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Kategorie:

Kartell

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

25 Kt 8/22x


Bekannt gemacht am:

24.01.2023

Entscheidungsdatum:

05.12.2022


Es wird gemäß § 28 Abs 1 KartG festgestellt, dass die Antragsgegnerin an einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen § 1 Abs 1 KartG und Art 101 AEUV in Form von kartellrechtswidrigen vertikalen Absprachen mit Herstellern von Schultaschen und -rucksäcken über die Wiederverkaufspreise im Sinne der Festlegung eines Fest- und Mindestpreisniveaus für diese Produkte und in Einzelfällen von Zubehör zu diesen auf dem österreichischen Markt im Zeitraum von Jänner 2015 bis Oktober 2018 teilgenommen hat.
Begründung:
I. Die Bundeswettbewerbsbehörde beantragte die Feststellung der Zuwiderhandlung und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass auf Grund von Konsumentenbeschwerden Ermittlungen wegen des Verdachts vertikaler Absprachen im Bereich des Handels mit Schultaschen beziehungsweise -rucksäcken durchgeführt worden seien.
Die Ermittlungen haben ergeben, dass die Antragsgegnerin zumindest von Februar 2015 bis Oktober 2018 kartellrechtswidrige Verhaltensweisen gesetzt habe. Die Antragsgegnerin habe mit Herstellern von Schultaschen und -rucksäcken Vereinbarungen über die Wiederverkaufspreise getroffen. Mit diesen Vereinbarungen sei der vermeintlich „unverbindlichen Verkaufspreis“ (UVP) als verbindlich vorgegeben und von der Antragsgegnerin als Mindestpreis eingehalten worden. Das Preisüberwachungssystem sei derart aufgebaut gewesen, dass die kartellbeteiligten Hersteller Beschwerden von Einzelhändlern über das Unterschreiten der vereinbarten Preise von anderen Einzelhändlern beispielsweise bei Rabattaktionen, nachgegangen seien und die Einhaltung des UVP eingefordert haben. Die Antragsgegnerin habe derartige Beschwerden über ihre Mitbewerber an Hersteller gerichtet mit dem Ziel, dass die Hersteller intervenieren und dadurch das Mindestpreisniveau wieder hergestellt werde.
Zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin führte die BWB aus, dass bereits im Herbst 2017 die Antragsgegnerin die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt habe. Nach positivem Abschluss des Sanierungsverfahrens, das zur Reduzierung der Filialen von 15 auf fünf geführt habe, sei es infolge der Pandemie zur neuerlichen Insolvenz der Antragsgegnerin gekommen. Das zweite Sanierungsverfahren sei bereits aufgehoben, die letzte Sanierungsplanquote sei bis Jänner 2023 an die Gläubiger auszuschütten. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Komplementärs sei noch anhängig. Die wirtschaftliche Situation sei auch nach Auslaufen der letzten Lockdown-Phase weiter schwierig, da ein erheblicher Anteil des Umsatzes durch den Verkauf von Reisegepäck erzielt werde. Der Gesamtumsatz der Antragsgegnerin habe 2021 EUR 1.948.115,-- betragen. Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation sei die Verhängung einer angemessenen Geldbuße nicht ohne Fortbestandsgefährdung möglich, weshalb nur die Feststellung der Zuwiderhandlung nach § 28 Abs 1 KartG beantragt werde. Das berechtigte Interesse an der Feststellung liege in der umfangreichen Aufklärung der wettbewerbswidrigen Praktiken im Bereich des Handelns mit Schultaschen.
Der Bundeskartellanwalt schloss sich dem Antrag und Vorbringen der BWB an.
Die Antragsgegnerin stellte das Vorbringen der BWB außer Streit.
II. Folgender Sachverhalt steht fest:
Die Antragsgegnerin ist im Einzelhandel mit Taschen (ua Schultaschen), Kleinlederwaren sowie Papier und Schreibwaren an fünf Standorten in Niederösterreich und Wien tätig. Wirtschaftliche Schwierigkeiten führten zur Verkleinerung des ehemals 15 Standorte zählenden Unternehmens.
Der bedeutendste Geschäftspartner hinsichtlich des Vertriebs von Schultaschen und -rucksäcken ist die in Deutschland ansässige Fond Of GmbH (FOND OF), welche ua Schulrücksäcke der Marken „Ergobag“ (Rucksäcke für Kinder im Grundschulalter) und „satch“ (Rucksäcke für die Kinder in weiterführenden Schulen) herstellt.
Über das Unternehmen FOND OF verhängte das Kartellgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 15.7.2021 (25 Kt 5/21 d) eine Geldbuße ua wegen der Vereinbarung von Fest- und Mindestverkaufspreisen für Schultaschen bzw. -rucksäcken und Zubehör mit Händlern auf dem österreichischen Markt.
Zu den kartellrechtswidrigen Preisabsprachen:
Die Vereinbarung der Antragsgegnerin mit Herstellern von Schultaschen und -rucksäcken über Wiederverkaufspreise durch Vereinbarung von Mindest- und Festpreisen für diese Produkte, die im Zeitraum Jänner 2015 bis Oktober 2018 stattfanden, erfolgten, insbesondere mit dem Hersteller FOND OF, nach folgendem Modus:
Bei den ersten Gesprächen im Rahmen des Aufbaus der Geschäftsbeziehung zwischen FOND OF und der Antragsgegnerin wurde das Thema Preise angesprochen und vom Hersteller der Hinweis gegeben, dass man sich eine Politik der Preisstabilität erwarte und für den Fall, dass diese Philosophie nicht geteilt werde, die Geschäftsbeziehung nicht weitergeführt würde. Die Antragsgegnerin sagte zu, sich an die vorgegeben „UVP“ zu halten und nahm bei Rabattaktionen die preiskartellierten Marken ausdrücklich aus.
Die Anfrage der Antragsgegnerin vom 28.7.2014 an FOND OF betreffend der Belieferung mit Schulrücksäcken der Marken „satch“ und „ergobag“ lautete wie folgt (Beilage ./G):
„Lieber R.
Wir hätten gerne ergo satch! Versprechen auch dass wir uns an die Preise halten (auch schriftlich wenn es sein muss) – fahren keine Aktionen zum Schulanfang, nur die extra eingekauften Eastpakangebote !!! wir wollen keinen Cent herschenken! Die Zeiten sind vorbei!
Alles Liebe
S.“
Zwischen der Antragsgegnerin und FOND OF wurden die Mindestverkaufspreise für jedes einzelne Schultaschen- und Schulrucksackmodell festgelegt.
Damit in allen Filialen der Antragsgegnerin die vereinbarten Preise für die FOND OF Artikel eingehalten werden und keine Rabatte gewährt werden, wurden regelmäßig Mails antragsgegnerinintern versendet. Beispielsweise lautete das antragsgegnerininterne Mail vom 2.2.2015 (Beilage ./H) wie folgt:
„Liebe Damen,
In den nächsten Tagen bekommen Sie Schultaschen der Fa. Ergobag geliefert […].
Ich habe Ihnen im Anhang den Katalog geschickt, den Sie bitte GENAU durchlesen um im Verkauf gute Argumente bringen zu können. Die Kunden informieren sich genau im Internet (ergobag. de) und es wäre peinlich, wenn diese mehr wüssten als wir.
[…]
Und bitte nicht vergessen – es darf kein einziges Prozent gegeben werden (auch nicht Stammkunden mit gespeicherten Prozenten). Die Ware wird NIRGENDWO günstiger angeboten – auch nicht im Internet.
Liebe Grüße
S.“
Um an Rabattaktionstagen keine Diskussionen mit Kunden zu haben, wieso der Rabatt nicht für „ergobag“ und „satch“ gilt, schlug die Antragsgegnerin auch den Weg ein, die Filialen anzuweisen an den betreffenden Tagen die genannten Modelle ins Lager zu räumen. Beispielsweise lautete ein Mail der Antragsgegnerin vom 13.4.2015 in diesem Zusammenhang wie folgt:
„Liebe Damen!
Zur INFO – wir geben aber schon den ganzen Tag 20%.
Falls Sie Ergobag und Satch im Geschäft haben – bitte an diesem Tag ins Lager, da auf keinen Fall 20% auf diese Ware gegeben werden darf!!!
Ich ersuche um Bestätigung!
Mit lieben Grüßen
S.“
Die Anfrage eines Kunden um Rabattgewährung auf einen ergobag-Rucksack wurde von der Antragsgegnerin mit Mail vom 23.2.2015 ablehnend wie folgt beantwortet (Beilage ./I):
„Sehr geehrter Herr Mag. P.!
Wie mir meine Damen im Auhof Center berichtet haben, handelt es sich […] um eine Ergobag. Leider haben wir uns vertraglich verpflichtet auf Ergobag keine Rabatte zu gewähren.[…]
Ich bitte um Ihr Verständnis
MfG
G.“
Die Antragsgegnerin, die sich durchgehend an die Preisvereinbarungen hielt, beschwerte sich bei FOND OF, wenn sie feststellte, dass Mitbewerber diese Preise unterschritten. Mit diesen Beschwerden erreichte die Antragsgegnerin, dass sich FOND OF einschaltete und beim betroffenen Mitbewerber intervenierte, um das Mindestpreisniveau wieder herzustellen.
Die Preisdisziplin der Antragsgegnerin führte dazu, dass sie von FOND OF im Einkauf einen Rabatt erhielt. Die bezughabende FOND OF-interne Korrespondenz hatte folgenden Inhalt (Beilage ./O):
„Hallo M.,
bitte dem Kunden Leder Hausmann ab neuem Geschäftsjahr (1.8.2016) 5%line discount einräumen. Danke dir lg R.
Denke er hat es sich verdient zuem keine Aktionen (ansonsten ist er wieder weg….) ist Nummer 2 bei uns nach T. - mit ca. 180.000 € Potential+
[…].“
Die Antragsgegnerin traf auch mit anderen Herstellern von Schultaschen und -rucksäcken kartellrechtswidrige Preisabsprachen im Sinne von Fest- und Mindestpreisvereinbarungen betreffend bestimmter aktueller Modelle und verfasste Beschwerden, wenn sie feststellte, dass sich Mitbewerber nicht an diese Preise hielten (Beilagen ./T, ./U, ./V, ./W, ./W ./X)
 
III. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den vorgelegten unbedenklichen Urkunden, deren Echtheit von der Antragsgegnerin zugestanden wurden und die in einer unmissverständlichen Deutlichkeit die vertikalen Preisabsprachen, die den Zweck verfolgten, auf horizontaler Händlerebene einen einheitlichen Mindestverkaufspreis zu erreichen, dokumentieren. Ebenso konnte dem vorgelegten Schriftverkehr die Mechanismen zur Absicherung und Überwachung der einheitlichen Mindestwiederverkaufspreise entnommen werden, an der die Antragsgegnerin beteiligt war.
Von der Antragsgegnerin wurde der von der BWB vorgebrachte Sachverhalt und Deliktszeitraum ausdrücklich außer Streit gestellt.
Die außer Streit gestellten Behauptungen stehen mit dem Inhalt der vorgelegten Urkunden im Einklang. Da die als echt anerkannten vorgelegten Urkunden unbedenklich sind, konnte das Kartellgericht von weiteren Beweisaufnahmen gemäß § 33 AußStrG absehen.
 
IV. Rechtliche Beurteilung:
1. Unionsrechtliches Kartellverbot:
  Nach Art 101 AEUV sind mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, insbesondere (lit a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen.
Die Anwendung von Art 101 AEUV fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten (Art 5 VO [EG] 1/2003) sofern Zwischenstaatlichkeit vorliegt.
Beim Kriterium der Zwischenstaatlichkeit handelt es sich um eine Kollisionsnorm, die die Frage beantworten soll, ob es angemessen ist, den Sachverhalt nach Unionsrecht zu beurteilen (16 Ok 10/09 mwN; 16 Ok 2/15b).
Art 101 Abs 1 AEUV erfordert, dass die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Diese Voraussetzung ist - was schon durch Abstellen auf die „Eignung“ angelegt ist - weit zu verstehen (Zimmer in Immenga/Mestmäcker EU Wettbewerbsrecht5 Art 101 AEUV Rz 196 mwN).
Im Anlassfall wurden die vertikalen Preisabsprachen zwischen der Antragsgegnerin und ua der in Deutschland ansässigen Herstellerin Fond Of getroffen, sodass sich das Kartell über die österreichischen Grenzen hinaus erstreckte. Damit wird das Kriterium der Zwischenstaatlichkeit erfüllt und Art 101 AEUV gelangt zur Anwendung.
2. Gemäß Art 3 VO (EG) Nr. 1/2003 haben die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten Art 101 AEUV parallel zum nationalen Wettbewerbsrecht anzuwenden.
3.1. Preisabsprachen
Kartellrechtswidrige Preisabsprachen können Absprachen über Mindestpreise, Preisintervalle, Preisaufschläge und -abzüge oder die Koordination der Höhe und des Zeitpunkts einer Preissteigerung sein (Schroeder in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union [54. Ergänzungslieferung 2014] Art 101 AEUV Rz 776).
Auch vertikale Preisabsprachen sind offenkundige Wettbewerbsbeschränkungen, weil sie ein hohes Potential negativer Auswirkungen auf den Wettbewerb haben, und zwar nicht zuletzt auf den Wettbewerb zwischen Unternehmen auf Handelsebene (16 Ok 2/15b).
Dem entspricht, dass auch vertikale Preisbindungen („Preisbindungen der zweiten Hand“) in Art 4 lit a) VO 330/2010 (Gruppenfreistellung für Vertikalvereinbarungen) als grundsätzlich unzulässige Kernbeschränkungen eingestuft werden (vgl Kuhn, Die Abgrenzung zwischen bezweckten und bewirkten Wettbewerbsbeschränkungen nach Art 101 AEUV, ZWeR 2014/2, 148). Auch die mit 1.6.2022 in Kraft getretene GruppenfreistellungsVO (EU) 2022/720 betont in ihrem ErwGr 15, dass die Freistellung insbesondere nicht für vertikale Vereinbarungen von Mindest- und Festpreise für den Weiterverkauf gilt. Konkret nimmt Art 4 lit a VO 2022/720 Vereinbarungen von der Freistellung aus, die die Möglichkeit des Abnehmers beschränken, seinen Verkaufspreis festzusetzen. Preisempfehlungen sind nur dann zulässig, wenn sich diese nicht infolge der Ausübung von Druck oder Gewährung von Anreizen tatsächlich wie Fest- und Mindestverkaufspreise auswirken.
Vertikale Preisbindungen sind also als Kernbeschränkung vom Rechtsvorteil der gruppenweisen Freistellung ausgeschlossen. Die mit den tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen (Vereinbarung, Beschluss, abgestimmtes Verhalten) verwirklichten vertikalen Preisregulierungen, die aufgrund der wechselseitigen Überwachung horizontale Wirkungsweisen entfalteten, sind als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung zu qualifizieren, sodass es auf weitere Umsetzungshandlungen und Marktauswirkungen nicht mehr ankommt (Stockenhuber in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union [54. Ergänzungslieferung 2014] Art 101 AEUV Rz 179; 16 Ok 2/15b). Die Auswirkungen einer Vereinbarung auf den Wettbewerb sind nicht zu prüfen, wenn - wie hier – feststeht, dass diese einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt (EuGH C-32/11 Allianz Hungaria; EuGH C-501(/06P GalaxoSmithKline ua).
3.2. Sternverträge:
  Eine besondere Form der Vereinbarungen sind sogenannte Sternverträge („hub and spoke“), die nicht durch Vertrag zwischen den Beteiligten, sondern durch eine Mehrzahl von Vereinbarungen der Beteiligten mit einem identischen Partner abgeschlossen werden. Bei Sternverträgen ist nicht fraglich, ob überhaupt eine Vereinbarung getroffen wurde - die ist offensichtlich (16 Ok 2/15b).
Fraglich ist vielmehr, ob durch das Bündel koordinierter Vertikalverträge eine (horizontale) Vereinbarung zwischen den Beteiligten bewirkt wurde (Langen/Bunte I12 § 1 GWB Rz 81 mwN).
Der Hauptzweck der Vertikalverträge muss dabei nicht in der horizontalen Abstimmung liegen; es reicht bereits aus, wenn die Vertikalverträge so gestaltet sind, dass man das vertikale Vertragsverhältnis gar nicht eingehen kann, ohne einer horizontal wirkenden Abstimmung zuzustimmen (Langen/Bunte, Kartellrecht I12, § 1 GWB Rz 82 aE).
Auch zu Art 101 Abs 1 AEUV ist anerkannt, dass ein „Bündel“ vertikaler Vereinbarungen einen vertraglichen Rahmen schaffen kann, der eine horizontale Vereinbarung darstellt (Langen/Bunte I12 § 1 GWB Rz 83; 16 Ok 2/15b).
Im Anlassfall wurden die vertikalen Preisabstimmungsmaßnahmen im Sinne der „hub-and-spoke“ Methode dadurch verstärkt, dass die Antragsgegnerin und weitere mit der Antragsgegnerin stehende Mitbewerber im Wissen über die horizontale Vereinheitlichung des Preisniveaus bei dem von Herstellern dafür geschaffenen Überwachungssystem eingebunden waren und mitwirkten, sodass ein in horizontaler und vertikaler Ebene ausgerichtetes Preisabstimmungsverhalten vorlag, das Bedingung für die Vertragsbeziehung war und daher auf die Dauer der Vertragsbeziehungen ausgelegt war. Aufgrund der kontinuierlichen Beachtung der Preisbindung und Überwachung der Preisdisziplin bei den Mitbewerbern durch die Antragsgegnerin liegt eine einheitliche fortgesetzte Zuwiderhandlung vor.
4. Feststellungsinteresse:
Gem § 28 Abs 1 KartG hat das Kartellgericht die Zuwiderhandlung festzustellen, soweit daran ein berechtigtes Interesse besteht und die Zuwiderhandlung bereits beendet ist.
Das in der Bestimmung formulierte berechtigte Interesse ist bei den Amtsparteien und Regulatoren aus der Wahrnehmung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben abzuleiten (Vartian/Schuhmacher in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 28 Rz25, vgl. Gugerbauer, KartG und WettbG³, § 28, Rz 2; ErläutRV 951, 27. GP, 14).
Es ist der Argumentation der BWB zuzustimmen, dass die umfassende Aufklärung und Darstellung eines in einer Branche über Jahre andauernden Preiskartells einen Aspekt der der BWB übertragenen Aufgabe der Überwachung des Wettbewerbs darstellt und damit die Feststellung der Zuwiderhandlung in einem kartellgerichtlichen Verfahren im öffentlichen Informations- und Präventionsinteresse liegt. Das berechtigte Interesse an der Feststellung im Sinne des § 28 Abs 1 KartG ist somit zu bejahen, weshalb dem Antrag stattzugeben war.
 

Ausdruck vom: 27.04.2024 23:02:26 MESZ