes“ zur Anwendung.
Im Fall eines sogenannten „Vollschutzes“ wurden alle für eine Ausschreibung relevanten Mitbewerber in die Kartellabsprache eingebunden. Die beteiligten Unternehmen konnten davon ausgehen, dass keine anderen (nicht an der Kartellabsprache beteiligten) Unternehmen ein Angebot legen werden. Der Wettbewerb wird im Rahmen des „Vollschutzes“ gänzlich ausgeschlossen und bietet daher eine sehr hohe Sicherheit für die Umsetzung des gewünschten Ergebnisses.
Im Fall eines sogenannten „Kampfschutzes“ wurde nur ein Teil der für eine Ausschreibung relevanten Mitbewerber (zB fünf von insgesamt zehn) in die Kartellabsprache eingebunden. Diese Gruppe einigte sich auf einen designierten Auftragsempfänger und bot folglich so an, dass sich ihre Mitglieder nicht gegenseitig unterboten. Im Unterschied zum „Vollschutz“ nehmen auch Unternehmen außerhalb der am „Kampfschutz“ beteiligten Gruppe an der Ausschreibung teil. Dennoch wurde das Risiko des Wettbewerbs im Rahmen des „Kampfschutzes“ erheblich minimiert (Beilagen ./M, ./Y, ./O, ./E3, ./F3, ./II).
7.b. Interne Submission:
Im Vorfeld von Angebotsabgaben kam es in einigen Fällen auch zu sog „internen Angebotsöffnungen“ (auch „interne Submissionen“ genannt), bei denen die Mitbewerber vor der offiziellen Angebotsabgabe ihre Kalkulationsgrundlagen untereinander offenlegten. Das Unternehmen mit dem niedrigsten Wert erhielt den internen „Zuschlag“, die anderen standen zurück. Dieses Vorgehen diente als Mittel der Entscheidungsfindung, welches der beteiligten Unternehmen den Auftrag bei der tatsächlichen Ausschreibung erhalten soll (Beilagen ./M, ./B3, ./O, ./II, ./Z, ./G3, ./B). Der Billigstbieter durfte dann auch bei Angebotslegung im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens den billigsten Preis anbieten, wobei dann vom Billigstbieter ein Aufschlag von 5% bis maximal 25% hinzugerechnet wurde (Beilage ./G3).
7.c. Fixer Schlüssel:
Für die Aufteilung von Aufträgen wurde auch ein sog „fixer Schlüssel“, dh eine Quote vereinbart, die jedem beteiligten Unternehmen zustand. Der „fixe Schlüssel“ richtete sich dabei in der Regel nach den geschätzten Marktanteilen in einer bestimmten Region oder orientierte sich insb im Straßenbau an der geschätzten Gesamtmenge des zu verbauenden Asphaltmischguts pro Jahr (Beilagen ./M, ./Y, ./O, ./T).
7.d.Punktesystem:
Ein kartellstabilisierender Mechanismus war die Gegenverrechnung anhand eines sog „Punktesystems“: Da ein größerer Teil der beteiligten Unternehmen regelmäßig in verschiedenen Ausschreibungsverfahren aufeinander traf, wurde mithilfe der Vergabe von „Punkten“/„Anteilen“/„Prozenten“ der Netto-Angebotssumme (typischerweise iHv 0,5-3,5%) ein finanzieller Interessenausgleich unter den Beteiligten sichergestellt. Der durch diesen Prozentsatz errechnete Betrag wurde dem zurückstehenden Bauunternehmen als Forderung gegen den designierten Auftragsempfänger gutgeschrieben. Einige der beteiligten Unternehmen führten Aufzeichnungen über die sich aus diesem Punktesystem ergebenden „Forderungen und Verbindlichkeiten“ gegenüber den anderen Beteiligten (auch als „Kontokorrentverhältnis“ bezeichnet). Diese Verbindlichkeiten wurden immer wieder saldiert oder durch Ausgleichsleistungen ausgeglichen. In manchen Fällen blieben Restforderungen und Verbindlichkeiten jedoch auch über längere Zeit bestehen (Beilagen ./M und ./B3, ./O).
Die Kontaktaufnahme für die Aufrechterhaltung des Punktesystems erfolgte zB telefonisch. Das am Auftrag interessierte Bauunternehmen erkundigte sich bei seinen Mitbewerbern, ob diese zurückstehen würden. Für das Zurückstehen verlangte der Mitbewerber sodann Punkte (Beilage ./H3, ./I3). In den Aufzeichnungen über das Punktesystem wurde neben den Bezeichnungen der kontaktierten Mitbewerber (zT mit Kontaktnamen und Telefonnummer) ein „o.k.“ oder „“ als Hinweis vermerkt, dass eine Preisabsprache stattgefunden hat. Weiters wurden Aufzeichnungen über den vereinbarten Ausgleich nach dem Punktesystem oder andere Ausgleichzahlungen gemacht (Beilagen ./C3, ./K3, ./L3).
7.e.Ausgleichsleistungen:
Zurückstehende Mitbewerber wurden neben den oben beschriebenen Punkten auch mit sog „Ausgleichsleistungen“ entlohnt, wie etwa mit Ausgleichszahlungen, Subaufträgen (zB im Sinne einer „Beteiligung“ am Bauvorhaben), Arbeitsabtausch, der Bildung einer (offenen oder stillen) ARGE, der Lieferung oder Abnahme von Leistungen unter bevorzugten Konditionen (beispielsweise Asphaltmischgut, sonstiges Material, Personal oder Geräte), dem Bezug von größeren Abnahmemengen von Asphaltmischgut oder Beton. Ausgleichsleistungen standen zurückstehenden Mitbewerbern auch dann zu, wenn der Mitbewerber, zu dessen Gunsten sie zurückstanden, den Zuschlag nicht erhielt (Beilagen ./M, ./M3, ./B3, ./S, ./I3, ./N3, ./O3).
In den meisten Fällen erfolgte die Ausgleichsleistung durch den Abtausch gegen andere Bauvorhaben („Arbeitsabtausch“ - Beilagen ./P3, ./Q3, ./R3, ./BB, ./S3, ./T3).
Es kam auch vor, dass Punkte und Ausgleichsleistungen, wie Ausgleichszahlungen und Arbeitsabtausch, gemeinsam vereinbart wurden, je nachdem, was die beteiligten Unternehmen für das Zurückstehen verlangten (Beilagen ./U3, ./V3, ./W3, ./X). Ausgleichszahlungen wurden entweder als Pauschalsumme oder als prozentmäßiger Anteil von der Anbotssumme vereinbart, wobei die Berechnung der Ausgleichleistung auch auf Grundlage des Kartellaufschlags, der ua als „Überling“ bezeichnet wurde, erfolgte (Beilagen ./O, ./X3, ./X, ./W, ./Y3, ./Z3, ./N3)
Für die Auszahlung einer Ausgleichsleistung wurden vereinzelt auch Scheinrechnungen erstellt (Beilage ./Z3, ./N3).
8. Bauvorhaben mit kartellrechtswidriger Beteiligung der Antragsgegnerinnen
Die Antragsgegnerinnen beteiligten sich an Absprachen und/oder Abstimmungen im oben dargelegten Sinn bei zumindest 952 Bauvorhaben (Beilage ./M).
8. Hauptbetroffene Auftraggeber
Die hauptsächlich betroffenen Auftraggeber werden im Folgenden dargestellt und die kartellverfangenen BVH exemplarisch dargestellt.
8.1. ASFINAG
Im Frühjahr 2013 fand in der Porr Niederlassung in Unterpremstätten (Steiermark) ein sogenanntes Grundsatztreffen statt, im Laufe dessen die anwesenden Bauunternehmen Swietelsky, Porr/Teerag-Asdag, Strabag, K. und G. in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung neun BVH der ASFINAG in der Steiermark und in Oberösterreich mit einem Auftragsvolumen iHv rund EUR 56,2 Mio untereinander aufteilten. In weiterer Folge wurden von einigen der dort anwesenden beteiligten Unternehmen andere Bauunternehmen in die Kartellabsprache einbezogen, indem mit diesen der Erhalt von Punkten oder ein Arbeitsabtausch für das Zurückstehen bei Ausschreibungen vereinbart wurde (Beilagen ./O, ./F3,. /DD). An den kartellrechtswidrigen Handlungen waren die fünf Unternehmen des Grundsatztreffen sowie weitere Bauunternehmen beteiligt (Beilagen ./C4, ./D4, ./E4 ./DD).
Swietelsky nahm sowohl am Grundsatztreffen im Frühjahr 2013 als auch an einem weiteren persönlichen Treffen mit den entsprechenden Unternehmen im Juli 2013 betreffend die A9 Pyhrn Autobahn teil (Beilagen ./BB, ./O).
Die dem Grundsatztreffen folgenden Kontakte fanden meistens bilateral am Telefon statt.
Die Anzahl und Größe der zugeteilten BVH war von der Marktstellung bzw Größe des jeweiligen Bauunternehmens abhängig. Kleinere Bauunternehmen „erhielten“ ein BVH nur in einer ARGE-Konstellation mit einem großen Unternehmen. Im Gegenzug für eine Zuteilung mussten die Bauunternehmen bei den anderen Projekten zurückstehen und höhere Deckangebote abgeben (sog. Arbeitsaustausch). Die abzugebende Anbotssumme wurde ihnen vorgegeben. In einem weiteren Schritt kontaktierten die jeweiligen beteiligten Unternehmen für „ihr“ im Grundsatztreffen zugewiesenes BVH andere Bauunternehmen, um sich zu erkundigen, ob diese an einer Preisabsprache oder Marktaufteilung interessiert wären. Für das Zurückstehen durch die Nicht-Teilnahme oder die Abgabe eines Deckangebots erhielten die Kontaktierten sodann Punkte. Der Wert der Punkte ergab sich anhand der Nettoangebotssumme und wurde als Vorkosten bzw Mitbewerberkosten bei der Kalkulation berücksichtigt.
Von den kartellrechtswidrigen Handlungen im Rahmen des Grundsatztreffens waren folgende BVH in Oberösterreich und der Steiermark betroffen, bei denen Swietelsky involviert war:
 
Datum
BVH
9.12.2014
A9 Pyrn Autobahn, Instansetzung Übelbach (RFB Linz)
22.7.2014
A9 Pyhrn Autobahn Instandsetzung Übelbach
14.5.2014
A9 Pyhrn Autobahn Grenzübergang Spielfeld
22.4.2014
A9 Pyhrn Autobahn Generalerneuerung Abschnitt Schwarzlsee-Wildon, RFB Voralpenkreuz
11.2.2014
A9 Pyhrn Autobahn Instandsetzung Rottenmann-Trieben
15.7.2013
A9 Pyhrn Autobahn Schwarzlsee-Wildon
Hauptleistung
24.6.2014
A9 Pyhrn Autobahn Schwarzlsee-Wildon Vorleistung
 
BVH in Tirol:
Im Rahmen von Ausschreibungen der ASFINAG in Tirol hat Swietelsky an langjährigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teilgenommen, die historisch gewachsen sind. Dabei wurden insbesondere kartellrechtswidrige ARGE gegründet. Zumindest bis einschließlich 2011 wurden fast alle in Tirol ausgeschriebenen ASFINAG Baulose unter vier Bauunternehmen abgestimmt. Es ist daher davon auszugehen, dass in den Jahren 2005 bis einschließlich 2011 insgesamt etwa 85 BVH mit einem Gesamtvolumen iHv über EUR 52 Mio von den kartellrechtswidrigen Handlungen betroffen waren.
Die beteiligten Unternehmen führten bilaterale Gespräche, organisierten aber auch Gesprächsrunden. Zumeist kontaktierte jener Wettbewerber, der ein BVH für sich beanspruchte, die übrigen Wettbewerber.
Sofern mehrere BVH gleichzeitig ausgeschrieben waren, haben sich die Wettbewerber diese BVH im Zuge der Gesprächsrunden aufgeteilt. Hierzu wurden kartellrechtswidrige ARGE gegründet. Die nicht an der ARGE beteiligten Unternehmen sind zurückgestanden. Als Ausgleichsleistungen hatten die zurückstehenden Unternehmen zukünftige BVH gut. Die Treffen haben meist in einer der Zentralen der beteiligten Unternehmen stattgefunden.
Nach den der BWB vorliegenden Anerkenntnissen und Geständnissen von Mitbewerbern von Swietelsky waren auch folgende 17 BVH von den Kartellverstößen unter Beteiligung von Swietelsky betroffen:
 
Datum
BVH
2005
ARGE A13 Patsch
2006
ARGE A13 Belag
2006
ARGE A12 Jenbach-Stans
2007
ARGE A 12 Kranebitten
2007
ARGE A13 Matreiwald
2007
A 12 Vomp-Schwaz
2007
Ast A 12 Kramsach
2008
ARGE A13 Belag
2008
ARGE A13 Umkehrbelag
2008
ARGE S16 Landeck West
2008
ARGE A12 Hall-Amras
2009
ARGE A12 Telfs
2009
ARGE A12 Belag Kufstein II
2010
ARGE Gleiersbrücke
2010
ARGE A13 Zentralentwässerung
2010
A12 Angath-Wörgl West
2010
ARGE A 12 Kirchbichl-Angath
 
Sonstige betroffene Bauvorhaben:
 
Datum
Bauvorhaben
2014
A11 Karawankenautobahn LB INS St. Jakob Deckensanierung
2014
A2 Wolfberg Süd- St. Andrä- Deckensanierung
2013
A2 INS Völkermarkt Ost-West
2012
A11 Karawankenautobahn, Knoten Villach St. Niklas
2011
A9 Pyhrn Autobahn Lainberg Roßleiten Sanierung
2010
S35 Brucker-Schnellstraße Uferbrücke
2008
A10 Deckenerneuerung Liesertal
2011
A9 Lainberg Roßleithen Sanierung
Hinsichtlich des in der letzten Zeile der obigen Tabelle genannten Bauvorhabens A9 Lainberg Roßleithen Sanierung liegt ein Anerkenntnis eines Mitbewerbers und eine Urkunde eines Mitbewerbers vor, dass dieses BVH von kartellrechtswidrigen Absprachen unter Beteiligung der Antragsgegnerinnen betroffen war (Beilagen ./B4 und ./G)
8.2. Niederösterreichische Landesregierung:
Bei den Ausschreibungen der Straßenbauabteilungen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung nahm Swietelsky an der langjährigen Praxis von Preisabsprachen, Marktaufteilungen und dem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil, die historisch gewachsen ist und zumindest bis in die 1990er Jahre zurückgeht. Dies erfolgte in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung. Die Praxis wurde von den jeweiligen Vorgängern übernommen und neu eintretende Wettbewerber wurden in die etablierten kartellrechtswidrigen Handlungen aufgenommen.
Von der Gesamtzuwiderhandlung betroffen waren nahezu sämtliche Ausschreibungen der Straßenbauabteilungen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung - insb die Bauabteilungen 1, 2, 3, 4, 5, 7 und 8. Die Bauabteilungen sind nach Regionen organisiert. Hauptsächlich betroffen waren ausgeschriebene Baulose im Straßenbau mit Mischgutbezug.
Die kartellrechtswidrigen Handlungen waren jedoch nicht auf dieses Produktsegment beschränkt.
Je nach Region (und entsprechender Bauabteilung des Landes Niederösterreich) wurden regelmäßig Gesprächsrunden organisiert, die mit bilateralen (persönlichen und telefonischen) Kontakten sowie bilateralen E-Mails ergänzt wurden.
Die kartellrechtswidrigen Handlungen wurden in der Regel von den verschiedenen mischgutproduzierenden Wettbewerbern umgesetzt. An den Umsetzungshandlungen der Gesamtzuwiderhandlung waren konkret jene Mitbewerber beteiligt, welche Mischgutanlagen (i) in dem räumlichen Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Bauabteilung (mit-)betrieben, (ii) in die Region, für die die Bauabteilung zuständig war, Mischgut liefern konnten, oder (iii) Bauunternehmen, die in der betroffenen oder angrenzenden Region selbst keine Mischanlage betrieben, aber über explizite Bezugsrechte bei Fremdanlagenmischgut liefern konnten. Die Handlungen der Kartellanten betrafen im Allgemeinen die Festsetzung von einem „fixen Schlüssel“ oder „Punkten“ anhand von (zB historischen Marktanteilen) bei der Aufteilung von Baulosen. Bei Marktveränderungen, insbesondere bei Eintritt neuer Mitbewerber in den Markt, durch den Zusammenschluss von Bauunternehmen, durch Erwerb bestehender oder Aufbau neuer Mischanlagen, wurden die Quoten der beteiligten Bauunternehmen angepasst. Ausgeglichen wurden mittels Arbeitsabtausches innerhalb von etablierten Runden bzw vereinzelt auch durch ein Punktesystem. Von den kartellrechtswidrigen Handlungen waren vorrangig Ausschreibungen der Bauabteilungen der Niederösterreichischen Landesregierung über die Lieferung und den Einbau von Asphaltmischgut sowie Nebentätigkeiten und Erdbauarbeiten betroffen. Das System der Absprachen war darauf ausgerichtet das Jahresvolumen sämtlicher Ausschreibungen der Straßenbauabteilungen abzudecken, wobei es vorkam, dass das System nicht einwandfrei funktionierte und nicht an der Kartellabsprache beteiligte Bauunternehmen vereinzelt Zuschläge erhielten.
Swietelsky war im Rahmen der Gesamtzuwiderhandlung überwiegend an Absprachen der Bauabteilungen 1, 2, 4, 5, 7 und 8 des Amts der Niederösterreichischen Landesregierung beteiligt. Swietelsky hat in etwa bei 770 BVH unmittelbar an kartellrechtswidrigen Handlungen als beteiligtes Unternehmen teilgenommen. (Beilagen ./M, ./M4, ./B4, ./A4, ./S8, ./T, ./II, ./N, ./K4, ./N4).
Es fanden mehrmals im Jahr Gesprächsrunden statt.
Diese erfolgten häufig gebündelt. Die Treffen richteten sich nach den Abgabeterminen der Angebotslegung und fanden in den Räumlichkeiten der beteiligten Unternehmen, in den Mischgutanlagen oder in informellem Rahmen statt. Bei diesen Gesprächsrunden wurden insbesondere der Preis sowie der Bestbieter für bestimmte BVH und das Preisniveau für Mischgut für ein Jahr festgelegt (Beilagen ./N, ./V, ./T, ./O4).
Begleitend zu den Gesprächsrunden fanden auch regelmäßig und/oder anlassbezogen bilaterale kartellrechtswidrige Handlungen (persönlich, telefonisch oder per E-Mail) statt. Derartige Kontakte wurden auch dazu genutzt, um sich bei diversen BVH über das zukünftige Angebotsverhalten auszutauschen.
Die Absprachen verfolgten auch das Ziel der Marktabschottung. In der betroffenen Region (Niederösterreich und die angrenzenden Bundesländer Wien und Burgenland) befanden sich 2018 34 Asphaltmischwerke, die 2,7 Mio Tonnen Asphaltmischgut produzierten. Trotz der erheblichen Auslastungsschwankungen je nach Jahreszeit, wurden selbst in den Sommermonaten die Produktionskapazitäten nicht vollständig ausgeschöpft. Xx% der Mischwerke hatten keine Vollauslastung. Obwohl bei den Asphaltmischwerken also freie Kapazitäten bestanden, verweigerten die etablierten Bauunternehmen den in den Markt neu eintretenden Bauunternehmen (anfangs) den Bezug von notwendigem Mischgut, wodurch der Markteintritt für potentielle Mitbewerber unmöglich gemacht oder zumindest erheblich erschwert und folglich der Markt abgeschottet wurde. Dies geschah im Wissen, dass mit dem Markteintritt neuer Bauunternehmen die bestehenden wettbewerbsbeschränkenden Handlungen (auch als „Ordnung“ bezeichnet) nicht mehr haltbar wäre und entweder unter Aufnahme neuer Kartellmitglieder adaptiert werden müssten oder diese gänzlich zusammenbrechen würden.
Um eine Vorstellung vom Umfang der Absprachen zu erhalten werden exemplarisch die betroffenenBVH aus 2011 aufgezählt (Beilage ./M):
2011 L 141 Steinthal II km 4.00
L 4184 Grüne Wiese II km 5,2
L 4104 Spratzau
Lanzenkirchen Erhaltung
L 148 Park&Drive Katzelsdorf
Katzelsdorf Erhaltung
Erhaltung Kirchschlag
HMG Bromberg Erhaltung
L 137 OD Bad Fischau km 3,8
Grafenbach Erhaltung
HMG Sanierung Lagerplatz Oeynhausen
HMG Wr. Neustadt Frohsdorf
OD Ternitz Urbanhof
Trattenbach Zufahrt Jagersberger
L 4038 HMG Schönau
HMG Kreuzung Schedlerstraße
MG-Lieferung MA Bad Fischau
LB54, Günserstraße km 0,0-1,19
L 137 Km 3,2 bis km 4.00
B 17 Sanierung Wr. Neudorf Guntramsdorf
L 127 Wöglerin
B 60 Wr. Neustadt km 4,3 bis 7,5
Berg OD Kirchenplatz
HMG Steinabrückl
L 154 Lagenbug km 18,65- 19,14
L 4101 Hollenthon Spratzau
Hirtenberg NÖ LRG NWS Hirtenberg
GW Lachhof Asphaltierungsarbeiten
B 27 Gemeindegebiet Schwarzau km 3 -3,4
L4034 (km 5-5,7)und L 4035(km0-0,1)
Sommerein- Forstschäden Trautmannsdorf
Oed Schadstellen Wasserleitungsbau B 17 Kreuzungsumbau Oeynhausen
B 17 OD Traiskirchen Mitte
B 27 Raxseilbahn-Neupack
B 60 Wr. Neustadt km 4,3 -7,5
Baulos B 9, B10 STM Bruck/Leitha
Baulos L-2002 Mannersdorf
Baulos 2017 Hundsheim OD km 0,7-1,0
Baulos B-211 Bruck/Leitha Raiffeisengürtel
Baulos L 2064/L-2066 Kreuzung Mannswörth
Erhaltung Edlitz Schafferbauer
Erhaltung Hochneunkirchen Ofenegg
Erhaltung Kirchschlag Sechterleiten
Gallbrunn Stixneusiedl
GW Gregern Gm St. Peter/W
GW Hornungstal Gem. Schrattenbach
GW Karnthal Hochwolkersdorf
GW Schlatten Holzerhöfen Bromberg
GW Weibnitzerstraße Wartmannstetten
HMG Lagerplatz Oeynhausen
HMG Wr. Neustadt Frohsdorf L 148
Berndorf B18, km 11,6 -11,8
HMG Hinterbrül-Pitten
HMG Schlaglstraße Gloggnitz
HMG Ziegelofen L142 km 6,2-7,1
HMG Ternitz Urbanhof Spitzgraben Höflein
HMG Reisenberg Forschungszentrum; Mühlg.
HMG San. Leoberdorf-Matzendorf
HMG GW Holler
HMG Reichenau Forstchäden u. Kleinflächen
Kranichberg-Thalarhof
Kreuzungsumbau Oeynhausen
L 130 Heiligenkeuz km 8,15-8,3
L 144 Scheiblingskirchen-Thernberg
L 141 Steinthal II km 4,00-5,2
L 154 Laxenburg Belag km 18,65
L 167 Prellenkirchen Deutsch Haslau
L 4104 Spratzau
L 4150 Wimpassing und L 4157
L 4158 km 0,8-1,5 (Kirchberg)
L4158 km 5,2-8
LB 21 Zellenbach Rohr i. Geb km 44,1-44,8
OD Alland B 210 km 0,2-0,8
ODF Deutsch Haslau
San. Lagerplatz Oeynhausen
Schranawand-Unterwalterdorf
Zufahrt Jagersberger Gem. Trattenbach
 
In den Jahren 2012 bis 2017 wurde folgende Anzahl von Bauvorhaben der NÖ-Landesregierung von den Antragsgenerinnen als von den Kartellverstößen ihrerseits betroffen zugestanden (Beilage ./M):
Jahr
Anzahl der BVH
2012
64
2013
80
2014
100
2015
103
2016
177
2017
158
 
8.3. Steiermärkische Landesregierung
Bei den Ausschreibungen der Fachabteilung 16 des Amts der Steiermärkischen Landesregierung zum Sonderinvestitionsprogramm 2013 ("Sonderbudget des Landes Steiermark") nahm Swietelsky an Preisabsprachen, Marktaufteilungen und einem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Von den kartellrechtswidrigen Handlungen sind alle 32 BVH betroffen, die im Rahmen des Sonderbudgets des Landes Steiermark ausgeschrieben wurden. Das Gesamtbauvolumen belief sich auf rund EUR 15 Mio.
Die kartellrechtswidrigen Handlungen erfolgten in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung im Rahmen von bereits bestehenden regelmäßigen Kontakten anhand vorab durchgeführter „interner Submissionen“. Ziel der kartellrechtswidrigen Handlungen war es, die BVH untereinander aufzuteilen und nicht-steiermärkische Mischgutproduzenten vom Markteintritt abzuhalten. Persönliche Treffen fand in den Büros der Porr und der Antragsgegnerinnen in Graz statt. Für die Umsetzung der sog „internen Submissionen“ (auch interne Anbotseröffnung bezeichnet) trafen sich die beteiligten Unternehmen vor der offiziellen Angebotslegung. Jedes Kartellmitglied gab seinen kalkulierten Angebotspreis (sog interner Anbotspreis) bekannt. Auf Grundlage dieser internen Anbotspreise wurde schließlich jenes Bauunternehmen bestimmt, welches nach dem übereinstimmenden Willen aller beteiligten Bauunternehmen in der Ausschreibung obsiegen sollte. Die anderen beteiligten Unternehmen mussten in weiterer Folge zurückstehen und ein höheres Angebot - zugunsten des designierten Ausschreibungsgewinners – legen. Anhand solcher internen Submissionen wurden sämtliche der 32 Straßenbauausschreibungen aufgeteilt (Beilagen ./O, ./Y4, ./T4,. /G3, ./JJ, . B5, .V4,./A5).
Im Zuge der internen Submission wurde auch der offizielle Angebotspreis festgelegt. Zu diesem Zweck wurde unter den beteiligten Bauunternehmen vereinbart, dass ein gemeinsam festgelegter Prozentsatz auf alle internen Angebotspreise aufgeschlagen wird (Kartellaufschlag). Der jeweils um diesen Prozentsatz erhöhte interne Angebotspreis bildete den offiziellen Angebotspreis des designierten Bauunternehmens. Somit kam es zu einer Parallelverschiebung, weil sich zur Bildung des offiziellen Angebotspreises die internen Angebotspreise aller beteiligten Bauunternehmen um den gleichen Prozentsatz erhöhten.
Unter den beteiligten Unternehmen erfolgte schließlich ein gestaffelter Ausgleich, indem der Aufschlag unter allen an den internen Submissionen beteiligten Bauunternehmen in Form eines festgelegten fixen Schlüssels verteilt wurde. Der Billigstbieter erhielt den höchsten Anteil iHv 25% des Aufschlags, die übrigen Bieter teilten sich die restlichen 75% wie folgt auf:
2. Bieter :12%
3. Bieter: 11%
4. Bieter: 11%
5. Bieter: 11%
6. Bieter: 10%
7. Bieter: 8%
8. Bieter: 5%
9. Bieter: 4%
10.Bieter: 3%
Ausgleichszahlungen erfolgten überwiegend im Wege der Gegenverrechnung über eine Mischgutlieferung, Schotter oder Mieten für Geräte oder Kosten für eine Mannschaft.
Von den kartellrechtswidrigen Handlungen waren folgende im Rahmen des Sonderbudgets des Landes Steiermark ausgeschriebenen BVH betroffen:
 
Datum jeweils 2013
BVH
30.7.
L 502 Weirerteich -Laßnitz
6.8.
L242 Bergl
6.8.
B57 Leiterdorf
6.8.
L 211 Unterweißenbach
6.8.
L 201 Berndorf Kirchberg
6.8.
B66 Kiefer
6.8.
B 69 Radkersburg
7.8.
B 72 Mitterdorf
7.8.
L 117 Rettenegg
7.8.
B 54 Seibersdorf Grafndorf
8.8.
L 619 Trahütten
8.8.
L 652 Wernersdorf
8.8.
L 624 Labuttendorf
12.8.
L 416 Waldbacherstraße
12.8.
B 97 Stadl-Einach
13.8.
B 68 Sulz Raabbrücke Takern
13.8.
B 138 Bliem
13.8.
B24 Bezirksgrenze bis Knacklahn
13.8.
L 711 Bratlbauer
13.8.
B 146 Sanierung ODF Admont
20.8.
L 104 Breitenau
20.8.
B 20 Fallenstein
20.8.
B 23 Frein
20.8.
B115 Vordernberg Anstieg
21.8.
B 116 Anschluss St. Marein
21.8.
B 20 Schatz
21.8.
B21 Unteres Halltal
22.8.
L 371 Hausmannsstätten-Fernitz
17.9.
L 305 Hohenegg bei St. Marein
18.9.
B 65 Kainbach I
18.9.
L 301 Hitzendorf bis Söding u. 2 Brücken
Diese Ausschreibungen erfolgten im Zeitraum 30.7.2013 bis 18.9.2013 als Reaktion auf die Insolvenz der Alpine.
In den Jahren 2012 bis 2016 wurden insgesamt68 Bauvorhaben der Steiermärkischen Landesregierung von den Antragsgenerinnen als von den Kartellverstößen ihrerseits betroffen anerkannt(Beilage ./M).
 
8.4. Tiroler Landesregierung
Bei den jährlichen Mischgut-Ausschreibungen des Landes Tirol zur Sanierung der Bundes- und Landesstraßen nahm Swietelsky in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung an langjährigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil, die historisch gewachsen sind. Von 2005 bis 2011 wurden sämtliche ausgeschriebene Mischgut-Baulose des Landes Tirol unter vier Bauunternehmen abgestimmt. Allein in den Jahren 2005 bis einschließlich 2011 sind von den kartellrechtswidrigen Handlungen insgesamt etwa 350 BVH mit einem Gesamtvolumen iHv rund EUR 49 Mio betroffen, wobei nicht bei jeden dieser 350 BVH die Antragsgegnerinnen beteiligt waren.
An den kartellrechtswidrigen Handlungen im Zusammenhang mit den Mischgut-Ausschreibungen des Landes Tirol waren 5 Wettbewerber beteiligt, die alle entweder Eigentümer von Mischgutanlagen in Tirol sind (waren) oder an solchen beteiligt sind. Dazu wurden regelmäßig Gesprächsrunden zwischen den beteiligten Unternehmen organisiert. In einer ersten Gesprächsrunde tauschten sich die Wettbewerber über die Interessenlage hinsichtlich der ausgeschriebenen Mischgut-Ausschreibungen aus. Dieser Austausch erfolgte teilweise auch im Rahmen von bilateralen Gesprächen. Die Aufteilung erfolgte im Wesentlichen anhand der bestehenden Marktanteile. In einer zweiten Gesprächsrunde wurde der konkrete Angebotspreis jenes Wettbewerbers vereinbart, welcher den Ausschreibungszuschlag erhalten sollte. Dies erfolgte ebenfalls häufig in Form von bilateralen Gesprächen. Einigten sich die Wettbewerber auf einen Angebotspreis für den designierten Ausschreibungsgewinner, legten die anderen Wettbewerber höhere Angebote (Beilagen ./N, ./Y., ./KK). Nicht festgestellt werden kann, ob diese dargestellten kartellrechtswidrigen Handlungen über den Zeitraum von 2005 bis 2011 hinausgegangen sind.
Hinsichtlich folgender BVH liegt der BWB ein Anerkenntnis eines Mitbewerbers vor, wonach die Antragsgegnerinnen sich an kartellrechtswidrigenAbsprachen beteiligten:
 
Jahr
BVH
2005
ARGE Brixen 2
2005
ARGE Durchfahrt See
2006
ARGE Seebachtunnel
2006
Hangbrücke Rauschgraben
2009
B105 Ried Brennbach
2010
Belagssanierung auf Landstraßen B Bezirk Reutte
 
2010
Belagssanierung auf Landstraßen B Bezirke Imst und Landeck
2010
Belagssanierung auf Landstraßen B Bezirke Innsbruck und Schwaz
2010
Belagssanierung auf Landstraßen B Bezirke Kufsein und Kitzbühel
2011
Belagssanierung auf Landstraßen B Bezirke Innsbruck und Schwaz
2011
Belagssanierung auf Landstraße L und B Bezirke Kufstein und Kitzbühel
2011
Belagssanierung auf Landstraßen L und B Bezirke Imst und Landeck
2011
Belagssanierung auf Landstraßen L und B Bezirk Reutte
 
8.5. Kärntner Landesregierung
Bei öffentlichen Ausschreibungen des Landes Kärnten im Bereich Straßen- und Verkehrswegebau nahm Swietelsky im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung an Preisabsprachen, Marktaufteilungen und dem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Diese Praxis geht zumindest bis ins Jahr 2002 zurück (Beilagen: ./X5, ./Y5, ./K, ./L).
Allein von 2004 bis 2016 waren 596 BVH mit einem Gesamtvolumen von mehr als EUR 180 Mio unter den beteiligten Bauunternehmen abgesprochen.
Bei 584 davon handelt es sich um mischgutlastige Vorhaben – das sind solche, bei der zu liefernde Mischgutanteil über 60% des gesamten Auftragsvolumen beträgt - im Bereich des Straßen- und Verkehrswegebaus der Straßenbauabteilung des Amts der Kärntner Landesregierung, einschließlich der vier dazugehörigen Straßenbauämter in Klagenfurt, Spittal, Villach und Wolfsberg (Beilagen ./B4, ./Z5, ./B6, ./R, ./C6, ./X5, ./A6).
Die kartellrechtswidrigen Handlungen wurden im Rahmen von regelmäßigen Gesprächsrunden zwischen den Mitbewerbern organisiert. Bei diesen Treffen, die unter Beteiligung von Swietelsky bis zu zehn Mal pro Jahr stattfanden, teilten die beteiligten Unternehmen die konkreten BVH untereinander auf. Die Aufteilung erfolgte dabei anhand eines fixen Schlüssels, dem die bestehenden Marktanteile der Mischgutanlagen zugrunde gelegt wurden. Im Einzelnen wurde auf die Instrumente des Vollschutzes oder des Kampfschutzes zurückgegriffen (vgl Punkt 7.a.). Die Gesprächsrunden fanden meist bei Swietelsky am Standort in Klagenfurt, vereinzelt auch bei den Mitbewerbern P. und S.(ebenfalls in Klagenfurt), statt. Begleitend zu den Gesprächsrunden fanden auch regelmäßig und anlassbezogen bilaterale kartellrechtswidrige Handlungen (persönlich, telefonisch oder per E-Mail) statt. Die Praxis wurde innerhalb eines Bauunternehmens den Mitarbeitern jeweils von ihren Vorgängern übernommen (Beilagen ./N, ./Y, .Z5, ./D3, ./R, ./C6).
 
8.6. Stadtgemeinde Wiener Neustadt
 
Bei den Ausschreibungen der Jahresbauverträge der Stadtgemeinde Wiener Neustadt nahm Swietelsky in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung an langjährigen Preisabsprachen und dem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Diese Praxis geht zumindest bis 2004 zurück.
In den Jahren 2007 bis 2010 waren BVH mit einem Gesamtvolumen von etwa EUR 4,4 Mio unter fallweiser Beteiligung von Swietelsky abgesprochen.
Die Gespräche unter den beteiligten Unternehmen erfolgten meist persönlich und bilateral. Von 2004 bis 2016 fragten die beteiligten Unternehmen meist bei Strabag nach, welche Angebotspreise sie für die Jahresbauverträge in Wiener Neustadt abgeben sollten. Zum Teil gab es auch außerhalb der Jahresbauverträge Gespräche unter den Kartellmitgliedern. Im Gegenzug für das Zurückstehen der Mitbewerber hielt sich Mitbewerber S. bei anderen Gemeindeausschreibungen zurück (Beilage ./AA.).
Nach der BWB vorliegenden Unterlagen waren von den kartellrechtswidrigen Handlungen folgende BVH unter Beteiligung von Swietelsky betroffen (Beilagen ./D6, ./AA, ./V5, ./M5).:
 
Datum
BVH
16.4.2007
Straßenbauarbeiten im gesamten Stadtgebiet 2007
28.3.2008
Straßenbauprogramm 2008
2.3.2009
Straßenbauarbeiten im gesamtem Stadtgebiet 2009
21.12.2009
Straßenbauprogramm 2010
20.12.2010
Straßenbauprogramm 2011
 
8.7. Magistrat Klagenfurt
 
Bei den Ausschreibungen des Magistrats Klagenfurt nahm Swietelsky an Preisabsprachen, Marktaufteilungen und dem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Die kartellrechtswidrigen Handlungen erfolgten in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung und betrafen Ausschreibungen des Magistrats Klagenfurt zu drei über mehrere Jahre laufenden Jahresbauverträgen für Straßenbau und Künetteninstandsetzung in den Jahren 2012, 2014 und 2017 mit einem Gesamtvolumen iHv etwa EUR 14,8 Mio. Die kartellrechtswidrigen Handlungen bestanden in der Aufteilung von BVH sowie der Gründung kartellrechtswidriger ARGE, an denen Swietelsky beteiligt war, zuerst in einer abgestimmten Gruppe von Bauunternehmen (Swietelsky ab 2014), die abwechselnd eine ARGE (aus zwei oder drei Bauunternehmen) bildeten. Die ARGE-Partner vereinbarten mit einigen ihrer Mitbewerber, die nicht Teil der ARGE waren, dass diese als Subunternehmen für die ARGE tätig werden sollen und im Gegenzug kein oder ein höheres Angebot abgeben sollen, wie zB Swietelsky bei der Ausschreibung zum Jahresbauvertrag 2014 (Beilagen ./EE, ./M5, ./O).
Die Subunternehmer der ARGE wurden dabei auch in die Abstimmung und Aufteilung der einzelnen BVH im Rahmen der Jahresbauverträge eingebunden, wie zB Swietelsky bei diversen BVH zum Jahresbauvertrag 2014 (Beilagen./E6, ./EE). Alle anderen an der Ausschreibung potentiell interessierten Bauunternehmen wurden – im Sinne eines „Vollschutzes“ - von den ARGE-Partnern kontaktiert mit der Aufforderung, bei der Angebotsabgabe zurückzustehen. Die Kartellmitglieder haben sodann ihre Angebote mit den mitgeteilten Angebotssummen abgegeben oder kein Angebot gelegt. Der Ausgleich für das Zurückstehen erfolgte primär über ein Punktesystem sowie über Arbeitsabtausch. Anhand der vereinbarten Punkte (zB 1 Punkt entspricht 1%) kam es auch zu Ausgleichszahlungen. Die Höhe der Ausgleichsleistung wurde typischerweise berechnet, indem die Netto-Abgabesumme mit dem vereinbarten Prozentsatz multipliziert wurde (Beilage ./O , ./ F6, ./G6, .H6, ./I6, ./M5). Die Ausgleichszahlungen wurden sodann anhand des Gemeinkostenzuschlags berechnet. Im Fall des Jahresbauvertrages 2012 machte der Gemeinkostenzuschlag 11% aus, 10,2% waren für die Ausgleichsleistungen vorgesehen. Im Fall des Jahresbauvertrages 2014 machte der Gemeinkostenzuschlag 10% aus, wovon im ersten Jahr 8,05% für die Ausgleichsleistungen vorgesehen waren (Beilagen ./I6, ./G6).
Von den kartellrechtswidrigen Handlungen waren die Jahresbauverträge des Magistrats Klagenfurt zu Straßenbau und Künetteninstandsetzung seit 2014 betroffen. Jahresbauverträge gelten grundsätzlich für ein Jahr, sind aber auf zwei oder drei Jahre verlängerbar.
Die Ausschreibungen zu den Jahresbauverträgen fanden 2014 und 2017 statt und umfassten Tiefbauarbeiten aller Art, wie zB Sanierungen aufgrund von Schlaglöchern oder Straßenwiederherstellungen im Anschluss an Kanalarbeiten.
Folgende weitere BVH waren von den kartellrechtswidrigen Absprachen unter Beteiligung der Antragsgegnerinnen betroffen:
Datum
BVH
Sept 2009
Kanalsanierung St. Rupprechter Straße
15.12.2010
Errichtung und Sanierung v. Hausanschlüssen, Kleinbaustellen u. Nebensammler, Jahresauftrag 2011
2009-2011/2012
JA 2009 Hausanschlüsse Klagenfurt
 
Hinsichtlich des BVH Kanalsanierung 10. Oktober Straße aus 2011 liegt der BWB ein Anerkenntnis eines Mitbewerbers vor, in dem die Beteiligung der Antragsgegnerinnen genannt wird.
 
8.8. Magistrat Villach
Im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung fanden auch zu BVH des Magistrats Villach Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen (wie Austausch über das zukünftige Abgabeverhalten) statt.
Nach der BWB vorliegenden Unterlagen kam es unter Beteiligung von Swietelsky bei folgenden BVH mit einem Gesamtvolumen iHv EUR 2,7 Mio zu kartellrechtswidrigen Handlungen (Beilagen ./M, ./B4, ./S8, ./M6, ./M5, ./EE,./N6, ./V5):
 
Datum
BVH
25.1.2011
Hausanschlusskanäle und
Sammlererweiterungen im
Stadtgebiet Villach, Jahresauftrag
28.6.2011
Gerbergasse
13.12.2011
Warmbader Straße
15.2.2012
Straßeninstandsetzungen Großflächen Villach, Straßeninstandsetzung, Großflächen, Jahresauftrag 2012
18.5.2013
Tirolerstraße, Asphaltbetondeckschichte
5.3.2013
Straßeninstandsetzung Großflächen Villach Jahresauftrag 2013
 
8.9. Holding Graz
Bei den Ausschreibungen der Holding Graz-Kommunale Dienstleistungen GmbH („Holding Graz“) nahm Swietelsky an Preisabsprachen, Marktaufteilungen und dem Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Die kartellrechtswidrigen Handlungen erfolgten in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung und betrafen Ausschreibungen von 2014 bis 2017, insbesondere im Bereich Verkehrswege- und Leitungsbau.
Bis Ende 2016 setzten die beteiligten Bauunternehmen die kartellrechtswidrigen Handlungen meist in bilateralen, telefonischen oder persönlichen Gesprächen um. Nach Eruierung des gegenseitigen Interesses einigte man sich darauf, wer die Ausschreibung gewinnen sollte, woraufhin der designierte Auftragsempfänger den zurückstehenden Unternehmen die abzugebenden Preise mitteilte (die Preise zugerufen hatte).
Bei einem Treffen im Herbst 2016 in den Räumlichkeiten der Porr fassten die unmittelbar beteiligten Unternehmen den Entschluss zur Bildung einer fixen Gesprächsrunde (sog „Holding Graz-Runde“). An diesem ersten Treffen nahm neben der Antragsgegnerinnen, Strabag und Porr ein weiterer Mitbewerber teil. Bei weiteren Treffen, in denen hauptsächlich die Ausschreibungen der Holding Graz im Bereich Verkehrswegebau besprochen wurden, nahm neben den erwähnten Bauunternehmen auch K. teil. Die Treffen fanden hauptsächlich bei Porr in Graz, einmal auch bei Swietelsky in Graz statt.
Nach den der BWB vorliegenden Unterlagen waren von den kartellrechtswidrigen Handlungen unter Beteiligung von Swietelsky jedenfalls folgende BVH betroffen:
 
Jahr
BVH
2016
Krottendorfer Straße Generalsanierung
2016
Staatsbahn Rampe
2016
Harter Straße Generalsanierung
24.5.2016
Teil A Diverse Fräs-und Asphaltierungsarbeiten
25.5.2016
Teil B Diverse Fräs-und Asphaltierungsarbeiten
2016
Sternäckerweg Liebenauer Hauptstraße bis Bahnübergang
2016
Hirtenkloster Geh- Radweg
2016
San. Volksgarten Makadamwege
2014-2017
Div BVH Graz zB Hans Sachs Straße, Schmiedgasse, Inge Morath Gasse
2017
San. FUZO Stigergasse, Mariahilfer Straße
2017
San. Stempfergasse FUZO
2017
San. FUZO Hofgasse
2017
 
2017
Diverse Fräs-und Asphaltierungsarbeiten
Region Nord
Triesterstraße Generalsanierung
 
8.10. Pensionsversicherungsanstalt
 
Im Rahmen der Gesamtzuwiderhandlung war Swietelsky auch an wettbewerbsbeschränkenden Handlungen bei Ausschreibungen der Pensionsversicherungsanstalt beteiligt.
Bei den zwei Teilausschreibungen zum Teilneubau der Sonderkrankenanstalt-Rehabilitationszentrum Bad Tatzmannsdorf im Jahr 2014 nahm Swietelsky an Preisabsprachen und Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil. Dies erfolgte in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung und betraf zwei Ausschreibungen mit einem Gesamtbauvolumen von rund EUR 900.000. Von den kartellrechtswidrigen Handlungen waren zwei öffentliche Ausschreibungen der PVA im Rahmen des BVH SKA-RZ Bad Tatzmannsdorf Teilneubau 2014 betroffen: (i) Errichtung der Außenanlagen SÜD (Abgabe- und Zuschlagstermin am 11.06.2014) und (ii) Außenanlage NORD (Abgabe- und Zuschlagstermin am 25.11.2014). Hinsichtlich Swietelsky bestand eine Teilnahme an kartellrechtswidrigen Absprachen betreffend die Errichtung der Außenanlage SÜD (Beilagen ./E4, C6): Die Abgabesumme wurde nach dem Punktesystem vereinbart, sowie abgesprochen in welcher Form und Höhe der Ausgleich für die Legung eines Deckangebots erfolgen soll. Bei Swietelsky wurde nach den Aufzeichnungen an eine anonymisierte E-Mailadresse etwa eine Fahne übermittelt (abgekürzt FA) und zusätzlich zu einem Ausgleich in Höhe von EUR 4.000 ein Arbeitsabtausch mit dem BVH Marktgemeinde St. Martin im Sulmtal, Straßenbau 2014 vereinbart (Beilage ./C3, Seite 42, ./G3).
Auch bei der Ausschreibung der PVA zum BVH SKA-RZ Bad Schallerbach (Zubau und Bestandsadaptierung bzw Teil- SKA-RZ Bad Schallerbach) nahm ua Swietelsky an kartellrechtswidrigen Handlungen teil. Das Projekt betraf ein BVH mit einem Gesamtbauvolumen iHv rund EUR 6 Mio. Porr und ein weiterer Wettbewerber gründeten eine BIEGE, um gemeinsam ein Angebot abzugeben. Diese kontaktierten bilateral 17 Wettbewerber, darunter Swietelsky AG und C. Peters. Die Kontakte erfolgten telefonisch oder bei persönlichen Treffen. Dabei wurden Preisabsprachen getroffen sowie wettbewerbssensible Informationen, vor allem zum Abgabeverhalten, ausgetauscht. Das Ergebnis der Preisabsprache (Kürzel für Kartellmitglieder, jeweilige Abgabesummen und „Fahnen“-Symbol) wurde in einer Notiz festgehalten. Mit Swietelsky wurde eine Abgabesumme von EUR 6,75 Mio vereinbart (Beilagen ./M5, ./D5, ./T6, ./U6, ./V6). Das BVH SKA-RZ Bad Schallerbach betraf eine Bestandsadaptierung und die Errichtung eines Zubaus des Rehabilitationszentrums und wurde im offenen Verfahren im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Die BIEGE Porr/Hitthaller erhielt mit ihrem Angebot iHv EUR 6,089 Mio (netto) den Auftrag.
 
8.11. OMV
Bei Ausschreibungen der OMV AG, Trabrennstraße 6- OMV bzw ihrer Tochtergesellschaft Trans Austria Gasleitung GmbH, Wiedner Hauptstraße 120-124 (TAG), nahm Swietelsky an Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil, die historisch gewachsen sind und jedenfalls bis Herbst 2006 zurückgehen. Beendet wurden sie 2017 mit den Durchsuchungsmaßnahmen der BWB und der WKStA.
Die Ausschreibungen erfolgten aufgrund der hohen Komplexität der BVH oft auf Grundlage einer Einladung zu einem Verhandlungsverfahren, dh die vom Auftraggeber zur Angebotsabgabe eingeladenen Bieter wurden nach Angebotsabgabe vom Auftraggeber zu technischen und kaufmännischen Verhandlungen eingeladen. Betroffen sind unterschiedlichste Projekte betreffend Hoch- und Tiefbau. Kontaktaufnahmen erfolgten vorwiegend per Telefon, zT auch um vorab abzuklären, welche Bauunternehmen bei einer Ausschreibung überhaupt eingeladen waren. Ergänzend zu den Telefonaten fanden auch persönliche Treffen statt, wie zB auf Raststationen oder in Niederlassungen der beteiligten Unternehmen. Den an den Preisabsprachen und Marktaufteilungen beteiligten Bauunternehmen wurde in weiterer Folge ein Deckanbot (als Tarnung auch als „Subanbot“ bezeichnet) übermittelt oder eine Abgabesumme genannt.
Jenes Bauunternehmen, das besonderes Interesse an einem BVH zeigte, organisierte die Absprache, indem es andere Wettbewerber kontaktierte und diese aufforderte im Tausch gegen ein anderes BVH oder für die Vergabe von Punkten oder die Zahlung eines Ausgleichs oder für einen Subauftrag zurückzustehen und ein Deckangebot abzugeben (Beilagen ./O, ./W6, ./F4, ./S3).
Von den kartellrechtswidrigen Handlungen waren unterschiedliche sog. „Sonderprojekte“ der OMV und der TAG im Bereich Hoch- und Tiefbau betroffen. Nach den der BWB vorliegenden Beweismitteln war Swietelsky bei folgenden drei BVH mit einem Gesamtausschreibungsvolumen iHv EUR 25,1 Mio an kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligt (Beilagen ./M, ./O, ./W6, ./X6, ./Y6, ./F4, ./DD): Verdichterstation (VS-) Weitendorf (2008), Verdichterstation (VS-) Eggendorf (vermutlich 2008), Erdarbeiten CS-Weitendorf (2006).
 
8.12. ÖBB
Bei den Ausschreibungen der ÖBB-Infrastruktur AG nahm Swietelsky an langjährigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch über zukünftiges Abgabeverhalten teil, die historisch gewachsen sind. Beendet wurden sie frühestens 2017. Kontakte waren va bilateraler Natur und fanden im Wege von persönlichen Treffen, Telefonaten und per E-Mail statt.
Bei zumindest folgenden Bauvorhaben war Swietelsky in Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung beteiligt:
 
Datum
BVH
4.2.2011
ÖBB Strecke Ossiach
5.4.2011
Umbau Parkplatz Westbahnhof
24.7.2014
TS Werk Kittelfeld Halle 1
bis 2015
Diverse Kleinbauarbeiten Kärnten
 
8.13. VERBUND
Bei der Ausschreibung der Verbund AG zu Ausbau- und Revitalisierungsarbeiten für das Kraftwerk Pernegg fanden unter Beteiligung der Swietelsky Preisabsprachen zu allen drei Baulosen dieser Ausschreibung statt. Es handelte sich dabei um eine der größten Kraftwerksmodernisierungen in Österreich mit einem Bauvolumen iHv EUR 60 Mio. Die Ausschreibung erfolgte im Februar 2010 (Beilagen ./B7, ./B4). Die Preisabsprache erfolgte telefonisch. Dabei wurden die Kartellanten vom Organisator kontaktiert. Es wurde besprochen, welches Bauunternehmen den Auftrag für jeweils welches Baulos erhalten soll und welche Bauunternehmen zurückstehen sollen. In diesem Zusammenhang kam es auch zur Vereinbarung von Prozentpunkten und Ausgleichsleistungen (Beilagen ./C5, ./B7).
Um einen finanziellen Ausgleich unter den beteiligten Unternehmen sicherzustellen, wurde vereinbart, ihre jeweilige Anbotssumme um einen 10%igen „Gemeinkostenzuschlag“ zu erhöhen. Der Organisator, der den Auftrag für die jeweiligen Baulose erhalten sollte, hatte an die anderen neun Kartellanten jeweils einen Prozentpunkt abzugeben, also insgesamt neun Prozentpunkte. Der noch übrige Prozentpunkt blieb dem Organisator selbst.
Der dem Prozentpunkt entsprechende Betrag wurde den zurückstehenden Bauunternehmen sodann als Forderung gegen den designierten Auftragsempfänger gutgeschrieben.
 
9. Weitere Bauvorhaben in den Bundesländern
9.1. Burgenland
Im Burgenland nahm Swietelsky an kartellrechtswidrigen Handlungen im Zusammenhang mit Ausschreibungen von Hochbauprojekten teil. Diese betrafen überwiegend Ausschreibungen gemeinnütziger Wohnungs- und Siedlungsbaugenossenschaften sowie Gemeinden. Der BWB gegenüber wurde seitens eines am Kartell beteiligten Bauunternehmen bestätigt, dass zumindest 146 Hochbauprojekte im Burgenland im Zeitraum von 2010 bis 2017 von kartellrechtswidrigen Handlungen betroffen waren.
Swietelsky war zumindest bei den nachfolgenden Projekten unmittelbar an kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligt: 2012 Urnengräber (Kolumbarium) Ollersdorf
2017 Franziskanerkloster Güssing Teil Il
2004 Thermalwasserleitung Jennersdof/Grieselstein/Loipersdorf
2006 L 423 Rutschung Grieselstein
 
9.2. Oberösterreich
Auch in Oberösterreich kam es im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung unter Beteiligung von Swietelsky zu kartellrechtswidrigen Handlungen:
2016: Sanierung Hauszugänge und Parkplatz in Niederneukirchen, EGW (Erste gemeinn. Wohnungsges. Heimstätte Gesellschaft m.b.H.);
2017: Umbau Musikhaus Bachmanning – Außenanlagen Gemeinde Bachmanning;
2017: Parkplatz Veranstaltungsgebäude in Edt Gemeinde Edt bei Lambach;
Darüber hinaus fanden in Oberösterreich weitere Umsetzungshandlungen durch Swietelsky und ihren Mitbewerbern statt, indem per E-Mail vor allem Deckangebote übermittelt und Abstimmungen über das zukünftige Abgabeverhalten vorgenommen wurden.
Bei folgenden BVH übermittelte Swietelsky ein Deckangebot:
1. BVH 2008 Betriebsbaugebäude Bettelbachbrücke GD Kematen/Krems;
2. BVH 2015 Realtreuhand Freistadt Marianum Mitarbeiterparkplatz.
3. BVH 2014 BILLA Filiale F-4551, Windischgarsten Linzer Straße 34, Sanierung Außenanlage;
4. BVH 2014 GD Mauthausen, Sonnenblumenweg und Wels, Melissenweg;
5. BVH 2013 Einbau HAGO-Deckel im Kellergeschoss, Brucknerstrasse 31;
6. BVH 2007 Wirtschaftsgebäude Krippner;
7. BVH 2015 Haselgrabenweg 27, 4040 Linz, Umbau Parkplatzzufahrt;
8. BVH 2014 Nettingsdorfer Hauptzufahrt 2014;
9. BVH 2013 Hasnerstrasse 37, Sanierung befahrbare Gitter Lichtschächte Linz;
10. BVH 2013 Feldkirchen Lauterbachsiedlung 2 Sanierung Entwässerungsrinnen.
 
9.3. Kärnten:
In Kärnten waren im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung neben den bereits beschriebenen BVH anlassbezogen auch andere BVH, insbesondere BVH der Kärntner Gemeinden und Magistrate, der KELAG sowie weiterer privater Unternehmen von kartellrechtswidrigen Handlungen betroffen.
Nach den der BWB vorliegenden Unterlagen waren unter Beteiligung von Swietelsky folgende BVH von kartellrechtswidrigen Handlungen betroffen:
2016: Generalunternehmerarbeiten für die Sanierung der Piste 10L/28R Flughafen Klagenfurt, Kärntner Flughafen Betriebs GesmbH;
2016: BVH Lamplhof Hermitage Luxury Residence, Baumeisterarbeiten, Lamplhof BetriebsGesmbH
vemutl 2016: Fernwärme Klagenfurt Leitungsbau RZ Pellets GmbH
2016: Gemeinde Maria Saal;
2014: WVA St. Andrä Jakling Neubau Transportleitung,
Stadtgemeinde St. Andrä;
2014: Bestandsausbau Schulstraße St. Andrä, Gemeinde St. Andrä;
2014: Generalsanierung der VS Sittersdorf, BM, Gemeinde Sittersdorf;
2013: B83 Arnoldstein - Tarviserweg – Radweg, Straßenbauamt Villach;
2012: B91, Loiblpaß Straße, Einbindung B70d-L97, Straßenbauamt Klagenfurt;
2012: Asphaltierung Straßenbauamt Villach LIG, LIG Kärnten;
2012: Straßeninstandsetzung, Erdgas Fürnitz Arnoldstein, KELAG Netz GmbH;
2010: BA BA605 Dolintschach, WVA BA05A Penk-Dolintsch, Abwasserverb. Jauntal-Völker;
2010: Kanalsanierung Gemeinde Reichenfels BA01, Reichenfels Gemeinde;
2010: Kanalisation Dolz, Kötschendorf und Zammelsberg, Marktgemeinde Weitensfeld;
2010: BA303 u. BA206 Kanalisationserweit. sowie BA025, Wasserverb. Ossiachersee;
2010: ABA Ferlach BA11 Bodenthal, Stadtgemeinde
Ferlach;
2010: ABA Ferlach BA12 Windisch Bleiberg, Stadtgemeinde Ferlach;
2010: BA Dellach BA05, Raßnig, Holztratte, Suppersberg, Dellach/Drau Gemeinde;
Jahr unbekannt: 2 Km Straßensanierung Gemeinde Preitenegg
2015: Kelag Wärme GmbH Netzausbau, Kelag Wärme GmbH;
2015: Kelag Wärme GmbH Biomasse Heizwerk Völkermarkt, Kelag Wärme GmbH;
2014-2016 Diverse Kleinaufträge (Asphaltierungsarbeiten)Marktgemeinde Eberndorf
2017: Straßenbauarbeiten Gemeinde Sittersdorf;
2006-2017 Diverse Kleinaufträge St. Andrä, Stadtgemeinde St. Andrä;
 
9.4. Steiermark
In der Steiermark fanden im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung neben den oben beschriebenen kartellrechtswidrigen Handlungen auch bei Ausschreibungen der STEWEAG, BIG Graz, diverser Gemeinden und Wasserverbänden sowie privater Unternehmen ua Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen statt.
Nach den der BWB vorliegenden Beweismitteln kam es unter Beteiligung von Swietelsky zumindest bei den folgenden BVH in der Steiermark zu kartellrechtswidrigen Handlungen:
2017: WVA Mogersdorf BA 03, Sanierungsmaßnahmen HB (Hochbehälter) und Wasserleitungsbau;
2016: St. Stefan im Rosental, Jahresbauvertrag Asphaltierungsarbeiten;
2016: Gemeinde St. Stefan im Rosental – Jahresbauvertrag;
2016: ABA Mogersdorf Pumpwerk BA 10, Kanalbauarbeiten;
2016: Außenanlage - Straße, Gehsteig, Kirchberg/Raab Bau 13;
2015: B73 Kirchbacher Straße Rutschung km 19,618;
2015: Citypark Graz (Asphaltierungsarbeiten, Parkplatz Nord, Abdichtungsarbeiten Crescendo Fuzo u Parkdeck), Bauvermietungsgesellschaft Poppmeier & Co KG;
2015: Jahresbauvertrag Gleisdorfer Becken, Abwasserverband Gleisdorf;
2015: Sparbersbachgasse 18, Graz, Weinberger Biletti Immobilien Graz GmbH;
2015: Aufschließung Trummer Gründe, Lichtenberg, Marktgemeinde Gnas;
2015: Ortsnetz Goritz, WVA BA 09, Stadtgemeinde Bad
Radkersburg;
2014: Asphaltierungsarbeiten Hofmichlweg, Gemeinde Baumgarten;
2014: Asphaltierungsarbeiten Jahresbauvertrag, Gemeinde Langegg;
2014: Kerpelystraße Leoben, Gemeinde Leoben;
2014: Sanierung der Wege 49 und 50, Ottersbachbrücke, Wegebau Marktgemeinde St. Peter am Ottersbach;
Ende 2012: Rohrgrab- und Verlegearbeiten Gas/Strom Gasnetz Steiermark (Jahresbauvertrag 2013/2014) STEWEAG-STEG;
2013: Errichtung Sportanlage Rohrbach, Erdarbeiten, Gemeinde Rohrbach/ Lafnitz;
2013: ABA Trofaiach BA 15 BL A und BA 04, Gemeinde Trofaiach;
2013: Ortskanalisation Leoben BA 23/5 und BA 24, Gemeinde Leoben 384;
2013: Tiefbauarbeiten 2013/2014 Trofaiach, Gemeinde Trofaiach;
2012-2016: Diverse Bauvorhaben Gemeinde Traboch;
2012: Straßenbauarbeiten Stadtgemeinde Leoben;
2012: Sanierung Stützmauer Simeter;
2010: Gehsteigerrichtung auf der L217, Katzendorferstraße;
2010: Neuroth Mitarbeiterparktplatz, Neuroth AG.
 
Auch bei weiteren BVH in der Steiermark wurden Deckangebote übermittelt und wettbewerbssensible Informationen, etwa über Preise, ausgetauscht. Die Kommunikation erfolgte vielfach per E-Mail. Die Formulierungen fielen oft kurz, prägnant und sehr zielsicher aus.
Zum Austausch wettbewerbssensibler Informationen kam es bei folgenden BVH:
Neubau Tupperware Gleisdorf - 2013 (Beilagen ./S7, ./T7, ./U7, ./O7);
Kreisverkehr St. Stefan im Rosental -2014 (Beilagen ./Y7, ./Z7, ./A8, ./B8).
Bei folgenden Bauvorhaben wurde ein Deckangebot übermittelt:
Wasserverband Halbenrain - 2012(Beilagen ./W7, ./ O4);
Wasserverband Leibnitzerfeld Süd -2012 (Beilagen ./X7, ./O4);
Therme Bad Radkersburg – 2015 (Beilage ./C8)
BVH Evita KG Regenentwässerung – 2012 (Beilagen ./G8, ./H8);
Ratschendorf – 2012(Beilage ./I8, ./J8, ,/K8);
Außenanlage Gnas Bau 12 -2014 (Beilage ./M8);
 
Auch bei folgenden BVH war Swietelsky an den kartellrechtwidrigen Absprachen beteiligt:
2013: Außenanlage ÖWG-Wohnungen Zerlach (Beilage ./V7);
2015: Therme Bad Radkersburg (Beilage./C8);
2015: WVA Trössing
2015: Rutschungssanierung L 238 Rosenbergerstraße (Beilagen ./E8, ./F8).
 
9.5.Tirol
In Tirol fanden im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung neben den bereits beschriebenen kartellrechtswidrigen Handlungen auch bei anderen BVH kartellrechtswidrige Handlungen statt.
Im Bereich Hochbau fanden von 2012 bis 2016 in Tirol ca alle zwei bis sechs Wochen Gesprächsrunden statt. Zudem kam es bereits vor 2012 vereinzelt zu Preisabsprachen oder dem Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen zwischen Wettbewerbern. Die beteiligten Unternehmen einigten sich zunächst darauf, wer welches BVH erhalten sollte und legten dann den Angebotspreis für den designierten Auftragsempfänger fest. Der festgelegte Angebotspreis wurde den übrigen beteiligten Wettbewerbern - meist bilateral - mitgeteilt. Diese gaben in weiterer Folge ein höheres Angebot ab. Swietelsky war zwischen 2011 und 2017 bei zumindest 23 BVH im Hochbau in Tirol unmittelbar beteiligt.
Folgende BVH waren betroffen:
2016: EW Reutte (Elektrizitätswerk Reutte);
2015: IIG – Seniorenheim Pradl, Dürerstr. Haus A, Innsbrucker Immobilien GmbH & Co KG;
2015: TILAK - Innere Medizin/Südtrakt – Bmst Tirol Kliniken GmbH
2015: Erweiterung B66 Instandhaltung- und Energiegebäude, Ceratizit Austria GmbH;
2015 Neubau: "Haus der Musik" Innsbrucker Immobilien GmbH & Co KG.
Bei nachfolgenden Bauvorhaben liegen der BWB Anerkenntnisse von Mitbewerbern vor, wonach diese BVH von kartellrechtswidrigen Absprachen unter Beteiligung der Swietelsky betroffen waren(Beilagen ./A4, .B4, ./N):
23.03.2011: NHT – Niedere-Munde-Str. 7-7d BA 2, Neue Heimat Tirol Gemeinn. Wohnungs GmbH;
25.01.2012: NHT - WA Südt. Siedlung JE 23, Neue Heimat Tirol Gemeinn. Wohnungs GmbH;
01.03.2012: Tilak – Kinderherzzentrum BA II, Tirol Kliniken GmbH;
28.09.2012: Sandoz – Spritzenabfüllung Bau 542 Bioinject, Arge Sandoz Bau 542;
01.10.2012: IIG – Wohnbebauung Sillblöcke, Innsbrucker Immobilien GmbH & Co KG;
05.12.2012: Tigewosi - AZW Aufstockung, TIGEWOSI - Tir. Gemeinn. Wohnungsbau- u. Siedlungs GmbH;
28.02.2013: Frieden - Kranebitter Allee - Teil-GU-San. Ulfiswiese, Frieden Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft reg. GenmbH;
09.01.2014: Tigewosi – Personalwohnhaus Tilak Albertistraße, TIGEWOSI - Tir. Gemeinn. Wohnungsbau- u. Siedlungs GmbH;
21.05.2014: Bergbahn Hohe Salve – PARKGARAGE, Bergbahnen Hohe Salve, Hopfgarten-Itter-Kelchsau-Wörgl GesmbH & Co. KG;
21.08.2014: NHT - WA Sonnensiedlung 2. BA, Neue Heimat Tirol Gemeinn. Wohnungs GmbH;
23.02.2015: IIG – Seniorenheim Pradl, Dürerstr. Haus A, Immobilien GmbH & Co KG;
24.02.2015: TILAK - Innere Medizin/ Südtrakt – Bmst, Tirol Kliniken GmbH;
04.03.2015: NHT - NB Sozialzentrum und Tiefgarage, Neue Heimat Tirol Gemeinn. Wohnungs GmbH;
03.06.2015: NHT - Am Grettert Südt. Siedlung - 3. BA, Neue Heimat Tirol Gemeinn. Wohnungs GmbH;
25.06.2015 Stadtg. Schwaz – KG Postpark, Stadtgemeinde Schwaz;
30.06.2015: Erweiterung B66 Instandhaltung- und Energiegebäude, Ceratizit Austria GmbH;
27.07.2015: Neubau "Haus der Musik", Innsbrucker Immobilien GmbH & Co KG;
10.02.2016: Carisma - NB WA Breitweg Absam, Carisma Immobilien GmbH;
05.04.2016: NB Feuerwehrhalle Ehenbichl, Gemeinde Ehenbichl.
 
9.6 Niederösterreich
In Niederösterreich fanden im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung neben den bereits beschriebenen kartellrechtswidrigen Handlungen anlassbezogen auch bei anderen BVH (wie zB Brückenbau, Straßenbau, „Sonderlose und Spezialgewerke ua) kartellrechtswidrige Handlungen statt (Beilagen ./N, ./Y), darunter im Jahr 2016 das BVH HWS Türnitz, Nivelettenkorrektur L5213 und Brücke Marktgem. Türnitz und die Wohnhausanlage Bruck an der Leitha (Beilagen ./M).
Bei nachfolgenden Bauvorhaben liegen der BWB Anerkenntnisse von Mitbewerbern der Swietelsky vor, wonach diese BVH von kartellrechtswidrigen Absprachen unter Beteiligung der Swietelsky betroffen waren (Beilagen ./S4, ./P8, ./P, ./A4, ./B4):
März 2014: Straßenbau Leithaprodersdorf und Wimpassing, Gemeinde Leithaprodersdorf;
04.03.2016: HWS Türnitz, Nivelettenkorrektur L5213 und Brücke, Marktgem. Türnitz;
27.09.2016: Birago Kaserne, Melk, Neubau - Werkstätten und Garagen, Bundesministerium für Landesverteidigung;
02.03.2017: Brücke in der KG Sonnberg, Stadtgem. Hollabrunn.
 
9.7. Salzburg
In Salzburg war Swietelsky im Rahmen der Umsetzung der Gesamtzuwiderhandlung zumindest beim BVH Neubau Hofer Markt und DM, Braunauersraße, Sraßwalchen an kartellrechtswidrigen Handlungen beteiligt (Beilagen ./R8, ./GG).
10. Weitere betroffene Auftraggeber:
Laut dem Anerkenntnis der Antragsgegnerinnen waren folgende Auftraggeber mit ihren Bauvorhaben von kartellrechtswidrigen Handlungen, an denen die Antragsgegnerinnen beteiligt waren, betroffen:
Gemeinde Kottingbrunn (2012), Marktgemeinde Günselsdorf (2012), Wasserverband Leibnitzerfeld Süd (2012), Gemeinde Murfeld (2013), Gemeinde Gosdorf (2013), Gemeinde Semriach,(2013), Wasserverband Grenzland Süd (2014), Marktgemeinde St. Peter a. O. (2014), Stadtgemeinde Kindberg (2015), Gemeinde Proleb (2015), Gemeinde Traboch (2015), Innbrucker Immobilien GmbH & Co KG (Seniorenheim Pradl – 2015), Thermenhotel Radkerburgerhof GesmbH & Co KG (2015), Kärntner Flughafen Betriebs GesmbH & Co KG (Sanierung 2016), Stadt Eisenerz (2016).
 
Beweiswürdigung:
 
Von den Antragsgegnerinnen wurde der von der BWB vorgebrachte Sachverhalt und Deliktszeitraum ausdrücklich außer Streit gestellt. Die außerstreitgestellten Behauptungen stehen mit dem Inhalt der vorgelegten Urkunden Beilage ./A – ./X8 im Einklang. Da die Antragsgegnerinnen die Urkunden als echt anerkannten und diese als unbedenklicheinzustufen sind, konnte das Kartellgericht von weiteren Beweisaufnahmen gemäß § 33 AußStrG absehen und die Feststellungen auf das Vorbringen der BWB und den Inhalt der Urkunden gründen.
Rechtliche Beurteilung
1. Zur „Zwischenstaatlichkeit“:
Gemäß § 1 Abs 1 KartG sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmern, Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartelle), verboten. Insbesondere sind nach § 1 Abs 2 Z 1 KartG die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstige Geschäftsbedingungen sowie nach Z 3 leg.cit. die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen verboten.
Nach Art 101 Abs 1 AEUV sind alle jene Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Dazu gehören insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- und Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen (lit a) sowie die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen (lit c). Die Anwendung von Art 101 und 102 AEUV fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten (Art 5 VO [EG] 1/2003).
Beim Kriterium der Zwischenstaatlichkeit handelt es sich um eine Kollisionsnorm, die keine wettbewerbsrechtliche Bewertung der Absprache trifft, sondern die Frage beantworten soll, ob es angemessen ist, den Sachverhalt nach Unionsrecht zu beurteilen. Art 101 Abs 1 AEUV erfordert, dass die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung oder der Missbrauch der beherrschenden Stellung geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Diese Voraussetzung ist – was schon durch Abstellen auf die „Eignung“ angelegt ist – weit zu verstehen (16 Ok 7/15p mwN).
Maßnahmen, deren wettbewerbsbeschränkende Wirkungen sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken, sind schon ihrem Wesen nach geeignet den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu behindern, indem es die wirtschaftliche Verflechtung hintanhalten, die Abschottung nationaler Märkte verfestigen und die gewünschte Marktintegration verhindern können (RS0120478;Leitlinien zum Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels, ABl 2004/C 101/07, Rn 77 ff).
Bei den festgestellten Zuwiderhandlungen der Antragsgegnerinnen ist allein schon aufgrund ihrer über weite Teile des Bundesgebiets Österreich sich erstreckende Dimension jedenfallsdie Zwischenstaatlichkeit zu bejahen und Unionsrecht anzuwenden.
2. Zum Vorliegen einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise:
Das Kartellverbot des Art 101 Abs 1 AEUV erfasst – wie jenes des § 1 Abs 1 KartG – den Wettbewerb beeinträchtigende Vereinbarungen zwischen Unternehmern und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen. Beiden Tatbeständen ist gemeinsam, dass sie geeignet sein müssen, zwischen den beteiligten Unternehmern die Unsicherheiten über ihr zukünftiges Verhalten im Wettbewerb auszuschließen oder zu vermindern. In der Praxis ist eine Abgrenzung dieser Begriffe von geringer Relevanz, weil diese Formen wettbewerbsbeschränkenden Zusammenwirkens gleichrangig sind (Lager/Petsche in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 1 Rz 14 ff).
Der Begriff „Vereinbarung“ wird in diesem Zusammenhang weit ausgelegt: Nicht notwendig ist, dass es sich dabei um einen rechtlich verbindlichen Vertrag handelt; eine Vereinbarung liegt vielmehr schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten. Folglich ist der Begriff der Vereinbarung durch das Vorliegen einer Willensübereinstimmung zwischen mindestens zwei Parteien gekennzeichnet, deren Ausdrucksform unerheblich ist, sofern sie den Willen der Parteien getreu wiedergibt. Bei einer Vereinbarung zwischen Unternehmern kommt es daher weder auf die Form der Vereinbarung (diese kann schriftlich, mündlich oder schlüssig getroffen werden) noch darauf an, ob sie auch tatsächlich umgesetzt wird (Lager/Petsche aaO § 1 Rz 18 f mwN).
Neben Vereinbarungen (und Beschlüssen von Unternehmervereinigungen) sind auch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen vom Kartellverbot erfasst. Dabei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des EuGH um jede Form der Koordinierung des Verhaltens zwischen Unternehmern, die zwar nicht bis zum Abschluss eines Vertrags im eigentlichen Sinn gediehen ist, aber bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt. Unter einer Verhaltensabstimmung ist also eine „Fühlungnahme“ zwischen den Unternehmern zu verstehen, die geeignet und bestimmt ist, deren Wettbewerbsrisiko abzuschwächen (Lager/Petsche aaO § 1 Rz 25 ff mwN).
Erfasst ist jede unmittelbare oder mittelbare Koordination zwischen Unternehmen, die bezweckt oder bewirkt, das Marktverhalten zu beeinflussen oder einen Mitbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, das man selbst an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht (Lager/Petsche aaO § 1 Rz 31).
3. Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung
Vereinbarungen stellen dann einen Verstoß gegen Art 101 Abs 1 AEUV dar, wenn sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Prinzipiell müssen Wettbewerbsbeschränkungen, um vom Kartellverbot erfasst zu sein, auch spürbar sein. Spürbarkeitskriterien sind der Marktanteil, die Marktstellung, die finanziellen Ressourcen und der Umfang der Produktion der beteiligten Unternehmen sowie der Umfang der betroffenen Handelsströme (RS0106875). Handelt es sich bei den Vereinbarungen jedoch um solche, die ihrer Natur nach geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen und sind diese auch auf diesen Zweck gerichtet sind, liegt es auf der Hand, dass solche Vereinbarungen spürbare negative Auswirkungen auf den Markt haben. Es wird daher davon ausgegangen, dass eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung, also eine, die schon ihrem Wesen nach schädlich für den Wettbewerb sind, den Wettbewerb stets spürbar beeinträchtigt (Hiersche/Mertel in Egger/Harsdorf-Borsch, Kartellrecht, § 1 Rz 74, EuGH C-228/18 – Budapest Bank; EuGH C-345/14 - Maxima Latvija). Aus diesen Erwägungen sind bei bezweckten Wettbewerbsbeschränkungen die konkreten Auswirkungen, also der genaue Umfang der Spürbarkeit für den Markt im Verfahren nicht zu prüfen (RS0120477). Solche Kernbeschränkungen gelten demzufolge unabhängig vom Marktanteil der beteiligten Unternehmen als „spürbar“ (vgl EuGH 13. 12. 2012, C-226/11, Expedia, RS0106875, 16 Ok 2/22k).
Bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung zu qualifizieren ist, ist auf den Inhalt ihrer Bestimmungen und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie steht, abzustellen. Im Rahmen der Beurteilung dieses Zusammenhangs sind auch die Natur der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieses Markts oder dieser Märkte zu berücksichtigen. Für einen wettbewerbswidrigen Zweck reicht es bereits aus, wenn die Vereinbarung das Potenzial hat, negative Auswirkungen auf den Wettbewerb zu entfalten, dh wenn sie konkret geeignet ist, zu einer Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Markts zu führen (EuGH C-32/11 - Allianz Hungária, mwN). Das wesentliche Kriterium für die Einordnung als bezweckte Wettbewerbsbehinderung ist, dass eine solche Handlung in sich selbst eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt (EuGH C-67/13 P - Groupement des cartes bancaires, mwN).
Kernbeschränkungen des Wettbewerbs wie Preisabsprachen, Produktions- und Absatzbeschränkungen und Marktaufteilungsabsprachen sind grundsätzlich bezweckte Beschränkungen des Wettbewerbs (RS0120917).
Das zwischen den Antragsgegnerinnen und ihren Mitbewerbern im Zeitraum Juli 2002 bis Oktober 2017 etablierte System von Preisabsprachen, Marktaufteilungen und des Informationsaustauschesstellen Kernverstöße dar, die als bezweckterVerstoß gegen die Bestimmungen des Art 101 Abs 1 lit a und c AEUV und § 1 Abs 2 Z 1 und 3 KartG in Fortschreibung der zitierten Rechtsprechung nicht in Richtung Spürbarkeit im Sinne der Darstellung der konkreten Auswirkungen auf den Markt, zu prüfen ist.
Durch die fortgesetzte regelmäßige Beteiligung der Antragsgegnerinnen am festgestellten kollusiven System der Preisabsprachen, Absprachen über Verhalten bei den Ausschreibungen, Marktaufteilungsabsprachen im Wirtschaftszweig des Hoch- und Tiefbausverstießen die Antragsgegnerinnen gegen das Kartellverbot nach § 1 KartG und Art 101 AEUV in Form der bezweckten Behinderung des Wettbewerbs.
4. Zum Verschulden:
§ 29 KartG stellt klar, dass Geldbußen nur bei Verschulden zu verhängen sind. Der Unternehmer muss den Tatbestand vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt haben. Das KartG definiert nicht näher, was unter Vorsatz und Fahrlässigkeit zu verstehen ist. Einschlägige Definitionen enthalten aber die strafrechtlichen Bestimmungen der §§ 5 f StGB und § 3 VbVG (16 Ok 2/11).
Vorsätzlich handelt gemäß § 5 Abs 1 StGB, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Demgegenüber handelt fahrlässig, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (§ 6 Abs 1 StGB), und wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will (§ 6 Abs 2 StGB).
Gem§ 3 Abs 1 VbVG, der nach kartellobergerichtlicher Rechtsprechung im Kartellverfahren analog anzuwenden ist (RS0124134 [T1]), ist ein Verband - ein solcher ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs 2 leg.cit. insbesondere eine juristische Person - unter den weiteren Voraussetzungen des Abs 2 oder des Abs 3 für eine Straftat verantwortlich, wenn 1. die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder 2. durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.
Die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 VbVG sind hier erfüllt, weil durch die festgestellten Verhaltensweise Pflichten der Antragsgegnerinnen verletzt wurden.
Für Straftaten eines Entscheidungsträgers ist gemäß § 3 Abs 2 VbVG der Verband verantwortlich, wenn der Entscheidungsträger als solcher die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Entscheidungsträger iSd VbVG ist nach dessen § 2 Abs 1, wer 1. Geschäftsführer, Vorstandsmitglied oder Prokurist ist oder aufgrund organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in vergleichbarer Weise dazu befugt ist, den Verband nach außen zu vertreten, 2. Mitglied des Aufsichtsrates oder des Verwaltungsrates ist oder sonst Kontrollbefugnisse in leitender Stellung ausübt, oder 3. sonst maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung des Verbandes ausübt.
Für Straftaten von Mitarbeitern ist gemäß § 3 Abs 3 VbVG der Verband verantwortlich, wenn
1. Mitarbeiter den Sachverhalt, der dem gesetzlichen Tatbild entspricht, rechtswidrig verwirklicht haben; der Verband ist für eine Straftat, die vorsätzliches Handeln voraussetzt, nur verantwortlich, wenn ein Mitarbeiter vorsätzlich gehandelt hat; für eine Straftat, die fahrlässiges Handeln voraussetzt, nur, wenn Mitarbeiter die nach den Umständen gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen haben; und
2. die Begehung der Tat dadurch ermöglicht oder wesentlich erleichtert wurde, dass Entscheidungsträger die nach den Umständen gebotene und zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben, insbesondere indem sie wesentliche technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen zur Verhinderung solcher Taten unterlassen haben.
Mitarbeiter iSd VbVG ist gemäß § 2 Abs 2 leg.cit., wer (unter anderem) aufgrund eines Arbeitsverhältnisses Arbeitsleistungen für den Verband erbringt.
Dass die Verantwortlichkeit der Antragsgegnerinnen nach den hier analog anwendbaren Kriterien des § 3 Abs 2 VbVG(Verantwortlichkeit des Verbandes für die Tatbegehung durch Entscheidungsträger)bzw des Abs 3 (Verantwortlichkeit des Verbandes für Tatbegehung durch Mitarbeiter) vorliegt, wurde weder in Frage gestellt noch bestritten, sodass präzise Feststellungen dazu, welche Personen die einzelnen kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen gesetzt haben, unterbleiben konnten. Vielmehr führen die uneingeschränkten Außerstreitstellungen durch die Antragsgegnerinnen, die auch das Tatsachenvorbringen der BWB zum Verschulden umfassten, rechtlich dazu, dass die Antragsgegnerinnen ein zurechenbares Verschulden an der Gesamtzuwiderhandlung im Sinne des § 29 KartG trifft.
5. Zur Verjährung:
Das kartellrechtswidrige Verhalten der Antragsgegnerinnen umfasste einen Zeitraum von Juli 2002 bis Oktober 2017.
§ 33 KartG idF BGBl I Nr. 176/2021 ist nach § 86 Abs 12 KartG auf Rechtsverletzungen anzuwenden, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes (10.9.2021) noch nicht verjährt sind.
Gemäß § 33 Abs 1 1. Satz KartG darf eine Geldbuße nur verhängt werden, wenn der Antrag binnen fünf Jahren ab Beendigung der Rechtsverletzung gestellt wurde. Diese Frist wird gem ci leg 2.Satz unterbrochen, sobald mindestens einem an der Rechtsverletzung beteiligten Unternehmer oder einer beteiligten Unternehmervereinigung eine auf Ermittlung oder Verfolgung der Rechtsverletzung gerichtete Handlung der Bundeswettbewerbsbehörde bekanntgegeben wird. Mit jeder Unterbrechung beginnt die Frist neu zu laufen.
Anders als Art 25 der VO 1/2003 differenziert § 33 KartG nicht zwischen einmaligen, dauernden und fortgesetzten Zuwiderhandlungen bzw Zustands- und Dauerdelikten. Nach dem Gesetzeswortlaut muss das Verhalten insgesamt beendet sein, um den Beginn der Verjährungsfrist auszulösen.
Bei den Dauerdelikten ist zwischen dauernden und fortgesetzten Zuwiderhandlungen zu unterscheiden. Eine dauernde Zuwiderhandlung besteht aus einer andauernden, eine fortgesetzte aus mehreren Handlungen, die jede für sich die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen. Somit handelt es sich bei einer dauernden Zuwiderhandlung um ein abgrenzbares rechtswidriges Verhalten, das ohne Unterbrechung über einen längeren Zeitraum gesetzt wird. Eine fortgesetzte Zuwiderhandlung liegt demgegenüber immer dann vor, wenn eine zu einer rechtlichen Einheit zusammengefasste Vielzahl rechtswidriger aufeinander folgender Verhaltensweisen oder mehrere abgrenzbare Handlungen, die auf die Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung gerichtet sind, erfolgen (Traugottin Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 33 Rz 6 und 7).
Der Begriff der fortgesetzten Zuwiderhandlung umfasst eine Mehrzahl von rechtswidrigen Verhaltensweisen oder von Handlungen zur Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung, die durch ein gemeinsames subjektives Element zu einer Einheit verbunden sind (EuGH C-235/92 P - Montecatini/Kommission).
Ein Verstoß gegen Art 101 Abs 1 AEUV und § 1 Abs 2 Z 1 und 3 KartG kann sich somit nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem kontinuierlichen Verhalten ergeben. Bei der Einstufung unterschiedlicher Handlungen als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung ist zu prüfen, ob zwischen ihnen insoweit ein Komplementaritätsverhältnis besteht, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die ihre Urheber im Rahmen eines auf eine einheitliche Zielsetzung gerichteten Gesamtplans anstreben. Insoweit sind alle Umstände zu berücksichtigen, die dieses Verhältnis belegen oder in Frage stellen können, wie der Anwendungszeitraum, der Inhalt einschließlich der verwendeten Methoden und im Zusammenhang damit die Zielsetzung der verschiedenen fraglichen Handlungen (EuG T-27/10 - AC-Treuhand/Kommission). Bei fortgesetzten Delikten, also solchen Verstößen, die aus mehreren Teilhandlungen bestehen, die in ihrer Begehungsweise gleichartig sind, in einem nahen zeitlichen Zusammenhang stehen und von einem Gesamtvorsatz getragen sind, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Beendigung des letzten Teilakts zu laufen (16 Ok 2/15b, 16 Ok 8/15k mwN).
Nach den Feststellungen liegt hier eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung der Antragsgegnerinnen gegen das Kartellrecht vor, da alle Einzelverstöße auf einen einheitlichen Gesamtplan und einem Gesamtsystem beruhen. Im gegenständlichen Fall liegt trotz der Beendigung der Gesamtzuwiderhandlung im Mai 2017 und der Einbringung des Antrags erst im Oktober 2022 keine Verjährung vor, weil die Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Antragsgegnerin im Juli 2021 die Verjährungsfrist unterbrochen hat. Da die Zuwiderhandlungen weniger als 5 Jahre vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte beendet waren und der Geldbußenantrag 15 Monate später eingebracht wurde, istkeine Verjährung eingetreten.
6. Keine Rechtfertigungsgründe:
Ein Freistellungs- bzw Rechtfertigungsgrund nach § 2 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 3 AEUV wurde nicht behauptet und ist nicht erkennbar.
7. Zur Höhe der Geldbuße:
Gemäß § 29 Z 1 lit a und d KartG ist bei einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoß gegen § 1 KartG bzw gegen Art 101 AEUV eine Geldbuße bis zu einem Höchstbetrag von 10% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes zu verhängen. Darunter ist der weltweite Umsatz des jeweils am Wettbewerbsverstoß beteiligten Unternehmers zu verstehen, wobei die Berechnungsbestimmung des § 22 KartG heranzuziehen ist.
Bei der Bemessung der Geldbuße ist gemäß § 30 Abs 1 KartG insbesondere auf die Schwere und die Dauer der Rechtsverletzung, auf die durch die Rechtsverletzung erzielte Bereicherung, auf den Grad des Verschuldens und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bedacht zu nehmen. Ein Erschwerungsgrund ist es gemäß § 30 Abs 2 KartG insbesondere, wenn
1. das Kartellgericht gegen den Unternehmer oder die Unternehmervereinigung schon wegen einer gleichartigen oder ähnlichen Zuwiderhandlung eine Geldbuße verhängt oder eine solche Zuwiderhandlung festgestellt hat oder
2. der Unternehmer oder die Unternehmervereinigung als Urheber oder Anstifter einer von mehreren begangenen Rechtsverletzung oder an einer solchen Rechtsverletzung führend beteiligt war.
Ein Milderungsgrund ist es gemäß § 30 Abs 3 KartG insbesondere, wenn der Unternehmer oder die Unternehmervereinigung
1. an einer von mehreren begangenen Rechtsverletzung nur in untergeordneter Weise beteiligt war,
2. die Rechtsverletzung aus eigenem beendet hat,
3. wesentlich zur Aufklärung der Rechtsverletzung beigetragen hat oder
4. den aus der Rechtsverletzung entstandenen Schaden ganz oder teilweise gutgemacht hat.Die Bemessung der verhängten Geldbuße beruht auf der von der Antragsgegnerin nicht bestrittenen Berechnung durch die Bundeswettbewerbsbehörde.
Gemäß § 36 Abs 2 KartG darf das Kartellgericht über die beantragte Geldbuße nicht hinausgehen. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat die von ihr dargelegten Milderungsgründe und Erschwerungsgründe im Sinne des § 30 Abs 3 KartG angemessen berücksichtigt. Weitere Milderungsgründe sind nicht ersichtlich. Eine niedrigere Geldbuße als die beantragte Summe, die bei einem weltweiten Konzernumsatz im vorangegangenen Geschäftsjahr von EUR3,7 Mrdrund 7,3% des Höchstbetrags nach § 29 Z 1 KartG entspricht, kommt angesichts der Schwere und Dauer des Verstoßes unddie durch die Rechtsverletzung zwangsläufig erzielte Bereicherung, das vorsätzliche Handeln und die erhebliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerinnen aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen jedenfalls nicht in Betracht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Ausdruck vom: 28.04.2024 10:23:51 MESZ