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Kategorie:

Kartell

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

28 Kt 1/23s


Bekannt gemacht am:

17.09.2024

Entscheidungsdatum:

03.08.2023


 Über die Antragsgegnerin wird wegen einheitlicher und fortgesetzter Zuwiderhandlung gegen § 1 KartG in Österreich in Form von kartellrechtswidrigen horizontalen Absprachen zum Zwecke der Abstimmung der Angebote und insbesondere der Angebotspreise im Bereich der Erstellung von Marktstudien im Zeitraum von April 2019 bis Juni 2021 gemäß § 29 Abs 1 Z 1 lit a KartG eine Geldbuße von EUR 50.000 verhängt.
Begründung:
Vorbringen:
Die Antragstellerin beantragte die Verhängung einer Geldbuße gemäß § 29 Abs 1 Z 1 lit a KartG in angemessener Höhe. Zusammengefasst brachte sie vor, die Antragsgegnerin sei im Zeitraum von April 2019 bis Juni 2021 an kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen beteiligt gewesen, indem sie im Vorfeld von zumindest fünf Auftragsvergaben für Studien Vereinbarungen mit der BB Research Affairs GmbH (im Folgenden „Beinschab GmbH“) sowie – in vier Fällen von April 2019 bis April 2021 – mitA* B* („B* C*“) getroffen habe, um einen Wettbewerb zu verhindern. Die Ausgestaltung der Angebote sowie die jeweiligen Angebotspreise seien aufeinander abgestimmt worden, um den betroffenen Auftraggeber zur Annahme eines bestimmten Angebotes, nämlich jenes der Antragsgegnerin, zu bewegen – so für den Auftrag des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport (im Folgenden: „BMöDS“) zur Erstellung der Studie „Motivanalyse Bewegung und Sport“; für den Auftrag des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (im Folgenden: „BMKÖS“) zur Erstellung einer Studie mit dem Titel „Frauen im Vereinssport“; des Weiteren für den Auftrag des Berufsverbandes Österreichischer PsychologInnen (im Folgenden: „BÖP“) zur Erstellung einer Studie mit dem Titel „Mädchen und Gewalt“, wobei dieser Auftrag nicht vergeben worden sei; für die EVN AG zur Erstellung der Studie „Anbieterwechsel und Kundenbindung“ sowie für den Auftrag des BMKÖS zur Erstellung einer Studie mit den Titeln „Kinder und Jugendliche im Vereinssport“ bzw „Rück- und Neugewinnung von Vereinsmitgliedern für Sportvereine“, wobei diese Studie letztlich auch nicht in Auftrag gegeben worden sei. Nach erfolgten Auftragsvergaben an die Antragsgegnerin sei es in einigen F&aum l;llen dazu gekommen, dass die Beinschab GmbH und A* B* Teile des jeweiligen Auftrages als Subunternehmerinnen der Antragsgegnerin ausgeführt hätten. Bei den vorliegenden horizontalen Verhaltensweisen handle es sich um ein fortgesetztes und einheitliches kartellrechtswidriges Verhalten, das als Kernbeschränkung zu qualifizieren sei. Durch die Vereinbarung über die Festsetzung von Angebotspreisen sei der Preiswettbewerb verringert bzw sogar ausgeschaltet worden, was potentiell zu einer Erhöhung der Preise für die Auftraggeber geführt habe. In der Regel seien die Beinschab GmbH und A* B* – Letztere meist über Ersteredurch wechselseitige Kontaktaufnahmen per E-Mail und/oder Telefon mit der Antragsgegnerin übereingekommen, zu den genannten Auftragsstudien Deckangebote dergestalt abzugeben, dass dieAntragsgegnerinden Zuschlag erhalte. A* B* habe für die Auftragsstudie des BMKÖS „Kinder und Jugendliche im Vereinssport“ bzw „Rück- und Neugewinnung von Vereinsmitgliedern für Sportvereine“ aber kein derartiges Angebot mehr gelegt.
In rechtlicher Hinsicht lägen kartellrechtswidrige Vereinbarungen zwischen der Antragsgegnerin, der Beinschab GmbH und A* B* vor. Selbst wenn die Auftraggeber von vornherein ein Interesse daran gehabt hätten, den Auftrag der Antragsgegnerin zu erteilen, hätten sie mit der Einladung an weitere potentielle Anbieter – so die Beinschab GmbH und A* B* - eine echte Wettbewerbssituation geschaffen. Den Auftraggebern könne nicht unterstellt werden, dass mit der Einholung der Vergleichsangebote nur eine reine Dokumentation und keine inhaltliche Prüfung der Vergleichsangebote verbunden gewesen wäre. Die zwischen der Antragsgegnerin, der Beinschab GmbH und A* B* getroffenen Vereinbarungen hätten jedenfalls bezweckt, einen Wettbewerb zu verhindern. Damit seien ihre Absprachen als bezweckte Wettbewerbs-, also Kernbeschränkungen zu qualifizieren. Ihre tatsächlichen Auswirkungen oder Spürbarkeit bräuchten daher nicht berücksichtigt zu werden. Mit der Abstimmung von Angeboten, insbesondere der Angebotspreise, im Zusammenhang mit der (beabsichtigten) Vergabe von Studien/Meinungsumfragen hätten sie den Preiswettbewerb beschränkt bzw zur Gänze ausgeschaltet, zumal die Beinschab GmbH und A* B* auf eine autonome Preisfestsetzung verzichtet und Deckangebote vorgelegt hätten, die einen von der Antragsgegnerin vorgegebenen oder mit dieser abgestimmten Preis beinhalteten. Ihre einzelnen Preisabstimmungsmaßnahmen seien nicht isoliert voneinander zu betrachten, sondern Teil einer Strategie, das Preisniveau für den jeweiligen Auftraggeber zu gestalten und diesen zur Annahme eines bestimmten Angebotes zu bewegen. Folglich handle es sich dabei um eine einzige, fortgesetzte Zuwiderhandlung in Bezug auf das Anbieten von Studien. Bei der Bemessung einer Geldbuße seien unter Berücksichtigung der in § 30 KartG enthaltenen Kriterien die Schwere der Rechtsverletzung (Kernbeschränkung), die Dauer des Verstoßes von zwei Jahren, die erzielte Bereicherung, das schwere Verschulden aufgrund der führenden Beteiligung bzw Urheberschaft sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Für die Bemessung der Geldbuße sei auf die vollständigen Daten eines ganzen Geschäftsjahres abzustellen, in dem eine normale Geschäftstätigkeit ausgeübt worden sei, hier daher auf das Geschäftsjahr 2020/2021 und nicht das nur mehr Umsätze aus November und Dezember enthaltende Geschäftsjahr 2021/2022.
Der Bundeskartellanwalt schloss sich dem Antrag und dem Vorbringen der Antragstellerin an und ergänzte, dass der Umstand, dass Vergleichsangebote eingeholt worden seien, zu einer Wettbewerbssituation geführt habe, selbst wenn die Antragsgegnerin und der jeweilige Auftraggeber zuvor „handelseins“ geworden wären.
Die Antragsgegnerinbestritt und wendete zusammengefasst ein, dass die jeweiligen Auftraggeber hier keine echte Wettbewerbssituation geschaffen hätten, weil sie von Anfang den Wunsch gehabt hätten, der Antragsgegnerin den Auftrag zu erteilen, mit dieser schon umfangreiche Vorgespräche geführt und Vergleichsangebote nur für ihre interne Dokumentation benötigt hätten. Auf Basis der Wünsche der Auftraggeber habe die (damalige) Geschäftsführerin der Antragsgegnerin bereits Konzepte, in der Regel samt Preis, erstellt und übermittelt. Es sei damit zu einer de facto-Auftragsvergabe an die Antragsgegnerin gekommen. Erst danach habe sich die Notwendigkeit der Einholung von Vergleichsangeboten ergeben, wobei der jeweilige Auftraggeber die damalige Geschäftsführerin der Antragsgegnerin Namen anderer Unternehmerinnen – konkret die Beinschab GmbH und A* B* – habe vorschlagen lassen. Diese seien dann pro forma zur Angebotslegung eingeladen worden. Eine ernsthafte Angebotslegung sei dabei nicht angedacht gewesen. Eine solche wäre beispielsweise betreffend die Studie „Motivanalyse Bewegung und Sport“ angesichts der bloß zweitägigen Frist gar nicht möglich gewesen; hinsichtlich der letztgenannten Studie sei der Zuschlag an die Antragsgegnerin erteilt worden, obwohl sie gar nicht Billigstbieterin gewesen sei, was auch darauf hinweise, dass die Auftragsvergabe an die Antragsgegnerin seitens des Ministeriums von Anfang an festgestanden sei. Die Einladung zur Angebotslegung für die Studie „Frauen im Vereinssport“ und die Studie „Kinder & Jugendliche im Vereinssport“ habe zudem Passagen enthalten, die entweder sogar wortwörtlich oder zumindest inhaltlich aus dem bereits vorliegenden Konzept der Antragsgegnerin übernommen worden seien. Nachdem die Antragsgegnerin vom letztgenannten Auftrag zurückgetreten sei, sei auch nicht der „mitbietenden“ Beinschab GmbH der Auftrag erteilt worden, was wiederum beweise, dass der Auftraggeber – das BMKÖS – die Studie immer nur von der Antragsgegnerin habe durchführen lassen wollen. Dies werde durch zahlreiche Korrespondenzen zwischen der damaligen Geschäftsführerin der Antragsgegnerin und Verantwortlichen der Auftraggeber belegt – auch betreffend die anderen Studien. Teilweise hätten die Auftraggeber der Geschäftsführerin der Antragsgegnerin nahegelegt, bei Auftragsvergabe an sie die von ihr vorgeschlagenen „Mitbieterinnen“ mit Subaufträgen zu versorgen.
Im Rahmen der Direktvergabe müsse der öffentliche Auftraggeber keine Vergleichsangebote einholen und könne nach seinem Ermessen das Verfahren mit einem Bieter allein durchführen; es bestehe keine Pflicht zum Wettbewerb. Für keine der Studien sei hier vergaberechtlich eine Ausschreibung notwendig gewesen; der jeweilige Auftraggeber hätte den Auftrag ohne Vergleichsangebote direkt an die Antragsgegnerin vergeben können. Selbst wenn zuvor eine de facto-Vergabe an die Antragsgegnerin noch nicht erfolgt sei, sei keine spürbar wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung vorgelegen, weil die Auftraggeber keinen echten Wettbewerb organisiert und von Anfang das Interesse gehabt hätten, die Antragsgegnerin mit den Studien zu beauftragen. Dies zeigten auch die umfangreichen Vorarbeiten und Besprechungen mit der damaligen Geschäftsführerin der Antragsgegnerin sowie der Umstand, dass der Auftrag der Antragsgegnerin selbst für den Fall erteilt worden wäre, dass sie nicht Billigstbieterin gewesen wäre. Eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung scheide hier auch deshalb aus, weil die Antragsgegnerin lediglich den Kundenwunsch des Auftraggebers erfüllt habe. Ob die vorliegenden Vereinbarungen der Unternehmerinnen überhaupt zu einer spürbaren Wettbewerbsbeschränkung geführt hätten, habe die Behörde gar nicht geprüft. Es lägen auch keine Erfahrungswerte dafür vor, dass solche Vereinbarungen ihrem Wesen nach schädlich für das gute Funktionieren des Wettbewerbs seien. Für die Beurteilung eines Sachverhalts nach dem KartG komme es aber auf dessen wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht seine äußere Erscheinungsform an. Die eigentlichen Ziele des Wettbewerbs wie niedrigere Preise, Qualitätsverbesserung, Vergrößerung der Auswahl etc hätten die Absprachen der Unternehmerinnen aber nicht verletzt.
Dass die Verfahren gegen die Antragsgegnerin und die anderen Unternehmerinnen nicht miteinander verbunden wurden, habe die Verteidigungsrechte der Antragsgegnerin eingeschränkt. Allfällige gegen die anderen Unternehmerinnen ergangene „Settlement-Entscheidungen“ seien hier nicht von Relevanz, weil im Hinblick auf eine möglicherweise niedrigere Geldbuße nicht so sehr das Interesse an einer vollständigen Aufklärung des Sachverhalts verfolgt werde.
Sollte es dennoch zur Verhängung einer Geldbuße kommen, seien für deren Bemessung die Umsätze des Geschäftsjahres 2021/22 heranzuziehen, in dem nur mehr in den Monaten November und Dezember 2021 Umsätze in Höhe von EUR 187.081,20 erzielt worden seien. Die Umsätze der davor liegenden Geschäftsjahre seien irrelevant. Weiters sei bei der Bemessung als mildernd zu berücksichtigen, dass es in zwei von fünf Fällen gar nicht zu einer Auftragsvergabe gekommen sei, die Antragsgegnerin in den anderen drei Fällen nur geringe Umsätze erzielt und zuvor noch nie an ähnlichen Abstimmungshandlungen teilgenommen habe. Außerdem seien die Auftraggeber, die gar keinen echten Wettbewerb organisiert hätten, immer im Bilde über das Vorgehen der Antragsgegnerin gewesen; diese habe zur Einholung von Vergleichsangeboten die anderen Unternehmen auf Wunsch des jeweiligen Auftraggebers genannt, was ein geringes Verschulden impliziere; im Übrigen sei kein Schaden entstanden und die Antragsgegnerin mangels echten Wettbewerbs nicht bereichert worden. Diese generiere keine Umsätze mehr; aufgrund des Strafverfahrens und der medialen Vorverurteilung der (damaligen) Geschäftsführerin der Antragsgegnerin könne die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens nicht wiederhergestellt werden, was auch bei der Verhängung einer Geldbuße zu berücksichtigen sei. Erschwerungsgründe lägen keine vor, zumal die Antragsgegnerin an den Absprachen auch nicht führend beteiligt gewesen sei; die Initiative zu Vergleichsangeboten sei ja faktisch bei allen Projekten ursprünglich vom jeweiligen Auftraggeber ausgegangen.
 
Feststellungen:
Aufgrund der Urkunden Beilagen ./A bis ./Mund ./1 bis ./12 sowie aufgrund der Einvernahme von D* E* als damaliger Geschäftsführerin der Antragsgegnerin (im Folgenden unter den Beweiszitaten mit „Zeugin“ zitiert) steht folgender Sachverhalt fest:
1. Antragsgegnerin
Die Antragsgegnerin ist im Geschäftszweig Markt-, Meinungs- und Motivforschung tätig. Ihre beiden Gesellschafter sind zu je 50 % D* E* und F* G*, die jeweils auch als allein vertretungsbefugte Geschäftsführer der Antragsgegnerin tätig waren, dies bis zum Ausscheiden von D* E* im März 2022.
Das Geschäftsjahr der Antragsgegnerin währt jeweils vom 1.11. eines Jahres bis zum 31.10. des Folgejahres. Ihre Gesamtumsätze betrugen für das Geschäftsjahr 2018/19 EUR 526.807,57, für das Geschäftsjahr 2019/20 EUR 1.121.538,72 und für das Geschäftsjahr 2020/21 EUR 937.625,51. Im Geschäftsjahr 2021/22 wurden nur mehr für die Monate November und Dezember 2021 Umsätze erzielt, die zunächst vom Wirtschaftsprüfer auf EUR 248.141,20 geschätzt wurden, sich aber nach Abschluss der Bilanzierungstätigkeiten laut Jahresabschluss auf EUR 187.081,20 belaufen. Rund 80 % der jeweiligen Jahresumsätze entfallen auf den Bereich der Erstellung von Studien. Seit dem Jahr 2022 werden keine Umsätze mehr erzielt (Beilagen ./A, ./C; ./10, Jahresabschluss ./11, ./12; Zeugin ON 15 S 32).
2. Ermittlungsverfahren
Auslöser der Ermittlungen war eine Eingabe der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption („WKStA“) vom 8.3.2022, in der der Antragstellerin gemäß § 10 Abs 1a WettbG mitgeteilt wurde, dass in der Strafsache gegen H* I* ua wegen § 168b Abs 1 StGB, mögliche Verstöße gegen das Kartellgesetz festgestellt worden waren, die auch die Antragsgegnerin und A* B* betrafen.
H* I* fungiert für die im Geschäftszweig Markt- und Meinungsforschung tätige Beinschab GmbH als allein vertretungsberechtigte Geschäftsführerin.
A* B* betreibt mit Sitz in Wien ihr nicht im Firmenbuch eingetragenes Einzelunternehmen mit dem Firmenlaut „B* C*“, welches ua im Bereich der Marktforschung tätig ist.
Aus den Ermittlungsakten der WKStA geht hervor, dass die Antragsgegnerin, die Beinschab GmbH und A* B* für die Vergabe von Aufträgen zur Erstellung von Studien bzw Meinungsumfragen ihre Angebote aufeinander abstimmten, um den betroffenen Auftraggeber zur Annahme des Angebotes der Antragsgegnerin zu bewegen. Die Antragstellerin wertete diese horizontalen Verhaltensweisen als ein fortgesetztes und einheitliches kartellrechtswidriges Verhalten, das als Kernbeschränkung zu qualifizieren sei. Die Ergebnisse ihrer Ermittlungen brachte sie der Antragsgegnerin in einer Mitteilung gemäß § 13 Ab 2 WettbG zur Kenntnis. Diese bestritt in ihrer Stellungnahme, dass es zu Wettbewerbsbeschränkungen gekommen sei, weil die jeweiligen Auftraggeber ihre Auswahl zugunsten der Antragsgegnerin bereits vor Einholung von Vergleichsangeboten getroffen hätten (Beilagen ./B und ./C).
3. Zuwiderhandlungen
a) Studie „Motivanalyse Bewegung und Sport“ (Auftraggeber: BMöDS)
Über eine Bekannte wurde zwischenD* E*undJ* K*, Sektionschef im BMöDS, der Kontakt zur Erstellung einer Studie zum Thema „Bewegung und Sport“ hergestellt. Am 6. März 2019 kam es zu einem Treffen von J* K* und D* E*, bei dem diese ihre Studie zur wissenschaftlichen Methodik „Mind Behaviour Gap“ präsentierte, welche ihr für die vom BMöDS beabsichtigte Studie geeignet schien. J* K* organisierte einen weiteren Termin für 18.3.2019, diesmal ua auch mit L* und M*, ebenfalls mit dem Studienprojekt betraute Mitarbeiter des BMöDS (alle drei in der Folge mitunter auch als „Verantwortliche des Ministeriums“ bezeichnet). Dabei präsentierte D* E* neuerlich ihr Konzept, das den Verantwortlichen des Ministeriums zusammen mit dem für sie neuartigen wissenschaftlichen Ansatz zur Umsetzung ihres Projekts „Mach den ersten Schritt“ geeignet erschien. Sie besprachen, dass die Studie eine Motivanalyse im Zusammenhang mit Bewegung und Sport umfassen soll, und verblieben dahin, dass D* E* ein Angebot schreiben möge. Zum Vergleich übermittelte ihr das Ministerium eine GFK-Studie zum Thema „Bewegung und Sport“.
Am 5.4.2019 erfolgte ein weiteres Treffen von J* K*, L* und M* mit D* E*, bei dem diese die von ihr konzipierte – und schon vorab per E-Mail vom 29.3.2018 übermittelte – Motivanalyse vorstellte, die für die Mitarbeiter des Ministeriums im Wesentlichen passte. Sie besprachen noch preisliche und geringfügige inhaltliche Anpassungen. Für D* E* schien eine Auftragserteilung an ihr Unternehmen fixiert. Die Rücksprache von L* bei seinen Vorgesetzten ergab aber, dass vor einer Direktvergabe nach § 46 BVerg 2018 noch zwei weitere Angebote eingeholt werden müssten. Zunächst hätte sich M* darum kümmern sollen, sah sich aber vor das Problem gestellt, potentiellen Mitbietern für seriöse Vergleichsangebote Teile des Konzepts bzw der Denkleistung von D* E* weitergeben zu müssen, wodurch er seiner Ansicht womöglich wettbewerbswidrig handeln und gegen vorvertragliche Pflichten verstoßen würde; er würde für die Weitergabe daher die Zustimmung der Antragsgegnerin brauchen. Darüber diskutierte er mit < i>L*, der daraufhin seinerseits D* E* kontaktierte und fragte, ob sie für Vergleichsangebote zwei vertrauenswürdige Unternehmen vorschlagen könne. Die beiden sprachen auch darüber, dass D* E* diese, sollte sie den Auftrag bekommen, „subbeauftragen“ könne.
D* E* kontaktierte daraufhin H* I*,eine frühere Angestellte und nunmehrige gelegentliche Subauftragnehmerin von ihr, mit E-Mail vom 7.4.2019 und ersuchte sie darin, ein Vergleichsangebot zu legen sowie einen weiteren Mitbewerber für ein Vergleichsangebot zu nennen, ua mit dem Wortlaut „Besser wir bringen den 3. Kontakt, als sie machen das...“. Diese teilteD* E* mit E-Mail vom 8.4.2019 A* B* („B* C*“) und eine weitere Person als mögliche Mitbewerberinnen mit. D* E* leitete daraufhin die Adressen der Beinschab GmbH und der „B* C*“ an das BDS, namentlich L*, weiter, der wiederum M* mit E-Mail vom 8.4.2019 ersuchte, bei den ihm genannten Unternehmerinnen „Vergleichsangebote zu Fr. D* E*“ einzuholen.
Konkret hatte D*E*H*I* zuvor ersucht, ein alternatives Scheinangebot zu legen, damit ihr Angebot zum Zug käme. H* I* leitete eine entsprechende Vorgabe an A* B* weiter. Im Zuge ihrer Absprachen sicherteD*E*H*I* und über diese A* B* zu, als Subauftragnehmerinnen Leistungen für die dann an dieAntragsgegnerinvergebene(n) Auftragsstudie(n) zu erbringen.
Mit E-Mail vom 11.4.2019 fragte L* bei M* nach, wie es mit der „neuen ‚Ausschreibung‘ für die Vergleichsangebote zu Karmasin“ ausschaue. Auf Rückfrage von D* E* zum Status des Projekts am 24.4.2019 antwortete L* ihr, dass die Angebotseinholung in den nächsten Tagen und die Auftragsvergabe spätestens in 14 Tagen erfolgen werde. Im Anschluss erkundigte er sich bei M* nach dem „Stand“ der Einholung von Vergleichsangeboten und ersuchte ihn um Erledigung der Angelegenheit noch vor dessen Urlaub.
Am 8.5.2019 lud das BMöDS schließlich die Antragsgegnerin, die Beinschab GmbH und A* B* zur Angebotslegung für die Studie „Motivanalyse Bewegung und Sport“ bis 10.5.2019 ein. D* E* bedankte sich für das Einladungsschreiben, versicherte, bis 10.5.2019 ihr Angebot zu legen, und bat gleichzeitig L* um ein Telefonat, um noch inhaltliche Fragen zu besprechen. Ebenfalls am 8.5.2019 übermittelte sie per E-Mail Vorgaben an H* I* zu deren Angebot (ua mit dem Wortlaut: „bitte nicht 1:1 übernehmen und nur das was in der Ausschreibung angesprochen wird“) und ersuchte sie um Bekanntgabe der Preise, die sie als Subauftragnehmerin für ihre Leistungen in Rechnung zu stellen beabsichtigte. H* I* schickte ihr daraufhin ihren Vorschlag, worauf D* E* antwortete, dass sie mit dem Abschicken noch zuwarten soll. Sie bat sie erneut um „ihre Preise“ für dieses Projekt.
Am 9.5.2019 legte H* I* dem BMöDS ein Angebot mit einem Preis von EUR 49.990 (exkl USt) für 75 Tiefeninterviews. Am 10.5.2019 übermittelte die Antragsgegnerindem BMöDS ein Angebot für 80 Interviews zu einem Preis von EUR 55.000 (exkl USt).
Am 13.5.2019 erkundigte sich H* I* bei D* E* via WhatsApp, ob es in Ordnung sei, wenn A* B* acht Gruppendiskussionen um ca EUR 60.000 anbiete. Schließlich unterbreitete A* B* dem BMöDS noch am 13.5.2019 ein Angebot zu einem Preis von EUR 58.000 (exkl USt). Da das Einladungsschreiben zunächst in ihrem Spam-Ordner gelandet war, hatte sie die Frist übersehen und um Fristverlängerung ersucht. A* B* hatte mit D* E* zuvor noch keinen persönlichen Kontakt gehabt, kannte aber H* I*; alle drei verwendeten für ihre Tätigkeit mitunter dieselben Räumlichkeiten.
Auf Grund von Regierungsumbildungen kam es zu Verzögerungen bei der Vergabe. Das BMöDS ersuchte die drei Unternehmerinnen erst wieder mit E-Mail vom 8.8.2019 um Bekanntgabe, ob die vorgelegten Angebote noch aufrecht seien. Dem war ein Gespräch zwischen der Antragsgegnerin und einem Verantwortlichen des BMöDS vorangegangen, in dem dieser eine Preisanpassung nach neuerlicher Einladung zur Angebotslegung dergestalt vorschlug, dass die Beinschab GmbH ihren Preis etwas erhöhen, die Antragsgegnerin hingegen ihren Preis etwas senken sollte. Die beiden Unternehmerinnen stimmten ihre Angebote daraufhin dergestalt ab, dass die Antragsgegnerin mit 11.8.2019 ein Angebot zu einem Preis vonEUR 53.000 (exkl USt) und die Beinschab GmbH mit 13.8.2019 ein Angebot zu einem Preis von EUR 53.500 (exkl USt) legte. A* B* bestätigte am 12.8.2019 die Aufrechterhaltung ihres ursprünglichen Angebotes.
Die preislichen Absprachen erfolgten mit dem Zweck, der Antragsgegnerin zum Zuschlag zu verhelfen. Diese wurde in der Folge auch als Best- und Billigstbieterin beauftragt und unterzeichnete am 27.9.2019 den Werkvertrag mit dem BMöDS. Für die Durchführung der Studie erzielte die Antragsgegnerin einen Umsatz von EUR 53.000 exkl USt (Rechnung vom 21.4.2020). Die Beinschab GmbH stellte der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang für die Erfüllung der Subaufträge (inkl jener von A* B*im Wert von EUR 2.780 netto) EUR 11.650 exkl USt in Rechnung (Beilagen ./D, ./E, ./F S 1-32, ./H, ./L, ./M; ./2, ./3, ./5 - ./9; Zeugin im Protokoll vom 3.7.2023 ON 15 S 3-13).
b) Studie „Frauen im Vereinssport“ (Auftraggeber: BMKÖS)
Vor der Vergabe des Auftrags zur Studie „Frauen im Vereinssport“ gab es zunächst im Jahr 2019 mehrere Treffen und E-Mails zwischen D* E*, J* K* und N*O*, Obfrau des Vereins U*, der ursprünglich als Auftraggeber dafür vorgesehen gewesen wäre und vom BMKÖS dafür Fördermittel erhalten hätte. D* E* setzte sich mit dem Thema inhaltlich auseinander und legte bereits zwei Angebote, die auch Preise enthielten. Nach einem Abendessen mit N* O* und J* K*im Dezember 2019 schien es, als könnte die Auftragsvergabe auf diese Weise finalisiert werden. Einige Zeit später teilte N*O*D*E* aber mit, dass der Auftrag nun direkt vom BMKÖS vergeben werde.
Zu Beginn der Pandemie, am 21.3.2020, ließ D* E* in einem WhatsApp-Chat mit J* K* einmal ihre Frustration ob des wirtschaftlichen Stillstands durchklingen. J* K* antwortete ihr ua „Da finden wir eine Lösung“; „Wir werden ein Projekt erarbeiten“. Als sie kurz darauf telefonierten, besprachen sie, dass die Studie „Frauen im Vereinssport“ vom Ministerium direkt vergeben werden soll. Es kam daraufhin zu einem Treffen im April 2020; L* und M* waren auch wieder eingebunden. Die Verantwortlichen des Ministeriums zeigten Interesse an einer Auftragsvergabe direkt an D* E*. Auf Basis dieser Besprechung legte die damalige Geschäftsführerin der Antragsgegnerin ein Angebot und schickte es an M*. Dieser fragte sie danach mündlich, ob sie das Prozedere bezüglich notwendiger Vergleichsangebote wie bei der Vergabe der Studie „Motivanalyse Bewegung und Sport“ wiederholen könnten, wogegen sich D* E* nicht aussprach. Das BMKÖS lud daraufhin mit E-Mail vom 18.6.2020 unter Verwendung von Angebotstexten der Antragsgegnerin diese, die Beinschab GmbH und A* B*(die beiden Letztgenannten ohne Vorankündigung durch D* E*) zur Angebotslegung für die Studie „Frauen im Vereinssport“ bis 6.7.2020 ein.
Im Wissen um die für das BMKÖS notwendigen Alternativangebote forderte D*E*H*I* und diese wiederum A* B* auf, jeweils ein Scheinangebot zu legen, um Ersterer zum Zuschlag zu verhelfen. Mit E-Mail vom 25.6.2020 machte D* E* sodann H* I* Vorgaben für deren Angebotslegung. Diese kommunizierte mit A* B* am 30.6.2020 via WhatsApp über deren Angebotsgestaltung. Am 2.7.2020 informierteH*I*D*E* per E-Mail über ihre geplante Angebotsabgabe an das BMKÖS. Diese bat H* I* daraufhin, ihr selbst auch das Angebot zu senden.
Aufgrund dieser Absprachen mit dem Zweck, der Antragsgegnerin zum Zuschlag zu verhelfen,legte die Antragsgegnerin mit 3.7.2020 ein Angebot zu einem Preis von EUR 63.890, die Beinschab GmbH mit 8.7.2020 ein Angebot zu EUR 73.890 und A* B* – trotz anfänglicher Zweifel an der Richtigkeit dieser Vorgehensweise – mit 3.7.2020 ein Angebot zu EUR 69.500 (jeweils exkl USt).
M* regte am 10.7.2020 die Auftragsvergabe an die Antragsgegnerin an; dies wurde am 10.8.2020 im ELAK genehmigt; eine Vorlage an den Bundesminister erfolgte entgegen der Geschäftsordnung nicht. Sektionschef J* K* unterzeichnete den Werkvertrag, den D* E* für die Antragsgegnerin am 27.8.2020 unterfertigte. Danach waren sowohl die Beinschab GmbH als auch A* B* als Subauftragnehmerinnen für diese Studie tätig und erhielten für ihre Leistungen EUR 1.880 (Beinschab GmbH) und EUR 5.405 exkl USt (A* B*). Die Antragsgegnerin erzielte für die Erstellung der Studie einen Umsatz von EUR 63.890 exkl USt (Rechnung vom 22.7.2021) (Beilagen ./D - ./G, ./L; ./11 - ./11e; Zeugin ON 15 S 13 ff).
c) Studie „Mädchen und Gewalt“ (Auftraggeber: BÖP)
P* Q*, Obfrau des BÖP, wandte sich im Sommer 2020 an D* E*, die bei ihr ihre Diplomarbeit und ihre Dissertation geschrieben hatte, und ersuchte sie um Angebotslegung für eine mögliche Studie zum Thema „Mädchen und Gewalt“. Dem kam D* E* nach. Daraufhin meldete sich P* Q* neuerlich bei ihr und ersuchte sie, zwei Vergleichsangebote mit anderer Interview-Gewichtung (online-persönlich) zu organisieren; das Angebot der Antragsgegnerin würde aber favorisiert werden. Nach anfänglichem Zögern organisierte D* E* neuerlich Vergleichsangebote der Beinschab GmbH und von A* B*. Mit E-Mail vom 21.7.2020 wollte sie von H* I* wissen, ob sie ihre Kontaktdaten an den BÖP weitergeben könne, weil dieser ein Offert benötigen würde. Sie schlug als weiteren MitbewerberInnenkontakt A* B* vor. Nach Zusage von H* I* teilte D* E* dieseram 21.7.2020 in einem weiteren E-Mail mit, dass, solange A* B* ein Angebot legte, dies in Ordnung sei, und H* I* mit ihrem Unternehmen am Projekt beteiligt sein würde. Wie das Scheinangebot der Beinschab GmbH aussehen sollte, mailte D*E*H*I* am 24.7.2020 mit der Aufforderung, es in dieser Form am Montag zu versenden.
H* I* informierte A* B* darüber, dass sie eine Anfrage vom BÖP zur Angebotslegung bekommen würde. A* B* wollte „nichts Schriftliches“, was H*I*D*E* mitteilte. Diese schlug wiederum vor, dass H* I* ihr Angebot an A* B* zur Information schicken und die Änderungen telefonisch besprechen soll (E-Mails vom 24.7.2020). Am 27.7.2020 erkundigte sich H* I* bei D* E*, ob sie ihr Angebot nun abschicken könne und mit A* B* telefonieren soll. D* E* antwortete ihr sinngemäß, dass sie ihr Angebot schicken solle, aber nicht mit A* B* zu telefonieren brauche. In der Folge rief D*E*A*B* am 31.7.2020 persönlich an und bat sie, ein Scheinangebot an den BÖP zu schicken. Sie wies auf die Dringlichkeit der Sache hin und teilte ihr mit, wie ihr Angebot &ndash ; auch preislich - aussehen soll. Nach diesen Vorgaben erstellte A* B* daraufhin ihr Angebot.
Aufgrund dieser Absprachen mit dem Zweck, der Antragsgegnerin zum Zuschlag zu verhelfen, legte die Beinschab-GmbH dem BÖP am 27.7.2020 ein Angebot zu einem Preis von EUR 58.900 mit einer Interview-Gewichtung von 70:30 (70 % online, 30 % persönlich), die Antragsgegnerin am 28.7.2020 ein Angebot zu einem Preis von EUR 55.900 mit einer Interview-Gewichtung von 50:50 und A* B* am 31.7.2020 ein Angebot zu einem Preis von EUR 57.900 mit einer Interview-Gewichtung von 80:20 (80 % online, 20 % persönlich) (Preise jeweils exklusive USt). Bei Auftragsvergabe an die Antragsgegnerin hätte diese der Beinschab GmbH und A* B* für Graphiken, kleine Berechnungen udgl Subaufträge erteilt. Der Auftrag wurde in der Folge aber nicht vergeben (Beilagen ./D - ./I, ./L; Zeugin ON 15 S 22 ff).
d) Studie „Anbieterwechsel und Kundenbindung“ (Auftraggeber: EVN AG)
D* E* hatte der EVN AG mit 22.10.2020 ein Angebot zur Erstellung einer Motivanalyse im Bereich Bonusprogramm und Wechselmotive gelegt. Zuvor hatte es dazu bereits umfangreiche Gespräche zwischen ihr sowie R* und S* seitens der EVN AG gegeben. Im Dezember 2020 ersuchte R*D*E*, sich ihrerseits um Vergleichsangebote zu kümmern; diese ließ daraufhin der EVN-AG die Kontaktdaten der Beinschab GmbH und von A* B* zukommen. Eine Mitarbeiterin der EVN AG fragte in der Folge am 8.3.2021 bei D* E*nach, ob deren Angebot zu einem Preis von EUR 32.500 exkl USt noch aufrecht sei, was die Letztgenannte ihr mit E-Mail vom 9.3.2021 bestätigte. Des Weiteren lud die EVN AG A* B* und die Beinschab GmbH mit 26.3. bzw. 7.4.2021 ebenfalls zur Legung eines Angebotes ein, jeweils unter Unterfertigung einer Geheimhaltungsvereinbarung. Beide Unternehmerinnen stimmten daraufhin wieder mit der Antragsgegnerin ihre Angebote und die anzubietenden Preise ab. H* I* legte das Angebot der Beinschab GmbH nach Vorgaben von D* E*. A* B* bat H* I* mit E-Mail vom 31.3.2021 um einen Input für ihr Angebot an die EVN AG. Sie ersuchte um „Vorschläge und Kosten dazu“. H* I* antwortete ihr, sie soll D* E* persönlich anrufen. Sie erhielt daraufhin Informationen zur Legung ihres Scheinangebotes nach Vorgaben von D* E*.
Aufgrund dieser Absprachen mit dem Zweck, der Antragsgegnerin zum Zuschlag zu verhelfen, legte A* B* der EVN AG am 2.4.2021 ein Angebot zu einem Preis von EUR 34.000 und die Beinschab GmbHam 13.4.2021 ein Angebot zu EUR 37.800 (jeweils exkl USt). Die Antragsgegnerin teilte der EVN AG am 10.5.2021 mit, dass auf ihr Angebot ein Nachlass von 5 % gewährt werde, wodurch der Preis EUR 30.875,-- exkl USt betrage. Die EVN AG erteilte daraufhin der Antragsgegnerin am 18.5.2021 den Auftrag. Diese ersuchte danach die Beinschab GmbH und A* B* mit E-Mail vom 11.6.2021 um Bekanntgabe von Preisen für die Erbringung von Teilleistungen des Auftrages; die Beinschab GmbH erhielt dafür EUR 650. Selbst erzielte die Antragsgegnerin durch diese Studie einen Umsatz von EUR 30.875 (exkl USt) (Rechnung vom 28.9.2021) (Beilagen ./D - ./I, ./L; Zeugin ON 15 S 26 ff).
e) Studie „Kinder und Jugendliche im Vereinssport“ bzw „Rück- und Neugewinnung von Vereinsmitgliedern für Sportvereine“ (Auftraggeber: BMKÖS)
Parallel zur Studie „Frauen im Vereinssport“ besprachen D* E* und die Verantwortlichen des Ministeriums bereits, dass als nächstes eine Studie zum Thema „Kinder und Jugendliche im Vereinssport“ durchgeführt werden soll. Am 12.5.2021 übermittelte D* E* ein Konzept samt Preis an L* seitens des BMKÖS. Per E-Mail vom 19.5.2021 erkundigte sich dieser bei D* E*, ob sie damit einverstanden wäre, dass er die Einladung zur Angebotslegung an den in ihrem Konzept bereits formulierten Zielen und Inhalten festmache und „die beiden anderen Einladungen […] an die bekannten Adressen ergehen“ würden. D* E* antwortete ihm per E-Mail vom selben Tag: „wunderbar, sehe ich genauso“. L* schickte sodann am 21.5.2021 den Entwurf für die Einladung zur Angebotslegung ministeriumsintern an T* und hielt fest, dass er sich „inhaltlich an das bereits vorhandene Konzept von Karmasin gehalten“ habe.
Mit E-Mail vom 31.5.2021 lud das BMKÖS folglich die Antragsgegnerin, die Beinschab GmbH und A* B* zur Angebotslegung bis 28.6.2021 ein. D* E*übermittelte H* I* am 22.6.2021 die zu verwendenden Angebotspreise, nachdem diese der Erstgenannten mitgeteilt hatte, dass das Angebot in sechs Tagen zu übermitteln wäre. A* B* teilte D* E* hingegen am 24.6.2021 in einem Telefonat mit, dass sie an das BMKÖS kein Angebot mehr legen möchte. Sie informierte H* I*ebenfalls darüber, keine Scheinangebote mehr zu legen. Sie wollte sich an den von der Antragsgegnerin ausgehenden Preisabsprachen bei der Angebotslegung für Marktforschungsstudien und Meinungsumfragen nicht mehr beteiligen und schrieb dem BMKÖS, dass sie aus „Kapazitätsgründen“ kein Angebot legen werde.
D* E* erkundigte sich am 22.6.2021 noch bei H* I* ob sie zurechtkomme; am 24.6.2021 übermittelte diese der Erstgenannten die Erstversion ihres Angebots mit dem Betreff „drüberschauen“ und der Bemerkung „schnell runtergetippselt“.
Am 25.6.2021 legte die Beinschab GmbH dem BMKÖS ein Angebot zu einem Preis von EUR 72.790 und die Antragsgegnerin ein Angebot zu EUR 68.980 (jeweils exkl USt). Die preislichen Absprachen erfolgten wiederum mit dem Zweck, der Antragsgegnerin zum Zuschlag zu verhelfen.
Am 6.7.2021 wurden die Angebote im BMKÖS analysiert; es wurde ua festgehalten, dass das Angebot der Antragsgegnerin inhaltlich genauer aufgegliedert und ausgearbeitet sei; „aufgrund der niedrigeren Kosten und der scheinbar qualitativ hochwertigeren Ausführung der Studie“ werde „angeregt, den Auftrag an die [Antragsgegnerin] zu erteilen“; es werde „nach eingehender Erörterung […] das Angebot [der Antragsgegnerin] angenommen“.
L* informierte D* E* am 10.8.2021, dass die Studie „jetzt auch auf Schiene sein“ müsste und dass das Generalsekretariat zugeschaltet worden sei. Ein Mitarbeiter aus dem Kabinett des Vizekanzlers bat daraufhin mit E-Mail vom 10.8.2021 das Generalsekretariat um Prüfung, ob eine Ausschreibung durchzuführen sei, und merkte an, dass die Studie „nie auf der Wunschliste“ gestanden sei und die „Frauenstudie […] ja ohne unser Zutun beauftragt“ worden sei (gemeint: ohne Zutun des Kabinetts/Vizekanzlers).
Nunmehrwurde unter den Mitarbeitern des Generalsekretariats und anderer Abteilungen des BMKÖS erörtert und festgehalten, dass die Auftragsvergabe in Zusammenschau mit der bereits vergebenen Studie „Frauen im Vereinssport“ aus dem Jahr 2020 rechtlich als einziges Vorhaben zu werten sei, sodass ein förmliches Vergabeverfahren nach dem BVergG 2018 durchzuführen wäre; die Studie wurde daher letztlich nicht in Auftrag gegeben.
D* E* teilte dem BMKÖS mit E-Mail vom 7.10.2021 mit, dass sie ihr Angebot aus Kapazitätsgründen zurückziehe. Aufgrund der zuvor bei ihr stattgefundenen Hausdurchsuchung hatte sie weder Handy noch Computer zur Verfügung. Am 22.10.2021 wurde dies ministeriumsintern zur Kenntnis genommen und von einer neuerlichen Vergabe abgesehen (Beilagen ./D - ./I, ./L; Beilage ./4; Zeugin ON 15 S 30 ff).
f) Aus ihrer Zeit als Ministerin wusste D* E* darüber Bescheid, dass neben förmlichen Ausschreibungsverfahren bei geringeren Auftragsumfängen Direktvergaben durchgeführt werden, dass aber die zuständigen Sektionschefs und Abteilungsleiter selbst in solchen Fällen bei dafür in Frage kommenden Unternehmen Vergleichsangebote einholen können. In der Zeit davor wurde sie – als selbständige Unternehmerin im Gebiet der Marktforschung – einmal im Zuge einer Auftragsvergabe um die Einholung von zwei Vergleichsangeboten ersucht, was sie damals im Hinblick auf eine mögliche Wettbewerbsbeeinträchtigung ablehnte. In ihrer 30-jährigen Unternehmertätigkeit hatte D* E*im Übrigen ca 50 Aufträge aus dem öffentlichen Sektor erhalten.
Trotz dieses Wissens und dieser Erfahrungen besorgte sie für die jeweiligen, oben genannten Auftraggeber preislich und inhaltlich abgestimmte Vergleichsangebote bei der Beinschab GmbH und – in vier von fünf Fällen – bei A* B*, um jeweils eine Auftragsvergabe zu ihren Gunsten zu erreichen. Sie hielt dabei die Verwirklichung einer Wettbewerbsbeeinträchtigung ernstlich für möglich und fand sich damit ab, ua indem sie das oben beschriebene Verhalten zusammen mit der Beinschab GmbH und der B* C*als Teil einer Strategie zur Erreichung eines gemeinsamen wirtschaftlichen Zielsdennoch fortsetzte (Zeugin ON 15, S 19 ff, 25, 31).
 
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt beruht insbesondere auf den in Klammerzitaten angeführten Urkunden und der Aussage der ehemaligen Geschäftsführerin der Antragsgegnerin, D* E*.
Die personelle Struktur der Antragsgegnerin ergab sich aus dem Firmenbuchauszug Beilage ./A. Ihre Umsätze in den vergangenen Jahren sind der Höhe nach im Wesentlichen unstrittig; auch wurden sie durch die vorgelegten Dokumente der Wirtschaftsprüfer belegt (Jahresabschluss ./11; ./10 und ./12). Dass ab dem Jahr 2022 keine Umsätze mehr erzielt wurden, bestätigte auch D* E* in ihrer Aussage.
Die Feststellungen zu den Unternehmen von H* I* und A* B* gründen sich auf den von der Antragstellerin vorgelegten Aktenauszügen.
Den Angaben von D* E*, dass die jeweiligen Auftraggeber sich zunächst an sie wandten und an der Vergabe von Marktforschungsstudien direkt an sie interessiert waren, in weiterer Folge aber Vergleichsangebote benötigten, war weitgehend zu folgen, zumal sie in Einklang mit den Korrespondenzen und Einvernahmen stehen, die sich in den als Urkunden vorgelegten Aktenauszügen der Antragstellerin und der WKStA finden (zur Studie „Motivanalyse Bewegung und Sportsiehe insb Schlussbericht der WKStA ./F, S 1 ff und ./L, Seiten ab Beginn des „Schlussberichts“ der WKStA; zur Studie „Frauen im Vereinssport“ siehe ./F S 46 ff; zur Studie „Mädchen und Gewalt“ siehe ./F S 79 ff und S 151 ff, zur Studie „Anbieterwechsel und Kundenbindung“ siehe ./F S 68 ff und S 169 ff, zur Studie „Kinder & Jugendliche im Vereinssport“ siehe ./F S 48 ff). Die Angaben von D* E* zu ihren Vorbesprechungen mit Verantwortlichen des BMöDS über die Studie „Motivanalyse Bewegung und Sport“, zu damit zusammenhängenden Korrespondenzen, Telefonaten und Konzept- bzw Angebotsübermittlungen decken sich im Wesentlichen auch mit jenen von M* vor der WKStA (siehe Beilage ./L). Dieser berichtete ua davon, dass nach dem anfänglichen Plan einer Direktvergabe an die Antragsgegnerin aufgrund einer ministeriumsinternen Weisung zwei Vergleichsangebote eingeholt werden mussten und das daraufhin gewählte Prozedere – Einladung zur Angebotslegung an die Beinschab GmbH und A* B*sich betreffend die Studie „Frauen im Vereinssport“ wiederholte. M* ließ in seiner Einvernahme mehrmals durchklingen, sich dabei des Umstandes bewusst gewesen zu sein, dass es dadurch zu einer Wettbewerbssituation kommen würde. Mehrmals führte er aus, dass nun zu überlegen war, „wieviel“ von den bereits vorliegenden Konzepten der Antragsgegnerin als Information in den Einladungsschreiben an MitbieterInnen weitergegeben werden dürfe („wir haben […] versucht, den potentiellen Bietern nicht zu enge Vorgaben zu machen“; „ich hatte Bedenken, gebe ich nämlich den Inhalt des Angebotes an Dritte weiter, bin ich einerseits wettbewerbswidrig und verstoße wahrscheinlich gegen vorvertragliche Pflichten“, „ich habe L* darauf hingewiesen, dass es problematisch sei, gleichsam die ‚geistige Leistung‘ von D* E* […] an andere Bewerber weiterzugeben“; „andererseits sollen natürlich die Mitbieter nicht im Einflussbereich der ursprünglichen Anbieterin sein“, siehe Blg ./L, darin die Beilagen ./1, ./8 und ./10; Blg. /M AS 11). Er prüfte auch allfällige Verflechtungen zwischen den zwei anderen Angebotslegerinnen und der Antragsgegnerin. Aus seiner Sicht war aus den E-Mails von L* an D* E* noch keine Auftragsvergabe herauszulesen. Die Letztgenannte nahm zwar aufgrund der umfangreichen Vorgespräche an, dass das Ministerium sie jeweils mit der Durchführung der Studien (so auch betreffend die Studien „Frauen im Vereinssport“ und „Kinder und Jugendliche im Vereinssport“) beauftragen wolle; sicher war sie sich diesbezüglich nach dem Eindruck des Gerichts aber nicht. Schließlich erwähnte sie mehrfach, dass sie sich selbst um die Vergleichsangebote kümmerte, um ihrem jeweiligen (möglichen) Auftraggeber einen Gefallen zu tun, nach der Interpretation des Gerichts also um den Auftrag erst zu erlangen. Außerdem war ihr aus ihrer Zeit als Ministerin die Möglichkeit einer Direktvergabe unter Einholung von Vergleichsangeboten bekannt, ebenso wie der Umstand, dass sie selbst als Ministerin seinerzeit von den zuständigen Sektionschefs und Abteilungsleitern um Genehmigung ersucht wurde. Folglich musste ihr bewusst sein, dass eine Auftragsvergabe noch nicht fixiert sein konnte, sobald Vergleichsangebote eingeholt und geprüft werden mussten.
Dass D* E* über den Kontakt zu Sektionschef J* K* zu Angebotslegungen durch das BMöDS, später das BMKÖS eingeladen wurde, entspricht den Angaben der Zeugin vor dem Kartellgericht und steht im Einklang mit den vorgelegten Aktenauszügen der WKStA und der Antragstellerin (zB Einvernahme von J* K* in Beilage ./L, WhatsApp-Chatverlauf Beilage ./F S 46 f). Dass Verantwortliche des Ministeriums, meist L*, D* E* darum baten, sich um Vergleichsangebote zu kümmern, war den Angaben der Zeugin zu entnehmen und lässt sich auch mit den Aktenauszügen der WKStA und der Antragstellerin in Einklang bringen (zB zur Studie „Kinder und Jugendliche im Vereinssport“: E-Mail von L* vom 19.5.2021: „die beiden anderen Einladungen würden an die bekannten Adressen ergehen“).
Aus dem letztgenannten, in der Klammer zitierten E-Mail ergab sich auch, dass das Ministerium für die Einladungsschreiben zu den zu vergebenden Aufträgen in der Regel zum Teil Inhalte aus den von D* E* zuvor schon übermittelten Konzepten verwendete. Die entsprechenden Angaben der Zeugin D* E* finden darin ihre Bestätigung.
Die Zeugin verwendete in ihrer Einvernahme häufig den Ausdruck „Schubladenangebote“, der von anderen Beteiligten laut den vorliegenden Aktenauszügen nie verwendet wurde. Inwieweit Verantwortliche des Ministeriums D* E* für solche „Vergleichsangebote“ Vorgaben machten, kann aber dahingestellt bleiben, weil ein allfälliges kartellwidriges Handeln nach der jeweiligen „eigenen“ Tatbeteiligung zu beurteilen ist. In diesem Zusammenhang leugnete D* E* auch nicht, H* I* und A* B* für die Legung von Vergleichsangeboten hinsichtlich aller hier maßgeblichen Auftragsstudien inhaltliche und preisliche Vorgaben gemacht zu haben. Wie die Unternehmerinnen sich dabei absprachen, ergab sich einwandfrei aus den E-Mail-Korrespondenzen. Soweit in den Feststellungen (aus) E-Mails zitiert wurde(n), finden sich diese in den vorgelegten Aktenauszügen der WKStA und der Antragstellerin. Aus den E-Mails erhellt in der Regel, dass D*E*H*I* und über diese A* B* zusicherte, als Subauftragnehmerinnen an den dann an die Antragsgegnerin vergebenen Auftragsstudien beteiligt zu sein (zB E-Mail vom 7.4.2019 „bei denen Du klarerweise auch beteiligt bist“; E-Mail vom 21.7.2020 „Wirst beteiligt sein, keine Sorge“). Ergänzend konnten die Angaben von H* I* und A* B* gegenüber der WKStA und der Antragstellerin (Beilagen ./D, ./E, ./G, ./H) herangezogen werden, die übereinstimmend ausführten, dass die Anfragen von D* E* sich immer nur auf die Legung von Scheinangeboten bezogen, dass von vornherein klar war, dass die Antragsgegnerin den Auftrag bekommen sollte und die Vergleichsangebote nur für interne Zwecke der jeweiligen Auftraggeber benötigt wurden (zB Einvernahme von A* B*, Blg ./E, S 4: „Die Einladung zur Angebotslegung traf ohne vorherige Ankündigung bei mir ein. […], aber mir war natürlich klar, woher ‚der Wind wehte‘“). H* I* führte beispielsweise aus, dass sie für ihr Angebot zur Studie „Mädchen und Gewalt“ einen unüblichen und massiv überhöhten Fallpreis – EUR 42,07 netto pro Interview statt realistischerweise ca EUR 25 – veranschlagte, damit es preislich über jenem der Antragsgegnerin liege (vgl Einvernahme von H* I*, Blg ./D, S 6).
Dass bei der ersten Angebotslegung für die Studie „Motivanalyse Bewegung und Sport“ das Angebot der Beinschab GmbH noch günstiger als jenes der Antragsgegnerin war, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Unternehmerinnen – wie sich aus den zitierten E-Mails einwandfrei ergibt – im Vorfeld abgesprochen haben (vgl zB E-Mail vom 8.5.2019 „Bitte Deine Preise!!! Warten mit Abschicken“). Außerdem kam es laut den Angaben von D* E* vor der tatsächlichen Auftragserteilung zu einer nochmaligen Einladung zur Angebotslegung, der wiederum eine Absprache mit der Beinschab GmbH dahingehend folgte, dass diese ihren Preis erhöhte, die Antragsgegnerinhingegen ihren Preis senkte und damit Billigstbieterin wurde.
Dass der Verein U* ursprünglich als Auftraggeber für die Studie „Frauen im Vereinssport“ vorgesehen war, lässt sich einwandfrei den Urkunden der Antragsgegnerin Beilagen ./11 (E-Mails ua vom 13.12.2019) bis ./11e in Zusammenschau mit den Angaben von D* E* – etwa zum gemeinsamen Abendessen mit Sektionschef J* K* und der Obfrau des Vereins U* – entnehmen. D* E* gestand in ihrer Einvernahme zu, später darüber benachrichtigt worden zu sein, dass der Auftrag nunmehr vom BMKÖS erteilt werde, ging daher selbst nicht mehr von einem bereits an sie vergebenen Auftrag aus. Sie beschrieb in weiterer Folge, wie über ihren Kontakt zu Sektionschef J* K*die Gespräche über eine Vergabe der Studie „Frauen im Vereinssport“ mit ihr am Beginn der Pandemie wieder aufgenommen wurden und dass sich diesmal M* bezüglich der Kontakte der Unternehmerinnen, die zur Einholung von Vergleichsangeboten einzuladen wären, an sie wandte. Letzteres lässt sich wiederum mit den Angaben von M* bei der WKStA in Einklang bringen (Beilage ./L, darin die Beilage ./16), wonach dieser nicht ausschloss, „es so wie beim letzten Mal“ gemacht zu haben.
Ministeriumsinterne Korrespondenzen sowie E-Mail-Verkehr zwischen D* E* und Verantwortlichen des Ministeriums (idR L*) nach Einladung zur Angebotslegung ergeben sich ebenfalls einwandfrei aus den vorgelegten Aktenauszügen, insbesondere den Bestandteilen des Ermittlungsakts der WKStA (Beilage ./F). Darin finden sich auch die Rechnungen bzw Hinweise auf Rechnungen, die die Antragsgegnerin ihren jeweiligen Auftraggebern legte, woraus sich wiederum die von der Antragsgegnerin durch die einzelnen Aufträge erzielten Umsätze ableiten ließen. Ebenfalls ergibt sich aus den Aktenauszügen (zB Rechnungen der Beinschab GmbH und der B* C*zu Beilage ./F S 107 f bzw Beilage ./H, darin die Beilage ./8) in Zusammenschau mit den Aussagen von H* I* und A* B* (Beilagen ./D, ./E, ./G, ./H), welche Honorare diese von der Antragsgegnerin für ihre als Subauftragnehmerinnen erbrachten Teilleistungen erhielten.
Das Interesse der Obfrau des BÖP an einer Auftragsvergabe an die Antragsgegnerin beschrieb D* E* in ihrer Einvernahme eingehend. Ebenso war ihr dahin zu folgen, wie es über Vorschlag der Obfrau des BÖP wieder dazu kam, dass D* E* preislich und inhaltlich abgestimmte Vergleichsangebote der Beinschab GmbH und der B* C* organisierte (siehe dazu E-Mails in Beilage ./F, S 151 ff).
Die der Angebotseinladung vorangegangenen Korrespondenzen zwischen D* E* und Verantwortlichen der EVN AG lassen sich ua den entsprechenden Unterlagen zur Beilage ./L entnehmen (zB E-Mails zwischen R* und D* E*, Angebot der Antragsgegnerin vom 22.10.2020). Dass die EVN AG schließlich Vergleichsangebote benötigte und D* E* diesbezüglich um UnternehmerInnenkontakte ersucht wurde, ergab sich wiederum aus der Einvernahme der ehemaligen Geschäftsführerin der Antragsgegnerin. Die folgenden preislichen und inhaltlichen Absprachen der drei Unternehmerinnen waren den in Beilage ./F abgedruckten E-Mails (zB S 72) sowie den Angaben der Unternehmerinnen gegenüber WKStA, der Antragstellerin und dem Kartellgericht zu entnehmen (vgl Beilagen ./D, ./E, ./G, ./H; betreffend D* E* ON 15 S 29). Dass D* E* die Beinschab-GmbH und die B* C* wiederum zur Erbringung von Teilleistungen beauftragte, erhellt aus ihrer E-Mail vom 11.6.2021 (Beilage ./F, S 79). Aus dem E-Mail-Verkehr zwischen A* B* mit V* W* seitens der EVN-AG (Beilage ./F, S 191 ff) ergibt sich im Übrigen entgege n den Angaben von D* E* (ON 15 S 28), dass der Auftrag nicht zwingend binnen 4 Wochen ab Zuschlag hätte ausgeführt werden müssen; A* B* wurde laut dem zitierten E-Mail-Verkehr zugestanden, die Interviews auch erst im Juni – statt im Mai – durchzuführen. Die eigenständigen Anfragen von A* B* zeigen andererseits, dass sie – wiederum entgegen den Angaben von D* E* – außerhalb der Absprachen mit der Antragsgegnerin und der Beinschab GmbH ebenfalls in der Lage zu sein schien, als „echte“ Mitbewerberin solche Studien zu bewerkstelligen.
Die Vorgespräche zwischen D* E* und Verantwortlichen des Ministeriums, insb L*, zur Studie „Kinder und Jugendliche im Vereinssport“ schilderte wiederum die Erstgenannte in ihrer Einvernahme eingehend; ihre Schilderungen stehen mit den Ermittlungsergebnissen der WKStA im Einklang (Beilage ./F S 48 ff). Dass nach dem Verschicken der Einladungsschreiben ua auch an die Beinschab GmbH und A* B* Letztere von einer Angebotslegung Abstand nahm und H* I* und D* E* darüber informierte, an ihren Preisabsprachen nicht mehr teilzunehmen („diese Vorgehensweise von Frau D* E* [hat] System“), war ihrer Einvernahme bei der WKStA zu entnehmen (Blg ./E, S 5). Die Absprachen zwischen D* E* und H* I* sind wieder durch E-Mails belegt (Blg ./F S 55 f), ebenso wie die ministeriumsinterne Kommunikation, die letztlich zur Nichtvergabe des Auftrags führte (Blg. /F S 62 ff). Daraus erhellt im Übrigen , dass die Einstufung der Studie zusammen mit der Studie „Frauen im Vereinssport“ als ein ein förmliches Vergabeverfahren erforderndes Projekt den Auftrag zu Fall brachte, sodass sich auch eine Beauftragung der Beinschab GmbH erübrigte, nachdem die Antragsgegnerin ihr Angebot zurückgezogen hatte. Aus der Nichtvergabe des Auftrags an die Beinschab GmbH ist daher entgegen den Angaben von D* E* nicht abzuleiten, dass das Ministerium von vornherein nur der Antragsgegnerin den Auftrag habe erteilen wollen.
Den Angaben von D* E* war mehrfach zu entnehmen, dass sie die Verwirklichung wettbewerbswidriger Tatbestände durch ihr Handeln ernstlich für möglich hielt. Zunächst wusste sie nach ihren eigenen glaubwürdigen Angaben darüber Bescheid, wie Auftragsvergaben im öffentlichen Sektor – abhängig vom jeweiligen Auftragsumfang – von Statten gingen; sie hatte diesbezüglich sowohl als Ministerin als auch als Unternehmerin Erfahrungen gesammelt. Dass Vergleichsangebote auch bei Direktvergaben nicht zum „Schein“ eingeholt werden (ON 15 S 20), führte sie ebenso aus, wie dass sie selbst einmal als Unternehmerin im Zuge einer Auftragsvergabe zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht den Vorschlag ablehnte, ihrerseits Vergleichsangebote einzuholen (ON 15 S 25). Dass sie in den hier interessierenden Fällen Unternehmerinnen für Vergleichsangebote vorschlug, die ihr laut ihren Angaben sonst wie „Mitarbeiterinnen“ zuarbeiteten und für sich allein von der Methodik und vom Umfang her nicht in der Lage gewesen wären, die Aufträge auszuführen (vgl aber oben betreffend den „eigenständigen“ E-Mail-Verkehr zwischen A* B* und der EVN-AG), ist deshalb ua nicht von Bedeutung, weil dadurch generell ein Wettbewerb mit anderen ausgeschlossen wurde.
D* E* ließ immer wieder durchklingen, dass es ihr nicht recht war, sich selbst um Vergleichsangebote für ihre jeweiligen Auftraggeber zu kümmern, und dass sie die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens anzweifelte (jeweils ON 15: „ich antwortete daraufhin, dass ich mir das überlegen werde“, S 6 f; „…fragte mich, ob wir da ‚preislich nicht etwas machen können‘“, S 10; „…mich die Herren des Sportministeriums aufforderten, zwei vertrauenswürdige Unternehmen betreffend ‚Schubladenangebote‘ zu nennen“, S 11; „im Nachhinein hätte ich das natürlich ablehnen sollen. Ich weiß, wie Ausschreibungen laufen, aus meiner Zeit als Ministerin“, S 22; „Ich habe natürlich die beiden gefragt; meine Mutter hätte ich auch fragen können, ‚das hätte aber blöd ausgeschaut‘. […] Wenn zwei E*‘s ein Angebot legen, ‚das klingt komisch‘“, S 25). Aus alldem war für den Senat abzuleiten, dass D* E* Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht durch ihr Verhalten ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, sowie dass die von ihr initiierten Preisabstimmungsmaßnahmen Teil einer Strategie wurden, um eine Auftragsvergabe zu ihren Gunsten und zu einem bestimmten Preis zu erreichen (vgl etwa ON 15 S 31: „Ich hatte, kurz nachdem die Einladungsschreiben ergangen waren, Kontakt zu H* I* und A* B*. Das war jetzt schon ‚traurige Praxis‘“).
 
Rechtliche Beurteilung:
1.1 Soweit die Antragsgegnerin ihre Verteidigungsrechte durch die – mangels Zustimmung iSd § 39 Abs 1 KartG – unterbliebene Verfahrensverbindung eingeschränkt sieht, weil allfällige „Settlement-Entscheidungen“ in den gegen die anderen Unternehmerinnen geführten Verfahren ihr Verfahren beeinflussten, ist ihr entgegenzuhalten, dass das Kartellgericht trotz eines Anerkenntnisses des Antragsgegners über die Höhe der beantragten Geldbuße nur dann entscheidet, wenn der anerkannte Sachverhalt hiefür eine ausreichende Tatsachengrundlage darstellt. Hat das Kartellgericht Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit des Parteienvorbringens, weil etwa die Sachverhaltsgrundlage eines Kartellverstoßes nicht vollständig vorgebracht wurde, so ist es berechtigt wie auch verpflichtet, weitere Beweise aufzunehmen. Die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts obliegt dem Kartellgericht und kann daher nicht für das Kartellgericht bindend außer Streit gestellt werden (Völkl-Torggler/Ingemarsson/Majer, Das Verfahren vor dem Kartellgericht³ Rz 572).
1.2 Selbst für den Fall von Anerkenntnissen der anderen Unternehmerinnen ist das Kartellgericht daher verpflichtet, sowohl die Sachverhaltsgrundlagen auf ihre Vollständigkeit, als auch deren Subsumierbarkeit unter einen Kartellrechtsverstoß iSd § 1 KartG zu prüfen. Dies gilt natürlich auch für das gegen die Antragsgegnerin geführte Verfahren, in dem diese Beweisanträge stellen konnte, die wiederum vom Kartellgericht eigenständig zu beurteilen sind. Es erschließt sich daher aus dem Vorbringen der Antragsgegnerin nicht, warum deren Verteidigungsrechte durch die getrennte Verfahrensführung und das getrennte Ergehen von Entscheidungen beeinträchtigt seien.
2.1 Nach § 1 Abs 1 KartG sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen verboten, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartellverbot).
Nach § 1 Abs 2 Z 1 KartG ist insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstigen Geschäftsbedingungen verboten.
2.2.1 Das Kartellverbot erfasst insbesondere den Wettbewerb beeinträchtigende Vereinbarungen zwischen Unternehmen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen. Beiden Tatbeständen ist gemeinsam, dass sie geeignet sein müssen, zwischen den beteiligten Unternehmen die Unsicherheiten über ihr zukünftiges Verhalten im Wettbewerb auszuschließen oder zu vermindern. In der Praxis ist eine Abgrenzung dieser Begriffe von geringer Relevanz, weil diese Formen wettbewerbsbeschränkenden Zusammenwirkens gleichrangig sind (Lager/Petsche in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG² § 1 Rz 14 ff).
2.2.2 Der Begriff „Vereinbarung“ wird weit ausgelegt: Eine Vereinbarung liegt bereits vor, wenn die Parteien ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten, mag die Willensübereinstimmung ausdrücklich oder konkludent, schriftlich oder formlos zustande gekommen sein (RS0124670). Voraussetzung und Kernelement für das Vorliegen einer Vereinbarung ist daher die Willensübereinstimmung der beteiligten Unternehmen über die Regelung ihres Marktverhaltens (6 Ob 105/19p).
2.2.3 Eine derartige Willensübereinstimmung der Antragsgegnerin mit ihren Mitbewerberinnen über die Regelung ihres Marktverhaltens ist dem festgestellten Sachverhalt eindeutig zu entnehmen. Sie beruhte darauf, durch inhaltliche und preisliche Abstimmung Deckangebote so zu legen, dass die Antragsgegnerin bei der Auftragsvergabe zum Zug komme. Fallweise würde diese im Gegenzug den anderen beiden Mitbewerberinnen Subaufträge zur Erbringung von Teilleistungen des eigentlichen Auftrages erteilen.
2.3.1 Kernbeschränkungen des Wettbewerbs wie die vorliegenden Preisabsprachen sind grundsätzlich bezweckte Beschränkungen des Wettbewerbs; hier steht die Abschwächung des Wettbewerbs zwischen den Marktteilnehmern im Vordergrund. Auf weitere Umsetzungshandlungen und Marktauswirkungen kommt es bei bezweckten Wettbewerbsbeschränkungen nicht mehr an (vgl 16 Ok 51/05 mwN). Auch ein Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern wird als bezweckte Wettbewerbsbeschränkung qualifiziert, wenn er geeignet ist, Unsicherheiten hinsichtlich des von den betreffenden Unternehmen ins Auge gefassten Verhaltens auszuräumen (vgl EuGH C-8/08, T-Mobile Netherlands, Rz 43). Bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen gelten stets auch als spürbar, und zwar unabhängig vom Nachweis ihrer konkreten Auswirkungen (Hiersche/Mertel in Egger/Harsdorf-Borsch, Kartellrecht § 1 Rz 116).
2.3.2 Indem die Unternehmerinnen ihre Angebote inhaltlich und preislich abstimmten, um stets einer von ihnen – der Antragsgegnerin – zum Zuschlag zu verhelfen, haben sie den Preiswettbewerb beschränkt bzw zur Gänze ausgeschaltet. Die Beinschab GmbH und A* B* verzichteten auf eine autonome Preisfestsetzung, indem sie Deckangebote nach den inhaltlichen und preislichen Vorgaben der Antragsgegnerin legten. Durch das Vorgehen der drei Unternehmerinnen wurde anderen Mitbewerbern nicht einmal die Möglichkeit eröffnet mitzubieten und an einer freien Preisgestaltung teilzunehmen. Da solche Wettbewerbsbeeinträchtigungen immer spürbar sind, bedurfte es hiefür keiner konkreten Nachweise.
2.4.1 Selbst bei einer Direktvergabe nach § 46 BVergG 2018 kann der öffentliche Auftraggeber Vergleichsangebote oder unverbindliche Preisauskünfte von einem oder mehreren Unternehmen einholen. Es besteht zwar keine Pflicht zum Wettbewerb (vgl Diem/Ziniel in Gölles, BVergG 2018 § 46 Rz 4 [Stand 1.10.2019 rdb.at]). Es ist aber bei der Direktvergabe grundsätzlich nicht unzulässig, einen Wettbewerb zwischen mehreren Unternehmen durchzuführen (vgl Heid/Preslmayr, Vergaberecht: Handbuch4 Rz 501). Nach der Legaldefinition der „Direktvergabe“ gemäß § 31 Abs 11 BVergG 2018 handelt es sich dabei weiterhin um ein – zwar formloses, jedoch Vorschriften unterliegendes - Vergabeverfahren (vgl Gölles in Gölles, BVergG 2018 § 31 Rz 43 [Stand 1.10.2019, rdb.at]). Dem steht die von der Antragsgegnerin zitierte Entscheidung des OLG Wien zu 23 Bs 177/08k nicht entgegen, derzufolge eine Strafbarkeit nach § 168b StGB auch bei von privaten Auftraggebern in Gang gesetzten, den Formvorschriften des BVergG entsprechenden Vergabeverfahren gegeben sein kann. Dessen ungeachtet ist die Schwelle zur Erfüllung des Geldbußentatbestands des § 29 KartG ohnedies niedriger angesetzt als jene zur Erfüllung des Straftatbestands. § 168b StGB ist gegenüber § 29 KartG jedenfalls die speziellere Norm. Durch das Tatbestandsmerkmal der rechtswidrigen Absprache ist § 168b StGB zum Kartellrecht akzessorisch: Die Bestimmung stellt nur solche Verhaltensweisen unter Strafe, die auch kartellrechtlich unzulässig sind (vgl Kirchbacher/Ifsits in Höpfel/Ratz, WK-StGB2 § 168b StGB Rz 44; Flora in Leukauf/Steininger, StGB4 § 168b StGB Rz 8). Der allfällige Ausschluss der Strafbarkeit nach § 168b StGB bedeutet daher nicht, dass auch ein kartellrechtswidriges Handeln nach § 1 KartG zu verneinen wäre.
2.4.2 Auch wenn die - teilweise öffentlichen - Auftraggeber vorrangig die Erteilung des Auftrages an die Karmasin GmbH im Auge hatten, entschieden sie sich dafür, Vergleichsangebote von zwei weiteren Unternehmen einzuholen. Damit schufen sie jedenfalls iSd § 1 KartG eine (echte) Wettbewerbssituation, die die Unternehmerinnen wiederum aufgrund der beschriebenen Absprachen ausschalteten. Ohne diese Absprachen wäre es nicht ausgeschlossen gewesen, dass andere Mitbewerber oder die Beinschab GmbHundA* B*selbst im freien Wettbewerb Angebote gelegt hätten, die dem jeweiligen Auftraggeber im Vergleich zu jenem der Antragsgegnerin besser erschienen wären, sodass die Wahl allenfalls auf eines von diesen und nicht jenes der Antragsgegnerin gefallen wäre. Schließlich hat der öffentliche Auftraggeber gemäß § 46 Abs 4 Satz 2 BVergG 2018 selbst bei der Direktvergabe ua die Preisangemessenheit zu dokumentieren. Bei Legung von gegenüber der Antragsgegnerin preislich günstigeren Angeboten im freien Wettbewerb hätte es einer eingehenden Begründung bedurft, warum der Auftrag dennoch an die (dann) teurer bietende Antragsgegnerin vergeben würde. Diese Eventualitäten zeigen, dass selbst bei einer Direktvergabe nach § 46 BVergG 2018 die Erzeugung einer Wettbewerbssituation möglich ist. Indem die hier involvierten Unternehmerinnen aber vorab schon ihre Angebote – vor allem preislich – absprachen, verhinderten sie von vornherein einen Wettbewerb mit anderen, weshalb ihre Handlungen unter das Kartellverbot nach § 1 Abs 1 KartG fallen.
2.4.3 Den Feststellungen ist im Übrigen nicht zu entnehmen, dass der jeweilige Auftraggeber vor der Einladung der Beinschab GmbH und der B* C* zur Angebotslegung den Auftrag bereits an die Antragsgegnerin vergeben hätte. Deren Angebote und Konzepte wurden zwar jeweils favorisiert; die Verantwortlichen der Auftraggeber wollten „ihre“ Projekte vorrangig mit der Antragsgegnerin durchführen. Ein Verantwortlicher des Sportministeriums – M* – ging beispielsweise aber explizit nicht von einer bereits erfolgten Auftragsvergabe aus und stellte Überlegungen an, wie Vergleichsangebote ohne Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht und ohne Verletzung vorvertraglicher (!) Pflichten eingeholt werden könnten.
Die Notwendigkeit der Einholung von Vergleichsangeboten musste der damaligen Geschäftsführerin der Antragsgegnerin und ehemaligen Ministerin überdies vor Augen führen, dass die Auftragsvergabe noch nicht fixiert ist. Wäre sie schon von einer abgeschlossenen Auftragserteilung ausgegangen, hätte sie sich selbst nicht mehr um Vergleichsangebote kümmern müssen; der Ball wäre einzig beim jeweiligen Auftraggeber gelegen. Auch wenn dieser ob seines Interesses an einer Auftragserteilung an die Antragsgegnerin Letztere um die Nennung von Kontakten von möglichen MitbieterInnen ersuchte, ist das kartellwidrige Verhalten eines jeden einzelnen nach dessen eigener Tatbeteiligung zu beurteilen. Hätte die damalige Geschäftsführerin der Antragsgegnerin keine Unternehmerinnenkontakte für Vergleichsangebote gebracht, hätte der jeweilige Auftraggeber selbst in Frage kommende Unternehmen auf dem Gebiet der Markt- und Meinungsforschung darum ersuchen müssen.Dass sich sonst niemand jene Kenntnisse hätte aneignen können, die nach Ansicht der ehemaligen Geschäftsführerin der Antragsgegnerin sie für die jeweiligen Aufträge qualifizierte, wurde nicht behauptet. Auch erschließt sich für den Senat nicht, warum nicht auch die Beinschab GmbH und die B* C* methodisch in der Lage gewesen wären, selbständig derartige Studien durchzuführen, wo sie doch laut Angaben der ehemaligen Geschäftsführerin der Antragsgegnerin quasi deren „Mitarbeiterinnen“ waren. Die in den Einladungsschreiben teilweise enthaltenen kurzen Fristen zur Angebotslegung und/oder Auftragsausführung stehen der Annahme einer echten Wettbewerbssituation auch nicht entgegen; schließlich ist sogar den Feststellungen zu entnehmen, dass Auftraggeber auch Fristverlängerungen gewähren würden. Hätte ein anderes Meinungsforschungsinstitut im Fall einer Fristverlängerung ein preislich deutlich niedrigeres Angebot legen können, hätten die öffentlichen Auftraggeber jedenfalls gut argumentieren müssen, warum sie der dann teureren Antragsgegnerin dennoch bzw nur aus dem Grund, dasssie die Studie schneller durchführen könnte, den Zuschlag erteilt hätten.
2.5 Die einzelnen Preisabstimmungsmaßnahmen der involvierten Unternehmen sind nicht isoliert voneinander zu betrachten. Die oben im Einzelnen beschriebenen Zuwiderhandlungen beruhten auf einem über zwei Jahre hinweg geschaffenen Gesamtsystem mit dem Grundverständnis, sich bei der Erstellung von Marktstudien so zu unterstützen, dass Deckangebote der Beinschab GmbH und von A* B*der Antragsgegnerin zum Zuschlag verhelfen und die beiden erstgenannten Unternehmen sich fallweise durch Subaufträge an den an dieAntragsgegnerin vergebenen Aufträgen beteiligen. Die festgestellten Verhaltensweisen sind daher als eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung zu qualifizieren (16 Ok 5/08; RS0130390).
3.1 § 29 KartG stellt klar, dass Geldbußen nur bei Verschulden zu verhängen sind. Der Unternehmer muss den Tatbestand vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt haben. Das Kartellgesetz definiert nicht näher, was unter Vorsatz und Fahrlässigkeit zu verstehen ist. Einschlägige Definitionen enthalten aber die strafrechtlichen Bestimmungen der §§ 5 f StGB und § 3 VbVG (16 Ok 2/11).
3.2.1 Vorsätzlich handelt gemäß § 5 Abs 1 StGB, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet. Demgegenüber handelt fahrlässig, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (§ 6 Abs 1 StGB), und wer es für möglich hält, dass er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will (§ 6 Abs 2 StGB).
3.2.2 Gemäß § 3 Abs 1 VbVG ist ein Verband (eine juristische Person) unter den weiteren Voraussetzungen des Abs 2 oder des Abs 3 für eine Straftat verantwortlich, wenn 1. die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder 2. durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.
Die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 VbVG sind hier erfüllt, weil durch die festgestellten Verhaltensweisen Pflichten der Antragsgegnerin verletzt wurden.
Für Straftaten eines Entscheidungsträgers ist gemäß § 3 Abs 3 VbVG der Verband verantwortlich, wenn der Entscheidungsträger als solcher die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Entscheidungsträger iSd des VbVG ist nach dessen § 2 Abs 1 ua der Geschäftsführer des Verbandes.
3.3 Nach dem festgestellten Sachverhalt hat D* E* als damalige Geschäftsführerin der Antragsgegnerin Kartellrechtsverstöße verübt. Sie hielt den Feststellungen zufolge die Verwirklichung wettbewerbswidriger Tatbestände ernstlich für möglich und fand sich damit ab. Aufgrund ihres Wissens und ihrer Erfahrungen als langjährige Unternehmerin und ehemalige Ministerin konnte sie die Wettbewerbswidrigkeit ihres Handelns erkennen; sie zweifelte die Rechtmäßigkeit ihres Tuns an und setzte es dennoch fort. Ihr (vorsätzliches) Verschulden ist daher zu bejahen.
4. Da die Zuwiderhandlungen weniger als fünf Jahre vor der Einbringung des Geldbußenantrages (§ 33 Abs 1 KartG) beendet waren, liegt auch kein Verjährungstatbestand vor. Ein Freistellungs- bzw. Rechtfertigungsgrund nach § 2 Abs 1 KartG wurde nicht behauptet und ist auch nicht erkennbar.
5. Zur Höhe der Geldbuße
5.1 Gemäß § 29 Abs 1 Z 1 lit a KartG ist bei einem vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoß gegen § 1 KartG eine Geldbuße bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes zu verhängen. Darunter ist der weltweite Umsatz des jeweils am Wettbewerbsverstoß beteiligten Unternehmens zu verstehen, wobei die Berechnungsbestimmung des § 22 KartG heranzuziehen ist.
5.2 Bei der Bemessung der Geldbuße ist gemäß § 30 Abs 1 KartG insbesondere auf die Schwere und die Art der Rechtsverletzung, auf die durch die Rechtsverletzung erzielte Bereicherung, auf den Grad des Verschuldens und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bedacht zu nehmen.
Ein Erschwerungsgrund ist es gemäß § 30 Abs 2 KartG insbesondere, wenn 1. das Kartellgericht gegen den Unternehmer oder die Unternehmervereinigung schon wegen einer gleichartigen oder ähnlichen Zuwiderhandlung eine Geldbuße verhängt oder eine solche Zuwiderhandlung festgestellt hat oder 2. der Unternehmer oder die Unternehmervereinigung als Urheber oder Anstifter einer von mehreren begangenen Rechtsverletzung oder an einer solchen Rechtsverletzung führend beteiligt war.
Ein Milderungsgrund ist es gemäß § 30 Abs 3 KartG insbesondere, wenn der Unternehmer oder die Unternehmervereinigung 1. an einer von mehreren begangenen Rechtsverletzung nur in untergeordneter Weise beteiligt war, 2. die Rechtsverletzung aus eigenem beendet hat, 3. wesentlich zur Aufklärung der Rechtsverletzung beigetragen hat oder 4. den aus der Rechtsverletzung entstandenen Schaden ganz oder teilweise gutgemacht hat.
5.3 Nach dem klaren Gesetzeswortlaut war als Basis für die Ermittlung der Höhe der Geldbuße der Gesamtumsatz im letzten Jahr der Zuwiderhandlung – sohin jener des Geschäftsjahres 2020/21 iHv EUR 937.625,51 – heranzuziehen (vgl 16 Ok 4/09, 16 Ok 2/15b, 16 Ok 2/22p [Rz 84]); hier zudem vor dem Hintergrund, dass für das letzte Geschäftsjahr vor Erlass der Entscheidung vergleichsweise wenige Umsätze erzielt wurden, sodass nicht sichergestellt werden könnte, dass die Geldbuße eine ausreichend abschreckende Wirkung entfalte (vgl EuGH C-76/06 P Britannia Alloys & Chemicals/Kommission, Rn 30).
5.4 Als erschwerend war bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen, dass der kartellrechtliche Verstoß Kernbeschränkungen betraf, zwei Jahre lang andauerte und die Antragsgegnerin führend beteiligt war, die Beinschab GmbH und die B* C* für die kartellrechtswidrigen Absprachen anwarb und selbst Hauptprofiteurin der an sie vergebenen Aufträge war.
Dass die damalige Geschäftsführerin der Antragsgegnerin „auf Wunsch des jeweiligen Auftraggebers“ gehandelt und daher nur ein geringes Verschulden zu verantworten hätte, konnte nicht als mildernd gewertet werden, zumal sie aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen als langjährige Unternehmerin und ehemalige Ministerin selbst über das Unrecht ihres Handelns Bescheid wusste und dafür verantwortlich ist. Im Sinne des Vorbringens der Antragsgegnerin war aber deren aktuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mit Blick auf den Wegfall von Umsätzen seit dem Jahr 2022 zu berücksichtigen.
5.5 Davon ausgehend ist die Verhängung einer Geldbuße iHv EUR 50.000 auf Basis der Gesamtumsätze der Antragsgegnerin für das Geschäftsjahr 2020/21 von EUR 937.625,51 angemessen und aus general- und spezialpräventiven Erwägungen nicht überhöht. Die Geldbußenobergrenze des § 29 KartG wird dabei auch nicht überschritten.“

Ausdruck vom: 05.02.2025 17:06:07 MEZ