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Berichtigte Fassung
Kategorie:

Kartell

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

25 Kt 6/22b


Bekannt gemacht am:

09.08.2023

Letzte Änderung:

03.10.2023

Entscheidungsdatum:

03.10.2022


 „Es wird gemäß § 28 Abs 1 iVm § 28 Abs 1a Z 1 KartG festgestellt, dass die Antragsgegnerin wegen der Beteiligung an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV in Form von kartellrechtswidrigem Informationsaustausch und Preis- bzw. Konditionenabsprachen mit Wettbewerbern durch die Vereinbarung der Legung von Deckangeboten, Abstimmung von Preisen, Preisbestandteilen und Preiserhöhungen wie insbesondere für Kundendienstleistungen, Entsorge-, Montage-, Nachtermin- und Austauschkosten sowie durch systematischen Austausch von wettbewerblich sensiblen Informationen, insbesondere über Preise, Ausschreibungen, Kunden und potentielle Kunden und Geschäftsbedingungen sowohl im Rahmen von organisierten Vereinssitzungen der Wettbewerber und zwischen den Wettbewerbern als auch außerhalb dieser Sitzungen im Bereich Submetering in Österreich im Zeitraum von zumindest Juli 2004 bis einschließlich Februar 2019 verstoßen hat.
 
Begründung:
Die Antragsgegnerin ist eine Energiedienst- und Messdienstleisterin, die österreichweit tätig ist und deren Kerngeschäft im Submetering liegt. Submetering umfasst die individuelle Erfassung und Abrechnung von Heiz-, Warmwasser- sowie Kaltwasserkosten in Gebäudeeinheiten zur privaten und gewerblichen Nutzung (Wohngebäude, Bürogebäude, etc.), wobei darunter nicht nur das Ablesen und Abrechnen der Heizkostenverteiler/Wärmezähler/Wasserzähler oder die Erstellung der Abrechnung zu verstehen ist, sondern auch die Gebrauchsüberlassung (idR Miete oder Verkauf) der genannten Geräte. Während Metering die verursachergerechte Abrechnung von Energielieferungen bis zu einer Liegenschaft betrifft, umfasst Submetering die Dienstleistung im Zusammenhang mit der Aufteilung der Energielieferungen auf die Nutzer bzw. Einheiten der Liegenschaften.
Die Antragsgegnerin bietet im Bereich Submetering von der Beratung über die Lieferung und Installation von Geräten für die Erfassung und Abrechnung von Wärme und Wasser bis hin zum Monitoring und der Analyse von Verbräuchen ein breites Spektrum an Dienstleistungen an. In Österreich betreut die Antragsgegnerin die Verbrauchserfassung und –abrechnung für xxx Wohneinheiten. Dazu kommen noch yyy Nutz-/Wohneinheiten, die von der in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland tätigen Gebietsvertretung der Antragsgegnerin vermittelt wurden und betreut werden. Bei dieser Kundengruppe vermitteln V. der Antragsgegnerin, die Kauf-, Miet- und Wartungsverträge für die Antragsgegnerin. Zusätzlich führen V. Kundendienstleistungen für die Antragsgegnerin durch, wofür sie Vergütungen erhalten.
Die Antragsgegnerin wird von der in Deutschland ansässigen Techem Energy Service GmbH kontrolliert und ist ein Teil der weltweit agierenden Techem Gruppe. In Österreich ist die Techem-Gruppe durch die Antragsgegnerin sowie durch deren nicht im Submeteringbereich auftretende 100%ige Tochtergesellschaft Techem Wassertechnik GmbH tätig.
 
Die BWB beantragte am 22.7.2022 die Feststellung der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht im Zeitraum von Juli 2004 bis Februar 2019. Zwischen der Antragsgegnerin und ihren Mitbewerberinnen sei es österreichweit zu kartellrechtswidrigen horizontalen Absprachen und zum Austausch wettbewerblich sensibler Geschäftsinformationen gekommen. Diese kartellrechtswidrigen Praktiken seien sowohl im Rahmen der Treffen des Branchenverbandes als auch außerhalb dieser zwischen der Antragsgegnerin und ihren Mitbewerberinnen gesetzt worden. Im Rahmen von Treffen des Branchenverbandes habe regelmäßig zwischen der Antragsgegnerin und den Mitbewerbern Ista Österreich GmbH (in der Folge Ista) und der M. Unternehmens-Gruppe, insbesondere der M. Gesellschaft mbH & Co KG, ein Austausch über wettbewerblich sensible Informationen stattgefunden. Ein Informationsaustausch von wettbewerblich sensiblen Daten habe aber auch außerhalb der Branchenverbandssitzungen stattgefunden.
Die Preis- und Konditionenabsprachen sowie die Vereinbarung von Legung von Deckangeboten haben überwiegend außerhalb von Verbandstreffen stattgefunden und sich meist auf konkrete Kunden bezogen.
Von den Preisabsprachen mit Mitbewerbern seien Kundendiensttarife und Montagepreise betroffen gewesen. Weiters seien Informationen über den Preis für den Austausch von Boilerzählern wechselseitig bekanntgegeben worden sowie die Abstimmung über die Weitergabe der Entsorgungskosten von Messampullen für Heizkostenverteiler auf Verdunstungsbasis getroffen worden. Zwischen Mitbewerbern seien einheitlich Tarifanpassungen und Preiserhöhungen für die nächsten Abrechnungsperioden vorgenommen worden. Im Zusammenhang mit Montagekosten seien preisliche Untergrenzen zwischen den Mitbewerbern festgelegt worden. Weiters seien Tarife für die Entsorgung von Altampullen und Litium-Ionen-Batterien zwischen der Antragsgegnerin und Mitbewerbern einheitlich festgelegt worden.
Zusätzlich zu den Preisabstimmungen und -absprachen seien zwischen den Mitbewerbern wettbewerblich sensible Daten ausgetauscht worden.
Die Gründerinnen des Branchenverbandes, nämlich die Antragsgegnerin, Ista und M. haben die Verbandssitzungen genutzt, um marktbezogene Themen zu erörtern und unterschiedliche vertrauliche, wettbewerblich sensible Informationen auszutauschen und sich abzustimmen.
Bei den Verbandssitzungen seien unterschiedlichste, die Wettbewerbssituation auf dem Markt des Submeterings betreffende Informationen ausgetauscht worden, wie Informationen über die Anwendungen des Lageausgleiches, über die Vor- und Nachteile der Gerätemiete vs. Gerätebereitstellung, über die Abrechnungsmodalitäten. Die Verbandsssitzungen seien weiters dafür genutzt worden, wechselseitig die Preise und Preislisten auszutauschen. Vereinzelt sei es auch zum Austausch von Informationen über die Menge der betreuten Anlagen je Kunde untereinander gekommen. Im Rahmen der Sitzungen seien darüber hinaus auch Preislisten von nicht an den Verbandssitzungen teilnehmenden Wettbewerbern thematisiert und analysiert worden sowie die Weitergabe der Kosten von Nachterminen und Nachsonderterminen an die Kunden abgestimmt worden. Darüber hinaus sei es dazu gekommen, dass die Mitbewerber, insbesondere die Mitglieder des Branchenverbandes, sich wechselseitig über ihnen bekanntgewordene Ausschreibungen informierten, um auf diesem Weg eine Kontrolle über das Marktgeschehen zu haben. Schließlich seien auch sonstige Geschäftsbedingungen wechselseitig bekanntgegeben worden und die Ausformulierung der Vertragsbestimmungen abgestimmt worden. Dieser Informationsaustausch habe überwiegend während der Verbandssitzungen stattgefunden. Jedoch auch außerhalb dieser Sitzungen haben sich die Mitbewerber wechselseitig mit sensiblen Informationen versorgt, wobei daran auch wiederholt andere Mitbewerber, die nicht Verbandsmitglieder waren, beteiligt waren.
Der von der Antragsgegnerin, M. und Ista im Jahr 2012 gegründete Branchenverband sei von den Vereinsmitgliedern von Anfang an als „Plattform für ein weitgehend konfliktfreies Diskussionsforum seiner im Wettbewerb miteinander stehender Mitglieder“ verstanden worden. Die Vereinsgründerinnen Ista, M. und Techem hätten Beitrittswünschen von anderen Mitbewerbern nicht entsprochen, womit eine Strategie der Marktabschottung, welche die kartellrechtswidrigen Absprachen absichern sollten, verfolgt worden sei. So sei das Aufnahmekriterium für die Mitgliedschaft, das anfänglich an die Mindestzahl des Wohnungsbestandes für Submeteringdienstleistungen von 10.000 angeknüpft habe, auf 100.000 Wohnungen im Bundesgebiet erhöht worden. Dieses Mindestaufnahmekriterium sei nur infolge von Beitrittsanfragen von Mitbewerbern erhöht worden, um auf diesem Weg die Bewerber von der Mitgliedschaft auszuschließen. Die großen Bemühungen der VÖME-Mitglieder, den Beitritt von weiteren Mitbewerbern zu verhindern, haben dazu gedient, den zentralen Zweck von VÖME, nämlich den geheimen und wettbewerbswidrigen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern, sicherzustellen.
Verwendung von Deckangeboten:
In den Jahren 2006, 2008, 2010 und 2011 sei es zur Legung von Deckangeboten von Ista zu Gunsten der Antragsgegnerin gekommen, um auf diesen Weg der Antragsgegnerin den ausgeschriebenen Auftrag zukommen zu lassen.
Zum Feststellungsbegehren brachte die BWB vor:
Da die Antragsgegnerin als erstes Unternehmen einen Kronzeugenantrag bei der BWB gestellt und in der Folge umfassend kooperiert habe, um den Sachverhalt vollständig aufzuklären und dabei sämtliche Beweismittel, auf die sie Zugriff hatte, der BWB vorgelegt habe, könne von einem Antrag auf Verhängung einer Geldbuße abgesehen werden und mit einem Antrag auf Feststellung der Zuwiderhandlung gem § 11b Abs 1 Z 3 lit a WettbG iVm § 28 Abs 1, Abs 1a Z 1 KartG rechtlich das Auslangen gefunden werden.
Der Bundeskartellanwalt schloss sich dem Antrag und dem Vorbringen der BWB an.
Die Antragsgegnerin stellte die Tatsachenbehauptungen der BWB außer Streit.
Folgender Sachverhalt steht fest:
1. Im Zeitraum von Juli 2004 bis Februar 2019 kam es zwischen der Antragsgegnerin und Mitbewerberinnen zu horizontalen Preis- und Konditionenabsprachen, zum Austausch wettbewerblich sensibler Informationen sowie zu Absprachen bei Ausschreibungen unter Nutzung von Deckangeboten. Die Zuwiderhandlungen betrafen den Bereich Submetering in Österreich.
Hinter diesem zwischen der Antragsgegnerin und ihren Wettbewerbern aufgezogenen Kartellsystem stand als Gesamtplan der Beteiligten das Bestreben, die Wirkungsweise des normalen Wettbewerbs, dem strategischen Unsicherheiten immanent sind, auszuschalten.
2. Zu den Preisabsprachen:
Die Preisabsprachen zwischen Techem und Mitbewerbern waren vielschichtig und betrafen verschiedenste Preisbestandteile der Submeteringdienstleistungen.
So einigten sich Techem mit Mitbewerbern über einheitliche Preiserhöhungen für die Kundendiensttarife im Rahmen der Jahresvereinbarungen mit Kunden, stimmten die Preise für Montagen, für den Austausch von Boilern, für Entsorgungskosten von Messampullen, für die Entsorgung von Litium-Ionen-Batterien und für Nachtermine ab.
Dazu im Einzelnen:
2.1. Abstimmungen der Kundendiensttarife:
Bei großen Submetering-Kunden, wie beispielsweise Wohnungsgenossenschaften, die die Submetering-Leistungen von zwei oder mehr Submetering-Anbietern bezogen, kam es dazu, dass sich die Antragsgegnerin mit ihren Mitbewerbern auf einheitliche Kundendiensttarife für diese Kunden einigten und auf diesem Weg einheitliche Preise für die Submetering-Leistungen den Kunden verrechneten. Typischerweise wurde die Submeteringdienstleistungsverträge auf drei Jahre abgeschlossen. Nach Ablauf der jeweils Dreijahresverträge und vor Abschluss des nächsten Dreijahresvertrags vereinbarten die Mitbewerber untereinander, dass sie gegenüber demselben Kunden einheitliche Preisanpassungen vornehmen oder zumindest eine „unterste Schmerzgrenze“ nicht unterschreiten.
So kam es bei der gemeinsamen Kundin Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Steirisches Hilfswerk für Eigenheimbau reg.Gen.m.b.H. (Rottermanner BSG) von zumindest 2010 bis 2016 (mit Wirkung bis 2019) zwischen der Antragsgegnerin und Ista zu abgestimmten Preiserhöhungen für die Dreijahresverträge (Beilagen ./M5 bis ./C6). Dabei wurde festgelegt, welches untere Limit einer Preiserhöhung als unterste Schmerzgrenze akzeptiert wird.
Für die Periode 2010 bis 2012 wurde zwischen der Antragsgegnerin und Ista eine Vereinbarung über einheitliche Kundendiensttarife gegenüber der Rottermanner BSG getroffen. Für die Preiserhöhung für die Vertragsperiode 2013 bis 2015 wurde von Techem an Ista ein detailliert ausgearbeiteter Vorschlag übermittelt, der von Seiten Ista mit einem „Ok“ bestätigt wurde.In ähnlicher Form gab es eine Abstimmung zwischen der Antragsgegnerin und Ista vor dem Verhandlungstermin mit der Rottermann BSG im Jahr 2016. Techem übermittelte für die nächste Vertragsperiode 2016-2018 seinen Vorschlag für die einheitlichen Preisanpassungen gegenüber den Kunden Rottermann BSG an Ista unter Hinweis darauf, dass dieser Preiserhöhungsvorschlag einheitlich der Rottermann BSG gemacht werde.
Auf diese Weise wurden zwischen Techem und Ista die Preise koordiniert (Beilagen ./M5 bis ./C6).
Der Gemeinnützigen Grazer Wohnungsgenossenschaft Reg.Gen.m.b.H (in der Folge: GGW) als Submetering-Kundin wurden von Ista, Techem und M. seit Juli 2004 in abgestimmter Weise einheitliche Preise verrechnet (Beilagen ./V6 bis ./I7).
So hielt Ista mit Schreiben vom 13.7.2004 an die Antragsgegnerin die einheitliche Preiserhöhung beim Kunden GGW ab 1.7.2004 schriftlich fest (Beilage ./V6). Die Preiserhöhungen für die Abrechnungsperioden wurden von den Mitbewerbern einheitlich vorgenommen. In einem Schreiben von Techem an Ista und an M. vom 12.7.2010 wird beispielsweise festgehalten:
„Sehr geehrte Herren,
wie alljährlich habe ich folgende Tarife ausgehandelt, bitte gleichen Sie die Tarife entsprechend an“ (Beilage ./Z6).
Im Schreiben vom 29.5.2009 betreffend die Abrechnungsperiode 1.1. bis 31.12.2009 schreibt die Antragsgegnerin an Ista und M.:
„Sehr geehrter Herr […], sehr geehrter Herr […], wie bereits telef. vereinbart, werden wir gemeinsam die Kundendiensttarife ab 1.7.2009 für die Abrechnungsperiode 1.1. bis 31.12.2009 um 3,1 % erhöhen (100 % Lohnkostenanteil).
Die entsprechenden Kundendienstbriefe senden Sie bitte Herrn [...]“ (Beilage ./X6).
Die Tarifverhandlungen mit dem Kunden GGW wurden von Ing. K. (Antragsgegnerin) geführt und von Ista und M. übernommen. In einem internen E-Mail von Ista vom 17.10.2011 ergibt sich dazu:
„Bei GWS und GGW wurde in den letzten Jahren immer von M., Techem und Ista derselbe Preis der von K.(Anm: Antragsgegnerin) verhandelt wurde , verrechnet!“ (Beilge ./A7).
Am 19.11.2018 schickt B. (Ista) an einen Techem-Mitarbeiter folgendes Mail:
„Sehr geehrter Herr H! Wie soeben mit Ihnen besprochen, bitte ich um Bekanntgabe der Preiserhöhungen bei der GGW! Herzlichen Dank für Ihre Bemühungen und liebe Grüße […]“ (Beilage ./I7).
Ein vergleichbares Modell der einheitlichen Preiserhöhung wurde zwischen der Antragsgegnerin, Ista und M. bei der Kundin Gemeinnützige Alpenländische Gesellschaft für Wohnbau- und Siedlungswesen mbH (in der Folge: GWS) praktiziert. Ista und M. verrechneten der GWS zumindest im Zeitraum 2009 bis 2011 jene Preise, die von der Antragsgegnerin einheitlich für alle drei Submetering-Anbieter ausverhandelt worden waren (Beilage ./A7).
2.2. Abstimmung von Montagepreisen in Vorarlberg:
Zwischen der Antragsgegnerin und Ista wurden einheitliche Untergrenzen der Montagekosten für WMZ und WZ sowie Weggelder festgelegt. Am 29.10.2010 wurden schriftlich die mit Techem vereinbarten preislichen Untergrenzen für die Montage festgehalten und diese vereinbarte Untergrenze mit einem exakten Eurobetrag ausgewiesen (Beilage ./D6 bis ./H6).
2.3. Preisabstimmung betreffend den Austausch von Boilerzählern:
Auch in diesem Bereich wurden zwischen der Antragsgegnerin und Ista die Preise einheitlich abgestimmt.
So kam es im Jahr 2010 zwischen der Antragsgegnerin und Ista zu Preisabstimmungen hinsichtlich des Austausches von Boilerzählern in Wohnungen der Linz AG/LGW (Beilage ./S6 -./T6).
Der Kalendereintrag vom 7.3.2010 von E. (Techem) lautet:
“Verkaufs-, Miet und WD Preisliste bis Donnerstag, den 11.3.2010 vorbereiten und mit mailen, damit ich das dann an Hr. V. (Techem) zur nächsten Besprechung mit LGW weiterleiten kann.“ (Beilage ./T6).
2.4. Preisabsprachen im Bereich des Energie-Contracting
Die Energiecomfort Energie- und Gebäudemanagement GmbH, eine 100% Tochter der Wien Energie GmbH (in der Folge: Energiecomfort) ist ua im Bereich des Energiecontractings tätig. Sie bietet ihren Kunden nicht nur die Energielieferung, sondern auch die Ablesung und Abrechnung als ein Paket ab. Die Ablesung und Abrechnung macht Energiecomfort allerdings nicht selbst, sondern bedient sich Subunternehmen wie der Antragsgegnerin und Ista. Die von der Antragsgegnerin und Ista dabei erbrachten Submeteringleistungen werden an Energiecomfort verrechnet, die diese wiederum an ihre Kunden verrechnet.
Die Rahmenvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und Energiecomfort regelt ua die Preise, die die Antragsgegnerin an Energiecomfort als Subunternehmerin verrechnet.
Die Antragsgegnerin vereinbarte mit der Mitbewerberin Ista, dass bezüglich des gemeinsamen Kunden Energiecomfort es nicht zu einem Preiswettkampf kommen solle, und stimmten die Preise ab (Beilagen ./J3, ./O6, ./P6). Diesbezüglich kontaktierte Techem die Mitbewerberin Ista beispielsweise mit folgendem Mail aus 2009:
„[…] nachfolgend unsere abgelehnten EC-Preise. Da wir Ista ungern unterbieten möchten (das ist für uns beide nur von Nachteil), wären wir für ein paar Anhaltspunkte sehr dankbar. […] Wir werden jedenfalls versuchen, die Kundendienstpreise anzuheben!!!“
Unter diesem Text findet sich sodann eine Liste der Techem-Preise (Beilage ./P6).
2.5. Preisabsprachen für Entsorgungskosten von Messampullen:
Im Frühjahr 2018 stimmten sich die Antragsgegnerin sowie die Mitbewerber Ista und M. im Rahmen einer Branchenverbandssitzung darüber ab, dass die Entsorgungskosten für Messampullen für Heizkostenverteiler auf Verdunstungsbasis an Kunden weitergegeben werden (Beilagen ./FF, ./Q6).
Im Protokoll der Verbandssitzung vom 12.6.2018 heißt es dazu (Beilage ./WW):
„Es herrscht Einvernehmen darüber, dass die steigenden Entsorgungskosten für die Altampullen an die Endverbraucher weitergegeben werden müssen. Herr L.(Anm. Ista) berichtet in diesem Zusammenhang von einem Tarif von EUR 1,30 je Altampulle in Dänemark.“
Im Protokoll der Verbandssitzung vom 28.2.2019 wurde festgehalten (Beilage ./D5):
„ad Entsorgungsgebühr für Altampullen
Die Teilnehmer an der Besprechung sind sich einig, dass die Entsorgungskosten für die Altampullen weiterverrechnet werden müssen. Die dafür verrechneten Kosten belaufen sich je nach Kunden auf ca. netto EUR 0,40 bis EUR 0,65.“
2.6. Entsorgungsgebühr für Litium-Ionen-Batterien
Im Rahmen von Verbandssitzungen wurde das Thema der Entsorgungskosten von Litium-Batterien zwischen der Antragsgegnerin und Mitbewerbern behandelt(Beilage ./CC, ./DD, ./EE, ./FF).
Im Protokoll der Verbandssitzung vom 30.1.2018 wird dazu festgehalten (Beilage ./FF):
„Herr L. (Anm: Ista) weist in diesem Zusammenhang auf die Entsorgungskosten der Litium-Batterien hin, welche die Branche ebenfalls an die Endverbraucher wird weitergeben müssen.“
Im Anschluss an diese Branchenverbandssitzung heißt es in einem antragsegnerininternen Mail vom 1.2.2018 (Beilage ./GG):
„Folgendes Thema wurde von den Herren L.(Anm: Ista) und G. (M. an mich herangetragen:
[…]
2) Detto sollten wir eine Entsorgungsgebühr für WZ-Batterien verrechnen.“
2.7. Absprachen über die Verrechnung von Kosten der Sondernachtermine:
Die Antragsgegnerin vereinbarte mit Mitbewerbern im Zusammenhang mit der Verrechnung von Nachterminkosten, dass pauschal immer ein alternativer Nachtermin bei Nichtantreffen bei der Hauptablesung kalkuliert ist. Sollten jedoch ein oder mehrere Nutzer einen Sondertermin vereinbaren wollen, wird der dann tatsächlich entstandene Aufwand in Rechnung gestellt (Beilagen ./T3, ./U3).
In einem internen Mail der Antragsgegnerin wird dazu festgehalten(Beilage ./T3):
„[…]
Gegenüber den HV halten wir uns alle drei (Anm: ista, Techem und M. an folgende Praxis (wie in den letzten 52 Jahren auch):
*) In unseren Tarifen sind Nachterminkosten nicht kalkuliert, da diese Kosten von den wirklichen Verursachern zu tragen sind.
*) Wir vergeben „Pauschal“ immer einen alternativen Nachtermin bei Nichtantreffen bei der Hauptablesung und ist dieser Betrag daher eine „Pauschale“.
*) Sollte(n) ein oder mehrere Nutzer einen Sondertermin vereinbaren wollen, sind wir dazu bereit, allerdings ist dann der tatsächliche entstandene Aufwand in Rechnung zu stellen.
[...]“
3. Gründung eines Interessensverbandes (Vereines) durch die Antragsgegnerin und zwei weitere Wettbewerber zur Abschottung des Marktes:
Im Jahr 2012 wurde von der Antragsgegnerin und den Mitbewerbern Ista und M. ein Verein der österreichischen Messdienst- und Energiedienstleister gegründet. Die branchenverbandgründenden Unternehmen sind im Submetering-Geschäft tätig.
Als Sitz und Zustellanschrift des Branchenverbandes fungierte die Firmenadresse von Ista.
Die Sitzungen des Branchenverbandes wurden stets von einem der drei Geschäftsführer der drei Vereinsmitgliedsunternehmen einberufen und fanden an unterschiedlichen Orten statt. Der Branchenverband wurde gegründet, um ua ein Vehikel zum Informationsaustausch zu haben.
Eine Aufnahme weiterer Unternehmen in den Verband fand nicht statt, obwohl laut eines Gedächtnisprotokolls über eine am 20.9.2011 im Rahmen der Gründung des Vereines stattgefundene Besprechung in der Raststation in Guntramsdorf zunächst angedacht war, dass der Beitritt zum Verein allen Messdienst- und Energiedienstleistern, mit Ausnahme von Energie- und Wärmeenergieversorgern, offen stehen soll.
In der Folge kam es jedoch trotz Beitrittswünschen von Mitbewerberinnen nicht zur Aufnahme weiterer Mitglieder.
Um die Ablehnung der Aufnahme weiterer Unternehmen statutenkonform zu begründen, wurden nach Gründung des Vereins die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft mittels Statutenänderung so drastisch verschärft, dass es keinem weiteren Mitbewerber möglich war, diese zu erfüllen. Damit wurde eine Strategie der Marktabschottung betrieben, welche die kartellrechtswidrigen Absprachen absicherte.
So war anfänglich als Aufnahmekriterium für die Vereinsmitgliedschaft vorgesehen, dass ein interessiertes Unternehmen zumindest 10.000 Wohnungen in Österreich im Abrechnungsbestand haben muss.
Als Reaktion auf den Beitrittswunsch eines Wettbewerbers tauschten sich die Mitglieder des Vereins schriftlich dahingehend aus, dass Aufnahmevoraussetzung 50.000 Wohneinheiten im österreichischen Abrechnungsbestandsgebiet sein müsste und die Mitglieder ausschließlich österreichische Unternehmen ohne ausländischen Partner sein dürften.
In einem weiteren E-Mail Anfang 2013, das zwischen den Vereinsmitgliedern zirkulierte, kam der Vorschlag, dass die Mindestzahl der Wohneinheiten sogar auf 100.000 erhöht werden sollte. Die Statuten wurden schließlich dahingehend geändert, dass als Voraussetzung für die Vereinsmitgliedschaft ein Wohnbestand von 100.000 festgelegt wurde.
Diese Maßnahme war die Vorkehrung, um einen geschlossenen Mitgliederkreis beizubehalten und diesen auch künftig sicherzustellen. Der Zweck dieses Vorgehens, nämlich die Aufnahme weiterer Mitbewerber als Vereinsmitglieder zu verhindern, lag darin begründet, den geheimen und wettbewerbswidrigen Informationsaustausch, der in den Vereinssitzungen stattgefunden hat, abzusichern. Im Fall eines erweiterten Mitgliederkreises wäre dies in der von den Mitgliedern geübten Form unter Umständen nicht mehr möglich gewesen (Beilage ./O bis ./BB, ./M).
4.a. Informationsaustausch im Rahmen von Brachenverbandssitzungen:
Diese Branchenverbandssitzungen dienten den im Wettbewerb stehenden Vereinsmitgliedern als Drehscheibe für die Weitergabe wettbewerblich relevanter Informationen. Auf diesen Weg sollten für die Mitglieder strategische Unsicherheiten am Markt reduziert werden.
Dabei wurden Informationen über den Verrechnungsmodus von Entsorgungskosten für Litium-Ionen-Batterien (Beilage ./CC bis ./FF)- siehe auch oben unter Punkt 2.6. - und zum Lageausgleich (Beilage ./BB) ausgetauscht.
Es wurde weiters wechselseitig das Wissen über Ausschreibungen weitergegeben, wie beispielsweise im Jahr 2013 betreffend eine Ausschreibung der BUWOG (Beilagen ./JJ, ./NN. ./N4) und im Jahr 2016 betreffend eine Ausschreibung der Linz AG (Beilage./KK).
Die Vereinssitzungen wurden weiters genutzt, um das Wissen über Entwicklungen und Trends im Submetering-Markt zu teilen und zu erörtern, wie auf die verschiedensten Entwicklungen zu reagieren ist.
So wurde in der Sitzung vom 25.6.2012 unter anderem über die steigende Tendenz zur Miete von Messgeräten diskutiert. Im Protokoll heißt es dazu (Beilage ./II):
„[...]Dazu wurde festgestellt, dass eine steigende Tendenz zur Miete von Messgeräten in Österreich zu bemerken ist. Um nicht in Konflikt mit dem Mietrecht zu kommen werden die Geräte in der Regel kostenlos beigestellt, soferne eine mehrjährige Wartung der Messgeräte vereinbart wird. [...]“
Im Anschluss an eine Vereinssitzung vom 25.6.2012 versandte E. (Techem) an mehrere Mitarbeiter von Techem nachfolgende E-Mail mit dem Betreff „Gespräch mit Herrn L. (Anm.: Ista) und G. (Anm.: M.)“ vom 25.6.2012 (Beilage ./SS):
„Infos vom Mitbewerb:
Ista kauft, gibt als Wärmeabgeber und verteilt im Rahmen der DV ca. EUR 40 Mio. Energie
- M. ca. EUR 25 Mio.
- beide Unternehmen machen keine Gerätemiete, sondern nur mehr Gerätebereitstellung
- kein Mietvertrag, sondern Beistellungs- oder nur Abrechnungsauftrag seitens der Kunden an Abrechnungsunternehmen
- keine Vergebührung
- Verrechnung MESSPREIS (beinhaltet Geräte, Montage, Ablesung, Abrechnung und ggf. DV)
- interne Konzerndarstellung bei Ista Umsatz/Ergebnis 1x mit / 1x ohne Energielieferung
- intern genaue Kostentrennung
- Regeltausch erfolgt automatisch – ohne separates Kundengespräch (außer der Kunde storniert vorher)
- Abrechnungstarif für DV wird generell nicht mehr separat ausgewiesen, sondern wird ein All-In-Tarif (Ablesung, Abrechnung und DV) verrechnet, da es sehr strittig ist, ob die DV-Bearbeitung nicht zur Gänze – und ausschließlich – die HV zahlen müsste und daher nicht umgelegt werden darf
- ähnliche Vorgangsweise detto für Wagnisprovision
- Zahlscheingebühr wird – wenn überhaupt separat ausgewiesen - als Verwaltungsgebühr bezeichnet
- idR ist diese Gebühr aber Teil des DV-Tarifes (ca. EUR 2,20 bis EUR 2,50) und im pauschalen All-In-Tarif eingerechnet
- große Tendenz künftig alles in All-In-Tarife zu verpacken (sowohl für HV als auch für PRI)
K. E. eh.“
So wie in der Sitzung vom 25.6.2012 wurden auch die anderen Vereinssitzungen genutzt um marktbezogene Themen abzuhandeln. Der im Rahmen der Vereinssitzungen tatsächlich erfolgte kartellrechtwidrige Informationsaustausch fand nicht immer Eingang in das Protokoll, wurde jedoch in E-Mails und handschriflichen Aufzeichnungen festgehalten (Vergleich Beilage ./OO mit./QQ; Vergleich ./II mit ./SS und ./TT).
Die Sitzungen wurden auch genutzt, um Informationen darüber auszutauschen, wie es gelingt ohne Kundenbetreuung die Kunden zu binden:
In einem antragsgegnerininternen Mail berichtet Herr E. über die in der Branchenverbandssitzung erhaltene Informationen vom Wettbewerber Me. ( Beilage ./YY):
„ […]
Seit 2015 muss die M. die Kunden gar nicht mehr aktiv betreuen sondern werden der überwiegende Großteil der
Aufträge / Bestellungen einfach per E-Mail übermittelt!
Den Mietpreis von € 1,57 netto pro F-HKV pro Jahr verrechnet M. bei der ENW schon seit 2014 - dieser wurde
aber ursprünglich gar nicht von der ENW gefordert sondern ist G. (Anm: M.) von sich aus auf die ENW zugegangen
und hat diesen - ][...] - „Wahnsinnspreis" angeboten, um sich quasi alle Neuanlagen und fremden Regeltauschanlagen zu sichern.
P. (Anm: M.)teilt auch mit, dass es das absolute Bestreben von G. (Anm: M.) ist, über eine extreme Preispolitik weiteren Bestand - und dies vorwiegend in der Stmk und in Kärnten - zu gewinnen; Ziel ist es, die Techem in der Stmk
zu verdrängen. In Ktn hingegen wird die Techem - jetzt wieder- als Mitbewerber gesehen!
Die M. macht in der Zwischenzeit auch Wartungen von Wohnungsstationen zu einem Preis von ca € 50,00 netto pro Station; das ist zwar kein wirkliches Geschäft, aber so kommt die M. in weitere Anlagen fix hinein!
Bitte mache Dir ausführliche Gedanken über die Problematik und wir sollten uns ehestens zu dem Thema zusammensetzen und überlegen, was wir in der Stmk tun wollen / sollen, damit Techem wieder einen „Namen" bekommt! Sobald Du ein Konzept / einen Vorschlag hast, komm bitte auf uns zu [...]“
Auch die allseits ablehnende Haltung zu offenen Funkprotokollen wurde abgestimmt. In einer Reihe von Verbandssitzungen im Jahr 2016 haben die Vertreter von M., Techem und Ista die Gefahr von Messgeräten mit offenen Funkprotokollen diskutiert, da bei Einführung solcher Messgeräte eine Gefährdung der eigenen Bestandssicherheit befürchtet wurde(Beilagen ./K5, ./U4, ./L5).
So wird im Verbandsprotokoll vom 25.4.2016 festgehalten (Beilage ./U4):
„ Pos.10 Offenlegung von Funkprotokollen
Die Branche bemerkt mit Sorge eine Tendenz der Kunden zur Offenlegung von Funkprotokollen. Damit würden Wettbewerbsunternehmen in die Lage versetzt unter Nutzung der bestehenden Mess- und Verteilgeräte Anlagen zu übernehmen und weiter zu betreuen, was einer Aufhebung des Bestandsschutzes gleichkäme. Herr Ing. L. (Anm. Antragsgegnerin)berichtet, dass diese Offenlegung von Funkprotokollen in Italien bereits üblicherweise gefordert wird. Die Fa. ista benutzt deshalb eine Art Hardware Schutz in Form eines Tongel […]“
 
Nach vereinsinternen Diskussionen über den Weiterbestand des Branchenverbandes wurde dieser am 28.2.2019 mit Wirkung zum 31.3.2019 aufgelöst (Beilagen ./FF, ./UU, ./VV, ./WW ./XX).
 
4.a. Informationsaustausch außerhalb der Brachenverbandssitzungen:
Der Informationsaustausch und die Verhaltensabstimmungen fanden auch außerhalb der Verbandssitzungen statt. Der Austausch außerhalb der Vereinssitzungen erfolgte sowohl bilateral zwischen der Antragsgegnerin und einem weiteren Mitbewerber als auch multilateral, insbesondere zwischen Ista, M.k und Techem. Das wechselseitige Sich-In-Kenntnis-Setzen von wettbewerblich relevanten Daten ereignete sich im Rahmen von persönlichen Treffen, über E-Mail oder auch telefonisch.
So haben sich die Antragsgegnerin mit Wettbewerbern wechselseitig Preislisten und Angebote anderer Wettbewerber zugespielt, um auf diesem Weg die strategische Unsicherheit am Markt zu reduzieren. Auch die eigenen Preislisten wurden an Mitbewerber weitergeleitet (Beilagen ./ZZ bis./A3 - ./I3).
Beispielsweise wurde am 5.12.2011 die aktuelle Preisliste von ista der Antragsgegnerin „zu Ihrer Verwendung“ per Mail gesendet, die antragsgegnerinintern mit folgender Bemerkung weitergeleitet wurde: „anbei - zur vertraulichen Verwendung – die aktuelle Preisliste der Ista!“(Beilage ./E3).
Umgekehrt erhielt auch Ista von der Antragsgegnerin deren Kundendienstpreislisten (Beilagen ./C3, ./H3, ./I3).
Es kam auch zum Austausch relevanter Informationen über die Marktposition der Wettbewerber. So unterrichtete beispielsweise E. (Techem) per Mail G. (M.) und L. (Ista) über das Ergebnis der antragsgegnerininternen Erhebung hinsichtlich des Anteils an Wohnungsverteilerststionen in den Bundesländern (Beilage ./HH):
„Sehr geehrter Hr G.,
Sie wollten ja unsere Einschätzung hinsichtlich des Anteils an Wohnungsverteilerstationen wissen.
Eine Befragung unserer NL-Leiter bzw Verkäufer ergibt für Österreich ein komplett unterschiedliches Bild:
Tirol ca 75%
Vorarlberg ca 10%
Salzburg ca 90%
Oberösterreich ca 10%
Wien / Niederösterreich / Burgenland ca 65%
Steiermark ca 40%
Kärnten / Osttirol ca 30%
Ich hoffe, Sie können diese Daten verwenden und in Ihr Schreiben entsprechend verpacken.
Mit freundlichen Grüßen
E.“
Häufig erfolgte der Informationsaustausch betreffend das Vertragsverhältnis mit konkreten Kunden – siehe anschließenden Punkt 4.b.
 
4.b. Wechselseitige Informationsweitergabe und Preisabstimmungen betreffend konkreter Kunden:
4.b.1. Zu den Kunden Wien Energie und Energie Comfort: So heißt es in einem Mail an die Antragsgegnerin vom 7.1.2016 (Beilage ./J3):
„Sehr geehrter Herr E.,
in der Anlage die Handelswaren Mietpreise der Ista - vertraulich - für Wien Energie (FWW und EC) bis inkl. 2019“.
Dieser Nachricht angeschlossen ist eine Techem-Preisliste für den Kunden Energie Comfort, in der neben den Preisen von Techem handschriftlich die Preise von Ista bis 2019 notiert wurden.
Auch anlässlich der Ausschreibung „WE-4200092724 Jahresablesung 2017 – 2025 der Wien Energie kam es zwischen Submetering-Wettbewerbern zum rechtswidrigen Informationsaustausch (Beilagen ./F5 - ./J5).
In dem Zusammenhang schickte E.(Techem) am 22.5.2017 folgende Mail an den Branchenverband:
„Sehr geehrte Herren,
in Anbetracht der uns allen bekannten aktuellen Ausschreibung in Wien sollten wir uns überlegen, als V. (Anm: Branchenverband) ein Schriftstück aufzulegen, in dem wir darauf hinweisen, dass es in der Branche der Wärmekostenabrechnungsfirmen absolut nicht üblich bzw nicht möglich ist, Teilprozesse aus dem Gesamtprozess „V-HKV-Ablesung“ heraus zu lösen und diese Teile an unterschiedliche Anbieter zu vergeben!“ (Beilage ./F5). Am 23.5.2017 teilt E. (Techem) L.(Ista) mit, dass Techem keine Fremdgeräte bedienen wolle/werde (Beilage ./F5). Am 24.5.2017 fasst E. (Techem) in einem Mail ein Gespräch mit G. (M.k) zusammen, in dem er darauf hinweist, dass die Teilnahme von M. an der Ausschreibung fraglich sei aber im bejahenden Fall von M. eigene HKV anbieten werde (Beilage ./G5). Am selben Tag hält E. (Techem) in einem Mail fest, dass Ista Einzelteile für das eigene Fabrikat gemäß Norm anbieten werde und darauf hinweisen werde, dass die Servicierung von Fremdgeräten nicht normgerecht sei (Beilage ./H5).
Betreffend Energie Comfort, eine 100% Tochtergesellschaft der Wien Energie, die ihren Kunden nicht nur die Energielieferung sondern die Ablesung und Abrechnung in einem Paket anbietet, tauschte die Antragsgegnerin, die für Energie Comfort für die Dienstleistungen Ablesung und Abrechnung als Subunternehmerin tätig ist, mit Wettbewerbern Preislisten aus (./O6, ./P6) – siehe dazu auch oben Punkt 2.4..
4.b.2. Zur Kundin Fernwärme Wien:
Die Antragsgegnerin und die Ista als Submetering-Anbieterinnen werden von der Fernwärme Wien als Subauftragnehmer herangezogen. Diese beiden Wettbewerber tauschten sich über ihre, mit der Fernwärme Wien abgeschlossenen Verträge, regelmäßig aus (Beilage ./J3, ./P3 ./Q3, ./R3, ./S3).
Im September 2010 kam es zu Kontakten zwischen der Antragsgegnerin und Ista, bei denen die weitere Verrechnung von Kosten, die durch eine IT-Umstellung bei der Fernwärme Wien verursacht worden waren, thematisiert wurde. In einem internen Mail hielt L.(Ista) fest, dass die Umstellung „ganz sicher nicht free of charge“ sei, und dass sich Ista mit V. an einen Tisch setzen solle (Beilagen ./Q3).
Es wurden ua auch Informationen über Preise und Preislisten ausgetauscht.
In einem Vermerk über ein Gesprächs zwischen L. (Ista) und E. (Techem) im Oktober 2012 wird folgendes festgehalten (./S3):
„die Kundendienst-Tarife der Ista bei Fernwärme Wien wären allgemein nicht niedriger als jene der V., außer bei Wärmezählern; die kolportierte Differenz von 4% würde sich auf andere Bereiche wie Reparaturdienst, Neuanlagen und Nachtragsanschlüsse beziehen
- das Storno der Fernwärme Wien bei V. liegt einerseits an der Person K. H. und andererseits an der Tatsache, dass Fernwärme Wien mittelfristig einen Ausgleich der Bestände (Verteilung auf zwei Unternehmen) anstrebt“
In einem Mail an die Antragsgegnerin vom 7.1.2016 werden Preislisten übermittelt (Beilage ./J3):
„Sehr geehrter Herr E.,
in der Anlage die Handelswaren Mietpreise der Ista - vertraulich - für Wien Energie (FWW und EC) bis inkl. 2019“.
4.b.3. Zur Kundin „Meine Heimat“:
Betreffend das Objekt „Eigentumshaus 9500 Villach, Wolfram von Eschenbach Straße 38 und 40, 26-36 des Kunden Meine Heimat Gemeinnützige Bau-, Wohn- und SiedlungsgenossenschaftmbH kam es im Februar/März 2015 zu einem bilateralen Austausch eines (bereits abgegebenen) Angebots zwischen Techem und M. (Beilagen ./M3, ./N3, ./O3). Das von Techem an M. übermittelte ausgefüllte Angebot wurde bei M. intern mit folgender Bemerkung weitergeleitet (Beilage ./O3):
“Sehr geehrter Herr S.!
Ich übersende Ihnen in einem Annex zu diesem Mail die Kopie eines Angebotes der Fa. Techem zu Ihrer Information und ersuche Sie gleichzeitig diese Unterlage als vertraulich zu betrachten. Vor dem Versand unseres korrespondierenden Angebotes wollen Sie bitte mit mir Rücksprache halten.Ich verbleibe
mit freundlichen Grüßen
G.“
4.b.4. Zur Kundin Linz AG:
Zu gehäuften Kontakten zwischen Ista, Techem und M. kam es im Zusammenhang mit dem Kunden Linz AG/Linz Gas/Wärme GmbH (Beilagen ./S4 -./Z4, ./A5 -./E5, ./FF,./WW). Der Informationsaustausch betraf sowohl die aufrechte Vertragsbeziehung samt Preisgestaltung (Beilage ./S4), Sonderwünsche bei der Vertragsgestaltung durch die Linz AG und zwar konkret der Wunsch nach Positionsnummern der Geräte bzw. der Dienstleistungen, die im Herbst 2016 erfolgte EU-weite Ausschreibung mit der Referenznummer 2016/S 190-341387 der Linz AG, sowie Preisabstimmungen hinsichtlich des Austausches von Boilerzählern in Wohnungen der Linz AG/LGW (Beilage ./S6 -./T6) - siehe dazu auch oben unter Punkt 2.3..
Im Zusammenhang mit dem Preisniveau betreffend die Linz AG gestaltete sich der Mailverkehr bespielsweise wie folgt: E. (Techem) schrieb am 23.12.2014 an L. (Ista) ein E-Mail mit dem Betreff „Erhöhung+ abzJ-Bonus = Nullsummenspiel“. L.(Antragsgegnerin) antwortete am selben Tag wie folgt: „ Dh. Erhöhung ist +/- NULL wie in den letzten Jahren abzüglich Bonus = Preisnachlass“ (Beilage ./S4).
In einem antragsgegnerininternen Mail vom 4.5.2017 wird zu der EU-weite Ausschreibung mit der Referenznummer 2016/S 190-341387 der Linz AG festgehalten:“[…] Ista und M. haben den Preisen schon zugestimmt. Machen wir das auch, erhalten wir unseren Bestand und bekommen 1/3 aus dem Los 4!!!![…]“ (Beilage A5).
Sonderwünsche der Linz AG bei der Vertragsgestaltung, konkret der Wunsch nach Positionsnummern der Geräte bzw. der Dienstleistungen wurden in der Branchenverbandssitzungen am 12.6.2018 und am 28.2.2019 zwischen der Antragsgegnerin und ihren Mitbewerbern besprochen und im Protokoll festgehalten, dass die von Linz AG gewünschten organisatorischen Änderungen von der Antragsgegnerin und Ista abgelehnt worden seien, M. dem jedoch nachgekommen sei (Beilagen ./WW, ./ D5). In der Sitzung vom 28.2.2019 wurde auch der von der Linz AG übermittelte AV-Vertrag der aufgrund der DSGVO vertragliche Änderungen enthielt, zwischen den Wettbewerbern diskutiert und die Informationen über den Umgang mit den Vertragsänderungswünschen der Linz AG ausgetauscht und im Aktenvermerk über diese Sitzung festgehalten: (Beilage ./D5) :
„ad Auswirkungen der neuen Datenschutz Grundverordnung
Die Herren Ing.L. (Anm: Ista) und E. (Anm:Techem) berichten von einer Zuschrift der Linz AG in der umfangreiche Datenschutzbestimmungen sowohl für die Abrechnungsunternehmen, als auch für die von diesen beauftragte Subunternehmen gefordert werden. Die Firmen Ista und Techem erklären unisono dieses Dokument nicht unterzeichnen zu können, da sie für die Subnternehmen nicht garantieren können. Hr. G. erklärt dieses Dokument zu unterzeichnen, da die Fa. M. keine Subunternehmer beschäftigt, beim gesamten Ablesepersonal handelt es sich um Angestellte der Fa. M..“
4.b.5. Zur Kundin Gemeinnützige Alpenländische Gesellschaft für Wohnbau- und Siedlungswesen mbH (GWS) – siehe Punkt 2.1. sowie anschließend Punkt 6.
4.b.6. Zur Kundin Gemeinnützigen Grazer Wohnungsgenossenschaft Reg.Gen.m.b.H (GGW) - siehe oben Punkt 2.1. sowie anschließend Punkt 6.
4.b..7. Zur Kundin Vereinigte Linzer Wohnungsgenossenschaften (VLW):
Im Zusammenhang mit dem Kunden VLW kam es zum Informationsaustausch betreffend eine Ausschreibung. Im E-Mail vom 16.7.2014 wird antragsgegnerinintern festgehalten (Beilage ./ L4):
„ Hallo Hr A.,
ich habe gestern von Hr L. (Anm: Ista“) gehört, dass er von der VLW fix weiß, dass diese Anfang 2015 den gesamten Bestand ausschreiben werden!
Wie bereits mit Fr J. besprochen, sollten Sie unbedingt versuchen, vor der Ausschreibung bei der VLW einen Termin zu bekommen und ggf etwas in unserem Sinne zu erreichen!
Bitte um Info!
Danke E.“
4.b.8. Zum Kunden „Mach“
Zum bilateralen Informationsaustausch zwischen der Antragsgegnerin und der M. kam es im Zusammenhang mit der „Mach Ausschreibung“ im Jahr 2016.
In einem antragsgegerininternen Mail vom 8.9.2016 nimmt E. (Techem) auf die Ausschreibung wie folgt Bezug (Beilage ./M4):
„Habe gerade mit Dr G. (Anm: M.) telefoniert - mit folgendem Ergebnis:
100 Anlagen rechnet M. ab - inkl Heizhausbetreuung
Ca 80 - 90 Anlagen hat Ista
Einige Anlagen hat VX. und möglicherweise auch A.??
Sehr viele alte Anlagen (tlw älter als 30 - 40 Jahre)
Preise sind sehr schlecht
Vertragsbedingungen sind tlw ein „Wahnsinn“
M. hat alle Geräte in Miete (tlw noch lange Restzeiten)
M. macht bei Ausschreibung auch wieder mit, gibt aber keine neuen, günstigeren Preise ab, da Niveau schon
sehr tief
M. stellt keine Bankgarantie zur Verfügung, da große Bedenken, wenn S-Gruppe bzw die HV dahinter in
Konkurs gehen, dann ist BG-Geld sofort weg
Über die weitere Vorgangsweise müssen wir heute Nachmittag abstimmen!
Danke EG“
 
4.b.9. Zur Kundin BUWOG
siehe oben Seite 16 unter Punkt 4.a.
4.b.10. Zum Kunden Weinberger-Biletti
siehe sogleich unter Punkt 5.
4.b.11 Zur Kundin Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Steirisches Hilfswerk für Eigenheimbau reg.Gen.m.b.H. (Rottermanner BSG):
siehe oben Seite 8 unter Punkt 2.1.
 
5. Legung von Deckangeboten:
In den Jahren 2006, 2008, 2010, 2011 und 2015 wurden von der Antragsgegnerin Deckangebote von Ista und M. eingefordert (aktive Deckangebote) und diese zugunsten der Antragsgegnerin gelegt.
Mit E-Mail v0m 24.7.2006 kontaktierte Techem einen Ista-Mitarbeiter mit dem Hinweis „wie vereinbart“, damit Ista ein Angebot an GWS legt, wobei Techem die konkreten Posten samt Preise an Ista mitsendete. Das Deckangebot wurde von Ista gelegt. (Beilage ./L6 und ./N6).
Auch 2008 legte Ista ein Deckangebot zugunsten der Antrtagsgegnerin. Auftraggeberin war die GGW. Im Jahr 2010 wurde neuerlich ein Deckangebot von Ista zugunsten der Antragsgegnerin gelegt (Beilagen ./K6, ./J6).
Im Jahr 2011 legte Ista zugunsten der Antragsgegnerin ein Deckangebot betreffend den Auftraggeber Weinberger-Biletti (Beilage ./I6).
Zum von der Antragsgegnerin eingeforderten Deckangebot betreffend das Eigentumshaus 9500 Villach, Wolfram von Eschenbach Straße 38 und 40, 26-36 des Kunden Meine Heimat im Jahr 2015 siehe oben Punkt 4.b.3..
 
Beweiswürdigung:
Von der Antragsgegnerin wurde der von der BWB vorgebrachte Sachverhalt und Deliktszeitraum ausdrücklich außer Streit gestellt. Die außerstreitgestellten Behauptungen stehen mit dem Inhalt der vorgelegten Urkunden Beilage ./A – ./K7 im Einklang. Da die Antragsgegnerin die Urkunden als echt anerkannte und diese als unbedenklich einzustufen sind, konnte das Kartellgericht von weiteren Beweisaufnahmen gemäß § 33 AußStrG absehen und die Feststellungen auf das Vorbringen der BWB und den Inhalt der Urkunden gründen.
 
Rechtliche Beurteilung:
1. Kartellverbot
Nach § 1 KartG bzw Art 101 AEUV sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmern, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen verboten, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken.
2. Zwischenstaatlichkeit
Art 101 AEUV kommt zur Anwendung, wenn der Wettbewerbsverstoß geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen (Zwischenstaatlichtkeit).
Beim Kriterium der Zwischenstaatlichkeit handelt es sich um eine Kollisionsnorm, die keine wettbewerbsrechtliche Bewertung der Absprache betrifft, sondern die Frage beantworten soll, ob es angemessen ist, den Sachverhalt nach Unionsrecht zu beurteilen. Art 101 Abs 1 AEUV erfordert, dass die wettbewerbsbeschränkenden Praktiken geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Diese Voraussetzung ist – was schon durch das Abstellen auf die „Eignung“ angelegt ist – weit zu verstehen (16 Ok 7/15p mwN).
Maßnahmen, deren wettbewerbsbeschränkende Wirkungen sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken, sind zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten geeignet, weil sie schon ihrem Wesen nach die Abschottung nationaler Märkte verfestigen und die gewünschte Marktintegration verhindern können (16 Ok 7/15p, 16 Ok 8/15k). Ein Kartell, das über das Gesamtgebiet eines Mitgliedstaats ausgebreitet ist, verhindert die in der Union angestrebte wirtschaftliche Verflechtung und beeinflusst damit den innergemeinschaftlichen Handel (EuGH C-238/05, C-125/07, 16 Ok 4/13; 16 Ok 2/15b; 16 Ok 7/15p; 16 Ok 8/16m; RIS-Justiz RS0120478).
Bei den festgestellten Zuwiderhandlungen der Antragsgegnerin ist allein schon aufgrund ihrer flächenmäßig über ganz Österreich verteilten Geschäftstätigkeit, der Anzahl der im Bestand der Antragsgegnerin fallenden Haushalte, der Deliktsdauer sowie aufgrund der Marktanteile der Antragsgegnerin jedenfalls die Zwischenstaatlichkeit zu bejahen und Unionsrecht anzuwenden.
Gemäß Art 3 VO (EG) Nr. 1/2003 haben die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten Art 101 AEUV parallel zum nationalen Wettbewerbsrecht anzuwenden.
3. Absprachen über Preise:
Gemäß § 1 Abs 2 Z 1 KartG bzw Art 101 Abs 1 lit a AEUV sind insbesondere verboten die unmittelbare und mittelbare Festsetzung der An- und Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen.
Kartellrechtswidrige Preisabsprachen können Absprachen über Mindestpreise, Preisintervalle, Preisaufschläge und -abzüge oder die Koordination der Höhe und des Zeitpunkts einer Preissteigerung sein (Schroeder in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union [54. Ergänzungslieferung 2014] Art 101 AEUV Rz 776). Außerdem erfasst Art 101 Abs 1 AEUV auch Vereinbarungen über Margen und Rabatte, Kreditbedingungen und Richtpreise (16 Ok 2/15b).
Auch vereinbarte Preisempfehlungen können verboten sein. So wurde eine Vereinbarung zwischen Wettbewerbern, Preisempfehlungen zu veröffentlichen, als Verstoß gegen Art 101 Abs 1 AEUV angesehen, obwohl die tatsächlichen Endpreise individuell festgelegt wurden (Schroeder aaO Art 101 AEUV Rz 776 mwN, 16 Ok 2/15b).
Die mit den tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen (Vereinbarung, Beschluss, abgestimmtes Verhalten) verbundenen horizontalen Preisregulierungen sind als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung anzusehen, sodass es auf weitere Umsetzungshandlungen und Marktauswirkungen nicht mehr ankommt (Stockenhuber in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union [54. Ergänzungslieferung 2014] Art 101 AEUV Rz 179; 16 Ok 2/15b).
Die festgestellten Abstimmungen zwischen der Antragsgegnerin und ihren Wettbewerbern über einheitliche Preiserhöhungen für die Kundendiensttarife im Rahmen der Jahresvereinbarungen mit Kunden, für Montagen, für den Austausch von Boilern, für Entsorgungskosten von Messampullen, für die Entsorgung von Litium-Ionen-Batterien und für Nachtermine sind als Preisabsprachen zu qualifizieren und stellen damit Kernverstöße gegen das Wettbewerbsrecht dar.
4. Informationsaustausch
Marktinformationsverfahren verstoßen dann gegen Art 101 AEUV, wenn die beteiligten Wettbewerber zeitnah Informationen über solche Umstände austauschen, die für den Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen von Bedeutung sind und die nicht allgemein und ohne Weiteres verfügbar sind. Dies gilt insbesondere, wenn durch diese Kenntnis die Ungewissheit über das Marktverhalten der Wettbewerber abgeschwächt oder gar beseitigt wird (16 Ok 12/06).
Die im Anlassfall ausgetauschten Informationen ermöglichten der Antragsgegnerin nicht nur Rückschlüsse auf die Strategien der daran beteiligten Mitbewerber zu ziehen (vgl 16 Ok 12/06), vielmehr wurde zukünftiges Marktverhalten zwischen den Wettbewerbern besprochen und marktstrategische Überlegungen offengelegt und Verhaltensweisen abgeglichen.
Diese Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und Wettbewerbern über einen systematischen Austausch von strategisch relevanten Daten kommen einer Abstimmung gleich, weil damit die Unabhängigkeit des Verhaltens der Wettbewerber auf dem Markt verringert und Wettbewerbsanreize vermindert werden (Vgl LL der Kommission zur Anwendbarkeit von Art 101 auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit 2011/C 11/01, Rz 61; vgl auch 6 Ob 105/19p).
Solche horizontalen Marktinformationsaustauschsyteme, bei denen, wie hier, strukturiert wesentliche marktstrategisch relevante Unternehmensinterna zwischen den Wettbewerbern weitergegeben werden, sind schon ihrer Natur nach geeignet, den Wettbewerb zu beschränken und daher als bezweckte Kernvestöße unter den Tatbestand der mittelbaren Festsetzung von Geschäftsbedingungen zu subsumieren(Schröter in Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht2, Art 101 Abs 1 Rz 144).
 
5. Akkordierte Vertragsanpassungen
Absprachen über Geschäftsbedingungen sind im demonstrativen Verbotskatalog des Art 101 AEUV und § 1 KartG ausdrücklich genannt. Derartige Absprachen sind schon ihrer Natur nach verbotene Wettbewerbsbeschränkungen, wobei es im Hinblick auf die Verbotsvorschrift keinen Unterschied macht, ob die beteiligten Unternehmen ihre gesamten Geschäftsbedingungen vereinheitlichten oder sich - wie hier die Antragstellerin- nur auf die gemeinsame Verwendung bestimmter Konditionen einigen (Schröter in Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht2, Art 101 Abs 1 Rz 144; 16 Ok 17/04.)
6.Deckangebote:
Die Aufteilung von Aufträgen zwischen Wettbewerbern stellt einen Unterfall des Kartellrechtsverstoßes „Aufteilung der Märkte“ iS des Art 101 Abs 1 lit c AEUV dar (16 Ok 5/08; Gugerbauer in Gugerbauer, KartG und WettbG3 § 1 KartG Rz 105).
Eine Marktaufteilung ist tatbestandsmäßig, unabhängig davon, ob der gesamte Markt oder nur ein Teil davon betroffen ist (Gugerbauer aaO). Durch die Koordinierung des Angebotsverhaltens in einem Ausschreibungsverfahren wird eine Reduktion des Bieterwettbewerbs erreicht, sodass dieses Verhalten auch als Kernverstoß der Aufteilung der Märkte zu qualifizieren ist (sogenanntes Submissionskartell).
Wenn nämlich zwischen den Wettbewerbern im Vorhinein vereinbart wird, wer den Zuschlag erhalten soll, und die von den Mitbewerbern abgegebenen Angebote derart (höher) kalkuliert sind, dass der von den Kartellanten ausgewählte Mitbewerber den Zuschlag erhält, wird jener Markt, in dem die Mitbewerber tätig sind (im konkreten Fall Submetering) unter den Mitbewerbern durch Absprachen aufgeteilt, und damit die dem fairen Wettbewerb innewohnende Ungewissheit über das zukünftige Marktverhalten der Mitbewerber ausgeschaltet (EuGH C-RS 40/73).
Auch solche Formen der Kollusion zwischen Unternehmen sind ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des Wettbewerbs anzusehen und daher als bezweckte Kartellrechtsverstöße zu qualifizieren (EuGH C-32/11; 16 Ok 1/13, 16 Ok 10/16f).
Wenn fest steht, dass eine Vereinbarung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, brauchen ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht geprüft werden (16 Ok 5/08, 16 Ok 12/06, 16 Ok 8/10, 16 Ok 10/16f).
7. Verjährung
Gemäß § 33 KartG darf eine Geldbuße nur verhängt werden, wenn der Antrag binnen fünf Jahren ab Beendigung der Rechtsverletzung gestellt wurde. Damit differenziert § 33 KartG - im Gegensatz zur unionsrechtlichen VO 1/2003 - nicht zwischen einmaligen, dauernden und fortgesetzten Zuwiderhandlungen bzw Zustands- und Dauerdelikten. Nach dem Gesetzeswortlaut muss das Verhalten insgesamt beendet sein, um den Beginn der Verjährungsfrist auszulösen (16 Ok 2/15b).
Bei Dauerdelikten ist zwischen dauernden und fortgesetzten Zuwiderhandlungen zu unterscheiden. Eine dauernde Zuwiderhandlung besteht aus einer andauernden Handlung, eine fortgesetzte aus mehreren Handlungen, die jede für sich die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen. Somit handelt es sich bei einer dauernden Zuwiderhandlung um ein abgrenzbares rechtswidriges Verhalten, das ohne Unterbrechung über einen längeren Zeitraum gesetzt wird. Eine fortgesetzte Zuwiderhandlung liegt demgegenüber immer dann vor, wenn eine zu einer rechtlichen Einheit zusammengefasste Vielzahl rechtswidriger aufeinanderfolgender Verhaltensweisen oder mehrere abgrenzbare Handlungen, die auf die Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung gerichtet sind, erfolgen (16 Ok 2/15b).
Nach der Definition des Europäischen Gerichtshofs umfasst der Begriff der fortgesetzten Zuwiderhandlung eine Mehrzahl von rechtswidrigen Verhaltensweisen oder von Handlungen zur Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung, die durch ein gemeinsames subjektives Element zu einer Einheit verbunden sind (EuGH 8. 7. 1999, C-235/92 P – Montecatini/Kommission).
Der Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung erfasst eine Situation, in der mehrere Unternehmen an einer Zuwiderhandlung beteiligt waren, die aus einem kontinuierlichen Verhalten bestand, mit dem ein einziges wirtschaftliches Ziel verfolgt wurde, nämlich die Verfälschung des Wettbewerbs, oder an einzelnen Zuwiderhandlungen, die miteinander durch eine Übereinstimmung des Zwecks (dieselbe Zielsetzung sämtlicher Bestandteile) und der Personen (Übereinstimmung der beteiligten Unternehmen, die sich der Beteiligung am gemeinsamen Zweck bewusst waren) verbunden waren (16 Ok 2/15b).
Ein Verstoß gegen Art 101 AEUV kann sich daher nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem kontinuierlichen Verhalten ergeben. Bei der Einstufung unterschiedlicher Handlungen als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung ist zu prüfen, ob zwischen ihnen insoweit ein Komplementaritätsverhältnis besteht, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die ihre Urheber im Rahmen eines auf eine einheitliche Zielsetzung gerichteten Gesamtplans anstreben. Insoweit sind alle Umstände zu berücksichtigen, die dieses Verhältnis belegen oder in Frage stellen können, wie der Anwendungszeitraum, der Inhalt (einschließlich der verwendeten Methoden) und im Zusammenhang damit die Zielsetzung der verschiedenen fraglichen Handlungen (16 Ok 2/15b).
Bei fortgesetzten Delikten, also solchen Verstößen, die aus mehreren Teilhandlungen bestehen, die in ihrer Begehungsweise gleichartig sind, in einem nahen zeitlichen Zusammenhang stehen und von einem Gesamtvorsatz getragen sind, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Beendigung des letzten Teilakts zu laufen (Bauer/Müller, Verjährung im Kartellrecht, OZK 2009, 23 [26]; vgl auch Maritzen, Die einheitliche und fortdauernde Zuwiderhandlung - ein kartellrechtliches Oxymoron?, OZK 2010, 92m 16 Ok2/15b).
Da im Anlassfall das zwischen der Antragsgegnerin und wesentlichen Wettbewerbern des Submeterings geschaffene System der Preisabsprachen und Abstimmungen der Geschäftsbedingungen sowie der Aufteilung des Marktes durch Legung von Deckangeboten, das eingebettet war in ein Forum des Wissensaustausches und der Informationsweitergabe, das jahrelang im gegenseitigen Einvernehmen und in verlässlicher Kontinuität stattgefunden hat und Schlüsselinformationen der Geschäftsbeziehungen der Wettbewerber mit ihren Kunden, wie die Preisgestaltung und Geschäftsbedingungen und Ausschreibungen umfasste, das vom Gesamtvorsatz getragen war,strategische Unsicherheiten für die Kartellbeteiligten am Markt zu reduzieren und den Wettbewerb insgesamt vielschichtig abzuschwächen und Wirkungsweisen des normalen Wettbewerbs auszuschalten, ist das Bündel der Kartellrechtsverstöße als einheitliche Zuwiderhandlung zu beurteilen.
Demzufolge hat die Verjährungsfrist erst mit Beendigung des letzten Teilaktes im Jahr 2019 zu laufen begonnen. Verjährung ist daher für keine Periode eingetreten.
Zum Feststellungsausspruch:
Gem § 28 KartG hat das Kartellgericht die Zuwiderhandlung festzustellen, wenn die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV (§ 1 KartG) oder 102 AEUV (§ 5 KartG) bereits beendet ist, soweit daran ein berechtigtes Interesse besteht.
Nach Abs (1a) Z 1 cit leg liegt ein berechtigtes Interessauch vor, wenn die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen einen Unternehmer oder eine Unternehmervereinigung begehrt wird, dem oder der die Bundeswettbewerbsbehörde Kronzeugenstatus zuerkannt hat.
Da der Antragsgegnerin Kronzeugenstatus eingeräumt wurde, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Feststellungsausspruch vor.“


Bekannt gemacht am 03.10.2023

Änderung

Text geändert. Alte Fassung:

 „Es wird gemäß § 28 Abs 1 iVm § 28 Abs 1a Z 1 KartG festgestellt, dass die Antragsgegnerin wegen der Beteiligung an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV in Form von kartellrechtswidrigem Informationsaustausch und Preis- bzw. Konditionenabsprachen mit Wettbewerbern durch die Vereinbarung der Legung von Deckangeboten, Abstimmung von Preisen, Preisbestandteilen und Preiserhöhungen wie insbesondere für Kundendienstleistungen, Entsorge-, Montage-, Nachtermin- und Austauschkosten sowie durch systematischen Austausch von wettbewerblich sensiblen Informationen, insbesondere über Preise, Ausschreibungen, Kunden und potentielle Kunden und Geschäftsbedingungen sowohl im Rahmen von organisierten Vereinssitzungen der Wettbewerber und zwischen den Wettbewerbern als auch außerhalb dieser Sitzungen im Bereich Submetering in Österreich im Zeitraum von zumindest Juli 2004 bis einschließlich Februar 2019 verstoßen hat.
 
Begründung:
Die Antragsgegnerin ist eine Energiedienst- und Messdienstleisterin, die österreichweit tätig ist und deren Kerngeschäft im Submetering liegt. Submetering umfasst die individuelle Erfassung und Abrechnung von Heiz-, Warmwasser- sowie Kaltwasserkosten in Gebäudeeinheiten zur privaten und gewerblichen Nutzung (Wohngebäude, Bürogebäude, etc.), wobei darunter nicht nur das Ablesen und Abrechnen der Heizkostenverteiler/Wärmezähler/Wasserzähler oder die Erstellung der Abrechnung zu verstehen ist, sondern auch die Gebrauchsüberlassung (idR Miete oder Verkauf) der genannten Geräte. Während Metering die verursachergerechte Abrechnung von Energielieferungen bis zu einer Liegenschaft betrifft, umfasst Submetering die Dienstleistung im Zusammenhang mit der Aufteilung der Energielieferungen auf die Nutzer bzw. Einheiten der Liegenschaften.
Die Antragsgegnerin bietet im Bereich Submetering von der Beratung über die Lieferung und Installation von Geräten für die Erfassung und Abrechnung von Wärme und Wasser bis hin zum Monitoring und der Analyse von Verbräuchen ein breites Spektrum an Dienstleistungen an. In Österreich betreut die Antragsgegnerin die Verbrauchserfassung und –abrechnung für xxx Wohneinheiten. Dazu kommen noch yyy Nutz-/Wohneinheiten, die von der in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland tätigen Gebietsvertretung der Antragsgegnerin vermittelt wurden und betreut werden. Bei dieser Kundengruppe vermitteln V. der Antragsgegnerin, die Kauf-, Miet- und Wartungsverträge für die Antragsgegnerin. Zusätzlich führen V. Kundendienstleistungen für die Antragsgegnerin durch, wofür sie Vergütungen erhalten.
Die Antragsgegnerin wird von der in Deutschland ansässigen Techem Energy Service GmbH kontrolliert und ist ein Teil der weltweit agierenden Techem Gruppe. In Österreich ist die Techem-Gruppe durch die Antragsgegnerin sowie durch deren nicht im Submeteringbereich auftretende 100%ige Tochtergesellschaft Techem Wassertechnik GmbH tätig.
 
Die BWB beantragte am 22.7.2022 die Feststellung der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht im Zeitraum von Juli 2004 bis Februar 2019. Zwischen der Antragsgegnerin und ihren Mitbewerberinnen sei es österreichweit zu kartellrechtswidrigen horizontalen Absprachen und zum Austausch wettbewerblich sensibler Geschäftsinformationen gekommen. Diese kartellrechtswidrigen Praktiken seien sowohl im Rahmen der Treffen des Branchenverbandes als auch außerhalb dieser zwischen der Antragsgegnerin und ihren Mitbewerberinnen gesetzt worden. Im Rahmen von Treffen des Branchenverbandes habe regelmäßig zwischen der Antragsgegnerin und den Mitbewerbern Ista Österreich GmbH (in der Folge Ista) und der M. Unternehmens-Gruppe, insbesondere der M. Gesellschaft mbH & Co KG, ein Austausch über wettbewerblich sensible Informationen stattgefunden. Ein Informationsaustausch von wettbewerblich sensiblen Daten habe aber auch außerhalb der Branchenverbandssitzungen stattgefunden.
Die Preis- und Konditionenabsprachen sowie die Vereinbarung von Legung von Deckangeboten haben überwiegend außerhalb von Verbandstreffen stattgefunden und sich meist auf konkrete Kunden bezogen.
Von den Preisabsprachen mit Mitbewerbern seien Kundendiensttarife und Montagepreise betroffen gewesen. Weiters seien Informationen über den Preis für den Austausch von Boilerzählern wechselseitig bekanntgegeben worden sowie die Abstimmung über die Weitergabe der Entsorgungskosten von Messampullen für Heizkostenverteiler auf Verdunstungsbasis getroffen worden. Zwischen Mitbewerbern seien einheitlich Tarifanpassungen und Preiserhöhungen für die nächsten Abrechnungsperioden vorgenommen worden. Im Zusammenhang mit Montagekosten seien preisliche Untergrenzen zwischen den Mitbewerbern festgelegt worden. Weiters seien Tarife für die Entsorgung von Altampullen und Litium-Ionen-Batterien zwischen der Antragsgegnerin und Mitbewerbern einheitlich festgelegt worden.
Zusätzlich zu den Preisabstimmungen und -absprachen seien zwischen den Mitbewerbern wettbewerblich sensible Daten ausgetauscht worden.
Die Gründerinnen des Branchenverbandes, nämlich die Antragsgegnerin, Ista und M. haben die Verbandssitzungen genutzt, um marktbezogene Themen zu erörtern und unterschiedliche vertrauliche, wettbewerblich sensible Informationen auszutauschen und sich abzustimmen.
Bei den Verbandssitzungen seien unterschiedlichste, die Wettbewerbssituation auf dem Markt des Submeterings betreffende Informationen ausgetauscht worden, wie Informationen über die Anwendungen des Lageausgleiches, über die Vor- und Nachteile der Gerätemiete vs. Gerätebereitstellung, über die Abrechnungsmodalitäten. Die Verbandsssitzungen seien weiters dafür genutzt worden, wechselseitig die Preise und Preislisten auszutauschen. Vereinzelt sei es auch zum Austausch von Informationen über die Menge der betreuten Anlagen je Kunde untereinander gekommen. Im Rahmen der Sitzungen seien darüber hinaus auch Preislisten von nicht an den Verbandssitzungen teilnehmenden Wettbewerbern thematisiert und analysiert worden sowie die Weitergabe der Kosten von Nachterminen und Nachsonderterminen an die Kunden abgestimmt worden. Darüber hinaus sei es dazu gekommen, dass die Mitbewerber, insbesondere die Mitglieder des Branchenverbandes, sich wechselseitig über ihnen bekanntgewordene Ausschreibungen informierten, um auf diesem Weg eine Kontrolle über das Marktgeschehen zu haben. Schließlich seien auch sonstige Geschäftsbedingungen wechselseitig bekanntgegeben worden und die Ausformulierung der Vertragsbestimmungen abgestimmt worden. Dieser Informationsaustausch habe überwiegend während der Verbandssitzungen stattgefunden. Jedoch auch außerhalb dieser Sitzungen haben sich die Mitbewerber wechselseitig mit sensiblen Informationen versorgt, wobei daran auch wiederholt andere Mitbewerber, die nicht Verbandsmitglieder waren, beteiligt waren.
Der von der Antragsgegnerin, M. und Ista im Jahr 2012 gegründete Branchenverband sei von den Vereinsmitgliedern von Anfang an als „Plattform für ein weitgehend konfliktfreies Diskussionsforum seiner im Wettbewerb miteinander stehender Mitglieder“ verstanden worden. Die Vereinsgründerinnen Ista, Meßtechnik und Techem hätten Beitrittswünschen von anderen Mitbewerbern nicht entsprochen, womit eine Strategie der Marktabschottung, welche die kartellrechtswidrigen Absprachen absichern sollten, verfolgt worden sei. So sei das Aufnahmekriterium für die Mitgliedschaft, das anfänglich an die Mindestzahl des Wohnungsbestandes für Submeteringdienstleistungen von 10.000 angeknüpft habe, auf 100.000 Wohnungen im Bundesgebiet erhöht worden. Dieses Mindestaufnahmekriterium sei nur infolge von Beitrittsanfragen von Mitbewerbern erhöht worden, um auf diesem Weg die Bewerber von der Mitgliedschaft auszuschließen. Die großen Bemühungen der VÖME-Mitglieder, den Beitritt von weiteren Mitbewerbern zu verhindern, haben dazu gedient, den zentralen Zweck von VÖME, nämlich den geheimen und wettbewerbswidrigen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern, sicherzustellen.
Verwendung von Deckangeboten:
In den Jahren 2006, 2008, 2010 und 2011 sei es zur Legung von Deckangeboten von Ista zu Gunsten der Antragsgegnerin gekommen, um auf diesen Weg der Antragsgegnerin den ausgeschriebenen Auftrag zukommen zu lassen.
Zum Feststellungsbegehren brachte die BWB vor:
Da die Antragsgegnerin als erstes Unternehmen einen Kronzeugenantrag bei der BWB gestellt und in der Folge umfassend kooperiert habe, um den Sachverhalt vollständig aufzuklären und dabei sämtliche Beweismittel, auf die sie Zugriff hatte, der BWB vorgelegt habe, könne von einem Antrag auf Verhängung einer Geldbuße abgesehen werden und mit einem Antrag auf Feststellung der Zuwiderhandlung gem § 11b Abs 1 Z 3 lit a WettbG iVm § 28 Abs 1, Abs 1a Z 1 KartG rechtlich das Auslangen gefunden werden.
Der Bundeskartellanwalt schloss sich dem Antrag und dem Vorbringen der BWB an.
Die Antragsgegnerin stellte die Tatsachenbehauptungen der BWB außer Streit.
Folgender Sachverhalt steht fest:
1. Im Zeitraum von Juli 2004 bis Februar 2019 kam es zwischen der Antragsgegnerin und Mitbewerberinnen zu horizontalen Preis- und Konditionenabsprachen, zum Austausch wettbewerblich sensibler Informationen sowie zu Absprachen bei Ausschreibungen unter Nutzung von Deckangeboten. Die Zuwiderhandlungen betrafen den Bereich Submetering in Österreich.
Hinter diesem zwischen der Antragsgegnerin und ihren Wettbewerbern aufgezogenen Kartellsystem stand als Gesamtplan der Beteiligten das Bestreben, die Wirkungsweise des normalen Wettbewerbs, dem strategischen Unsicherheiten immanent sind, auszuschalten.
2. Zu den Preisabsprachen:
Die Preisabsprachen zwischen Techem und Mitbewerbern waren vielschichtig und betrafen verschiedenste Preisbestandteile der Submeteringdienstleistungen.
So einigten sich Techem mit Mitbewerbern über einheitliche Preiserhöhungen für die Kundendiensttarife im Rahmen der Jahresvereinbarungen mit Kunden, stimmten die Preise für Montagen, für den Austausch von Boilern, für Entsorgungskosten von Messampullen, für die Entsorgung von Litium-Ionen-Batterien und für Nachtermine ab.
Dazu im Einzelnen:
2.1. Abstimmungen der Kundendiensttarife:
Bei großen Submetering-Kunden, wie beispielsweise Wohnungsgenossenschaften, die die Submetering-Leistungen von zwei oder mehr Submetering-Anbietern bezogen, kam es dazu, dass sich die Antragsgegnerin mit ihren Mitbewerbern auf einheitliche Kundendiensttarife für diese Kunden einigten und auf diesem Weg einheitliche Preise für die Submetering-Leistungen den Kunden verrechneten. Typischerweise wurde die Submeteringdienstleistungsverträge auf drei Jahre abgeschlossen. Nach Ablauf der jeweils Dreijahresverträge und vor Abschluss des nächsten Dreijahresvertrags vereinbarten die Mitbewerber untereinander, dass sie gegenüber demselben Kunden einheitliche Preisanpassungen vornehmen oder zumindest eine „unterste Schmerzgrenze“ nicht unterschreiten.
So kam es bei der gemeinsamen Kundin Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Steirisches Hilfswerk für Eigenheimbau reg.Gen.m.b.H. (Rottermanner BSG) von zumindest 2010 bis 2016 (mit Wirkung bis 2019) zwischen der Antragsgegnerin und Ista zu abgestimmten Preiserhöhungen für die Dreijahresverträge (Beilagen ./M5 bis ./C6). Dabei wurde festgelegt, welches untere Limit einer Preiserhöhung als unterste Schmerzgrenze akzeptiert wird.
Für die Periode 2010 bis 2012 wurde zwischen der Antragsgegnerin und Ista eine Vereinbarung über einheitliche Kundendiensttarife gegenüber der Rottermanner BSG getroffen. Für die Preiserhöhung für die Vertragsperiode 2013 bis 2015 wurde von Techem an Ista ein detailliert ausgearbeiteter Vorschlag übermittelt, der von Seiten Ista mit einem „Ok“ bestätigt wurde.In ähnlicher Form gab es eine Abstimmung zwischen der Antragsgegnerin und Ista vor dem Verhandlungstermin mit der Rottermann BSG im Jahr 2016. Techem übermittelte für die nächste Vertragsperiode 2016-2018 seinen Vorschlag für die einheitlichen Preisanpassungen gegenüber den Kunden Rottermann BSG an Ista unter Hinweis darauf, dass dieser Preiserhöhungsvorschlag einheitlich der Rottermann BSG gemacht werde.
Auf diese Weise wurden zwischen Techem und Ista die Preise koordiniert (Beilagen ./M5 bis ./C6).
Der Gemeinnützigen Grazer Wohnungsgenossenschaft Reg.Gen.m.b.H (in der Folge: GGW) als Submetering-Kundin wurden von Ista, Techem und M. seit Juli 2004 in abgestimmter Weise einheitliche Preise verrechnet (Beilagen ./V6 bis ./I7).
So hielt Ista mit Schreiben vom 13.7.2004 an die Antragsgegnerin die einheitliche Preiserhöhung beim Kunden GGW ab 1.7.2004 schriftlich fest (Beilage ./V6). Die Preiserhöhungen für die Abrechnungsperioden wurden von den Mitbewerbern einheitlich vorgenommen. In einem Schreiben von Techem an Ista und an M. vom 12.7.2010 wird beispielsweise festgehalten:
„Sehr geehrte Herren,
wie alljährlich habe ich folgende Tarife ausgehandelt, bitte gleichen Sie die Tarife entsprechend an“ (Beilage ./Z6).
Im Schreiben vom 29.5.2009 betreffend die Abrechnungsperiode 1.1. bis 31.12.2009 schreibt die Antragsgegnerin an Ista und M.:
„Sehr geehrter Herr […], sehr geehrter Herr […], wie bereits telef. vereinbart, werden wir gemeinsam die Kundendiensttarife ab 1.7.2009 für die Abrechnungsperiode 1.1. bis 31.12.2009 um 3,1 % erhöhen (100 % Lohnkostenanteil).
Die entsprechenden Kundendienstbriefe senden Sie bitte Herrn [...]“ (Beilage ./X6).
Die Tarifverhandlungen mit dem Kunden GGW wurden von Ing. K. (Antragsgegnerin) geführt und von Ista und M. übernommen. In einem internen E-Mail von Ista vom 17.10.2011 ergibt sich dazu:
„Bei GWS und GGW wurde in den letzten Jahren immer von M., Techem und Ista derselbe Preis der von K.(Anm: Antragsgegnerin) verhandelt wurde , verrechnet!“ (Beilge ./A7).
Am 19.11.2018 schickt B. (Ista) an einen Techem-Mitarbeiter folgendes Mail:
„Sehr geehrter Herr H! Wie soeben mit Ihnen besprochen, bitte ich um Bekanntgabe der Preiserhöhungen bei der GGW! Herzlichen Dank für Ihre Bemühungen und liebe Grüße […]“ (Beilage ./I7).
Ein vergleichbares Modell der einheitlichen Preiserhöhung wurde zwischen der Antragsgegnerin, Ista und M. bei der Kundin Gemeinnützige Alpenländische Gesellschaft für Wohnbau- und Siedlungswesen mbH (in der Folge: GWS) praktiziert. Ista und Meßtechnik verrechneten der GWS zumindest im Zeitraum 2009 bis 2011 jene Preise, die von der Antragsgegnerin einheitlich für alle drei Submetering-Anbieter ausverhandelt worden waren (Beilage ./A7).
2.2. Abstimmung von Montagepreisen in Vorarlberg:
Zwischen der Antragsgegnerin und Ista wurden einheitliche Untergrenzen der Montagekosten für WMZ und WZ sowie Weggelder festgelegt. Am 29.10.2010 wurden schriftlich die mit Techem vereinbarten preislichen Untergrenzen für die Montage festgehalten und diese vereinbarte Untergrenze mit einem exakten Eurobetrag ausgewiesen (Beilage ./D6 bis ./H6).
2.3. Preisabstimmung betreffend den Austausch von Boilerzählern:
Auch in diesem Bereich wurden zwischen der Antragsgegnerin und Ista die Preise einheitlich abgestimmt.
So kam es im Jahr 2010 zwischen der Antragsgegnerin und Ista zu Preisabstimmungen hinsichtlich des Austausches von Boilerzählern in Wohnungen der Linz AG/LGW (Beilage ./S6 -./T6).
Der Kalendereintrag vom 7.3.2010 von E. (Techem) lautet:
“Verkaufs-, Miet und WD Preisliste bis Donnerstag, den 11.3.2010 vorbereiten und mit mailen, damit ich das dann an Hr. V. (Techem) zur nächsten Besprechung mit LGW weiterleiten kann.“ (Beilage ./T6).
2.4. Preisabsprachen im Bereich des Energie-Contracting
Die Energiecomfort Energie- und Gebäudemanagement GmbH, eine 100% Tochter der Wien Energie GmbH (in der Folge: Energiecomfort) ist ua im Bereich des Energiecontractings tätig. Sie bietet ihren Kunden nicht nur die Energielieferung, sondern auch die Ablesung und Abrechnung als ein Paket ab. Die Ablesung und Abrechnung macht Energiecomfort allerdings nicht selbst, sondern bedient sich Subunternehmen wie der Antragsgegnerin und Ista. Die von der Antragsgegnerin und Ista dabei erbrachten Submeteringleistungen werden an Energiecomfort verrechnet, die diese wiederum an ihre Kunden verrechnet.
Die Rahmenvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und Energiecomfort regelt ua die Preise, die die Antragsgegnerin an Energiecomfort als Subunternehmerin verrechnet.
Die Antragsgegnerin vereinbarte mit der Mitbewerberin Ista, dass bezüglich des gemeinsamen Kunden Energiecomfort es nicht zu einem Preiswettkampf kommen solle, und stimmten die Preise ab (Beilagen ./J3, ./O6, ./P6). Diesbezüglich kontaktierte Techem die Mitbewerberin Ista beispielsweise mit folgendem Mail aus 2009:
„[…] nachfolgend unsere abgelehnten EC-Preise. Da wir Ista ungern unterbieten möchten (das ist für uns beide nur von Nachteil), wären wir für ein paar Anhaltspunkte sehr dankbar. […] Wir werden jedenfalls versuchen, die Kundendienstpreise anzuheben!!!“
Unter diesem Text findet sich sodann eine Liste der Techem-Preise (Beilage ./P6).
2.5. Preisabsprachen für Entsorgungskosten von Messampullen:
Im Frühjahr 2018 stimmten sich die Antragsgegnerin sowie die Mitbewerber Ista und Meßtechnik im Rahmen einer Branchenverbandssitzung darüber ab, dass die Entsorgungskosten für Messampullen für Heizkostenverteiler auf Verdunstungsbasis an Kunden weitergegeben werden (Beilagen ./FF, ./Q6).
Im Protokoll der Verbandssitzung vom 12.6.2018 heißt es dazu (Beilage ./WW):
„Es herrscht Einvernehmen darüber, dass die steigenden Entsorgungskosten für die Altampullen an die Endverbraucher weitergegeben werden müssen. Herr L.(Anm. Ista) berichtet in diesem Zusammenhang von einem Tarif von EUR 1,30 je Altampulle in Dänemark.“
Im Protokoll der Verbandssitzung vom 28.2.2019 wurde festgehalten (Beilage ./D5):
„ad Entsorgungsgebühr für Altampullen
Die Teilnehmer an der Besprechung sind sich einig, dass die Entsorgungskosten für die Altampullen weiterverrechnet werden müssen. Die dafür verrechneten Kosten belaufen sich je nach Kunden auf ca. netto EUR 0,40 bis EUR 0,65.“
2.6. Entsorgungsgebühr für Litium-Ionen-Batterien
Im Rahmen von Verbandssitzungen wurde das Thema der Entsorgungskosten von Litium-Batterien zwischen der Antragsgegnerin und Mitbewerbern behandelt(Beilage ./CC, ./DD, ./EE, ./FF).
Im Protokoll der Verbandssitzung vom 30.1.2018 wird dazu festgehalten (Beilage ./FF):
„Herr L. (Anm: Ista) weist in diesem Zusammenhang auf die Entsorgungskosten der Litium-Batterien hin, welche die Branche ebenfalls an die Endverbraucher wird weitergeben müssen.“
Im Anschluss an diese Branchenverbandssitzung heißt es in einem antragsegnerininternen Mail vom 1.2.2018 (Beilage ./GG):
„Folgendes Thema wurde von den Herren L.(Anm: Ista) und G. (M. an mich herangetragen:
[…]
2) Detto sollten wir eine Entsorgungsgebühr für WZ-Batterien verrechnen.“
2.7. Absprachen über die Verrechnung von Kosten der Sondernachtermine:
Die Antragsgegnerin vereinbarte mit Mitbewerbern im Zusammenhang mit der Verrechnung von Nachterminkosten, dass pauschal immer ein alternativer Nachtermin bei Nichtantreffen bei der Hauptablesung kalkuliert ist. Sollten jedoch ein oder mehrere Nutzer einen Sondertermin vereinbaren wollen, wird der dann tatsächlich entstandene Aufwand in Rechnung gestellt (Beilagen ./T3, ./U3).
In einem internen Mail der Antragsgegnerin wird dazu festgehalten(Beilage ./T3):
„[…]
Gegenüber den HV halten wir uns alle drei (Anm: ista, Techem und M. an folgende Praxis (wie in den letzten 52 Jahren auch):
*) In unseren Tarifen sind Nachterminkosten nicht kalkuliert, da diese Kosten von den wirklichen Verursachern zu tragen sind.
*) Wir vergeben „Pauschal“ immer einen alternativen Nachtermin bei Nichtantreffen bei der Hauptablesung und ist dieser Betrag daher eine „Pauschale“.
*) Sollte(n) ein oder mehrere Nutzer einen Sondertermin vereinbaren wollen, sind wir dazu bereit, allerdings ist dann der tatsächliche entstandene Aufwand in Rechnung zu stellen.
[...]“
3. Gründung eines Interessensverbandes (Vereines) durch die Antragsgegnerin und zwei weitere Wettbewerber zur Abschottung des Marktes:
Im Jahr 2012 wurde von der Antragsgegnerin und den Mitbewerbern Ista und M. ein Verein der österreichischen Messdienst- und Energiedienstleister gegründet. Die branchenverbandgründenden Unternehmen sind im Submetering-Geschäft tätig.
Als Sitz und Zustellanschrift des Branchenverbandes fungierte die Firmenadresse von Ista.
Die Sitzungen des Branchenverbandes wurden stets von einem der drei Geschäftsführer der drei Vereinsmitgliedsunternehmen einberufen und fanden an unterschiedlichen Orten statt. Der Branchenverband wurde gegründet, um ua ein Vehikel zum Informationsaustausch zu haben.
Eine Aufnahme weiterer Unternehmen in den Verband fand nicht statt, obwohl laut eines Gedächtnisprotokolls über eine am 20.9.2011 im Rahmen der Gründung des Vereines stattgefundene Besprechung in der Raststation in Guntramsdorf zunächst angedacht war, dass der Beitritt zum Verein allen Messdienst- und Energiedienstleistern, mit Ausnahme von Energie- und Wärmeenergieversorgern, offen stehen soll.
In der Folge kam es jedoch trotz Beitrittswünschen von Mitbewerberinnen nicht zur Aufnahme weiterer Mitglieder.
Um die Ablehnung der Aufnahme weiterer Unternehmen statutenkonform zu begründen, wurden nach Gründung des Vereins die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft mittels Statutenänderung so drastisch verschärft, dass es keinem weiteren Mitbewerber möglich war, diese zu erfüllen. Damit wurde eine Strategie der Marktabschottung betrieben, welche die kartellrechtswidrigen Absprachen absicherte.
So war anfänglich als Aufnahmekriterium für die Vereinsmitgliedschaft vorgesehen, dass ein interessiertes Unternehmen zumindest 10.000 Wohnungen in Österreich im Abrechnungsbestand haben muss.
Als Reaktion auf den Beitrittswunsch eines Wettbewerbers tauschten sich die Mitglieder des Vereins schriftlich dahingehend aus, dass Aufnahmevoraussetzung 50.000 Wohneinheiten im österreichischen Abrechnungsbestandsgebiet sein müsste und die Mitglieder ausschließlich österreichische Unternehmen ohne ausländischen Partner sein dürften.
In einem weiteren E-Mail Anfang 2013, das zwischen den Vereinsmitgliedern zirkulierte, kam der Vorschlag, dass die Mindestzahl der Wohneinheiten sogar auf 100.000 erhöht werden sollte. Die Statuten wurden schließlich dahingehend geändert, dass als Voraussetzung für die Vereinsmitgliedschaft ein Wohnbestand von 100.000 festgelegt wurde.
Diese Maßnahme war die Vorkehrung, um einen geschlossenen Mitgliederkreis beizubehalten und diesen auch künftig sicherzustellen. Der Zweck dieses Vorgehens, nämlich die Aufnahme weiterer Mitbewerber als Vereinsmitglieder zu verhindern, lag darin begründet, den geheimen und wettbewerbswidrigen Informationsaustausch, der in den Vereinssitzungen stattgefunden hat, abzusichern. Im Fall eines erweiterten Mitgliederkreises wäre dies in der von den Mitgliedern geübten Form unter Umständen nicht mehr möglich gewesen (Beilage ./O bis ./BB, ./M).
4.a. Informationsaustausch im Rahmen von Brachenverbandssitzungen:
Diese Branchenverbandssitzungen dienten den im Wettbewerb stehenden Vereinsmitgliedern als Drehscheibe für die Weitergabe wettbewerblich relevanter Informationen. Auf diesen Weg sollten für die Mitglieder strategische Unsicherheiten am Markt reduziert werden.
Dabei wurden Informationen über den Verrechnungsmodus von Entsorgungskosten für Litium-Ionen-Batterien (Beilage ./CC bis ./FF)- siehe auch oben unter Punkt 2.6. - und zum Lageausgleich (Beilage ./BB) ausgetauscht.
Es wurde weiters wechselseitig das Wissen über Ausschreibungen weitergegeben, wie beispielsweise im Jahr 2013 betreffend eine Ausschreibung der BUWOG (Beilagen ./JJ, ./NN. ./N4) und im Jahr 2016 betreffend eine Ausschreibung der Linz AG (Beilage./KK).
Die Vereinssitzungen wurden weiters genutzt, um das Wissen über Entwicklungen und Trends im Submetering-Markt zu teilen und zu erörtern, wie auf die verschiedensten Entwicklungen zu reagieren ist.
So wurde in der Sitzung vom 25.6.2012 unter anderem über die steigende Tendenz zur Miete von Messgeräten diskutiert. Im Protokoll heißt es dazu (Beilage ./II):
„[...]Dazu wurde festgestellt, dass eine steigende Tendenz zur Miete von Messgeräten in Österreich zu bemerken ist. Um nicht in Konflikt mit dem Mietrecht zu kommen werden die Geräte in der Regel kostenlos beigestellt, soferne eine mehrjährige Wartung der Messgeräte vereinbart wird. [...]“
Im Anschluss an eine Vereinssitzung vom 25.6.2012 versandte E. (Techem) an mehrere Mitarbeiter von Techem nachfolgende E-Mail mit dem Betreff „Gespräch mit Herrn L. (Anm.: Ista) und G. (Anm.: M.)“ vom 25.6.2012 (Beilage ./SS):
„Infos vom Mitbewerb:
Ista kauft, gibt als Wärmeabgeber und verteilt im Rahmen der DV ca. EUR 40 Mio. Energie
- M. ca. EUR 25 Mio.
- beide Unternehmen machen keine Gerätemiete, sondern nur mehr Gerätebereitstellung
- kein Mietvertrag, sondern Beistellungs- oder nur Abrechnungsauftrag seitens der Kunden an Abrechnungsunternehmen
- keine Vergebührung
- Verrechnung MESSPREIS (beinhaltet Geräte, Montage, Ablesung, Abrechnung und ggf. DV)
- interne Konzerndarstellung bei Ista Umsatz/Ergebnis 1x mit / 1x ohne Energielieferung
- intern genaue Kostentrennung
- Regeltausch erfolgt automatisch – ohne separates Kundengespräch (außer der Kunde storniert vorher)
- Abrechnungstarif für DV wird generell nicht mehr separat ausgewiesen, sondern wird ein All-In-Tarif (Ablesung, Abrechnung und DV) verrechnet, da es sehr strittig ist, ob die DV-Bearbeitung nicht zur Gänze – und ausschließlich – die HV zahlen müsste und daher nicht umgelegt werden darf
- ähnliche Vorgangsweise detto für Wagnisprovision
- Zahlscheingebühr wird – wenn überhaupt separat ausgewiesen - als Verwaltungsgebühr bezeichnet
- idR ist diese Gebühr aber Teil des DV-Tarifes (ca. EUR 2,20 bis EUR 2,50) und im pauschalen All-In-Tarif eingerechnet
- große Tendenz künftig alles in All-In-Tarife zu verpacken (sowohl für HV als auch für PRI)
K. E. eh.“
So wie in der Sitzung vom 25.6.2012 wurden auch die anderen Vereinssitzungen genutzt um marktbezogene Themen abzuhandeln. Der im Rahmen der Vereinssitzungen tatsächlich erfolgte kartellrechtwidrige Informationsaustausch fand nicht immer Eingang in das Protokoll, wurde jedoch in E-Mails und handschriflichen Aufzeichnungen festgehalten (Vergleich Beilage ./OO mit./QQ; Vergleich ./II mit ./SS und ./TT).
Die Sitzungen wurden auch genutzt, um Informationen darüber auszutauschen, wie es gelingt ohne Kundenbetreuung die Kunden zu binden:
In einem antragsgegnerininternen Mail berichtet Herr E. über die in der Branchenverbandssitzung erhaltene Informationen vom Wettbewerber Me. ( Beilage ./YY):
„ […]
Seit 2015 muss die M. die Kunden gar nicht mehr aktiv betreuen sondern werden der überwiegende Großteil der
Aufträge / Bestellungen einfach per E-Mail übermittelt!
Den Mietpreis von € 1,57 netto pro F-HKV pro Jahr verrechnet M. bei der ENW schon seit 2014 - dieser wurde
aber ursprünglich gar nicht von der ENW gefordert sondern ist G. (Anm: M.) von sich aus auf die ENW zugegangen
und hat diesen - ][...] - „Wahnsinnspreis" angeboten, um sich quasi alle Neuanlagen und fremden Regeltauschanlagen zu sichern.
P. (Anm: M.)teilt auch mit, dass es das absolute Bestreben von G. (Anm: M.) ist, über eine extreme Preispolitik weiteren Bestand - und dies vorwiegend in der Stmk und in Kärnten - zu gewinnen; Ziel ist es, die Techem in der Stmk
zu verdrängen. In Ktn hingegen wird die Techem - jetzt wieder- als Mitbewerber gesehen!
Die M. macht in der Zwischenzeit auch Wartungen von Wohnungsstationen zu einem Preis von ca € 50,00 netto pro Station; das ist zwar kein wirkliches Geschäft, aber so kommt die M. in weitere Anlagen fix hinein!
Bitte mache Dir ausführliche Gedanken über die Problematik und wir sollten uns ehestens zu dem Thema zusammensetzen und überlegen, was wir in der Stmk tun wollen / sollen, damit Techem wieder einen „Namen" bekommt! Sobald Du ein Konzept / einen Vorschlag hast, komm bitte auf uns zu [...]“
Auch die allseits ablehnende Haltung zu offenen Funkprotokollen wurde abgestimmt. In einer Reihe von Verbandssitzungen im Jahr 2016 haben die Vertreter von M., Techem und Ista die Gefahr von Messgeräten mit offenen Funkprotokollen diskutiert, da bei Einführung solcher Messgeräte eine Gefährdung der eigenen Bestandssicherheit befürchtet wurde(Beilagen ./K5, ./U4, ./L5).
So wird im Verbandsprotokoll vom 25.4.2016 festgehalten (Beilage ./U4):
„ Pos.10 Offenlegung von Funkprotokollen
Die Branche bemerkt mit Sorge eine Tendenz der Kunden zur Offenlegung von Funkprotokollen. Damit würden Wettbewerbsunternehmen in die Lage versetzt unter Nutzung der bestehenden Mess- und Verteilgeräte Anlagen zu übernehmen und weiter zu betreuen, was einer Aufhebung des Bestandsschutzes gleichkäme. Herr Ing. L. (Anm. Antragsgegnerin)berichtet, dass diese Offenlegung von Funkprotokollen in Italien bereits üblicherweise gefordert wird. Die Fa. ista benutzt deshalb eine Art Hardware Schutz in Form eines Tongel […]“
 
Nach vereinsinternen Diskussionen über den Weiterbestand des Branchenverbandes wurde dieser am 28.2.2019 mit Wirkung zum 31.3.2019 aufgelöst (Beilagen ./FF, ./UU, ./VV, ./WW ./XX).
 
4.a. Informationsaustausch außerhalb der Brachenverbandssitzungen:
Der Informationsaustausch und die Verhaltensabstimmungen fanden auch außerhalb der Verbandssitzungen statt. Der Austausch außerhalb der Vereinssitzungen erfolgte sowohl bilateral zwischen der Antragsgegnerin und einem weiteren Mitbewerber als auch multilateral, insbesondere zwischen Ista, M.k und Techem. Das wechselseitige Sich-In-Kenntnis-Setzen von wettbewerblich relevanten Daten ereignete sich im Rahmen von persönlichen Treffen, über E-Mail oder auch telefonisch.
So haben sich die Antragsgegnerin mit Wettbewerbern wechselseitig Preislisten und Angebote anderer Wettbewerber zugespielt, um auf diesem Weg die strategische Unsicherheit am Markt zu reduzieren. Auch die eigenen Preislisten wurden an Mitbewerber weitergeleitet (Beilagen ./ZZ bis./A3 - ./I3).
Beispielsweise wurde am 5.12.2011 die aktuelle Preisliste von ista der Antragsgegnerin „zu Ihrer Verwendung“ per Mail gesendet, die antragsgegnerinintern mit folgender Bemerkung weitergeleitet wurde: „anbei - zur vertraulichen Verwendung – die aktuelle Preisliste der Ista!“(Beilage ./E3).
Umgekehrt erhielt auch Ista von der Antragsgegnerin deren Kundendienstpreislisten (Beilagen ./C3, ./H3, ./I3).
Es kam auch zum Austausch relevanter Informationen über die Marktposition der Wettbewerber. So unterrichtete beispielsweise E. (Techem) per Mail G. (M.) und L. (Ista) über das Ergebnis der antragsgegnerininternen Erhebung hinsichtlich des Anteils an Wohnungsverteilerststionen in den Bundesländern (Beilage ./HH):
„Sehr geehrter Hr G.,
Sie wollten ja unsere Einschätzung hinsichtlich des Anteils an Wohnungsverteilerstationen wissen.
Eine Befragung unserer NL-Leiter bzw Verkäufer ergibt für Österreich ein komplett unterschiedliches Bild:
Tirol ca 75%
Vorarlberg ca 10%
Salzburg ca 90%
Oberösterreich ca 10%
Wien / Niederösterreich / Burgenland ca 65%
Steiermark ca 40%
Kärnten / Osttirol ca 30%
Ich hoffe, Sie können diese Daten verwenden und in Ihr Schreiben entsprechend verpacken.
Mit freundlichen Grüßen
E.“
Häufig erfolgte der Informationsaustausch betreffend das Vertragsverhältnis mit konkreten Kunden – siehe anschließenden Punkt 4.b.
 
4.b. Wechselseitige Informationsweitergabe und Preisabstimmungen betreffend konkreter Kunden:
4.b.1. Zu den Kunden Wien Energie und Energie Comfort: So heißt es in einem Mail an die Antragsgegnerin vom 7.1.2016 (Beilage ./J3):
„Sehr geehrter Herr E.,
in der Anlage die Handelswaren Mietpreise der Ista - vertraulich - für Wien Energie (FWW und EC) bis inkl. 2019“.
Dieser Nachricht angeschlossen ist eine Techem-Preisliste für den Kunden Energie Comfort, in der neben den Preisen von Techem handschriftlich die Preise von Ista bis 2019 notiert wurden.
Auch anlässlich der Ausschreibung „WE-4200092724 Jahresablesung 2017 – 2025 der Wien Energie kam es zwischen Submetering-Wettbewerbern zum rechtswidrigen Informationsaustausch (Beilagen ./F5 - ./J5).
In dem Zusammenhang schickte E.(Techem) am 22.5.2017 folgende Mail an den Branchenverband:
„Sehr geehrte Herren,
in Anbetracht der uns allen bekannten aktuellen Ausschreibung in Wien sollten wir uns überlegen, als V. (Anm: Branchenverband) ein Schriftstück aufzulegen, in dem wir darauf hinweisen, dass es in der Branche der Wärmekostenabrechnungsfirmen absolut nicht üblich bzw nicht möglich ist, Teilprozesse aus dem Gesamtprozess „V-HKV-Ablesung“ heraus zu lösen und diese Teile an unterschiedliche Anbieter zu vergeben!“ (Beilage ./F5). Am 23.5.2017 teilt E. (Techem) L.(Ista) mit, dass Techem keine Fremdgeräte bedienen wolle/werde (Beilage ./F5). Am 24.5.2017 fasst E. (Techem) in einem Mail ein Gespräch mit G. (M.k) zusammen, in dem er darauf hinweist, dass die Teilnahme von M. an der Ausschreibung fraglich sei aber im bejahenden Fall von M. eigene HKV anbieten werde (Beilage ./G5). Am selben Tag hält E. (Techem) in einem Mail fest, dass Ista Einzelteile für das eigene Fabrikat gemäß Norm anbieten werde und darauf hinweisen werde, dass die Servicierung von Fremdgeräten nicht normgerecht sei (Beilage ./H5).
Betreffend Energie Comfort, eine 100% Tochtergesellschaft der Wien Energie, die ihren Kunden nicht nur die Energielieferung sondern die Ablesung und Abrechnung in einem Paket anbietet, tauschte die Antragsgegnerin, die für Energie Comfort für die Dienstleistungen Ablesung und Abrechnung als Subunternehmerin tätig ist, mit Wettbewerbern Preislisten aus (./O6, ./P6) – siehe dazu auch oben Punkt 2.4..
4.b.2. Zur Kundin Fernwärme Wien:
Die Antragsgegnerin und die Ista als Submetering-Anbieterinnen werden von der Fernwärme Wien als Subauftragnehmer herangezogen. Diese beiden Wettbewerber tauschten sich über ihre, mit der Fernwärme Wien abgeschlossenen Verträge, regelmäßig aus (Beilage ./J3, ./P3 ./Q3, ./R3, ./S3).
Im September 2010 kam es zu Kontakten zwischen der Antragsgegnerin und Ista, bei denen die weitere Verrechnung von Kosten, die durch eine IT-Umstellung bei der Fernwärme Wien verursacht worden waren, thematisiert wurde. In einem internen Mail hielt L.(Ista) fest, dass die Umstellung „ganz sicher nicht free of charge“ sei, und dass sich Ista mit V. an einen Tisch setzen solle (Beilagen ./Q3).
Es wurden ua auch Informationen über Preise und Preislisten ausgetauscht.
In einem Vermerk über ein Gesprächs zwischen L. (Ista) und E. (Techem) im Oktober 2012 wird folgendes festgehalten (./S3):
„die Kundendienst-Tarife der Ista bei Fernwärme Wien wären allgemein nicht niedriger als jene der V., außer bei Wärmezählern; die kolportierte Differenz von 4% würde sich auf andere Bereiche wie Reparaturdienst, Neuanlagen und Nachtragsanschlüsse beziehen
- das Storno der Fernwärme Wien bei V. liegt einerseits an der Person K. H. und andererseits an der Tatsache, dass Fernwärme Wien mittelfristig einen Ausgleich der Bestände (Verteilung auf zwei Unternehmen) anstrebt“
In einem Mail an die Antragsgegnerin vom 7.1.2016 werden Preislisten übermittelt (Beilage ./J3):
„Sehr geehrter Herr E.,
in der Anlage die Handelswaren Mietpreise der Ista - vertraulich - für Wien Energie (FWW und EC) bis inkl. 2019“.
4.b.3. Zur Kundin „Meine Heimat“:
Betreffend das Objekt „Eigentumshaus 9500 Villach, Wolfram von Eschenbach Straße 38 und 40, 26-36 des Kunden Meine Heimat Gemeinnützige Bau-, Wohn- und SiedlungsgenossenschaftmbH kam es im Februar/März 2015 zu einem bilateralen Austausch eines (bereits abgegebenen) Angebots zwischen Techem und M. (Beilagen ./M3, ./N3, ./O3). Das von Techem an M. übermittelte ausgefüllte Angebot wurde bei M. intern mit folgender Bemerkung weitergeleitet (Beilage ./O3):
“Sehr geehrter Herr S.!
Ich übersende Ihnen in einem Annex zu diesem Mail die Kopie eines Angebotes der Fa. Techem zu Ihrer Information und ersuche Sie gleichzeitig diese Unterlage als vertraulich zu betrachten. Vor dem Versand unseres korrespondierenden Angebotes wollen Sie bitte mit mir Rücksprache halten.Ich verbleibe
mit freundlichen Grüßen
G.“
4.b.4. Zur Kundin Linz AG:
Zu gehäuften Kontakten zwischen Ista, Techem und M. kam es im Zusammenhang mit dem Kunden Linz AG/Linz Gas/Wärme GmbH (Beilagen ./S4 -./Z4, ./A5 -./E5, ./FF,./WW). Der Informationsaustausch betraf sowohl die aufrechte Vertragsbeziehung samt Preisgestaltung (Beilage ./S4), Sonderwünsche bei der Vertragsgestaltung durch die Linz AG und zwar konkret der Wunsch nach Positionsnummern der Geräte bzw. der Dienstleistungen, die im Herbst 2016 erfolgte EU-weite Ausschreibung mit der Referenznummer 2016/S 190-341387 der Linz AG, sowie Preisabstimmungen hinsichtlich des Austausches von Boilerzählern in Wohnungen der Linz AG/LGW (Beilage ./S6 -./T6) - siehe dazu auch oben unter Punkt 2.3..
Im Zusammenhang mit dem Preisniveau betreffend die Linz AG gestaltete sich der Mailverkehr bespielsweise wie folgt: E. (Techem) schrieb am 23.12.2014 an L. (Ista) ein E-Mail mit dem Betreff „Erhöhung+ abzJ-Bonus = Nullsummenspiel“. L.(Antragsgegnerin) antwortete am selben Tag wie folgt: „ Dh. Erhöhung ist +/- NULL wie in den letzten Jahren abzüglich Bonus = Preisnachlass“ (Beilage ./S4).
In einem antragsgegnerininternen Mail vom 4.5.2017 wird zu der EU-weite Ausschreibung mit der Referenznummer 2016/S 190-341387 der Linz AG festgehalten:“[…] Ista und M. haben den Preisen schon zugestimmt. Machen wir das auch, erhalten wir unseren Bestand und bekommen 1/3 aus dem Los 4!!!![…]“ (Beilage A5).
Sonderwünsche der Linz AG bei der Vertragsgestaltung, konkret der Wunsch nach Positionsnummern der Geräte bzw. der Dienstleistungen wurden in der Branchenverbandssitzungen am 12.6.2018 und am 28.2.2019 zwischen der Antragsgegnerin und ihren Mitbewerbern besprochen und im Protokoll festgehalten, dass die von Linz AG gewünschten organisatorischen Änderungen von der Antragsgegnerin und Ista abgelehnt worden seien, M. dem jedoch nachgekommen sei (Beilagen ./WW, ./ D5). In der Sitzung vom 28.2.2019 wurde auch der von der Linz AG übermittelte AV-Vertrag der aufgrund der DSGVO vertragliche Änderungen enthielt, zwischen den Wettbewerbern diskutiert und die Informationen über den Umgang mit den Vertragsänderungswünschen der Linz AG ausgetauscht und im Aktenvermerk über diese Sitzung festgehalten: (Beilage ./D5) :
„ad Auswirkungen der neuen Datenschutz Grundverordnung
Die Herren Ing.L. (Anm: Ista) und E. (Anm:Techem) berichten von einer Zuschrift der Linz AG in der umfangreiche Datenschutzbestimmungen sowohl für die Abrechnungsunternehmen, als auch für die von diesen beauftragte Subunternehmen gefordert werden. Die Firmen Ista und Techem erklären unisono dieses Dokument nicht unterzeichnen zu können, da sie für die Subnternehmen nicht garantieren können. Hr. G. erklärt dieses Dokument zu unterzeichnen, da die Fa. M. keine Subunternehmer beschäftigt, beim gesamten Ablesepersonal handelt es sich um Angestellte der Fa. M..“
4.b.5. Zur Kundin Gemeinnützige Alpenländische Gesellschaft für Wohnbau- und Siedlungswesen mbH (GWS) – siehe Punkt 2.1. sowie anschließend Punkt 6.
4.b.6. Zur Kundin Gemeinnützigen Grazer Wohnungsgenossenschaft Reg.Gen.m.b.H (GGW) - siehe oben Punkt 2.1. sowie anschließend Punkt 6.
4.b..7. Zur Kundin Vereinigte Linzer Wohnungsgenossenschaften (VLW):
Im Zusammenhang mit dem Kunden VLW kam es zum Informationsaustausch betreffend eine Ausschreibung. Im E-Mail vom 16.7.2014 wird antragsgegnerinintern festgehalten (Beilage ./ L4):
„ Hallo Hr A.,
ich habe gestern von Hr L. (Anm: Ista“) gehört, dass er von der VLW fix weiß, dass diese Anfang 2015 den gesamten Bestand ausschreiben werden!
Wie bereits mit Fr J. besprochen, sollten Sie unbedingt versuchen, vor der Ausschreibung bei der VLW einen Termin zu bekommen und ggf etwas in unserem Sinne zu erreichen!
Bitte um Info!
Danke E.“
4.b.8. Zum Kunden „Mach“
Zum bilateralen Informationsaustausch zwischen der Antragsgegnerin und der M. kam es im Zusammenhang mit der „Mach Ausschreibung“ im Jahr 2016.
In einem antragsgegerininternen Mail vom 8.9.2016 nimmt E. (Techem) auf die Ausschreibung wie folgt Bezug (Beilage ./M4):
„Habe gerade mit Dr G. (Anm: M.) telefoniert - mit folgendem Ergebnis:
100 Anlagen rechnet M. ab - inkl Heizhausbetreuung
Ca 80 - 90 Anlagen hat Ista
Einige Anlagen hat VX. und möglicherweise auch A.??
Sehr viele alte Anlagen (tlw älter als 30 - 40 Jahre)
Preise sind sehr schlecht
Vertragsbedingungen sind tlw ein „Wahnsinn“
M. hat alle Geräte in Miete (tlw noch lange Restzeiten)
M. macht bei Ausschreibung auch wieder mit, gibt aber keine neuen, günstigeren Preise ab, da Niveau schon
sehr tief
M. stellt keine Bankgarantie zur Verfügung, da große Bedenken, wenn S-Gruppe bzw die HV dahinter in
Konkurs gehen, dann ist BG-Geld sofort weg
Über die weitere Vorgangsweise müssen wir heute Nachmittag abstimmen!
Danke EG“
 
4.b.9. Zur Kundin BUWOG
siehe oben Seite 16 unter Punkt 4.a.
4.b.10. Zum Kunden Weinberger-Biletti
siehe sogleich unter Punkt 5.
4.b.11 Zur Kundin Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Steirisches Hilfswerk für Eigenheimbau reg.Gen.m.b.H. (Rottermanner BSG):
siehe oben Seite 8 unter Punkt 2.1.
 
5. Legung von Deckangeboten:
In den Jahren 2006, 2008, 2010, 2011 und 2015 wurden von der Antragsgegnerin Deckangebote von Ista und M. eingefordert (aktive Deckangebote) und diese zugunsten der Antragsgegnerin gelegt.
Mit E-Mail v0m 24.7.2006 kontaktierte Techem einen Ista-Mitarbeiter mit dem Hinweis „wie vereinbart“, damit Ista ein Angebot an GWS legt, wobei Techem die konkreten Posten samt Preise an Ista mitsendete. Das Deckangebot wurde von Ista gelegt. (Beilage ./L6 und ./N6).
Auch 2008 legte Ista ein Deckangebot zugunsten der Antrtagsgegnerin. Auftraggeberin war die GGW. Im Jahr 2010 wurde neuerlich ein Deckangebot von Ista zugunsten der Antragsgegnerin gelegt (Beilagen ./K6, ./J6).
Im Jahr 2011 legte Ista zugunsten der Antragsgegnerin ein Deckangebot betreffend den Auftraggeber Weinberger-Biletti (Beilage ./I6).
Zum von der Antragsgegnerin eingeforderten Deckangebot betreffend das Eigentumshaus 9500 Villach, Wolfram von Eschenbach Straße 38 und 40, 26-36 des Kunden Meine Heimat im Jahr 2015 siehe oben Punkt 4.b.3..
 
Beweiswürdigung:
Von der Antragsgegnerin wurde der von der BWB vorgebrachte Sachverhalt und Deliktszeitraum ausdrücklich außer Streit gestellt. Die außerstreitgestellten Behauptungen stehen mit dem Inhalt der vorgelegten Urkunden Beilage ./A – ./K7 im Einklang. Da die Antragsgegnerin die Urkunden als echt anerkannte und diese als unbedenklich einzustufen sind, konnte das Kartellgericht von weiteren Beweisaufnahmen gemäß § 33 AußStrG absehen und die Feststellungen auf das Vorbringen der BWB und den Inhalt der Urkunden gründen.
 
Rechtliche Beurteilung:
1. Kartellverbot
Nach § 1 KartG bzw Art 101 AEUV sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmern, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen verboten, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken.
2. Zwischenstaatlichkeit
Art 101 AEUV kommt zur Anwendung, wenn der Wettbewerbsverstoß geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen (Zwischenstaatlichtkeit).
Beim Kriterium der Zwischenstaatlichkeit handelt es sich um eine Kollisionsnorm, die keine wettbewerbsrechtliche Bewertung der Absprache betrifft, sondern die Frage beantworten soll, ob es angemessen ist, den Sachverhalt nach Unionsrecht zu beurteilen. Art 101 Abs 1 AEUV erfordert, dass die wettbewerbsbeschränkenden Praktiken geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Diese Voraussetzung ist – was schon durch das Abstellen auf die „Eignung“ angelegt ist – weit zu verstehen (16 Ok 7/15p mwN).
Maßnahmen, deren wettbewerbsbeschränkende Wirkungen sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken, sind zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten geeignet, weil sie schon ihrem Wesen nach die Abschottung nationaler Märkte verfestigen und die gewünschte Marktintegration verhindern können (16 Ok 7/15p, 16 Ok 8/15k). Ein Kartell, das über das Gesamtgebiet eines Mitgliedstaats ausgebreitet ist, verhindert die in der Union angestrebte wirtschaftliche Verflechtung und beeinflusst damit den innergemeinschaftlichen Handel (EuGH C-238/05, C-125/07, 16 Ok 4/13; 16 Ok 2/15b; 16 Ok 7/15p; 16 Ok 8/16m; RIS-Justiz RS0120478).
Bei den festgestellten Zuwiderhandlungen der Antragsgegnerin ist allein schon aufgrund ihrer flächenmäßig über ganz Österreich verteilten Geschäftstätigkeit, der Anzahl der im Bestand der Antragsgegnerin fallenden Haushalte, der Deliktsdauer sowie aufgrund der Marktanteile der Antragsgegnerin jedenfalls die Zwischenstaatlichkeit zu bejahen und Unionsrecht anzuwenden.
Gemäß Art 3 VO (EG) Nr. 1/2003 haben die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten Art 101 AEUV parallel zum nationalen Wettbewerbsrecht anzuwenden.
3. Absprachen über Preise:
Gemäß § 1 Abs 2 Z 1 KartG bzw Art 101 Abs 1 lit a AEUV sind insbesondere verboten die unmittelbare und mittelbare Festsetzung der An- und Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen.
Kartellrechtswidrige Preisabsprachen können Absprachen über Mindestpreise, Preisintervalle, Preisaufschläge und -abzüge oder die Koordination der Höhe und des Zeitpunkts einer Preissteigerung sein (Schroeder in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union [54. Ergänzungslieferung 2014] Art 101 AEUV Rz 776). Außerdem erfasst Art 101 Abs 1 AEUV auch Vereinbarungen über Margen und Rabatte, Kreditbedingungen und Richtpreise (16 Ok 2/15b).
Auch vereinbarte Preisempfehlungen können verboten sein. So wurde eine Vereinbarung zwischen Wettbewerbern, Preisempfehlungen zu veröffentlichen, als Verstoß gegen Art 101 Abs 1 AEUV angesehen, obwohl die tatsächlichen Endpreise individuell festgelegt wurden (Schroeder aaO Art 101 AEUV Rz 776 mwN, 16 Ok 2/15b).
Die mit den tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen (Vereinbarung, Beschluss, abgestimmtes Verhalten) verbundenen horizontalen Preisregulierungen sind als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung anzusehen, sodass es auf weitere Umsetzungshandlungen und Marktauswirkungen nicht mehr ankommt (Stockenhuber in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union [54. Ergänzungslieferung 2014] Art 101 AEUV Rz 179; 16 Ok 2/15b).
Die festgestellten Abstimmungen zwischen der Antragsgegnerin und ihren Wettbewerbern über einheitliche Preiserhöhungen für die Kundendiensttarife im Rahmen der Jahresvereinbarungen mit Kunden, für Montagen, für den Austausch von Boilern, für Entsorgungskosten von Messampullen, für die Entsorgung von Litium-Ionen-Batterien und für Nachtermine sind als Preisabsprachen zu qualifizieren und stellen damit Kernverstöße gegen das Wettbewerbsrecht dar.
4. Informationsaustausch
Marktinformationsverfahren verstoßen dann gegen Art 101 AEUV, wenn die beteiligten Wettbewerber zeitnah Informationen über solche Umstände austauschen, die für den Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen von Bedeutung sind und die nicht allgemein und ohne Weiteres verfügbar sind. Dies gilt insbesondere, wenn durch diese Kenntnis die Ungewissheit über das Marktverhalten der Wettbewerber abgeschwächt oder gar beseitigt wird (16 Ok 12/06).
Die im Anlassfall ausgetauschten Informationen ermöglichten der Antragsgegnerin nicht nur Rückschlüsse auf die Strategien der daran beteiligten Mitbewerber zu ziehen (vgl 16 Ok 12/06), vielmehr wurde zukünftiges Marktverhalten zwischen den Wettbewerbern besprochen und marktstrategische Überlegungen offengelegt und Verhaltensweisen abgeglichen.
Diese Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und Wettbewerbern über einen systematischen Austausch von strategisch relevanten Daten kommen einer Abstimmung gleich, weil damit die Unabhängigkeit des Verhaltens der Wettbewerber auf dem Markt verringert und Wettbewerbsanreize vermindert werden (Vgl LL der Kommission zur Anwendbarkeit von Art 101 auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit 2011/C 11/01, Rz 61; vgl auch 6 Ob 105/19p).
Solche horizontalen Marktinformationsaustauschsyteme, bei denen, wie hier, strukturiert wesentliche marktstrategisch relevante Unternehmensinterna zwischen den Wettbewerbern weitergegeben werden, sind schon ihrer Natur nach geeignet, den Wettbewerb zu beschränken und daher als bezweckte Kernvestöße unter den Tatbestand der mittelbaren Festsetzung von Geschäftsbedingungen zu subsumieren(Schröter in Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht2, Art 101 Abs 1 Rz 144).
 
5. Akkordierte Vertragsanpassungen
Absprachen über Geschäftsbedingungen sind im demonstrativen Verbotskatalog des Art 101 AEUV und § 1 KartG ausdrücklich genannt. Derartige Absprachen sind schon ihrer Natur nach verbotene Wettbewerbsbeschränkungen, wobei es im Hinblick auf die Verbotsvorschrift keinen Unterschied macht, ob die beteiligten Unternehmen ihre gesamten Geschäftsbedingungen vereinheitlichten oder sich - wie hier die Antragstellerin- nur auf die gemeinsame Verwendung bestimmter Konditionen einigen (Schröter in Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht2, Art 101 Abs 1 Rz 144; 16 Ok 17/04.)
6.Deckangebote:
Die Aufteilung von Aufträgen zwischen Wettbewerbern stellt einen Unterfall des Kartellrechtsverstoßes „Aufteilung der Märkte“ iS des Art 101 Abs 1 lit c AEUV dar (16 Ok 5/08; Gugerbauer in Gugerbauer, KartG und WettbG3 § 1 KartG Rz 105).
Eine Marktaufteilung ist tatbestandsmäßig, unabhängig davon, ob der gesamte Markt oder nur ein Teil davon betroffen ist (Gugerbauer aaO). Durch die Koordinierung des Angebotsverhaltens in einem Ausschreibungsverfahren wird eine Reduktion des Bieterwettbewerbs erreicht, sodass dieses Verhalten auch als Kernverstoß der Aufteilung der Märkte zu qualifizieren ist (sogenanntes Submissionskartell).
Wenn nämlich zwischen den Wettbewerbern im Vorhinein vereinbart wird, wer den Zuschlag erhalten soll, und die von den Mitbewerbern abgegebenen Angebote derart (höher) kalkuliert sind, dass der von den Kartellanten ausgewählte Mitbewerber den Zuschlag erhält, wird jener Markt, in dem die Mitbewerber tätig sind (im konkreten Fall Submetering) unter den Mitbewerbern durch Absprachen aufgeteilt, und damit die dem fairen Wettbewerb innewohnende Ungewissheit über das zukünftige Marktverhalten der Mitbewerber ausgeschaltet (EuGH C-RS 40/73).
Auch solche Formen der Kollusion zwischen Unternehmen sind ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des Wettbewerbs anzusehen und daher als bezweckte Kartellrechtsverstöße zu qualifizieren (EuGH C-32/11; 16 Ok 1/13, 16 Ok 10/16f).
Wenn fest steht, dass eine Vereinbarung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, brauchen ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht geprüft werden (16 Ok 5/08, 16 Ok 12/06, 16 Ok 8/10, 16 Ok 10/16f).
7. Verjährung
Gemäß § 33 KartG darf eine Geldbuße nur verhängt werden, wenn der Antrag binnen fünf Jahren ab Beendigung der Rechtsverletzung gestellt wurde. Damit differenziert § 33 KartG - im Gegensatz zur unionsrechtlichen VO 1/2003 - nicht zwischen einmaligen, dauernden und fortgesetzten Zuwiderhandlungen bzw Zustands- und Dauerdelikten. Nach dem Gesetzeswortlaut muss das Verhalten insgesamt beendet sein, um den Beginn der Verjährungsfrist auszulösen (16 Ok 2/15b).
Bei Dauerdelikten ist zwischen dauernden und fortgesetzten Zuwiderhandlungen zu unterscheiden. Eine dauernde Zuwiderhandlung besteht aus einer andauernden Handlung, eine fortgesetzte aus mehreren Handlungen, die jede für sich die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen. Somit handelt es sich bei einer dauernden Zuwiderhandlung um ein abgrenzbares rechtswidriges Verhalten, das ohne Unterbrechung über einen längeren Zeitraum gesetzt wird. Eine fortgesetzte Zuwiderhandlung liegt demgegenüber immer dann vor, wenn eine zu einer rechtlichen Einheit zusammengefasste Vielzahl rechtswidriger aufeinanderfolgender Verhaltensweisen oder mehrere abgrenzbare Handlungen, die auf die Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung gerichtet sind, erfolgen (16 Ok 2/15b).
Nach der Definition des Europäischen Gerichtshofs umfasst der Begriff der fortgesetzten Zuwiderhandlung eine Mehrzahl von rechtswidrigen Verhaltensweisen oder von Handlungen zur Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung, die durch ein gemeinsames subjektives Element zu einer Einheit verbunden sind (EuGH 8. 7. 1999, C-235/92 P – Montecatini/Kommission).
Der Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung erfasst eine Situation, in der mehrere Unternehmen an einer Zuwiderhandlung beteiligt waren, die aus einem kontinuierlichen Verhalten bestand, mit dem ein einziges wirtschaftliches Ziel verfolgt wurde, nämlich die Verfälschung des Wettbewerbs, oder an einzelnen Zuwiderhandlungen, die miteinander durch eine Übereinstimmung des Zwecks (dieselbe Zielsetzung sämtlicher Bestandteile) und der Personen (Übereinstimmung der beteiligten Unternehmen, die sich der Beteiligung am gemeinsamen Zweck bewusst waren) verbunden waren (16 Ok 2/15b).
Ein Verstoß gegen Art 101 AEUV kann sich daher nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem kontinuierlichen Verhalten ergeben. Bei der Einstufung unterschiedlicher Handlungen als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung ist zu prüfen, ob zwischen ihnen insoweit ein Komplementaritätsverhältnis besteht, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die ihre Urheber im Rahmen eines auf eine einheitliche Zielsetzung gerichteten Gesamtplans anstreben. Insoweit sind alle Umstände zu berücksichtigen, die dieses Verhältnis belegen oder in Frage stellen können, wie der Anwendungszeitraum, der Inhalt (einschließlich der verwendeten Methoden) und im Zusammenhang damit die Zielsetzung der verschiedenen fraglichen Handlungen (16 Ok 2/15b).
Bei fortgesetzten Delikten, also solchen Verstößen, die aus mehreren Teilhandlungen bestehen, die in ihrer Begehungsweise gleichartig sind, in einem nahen zeitlichen Zusammenhang stehen und von einem Gesamtvorsatz getragen sind, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Beendigung des letzten Teilakts zu laufen (Bauer/Müller, Verjährung im Kartellrecht, OZK 2009, 23 [26]; vgl auch Maritzen, Die einheitliche und fortdauernde Zuwiderhandlung - ein kartellrechtliches Oxymoron?, OZK 2010, 92m 16 Ok2/15b).
Da im Anlassfall das zwischen der Antragsgegnerin und wesentlichen Wettbewerbern des Submeterings geschaffene System der Preisabsprachen und Abstimmungen der Geschäftsbedingungen sowie der Aufteilung des Marktes durch Legung von Deckangeboten, das eingebettet war in ein Forum des Wissensaustausches und der Informationsweitergabe, das jahrelang im gegenseitigen Einvernehmen und in verlässlicher Kontinuität stattgefunden hat und Schlüsselinformationen der Geschäftsbeziehungen der Wettbewerber mit ihren Kunden, wie die Preisgestaltung und Geschäftsbedingungen und Ausschreibungen umfasste, das vom Gesamtvorsatz getragen war,strategische Unsicherheiten für die Kartellbeteiligten am Markt zu reduzieren und den Wettbewerb insgesamt vielschichtig abzuschwächen und Wirkungsweisen des normalen Wettbewerbs auszuschalten, ist das Bündel der Kartellrechtsverstöße als einheitliche Zuwiderhandlung zu beurteilen.
Demzufolge hat die Verjährungsfrist erst mit Beendigung des letzten Teilaktes im Jahr 2019 zu laufen begonnen. Verjährung ist daher für keine Periode eingetreten.
Zum Feststellungsausspruch:
Gem § 28 KartG hat das Kartellgericht die Zuwiderhandlung festzustellen, wenn die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV (§ 1 KartG) oder 102 AEUV (§ 5 KartG) bereits beendet ist, soweit daran ein berechtigtes Interesse besteht.
Nach Abs (1a) Z 1 cit leg liegt ein berechtigtes Interessauch vor, wenn die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen einen Unternehmer oder eine Unternehmervereinigung begehrt wird, dem oder der die Bundeswettbewerbsbehörde Kronzeugenstatus zuerkannt hat.
Da der Antragsgegnerin Kronzeugenstatus eingeräumt wurde, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Feststellungsausspruch vor.“


Bekannt gemacht am 03.10.2023

Änderung

Text geändert. Alte Fassung:

 „Es wird gemäß § 28 Abs 1 iVm § 28 Abs 1a Z 1 KartG festgestellt, dass die Antragsgegnerin wegen der Beteiligung an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gegen § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV in Form von kartellrechtswidrigem Informationsaustausch und Preis- bzw. Konditionenabsprachen mit Wettbewerbern durch die Vereinbarung der Legung von Deckangeboten, Abstimmung von Preisen, Preisbestandteilen und Preiserhöhungen wie insbesondere für Kundendienstleistungen, Entsorge-, Montage-, Nachtermin- und Austauschkosten sowie durch systematischen Austausch von wettbewerblich sensiblen Informationen, insbesondere über Preise, Ausschreibungen, Kunden und potentielle Kunden und Geschäftsbedingungen sowohl im Rahmen von organisierten Vereinssitzungen der Wettbewerber und zwischen den Wettbewerbern als auch außerhalb dieser Sitzungen im Bereich Submetering in Österreich im Zeitraum von zumindest Juli 2004 bis einschließlich Februar 2019 verstoßen hat.
 
Begründung:
Die Antragsgegnerin ist eine Energiedienst- und Messdienstleisterin, die österreichweit tätig ist und deren Kerngeschäft im Submetering liegt. Submetering umfasst die individuelle Erfassung und Abrechnung von Heiz-, Warmwasser- sowie Kaltwasserkosten in Gebäudeeinheiten zur privaten und gewerblichen Nutzung (Wohngebäude, Bürogebäude, etc.), wobei darunter nicht nur das Ablesen und Abrechnen der Heizkostenverteiler/Wärmezähler/Wasserzähler oder die Erstellung der Abrechnung zu verstehen ist, sondern auch die Gebrauchsüberlassung (idR Miete oder Verkauf) der genannten Geräte. Während Metering die verursachergerechte Abrechnung von Energielieferungen bis zu einer Liegenschaft betrifft, umfasst Submetering die Dienstleistung im Zusammenhang mit der Aufteilung der Energielieferungen auf die Nutzer bzw. Einheiten der Liegenschaften.
Die Antragsgegnerin bietet im Bereich Submetering von der Beratung über die Lieferung und Installation von Geräten für die Erfassung und Abrechnung von Wärme und Wasser bis hin zum Monitoring und der Analyse von Verbräuchen ein breites Spektrum an Dienstleistungen an. In Österreich betreut die Antragsgegnerin die Verbrauchserfassung und –abrechnung für xxx Wohneinheiten. Dazu kommen noch yyy Nutz-/Wohneinheiten, die von der in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland tätigen Gebietsvertretung der Antragsgegnerin vermittelt wurden und betreut werden. Bei dieser Kundengruppe vermitteln V. der Antragsgegnerin, die Kauf-, Miet- und Wartungsverträge für die Antragsgegnerin. Zusätzlich führen V. Kundendienstleistungen für die Antragsgegnerin durch, wofür sie Vergütungen erhalten.
Die Antragsgegnerin wird von der in Deutschland ansässigen Techem Energy Service GmbH kontrolliert und ist ein Teil der weltweit agierenden Techem Gruppe. In Österreich ist die Techem-Gruppe durch die Antragsgegnerin sowie durch deren nicht im Submeteringbereich auftretende 100%ige Tochtergesellschaft Techem Wassertechnik GmbH tätig.
 
Die BWB beantragte am 22.7.2022 die Feststellung der Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht im Zeitraum von Juli 2004 bis Februar 2019. Zwischen der Antragsgegnerin und ihren Mitbewerberinnen sei es österreichweit zu kartellrechtswidrigen horizontalen Absprachen und zum Austausch wettbewerblich sensibler Geschäftsinformationen gekommen. Diese kartellrechtswidrigen Praktiken seien sowohl im Rahmen der Treffen des Branchenverbandes als auch außerhalb dieser zwischen der Antragsgegnerin und ihren Mitbewerberinnen gesetzt worden. Im Rahmen von Treffen des Branchenverbandes habe regelmäßig zwischen der Antragsgegnerin und den Mitbewerbern Ista Österreich GmbH (in der Folge Ista) und der M. Unternehmens-Gruppe, insbesondere der M. Gesellschaft mbH & Co KG, ein Austausch über wettbewerblich sensible Informationen stattgefunden. Ein Informationsaustausch von wettbewerblich sensiblen Daten habe aber auch außerhalb der Branchenverbandssitzungen stattgefunden.
Die Preis- und Konditionenabsprachen sowie die Vereinbarung von Legung von Deckangeboten haben überwiegend außerhalb von Verbandstreffen stattgefunden und sich meist auf konkrete Kunden bezogen.
Von den Preisabsprachen mit Mitbewerbern seien Kundendiensttarife und Montagepreise betroffen gewesen. Weiters seien Informationen über den Preis für den Austausch von Boilerzählern wechselseitig bekanntgegeben worden sowie die Abstimmung über die Weitergabe der Entsorgungskosten von Messampullen für Heizkostenverteiler auf Verdunstungsbasis getroffen worden. Zwischen Mitbewerbern seien einheitlich Tarifanpassungen und Preiserhöhungen für die nächsten Abrechnungsperioden vorgenommen worden. Im Zusammenhang mit Montagekosten seien preisliche Untergrenzen zwischen den Mitbewerbern festgelegt worden. Weiters seien Tarife für die Entsorgung von Altampullen und Litium-Ionen-Batterien zwischen der Antragsgegnerin und Mitbewerbern einheitlich festgelegt worden.
Zusätzlich zu den Preisabstimmungen und -absprachen seien zwischen den Mitbewerbern wettbewerblich sensible Daten ausgetauscht worden.
Die Gründerinnen des Branchenverbandes, nämlich die Antragsgegnerin, Ista und M. haben die Verbandssitzungen genutzt, um marktbezogene Themen zu erörtern und unterschiedliche vertrauliche, wettbewerblich sensible Informationen auszutauschen und sich abzustimmen.
Bei den Verbandssitzungen seien unterschiedlichste, die Wettbewerbssituation auf dem Markt des Submeterings betreffende Informationen ausgetauscht worden, wie Informationen über die Anwendungen des Lageausgleiches, über die Vor- und Nachteile der Gerätemiete vs. Gerätebereitstellung, über die Abrechnungsmodalitäten. Die Verbandsssitzungen seien weiters dafür genutzt worden, wechselseitig die Preise und Preislisten auszutauschen. Vereinzelt sei es auch zum Austausch von Informationen über die Menge der betreuten Anlagen je Kunde untereinander gekommen. Im Rahmen der Sitzungen seien darüber hinaus auch Preislisten von nicht an den Verbandssitzungen teilnehmenden Wettbewerbern thematisiert und analysiert worden sowie die Weitergabe der Kosten von Nachterminen und Nachsonderterminen an die Kunden abgestimmt worden. Darüber hinaus sei es dazu gekommen, dass die Mitbewerber, insbesondere die Mitglieder des Branchenverbandes, sich wechselseitig über ihnen bekanntgewordene Ausschreibungen informierten, um auf diesem Weg eine Kontrolle über das Marktgeschehen zu haben. Schließlich seien auch sonstige Geschäftsbedingungen wechselseitig bekanntgegeben worden und die Ausformulierung der Vertragsbestimmungen abgestimmt worden. Dieser Informationsaustausch habe überwiegend während der Verbandssitzungen stattgefunden. Jedoch auch außerhalb dieser Sitzungen haben sich die Mitbewerber wechselseitig mit sensiblen Informationen versorgt, wobei daran auch wiederholt andere Mitbewerber, die nicht Verbandsmitglieder waren, beteiligt waren.
Der von der Antragsgegnerin, M. und Ista im Jahr 2012 gegründete Branchenverband sei von den Vereinsmitgliedern von Anfang an als „Plattform für ein weitgehend konfliktfreies Diskussionsforum seiner im Wettbewerb miteinander stehender Mitglieder“ verstanden worden. Die Vereinsgründerinnen Ista, M. und Techem hätten Beitrittswünschen von anderen Mitbewerbern nicht entsprochen, womit eine Strategie der Marktabschottung, welche die kartellrechtswidrigen Absprachen absichern sollten, verfolgt worden sei. So sei das Aufnahmekriterium für die Mitgliedschaft, das anfänglich an die Mindestzahl des Wohnungsbestandes für Submeteringdienstleistungen von 10.000 angeknüpft habe, auf 100.000 Wohnungen im Bundesgebiet erhöht worden. Dieses Mindestaufnahmekriterium sei nur infolge von Beitrittsanfragen von Mitbewerbern erhöht worden, um auf diesem Weg die Bewerber von der Mitgliedschaft auszuschließen. Die großen Bemühungen der VÖME-Mitglieder, den Beitritt von weiteren Mitbewerbern zu verhindern, haben dazu gedient, den zentralen Zweck von VÖME, nämlich den geheimen und wettbewerbswidrigen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern, sicherzustellen.
Verwendung von Deckangeboten:
In den Jahren 2006, 2008, 2010 und 2011 sei es zur Legung von Deckangeboten von Ista zu Gunsten der Antragsgegnerin gekommen, um auf diesen Weg der Antragsgegnerin den ausgeschriebenen Auftrag zukommen zu lassen.
Zum Feststellungsbegehren brachte die BWB vor:
Da die Antragsgegnerin als erstes Unternehmen einen Kronzeugenantrag bei der BWB gestellt und in der Folge umfassend kooperiert habe, um den Sachverhalt vollständig aufzuklären und dabei sämtliche Beweismittel, auf die sie Zugriff hatte, der BWB vorgelegt habe, könne von einem Antrag auf Verhängung einer Geldbuße abgesehen werden und mit einem Antrag auf Feststellung der Zuwiderhandlung gem § 11b Abs 1 Z 3 lit a WettbG iVm § 28 Abs 1, Abs 1a Z 1 KartG rechtlich das Auslangen gefunden werden.
Der Bundeskartellanwalt schloss sich dem Antrag und dem Vorbringen der BWB an.
Die Antragsgegnerin stellte die Tatsachenbehauptungen der BWB außer Streit.
Folgender Sachverhalt steht fest:
1. Im Zeitraum von Juli 2004 bis Februar 2019 kam es zwischen der Antragsgegnerin und Mitbewerberinnen zu horizontalen Preis- und Konditionenabsprachen, zum Austausch wettbewerblich sensibler Informationen sowie zu Absprachen bei Ausschreibungen unter Nutzung von Deckangeboten. Die Zuwiderhandlungen betrafen den Bereich Submetering in Österreich.
Hinter diesem zwischen der Antragsgegnerin und ihren Wettbewerbern aufgezogenen Kartellsystem stand als Gesamtplan der Beteiligten das Bestreben, die Wirkungsweise des normalen Wettbewerbs, dem strategischen Unsicherheiten immanent sind, auszuschalten.
2. Zu den Preisabsprachen:
Die Preisabsprachen zwischen Techem und Mitbewerbern waren vielschichtig und betrafen verschiedenste Preisbestandteile der Submeteringdienstleistungen.
So einigten sich Techem mit Mitbewerbern über einheitliche Preiserhöhungen für die Kundendiensttarife im Rahmen der Jahresvereinbarungen mit Kunden, stimmten die Preise für Montagen, für den Austausch von Boilern, für Entsorgungskosten von Messampullen, für die Entsorgung von Litium-Ionen-Batterien und für Nachtermine ab.
Dazu im Einzelnen:
2.1. Abstimmungen der Kundendiensttarife:
Bei großen Submetering-Kunden, wie beispielsweise Wohnungsgenossenschaften, die die Submetering-Leistungen von zwei oder mehr Submetering-Anbietern bezogen, kam es dazu, dass sich die Antragsgegnerin mit ihren Mitbewerbern auf einheitliche Kundendiensttarife für diese Kunden einigten und auf diesem Weg einheitliche Preise für die Submetering-Leistungen den Kunden verrechneten. Typischerweise wurde die Submeteringdienstleistungsverträge auf drei Jahre abgeschlossen. Nach Ablauf der jeweils Dreijahresverträge und vor Abschluss des nächsten Dreijahresvertrags vereinbarten die Mitbewerber untereinander, dass sie gegenüber demselben Kunden einheitliche Preisanpassungen vornehmen oder zumindest eine „unterste Schmerzgrenze“ nicht unterschreiten.
So kam es bei der gemeinsamen Kundin Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Steirisches Hilfswerk für Eigenheimbau reg.Gen.m.b.H. (Rottermanner BSG) von zumindest 2010 bis 2016 (mit Wirkung bis 2019) zwischen der Antragsgegnerin und Ista zu abgestimmten Preiserhöhungen für die Dreijahresverträge (Beilagen ./M5 bis ./C6). Dabei wurde festgelegt, welches untere Limit einer Preiserhöhung als unterste Schmerzgrenze akzeptiert wird.
Für die Periode 2010 bis 2012 wurde zwischen der Antragsgegnerin und Ista eine Vereinbarung über einheitliche Kundendiensttarife gegenüber der Rottermanner BSG getroffen. Für die Preiserhöhung für die Vertragsperiode 2013 bis 2015 wurde von Techem an Ista ein detailliert ausgearbeiteter Vorschlag übermittelt, der von Seiten Ista mit einem „Ok“ bestätigt wurde.In ähnlicher Form gab es eine Abstimmung zwischen der Antragsgegnerin und Ista vor dem Verhandlungstermin mit der Rottermann BSG im Jahr 2016. Techem übermittelte für die nächste Vertragsperiode 2016-2018 seinen Vorschlag für die einheitlichen Preisanpassungen gegenüber den Kunden Rottermann BSG an Ista unter Hinweis darauf, dass dieser Preiserhöhungsvorschlag einheitlich der Rottermann BSG gemacht werde.
Auf diese Weise wurden zwischen Techem und Ista die Preise koordiniert (Beilagen ./M5 bis ./C6).
Der Gemeinnützigen Grazer Wohnungsgenossenschaft Reg.Gen.m.b.H (in der Folge: GGW) als Submetering-Kundin wurden von Ista, Techem und M. seit Juli 2004 in abgestimmter Weise einheitliche Preise verrechnet (Beilagen ./V6 bis ./I7).
So hielt Ista mit Schreiben vom 13.7.2004 an die Antragsgegnerin die einheitliche Preiserhöhung beim Kunden GGW ab 1.7.2004 schriftlich fest (Beilage ./V6). Die Preiserhöhungen für die Abrechnungsperioden wurden von den Mitbewerbern einheitlich vorgenommen. In einem Schreiben von Techem an Ista und an M. vom 12.7.2010 wird beispielsweise festgehalten:
„Sehr geehrte Herren,
wie alljährlich habe ich folgende Tarife ausgehandelt, bitte gleichen Sie die Tarife entsprechend an“ (Beilage ./Z6).
Im Schreiben vom 29.5.2009 betreffend die Abrechnungsperiode 1.1. bis 31.12.2009 schreibt die Antragsgegnerin an Ista und M.:
„Sehr geehrter Herr […], sehr geehrter Herr […], wie bereits telef. vereinbart, werden wir gemeinsam die Kundendiensttarife ab 1.7.2009 für die Abrechnungsperiode 1.1. bis 31.12.2009 um 3,1 % erhöhen (100 % Lohnkostenanteil).
Die entsprechenden Kundendienstbriefe senden Sie bitte Herrn [...]“ (Beilage ./X6).
Die Tarifverhandlungen mit dem Kunden GGW wurden von Ing. K. (Antragsgegnerin) geführt und von Ista und M. übernommen. In einem internen E-Mail von Ista vom 17.10.2011 ergibt sich dazu:
„Bei GWS und GGW wurde in den letzten Jahren immer von M., Techem und Ista derselbe Preis der von K.(Anm: Antragsgegnerin) verhandelt wurde , verrechnet!“ (Beilge ./A7).
Am 19.11.2018 schickt B. (Ista) an einen Techem-Mitarbeiter folgendes Mail:
„Sehr geehrter Herr H! Wie soeben mit Ihnen besprochen, bitte ich um Bekanntgabe der Preiserhöhungen bei der GGW! Herzlichen Dank für Ihre Bemühungen und liebe Grüße […]“ (Beilage ./I7).
Ein vergleichbares Modell der einheitlichen Preiserhöhung wurde zwischen der Antragsgegnerin, Ista und M. bei der Kundin Gemeinnützige Alpenländische Gesellschaft für Wohnbau- und Siedlungswesen mbH (in der Folge: GWS) praktiziert. Ista und Meßtechnik verrechneten der GWS zumindest im Zeitraum 2009 bis 2011 jene Preise, die von der Antragsgegnerin einheitlich für alle drei Submetering-Anbieter ausverhandelt worden waren (Beilage ./A7).
2.2. Abstimmung von Montagepreisen in Vorarlberg:
Zwischen der Antragsgegnerin und Ista wurden einheitliche Untergrenzen der Montagekosten für WMZ und WZ sowie Weggelder festgelegt. Am 29.10.2010 wurden schriftlich die mit Techem vereinbarten preislichen Untergrenzen für die Montage festgehalten und diese vereinbarte Untergrenze mit einem exakten Eurobetrag ausgewiesen (Beilage ./D6 bis ./H6).
2.3. Preisabstimmung betreffend den Austausch von Boilerzählern:
Auch in diesem Bereich wurden zwischen der Antragsgegnerin und Ista die Preise einheitlich abgestimmt.
So kam es im Jahr 2010 zwischen der Antragsgegnerin und Ista zu Preisabstimmungen hinsichtlich des Austausches von Boilerzählern in Wohnungen der Linz AG/LGW (Beilage ./S6 -./T6).
Der Kalendereintrag vom 7.3.2010 von E. (Techem) lautet:
“Verkaufs-, Miet und WD Preisliste bis Donnerstag, den 11.3.2010 vorbereiten und mit mailen, damit ich das dann an Hr. V. (Techem) zur nächsten Besprechung mit LGW weiterleiten kann.“ (Beilage ./T6).
2.4. Preisabsprachen im Bereich des Energie-Contracting
Die Energiecomfort Energie- und Gebäudemanagement GmbH, eine 100% Tochter der Wien Energie GmbH (in der Folge: Energiecomfort) ist ua im Bereich des Energiecontractings tätig. Sie bietet ihren Kunden nicht nur die Energielieferung, sondern auch die Ablesung und Abrechnung als ein Paket ab. Die Ablesung und Abrechnung macht Energiecomfort allerdings nicht selbst, sondern bedient sich Subunternehmen wie der Antragsgegnerin und Ista. Die von der Antragsgegnerin und Ista dabei erbrachten Submeteringleistungen werden an Energiecomfort verrechnet, die diese wiederum an ihre Kunden verrechnet.
Die Rahmenvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und Energiecomfort regelt ua die Preise, die die Antragsgegnerin an Energiecomfort als Subunternehmerin verrechnet.
Die Antragsgegnerin vereinbarte mit der Mitbewerberin Ista, dass bezüglich des gemeinsamen Kunden Energiecomfort es nicht zu einem Preiswettkampf kommen solle, und stimmten die Preise ab (Beilagen ./J3, ./O6, ./P6). Diesbezüglich kontaktierte Techem die Mitbewerberin Ista beispielsweise mit folgendem Mail aus 2009:
„[…] nachfolgend unsere abgelehnten EC-Preise. Da wir Ista ungern unterbieten möchten (das ist für uns beide nur von Nachteil), wären wir für ein paar Anhaltspunkte sehr dankbar. […] Wir werden jedenfalls versuchen, die Kundendienstpreise anzuheben!!!“
Unter diesem Text findet sich sodann eine Liste der Techem-Preise (Beilage ./P6).
2.5. Preisabsprachen für Entsorgungskosten von Messampullen:
Im Frühjahr 2018 stimmten sich die Antragsgegnerin sowie die Mitbewerber Ista und Meßtechnik im Rahmen einer Branchenverbandssitzung darüber ab, dass die Entsorgungskosten für Messampullen für Heizkostenverteiler auf Verdunstungsbasis an Kunden weitergegeben werden (Beilagen ./FF, ./Q6).
Im Protokoll der Verbandssitzung vom 12.6.2018 heißt es dazu (Beilage ./WW):
„Es herrscht Einvernehmen darüber, dass die steigenden Entsorgungskosten für die Altampullen an die Endverbraucher weitergegeben werden müssen. Herr L.(Anm. Ista) berichtet in diesem Zusammenhang von einem Tarif von EUR 1,30 je Altampulle in Dänemark.“
Im Protokoll der Verbandssitzung vom 28.2.2019 wurde festgehalten (Beilage ./D5):
„ad Entsorgungsgebühr für Altampullen
Die Teilnehmer an der Besprechung sind sich einig, dass die Entsorgungskosten für die Altampullen weiterverrechnet werden müssen. Die dafür verrechneten Kosten belaufen sich je nach Kunden auf ca. netto EUR 0,40 bis EUR 0,65.“
2.6. Entsorgungsgebühr für Litium-Ionen-Batterien
Im Rahmen von Verbandssitzungen wurde das Thema der Entsorgungskosten von Litium-Batterien zwischen der Antragsgegnerin und Mitbewerbern behandelt(Beilage ./CC, ./DD, ./EE, ./FF).
Im Protokoll der Verbandssitzung vom 30.1.2018 wird dazu festgehalten (Beilage ./FF):
„Herr L. (Anm: Ista) weist in diesem Zusammenhang auf die Entsorgungskosten der Litium-Batterien hin, welche die Branche ebenfalls an die Endverbraucher wird weitergeben müssen.“
Im Anschluss an diese Branchenverbandssitzung heißt es in einem antragsegnerininternen Mail vom 1.2.2018 (Beilage ./GG):
„Folgendes Thema wurde von den Herren L.(Anm: Ista) und G. (M. an mich herangetragen:
[…]
2) Detto sollten wir eine Entsorgungsgebühr für WZ-Batterien verrechnen.“
2.7. Absprachen über die Verrechnung von Kosten der Sondernachtermine:
Die Antragsgegnerin vereinbarte mit Mitbewerbern im Zusammenhang mit der Verrechnung von Nachterminkosten, dass pauschal immer ein alternativer Nachtermin bei Nichtantreffen bei der Hauptablesung kalkuliert ist. Sollten jedoch ein oder mehrere Nutzer einen Sondertermin vereinbaren wollen, wird der dann tatsächlich entstandene Aufwand in Rechnung gestellt (Beilagen ./T3, ./U3).
In einem internen Mail der Antragsgegnerin wird dazu festgehalten(Beilage ./T3):
„[…]
Gegenüber den HV halten wir uns alle drei (Anm: ista, Techem und M. an folgende Praxis (wie in den letzten 52 Jahren auch):
*) In unseren Tarifen sind Nachterminkosten nicht kalkuliert, da diese Kosten von den wirklichen Verursachern zu tragen sind.
*) Wir vergeben „Pauschal“ immer einen alternativen Nachtermin bei Nichtantreffen bei der Hauptablesung und ist dieser Betrag daher eine „Pauschale“.
*) Sollte(n) ein oder mehrere Nutzer einen Sondertermin vereinbaren wollen, sind wir dazu bereit, allerdings ist dann der tatsächliche entstandene Aufwand in Rechnung zu stellen.
[...]“
3. Gründung eines Interessensverbandes (Vereines) durch die Antragsgegnerin und zwei weitere Wettbewerber zur Abschottung des Marktes:
Im Jahr 2012 wurde von der Antragsgegnerin und den Mitbewerbern Ista und M. ein Verein der österreichischen Messdienst- und Energiedienstleister gegründet. Die branchenverbandgründenden Unternehmen sind im Submetering-Geschäft tätig.
Als Sitz und Zustellanschrift des Branchenverbandes fungierte die Firmenadresse von Ista.
Die Sitzungen des Branchenverbandes wurden stets von einem der drei Geschäftsführer der drei Vereinsmitgliedsunternehmen einberufen und fanden an unterschiedlichen Orten statt. Der Branchenverband wurde gegründet, um ua ein Vehikel zum Informationsaustausch zu haben.
Eine Aufnahme weiterer Unternehmen in den Verband fand nicht statt, obwohl laut eines Gedächtnisprotokolls über eine am 20.9.2011 im Rahmen der Gründung des Vereines stattgefundene Besprechung in der Raststation in Guntramsdorf zunächst angedacht war, dass der Beitritt zum Verein allen Messdienst- und Energiedienstleistern, mit Ausnahme von Energie- und Wärmeenergieversorgern, offen stehen soll.
In der Folge kam es jedoch trotz Beitrittswünschen von Mitbewerberinnen nicht zur Aufnahme weiterer Mitglieder.
Um die Ablehnung der Aufnahme weiterer Unternehmen statutenkonform zu begründen, wurden nach Gründung des Vereins die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft mittels Statutenänderung so drastisch verschärft, dass es keinem weiteren Mitbewerber möglich war, diese zu erfüllen. Damit wurde eine Strategie der Marktabschottung betrieben, welche die kartellrechtswidrigen Absprachen absicherte.
So war anfänglich als Aufnahmekriterium für die Vereinsmitgliedschaft vorgesehen, dass ein interessiertes Unternehmen zumindest 10.000 Wohnungen in Österreich im Abrechnungsbestand haben muss.
Als Reaktion auf den Beitrittswunsch eines Wettbewerbers tauschten sich die Mitglieder des Vereins schriftlich dahingehend aus, dass Aufnahmevoraussetzung 50.000 Wohneinheiten im österreichischen Abrechnungsbestandsgebiet sein müsste und die Mitglieder ausschließlich österreichische Unternehmen ohne ausländischen Partner sein dürften.
In einem weiteren E-Mail Anfang 2013, das zwischen den Vereinsmitgliedern zirkulierte, kam der Vorschlag, dass die Mindestzahl der Wohneinheiten sogar auf 100.000 erhöht werden sollte. Die Statuten wurden schließlich dahingehend geändert, dass als Voraussetzung für die Vereinsmitgliedschaft ein Wohnbestand von 100.000 festgelegt wurde.
Diese Maßnahme war die Vorkehrung, um einen geschlossenen Mitgliederkreis beizubehalten und diesen auch künftig sicherzustellen. Der Zweck dieses Vorgehens, nämlich die Aufnahme weiterer Mitbewerber als Vereinsmitglieder zu verhindern, lag darin begründet, den geheimen und wettbewerbswidrigen Informationsaustausch, der in den Vereinssitzungen stattgefunden hat, abzusichern. Im Fall eines erweiterten Mitgliederkreises wäre dies in der von den Mitgliedern geübten Form unter Umständen nicht mehr möglich gewesen (Beilage ./O bis ./BB, ./M).
4.a. Informationsaustausch im Rahmen von Brachenverbandssitzungen:
Diese Branchenverbandssitzungen dienten den im Wettbewerb stehenden Vereinsmitgliedern als Drehscheibe für die Weitergabe wettbewerblich relevanter Informationen. Auf diesen Weg sollten für die Mitglieder strategische Unsicherheiten am Markt reduziert werden.
Dabei wurden Informationen über den Verrechnungsmodus von Entsorgungskosten für Litium-Ionen-Batterien (Beilage ./CC bis ./FF)- siehe auch oben unter Punkt 2.6. - und zum Lageausgleich (Beilage ./BB) ausgetauscht.
Es wurde weiters wechselseitig das Wissen über Ausschreibungen weitergegeben, wie beispielsweise im Jahr 2013 betreffend eine Ausschreibung der BUWOG (Beilagen ./JJ, ./NN. ./N4) und im Jahr 2016 betreffend eine Ausschreibung der Linz AG (Beilage./KK).
Die Vereinssitzungen wurden weiters genutzt, um das Wissen über Entwicklungen und Trends im Submetering-Markt zu teilen und zu erörtern, wie auf die verschiedensten Entwicklungen zu reagieren ist.
So wurde in der Sitzung vom 25.6.2012 unter anderem über die steigende Tendenz zur Miete von Messgeräten diskutiert. Im Protokoll heißt es dazu (Beilage ./II):
„[...]Dazu wurde festgestellt, dass eine steigende Tendenz zur Miete von Messgeräten in Österreich zu bemerken ist. Um nicht in Konflikt mit dem Mietrecht zu kommen werden die Geräte in der Regel kostenlos beigestellt, soferne eine mehrjährige Wartung der Messgeräte vereinbart wird. [...]“
Im Anschluss an eine Vereinssitzung vom 25.6.2012 versandte E. (Techem) an mehrere Mitarbeiter von Techem nachfolgende E-Mail mit dem Betreff „Gespräch mit Herrn L. (Anm.: Ista) und G. (Anm.: M.)“ vom 25.6.2012 (Beilage ./SS):
„Infos vom Mitbewerb:
Ista kauft, gibt als Wärmeabgeber und verteilt im Rahmen der DV ca. EUR 40 Mio. Energie
- M. ca. EUR 25 Mio.
- beide Unternehmen machen keine Gerätemiete, sondern nur mehr Gerätebereitstellung
- kein Mietvertrag, sondern Beistellungs- oder nur Abrechnungsauftrag seitens der Kunden an Abrechnungsunternehmen
- keine Vergebührung
- Verrechnung MESSPREIS (beinhaltet Geräte, Montage, Ablesung, Abrechnung und ggf. DV)
- interne Konzerndarstellung bei Ista Umsatz/Ergebnis 1x mit / 1x ohne Energielieferung
- intern genaue Kostentrennung
- Regeltausch erfolgt automatisch – ohne separates Kundengespräch (außer der Kunde storniert vorher)
- Abrechnungstarif für DV wird generell nicht mehr separat ausgewiesen, sondern wird ein All-In-Tarif (Ablesung, Abrechnung und DV) verrechnet, da es sehr strittig ist, ob die DV-Bearbeitung nicht zur Gänze – und ausschließlich – die HV zahlen müsste und daher nicht umgelegt werden darf
- ähnliche Vorgangsweise detto für Wagnisprovision
- Zahlscheingebühr wird – wenn überhaupt separat ausgewiesen - als Verwaltungsgebühr bezeichnet
- idR ist diese Gebühr aber Teil des DV-Tarifes (ca. EUR 2,20 bis EUR 2,50) und im pauschalen All-In-Tarif eingerechnet
- große Tendenz künftig alles in All-In-Tarife zu verpacken (sowohl für HV als auch für PRI)
K. E. eh.“
So wie in der Sitzung vom 25.6.2012 wurden auch die anderen Vereinssitzungen genutzt um marktbezogene Themen abzuhandeln. Der im Rahmen der Vereinssitzungen tatsächlich erfolgte kartellrechtwidrige Informationsaustausch fand nicht immer Eingang in das Protokoll, wurde jedoch in E-Mails und handschriflichen Aufzeichnungen festgehalten (Vergleich Beilage ./OO mit./QQ; Vergleich ./II mit ./SS und ./TT).
Die Sitzungen wurden auch genutzt, um Informationen darüber auszutauschen, wie es gelingt ohne Kundenbetreuung die Kunden zu binden:
In einem antragsgegnerininternen Mail berichtet Herr E. über die in der Branchenverbandssitzung erhaltene Informationen vom Wettbewerber Me. ( Beilage ./YY):
„ […]
Seit 2015 muss die M. die Kunden gar nicht mehr aktiv betreuen sondern werden der überwiegende Großteil der
Aufträge / Bestellungen einfach per E-Mail übermittelt!
Den Mietpreis von € 1,57 netto pro F-HKV pro Jahr verrechnet M. bei der ENW schon seit 2014 - dieser wurde
aber ursprünglich gar nicht von der ENW gefordert sondern ist G. (Anm: M.) von sich aus auf die ENW zugegangen
und hat diesen - ][...] - „Wahnsinnspreis" angeboten, um sich quasi alle Neuanlagen und fremden Regeltauschanlagen zu sichern.
P. (Anm: M.)teilt auch mit, dass es das absolute Bestreben von G. (Anm: M.) ist, über eine extreme Preispolitik weiteren Bestand - und dies vorwiegend in der Stmk und in Kärnten - zu gewinnen; Ziel ist es, die Techem in der Stmk
zu verdrängen. In Ktn hingegen wird die Techem - jetzt wieder- als Mitbewerber gesehen!
Die M. macht in der Zwischenzeit auch Wartungen von Wohnungsstationen zu einem Preis von ca € 50,00 netto pro Station; das ist zwar kein wirkliches Geschäft, aber so kommt die M. in weitere Anlagen fix hinein!
Bitte mache Dir ausführliche Gedanken über die Problematik und wir sollten uns ehestens zu dem Thema zusammensetzen und überlegen, was wir in der Stmk tun wollen / sollen, damit Techem wieder einen „Namen" bekommt! Sobald Du ein Konzept / einen Vorschlag hast, komm bitte auf uns zu [...]“
Auch die allseits ablehnende Haltung zu offenen Funkprotokollen wurde abgestimmt. In einer Reihe von Verbandssitzungen im Jahr 2016 haben die Vertreter von M., Techem und Ista die Gefahr von Messgeräten mit offenen Funkprotokollen diskutiert, da bei Einführung solcher Messgeräte eine Gefährdung der eigenen Bestandssicherheit befürchtet wurde(Beilagen ./K5, ./U4, ./L5).
So wird im Verbandsprotokoll vom 25.4.2016 festgehalten (Beilage ./U4):
„ Pos.10 Offenlegung von Funkprotokollen
Die Branche bemerkt mit Sorge eine Tendenz der Kunden zur Offenlegung von Funkprotokollen. Damit würden Wettbewerbsunternehmen in die Lage versetzt unter Nutzung der bestehenden Mess- und Verteilgeräte Anlagen zu übernehmen und weiter zu betreuen, was einer Aufhebung des Bestandsschutzes gleichkäme. Herr Ing. L. (Anm. Antragsgegnerin)berichtet, dass diese Offenlegung von Funkprotokollen in Italien bereits üblicherweise gefordert wird. Die Fa. ista benutzt deshalb eine Art Hardware Schutz in Form eines Tongel […]“
 
Nach vereinsinternen Diskussionen über den Weiterbestand des Branchenverbandes wurde dieser am 28.2.2019 mit Wirkung zum 31.3.2019 aufgelöst (Beilagen ./FF, ./UU, ./VV, ./WW ./XX).
 
4.a. Informationsaustausch außerhalb der Brachenverbandssitzungen:
Der Informationsaustausch und die Verhaltensabstimmungen fanden auch außerhalb der Verbandssitzungen statt. Der Austausch außerhalb der Vereinssitzungen erfolgte sowohl bilateral zwischen der Antragsgegnerin und einem weiteren Mitbewerber als auch multilateral, insbesondere zwischen Ista, M.k und Techem. Das wechselseitige Sich-In-Kenntnis-Setzen von wettbewerblich relevanten Daten ereignete sich im Rahmen von persönlichen Treffen, über E-Mail oder auch telefonisch.
So haben sich die Antragsgegnerin mit Wettbewerbern wechselseitig Preislisten und Angebote anderer Wettbewerber zugespielt, um auf diesem Weg die strategische Unsicherheit am Markt zu reduzieren. Auch die eigenen Preislisten wurden an Mitbewerber weitergeleitet (Beilagen ./ZZ bis./A3 - ./I3).
Beispielsweise wurde am 5.12.2011 die aktuelle Preisliste von ista der Antragsgegnerin „zu Ihrer Verwendung“ per Mail gesendet, die antragsgegnerinintern mit folgender Bemerkung weitergeleitet wurde: „anbei - zur vertraulichen Verwendung – die aktuelle Preisliste der Ista!“(Beilage ./E3).
Umgekehrt erhielt auch Ista von der Antragsgegnerin deren Kundendienstpreislisten (Beilagen ./C3, ./H3, ./I3).
Es kam auch zum Austausch relevanter Informationen über die Marktposition der Wettbewerber. So unterrichtete beispielsweise E. (Techem) per Mail G. (M.) und L. (Ista) über das Ergebnis der antragsgegnerininternen Erhebung hinsichtlich des Anteils an Wohnungsverteilerststionen in den Bundesländern (Beilage ./HH):
„Sehr geehrter Hr G.,
Sie wollten ja unsere Einschätzung hinsichtlich des Anteils an Wohnungsverteilerstationen wissen.
Eine Befragung unserer NL-Leiter bzw Verkäufer ergibt für Österreich ein komplett unterschiedliches Bild:
Tirol ca 75%
Vorarlberg ca 10%
Salzburg ca 90%
Oberösterreich ca 10%
Wien / Niederösterreich / Burgenland ca 65%
Steiermark ca 40%
Kärnten / Osttirol ca 30%
Ich hoffe, Sie können diese Daten verwenden und in Ihr Schreiben entsprechend verpacken.
Mit freundlichen Grüßen
E.“
Häufig erfolgte der Informationsaustausch betreffend das Vertragsverhältnis mit konkreten Kunden – siehe anschließenden Punkt 4.b.
 
4.b. Wechselseitige Informationsweitergabe und Preisabstimmungen betreffend konkreter Kunden:
4.b.1. Zu den Kunden Wien Energie und Energie Comfort: So heißt es in einem Mail an die Antragsgegnerin vom 7.1.2016 (Beilage ./J3):
„Sehr geehrter Herr E.,
in der Anlage die Handelswaren Mietpreise der Ista - vertraulich - für Wien Energie (FWW und EC) bis inkl. 2019“.
Dieser Nachricht angeschlossen ist eine Techem-Preisliste für den Kunden Energie Comfort, in der neben den Preisen von Techem handschriftlich die Preise von Ista bis 2019 notiert wurden.
Auch anlässlich der Ausschreibung „WE-4200092724 Jahresablesung 2017 – 2025 der Wien Energie kam es zwischen Submetering-Wettbewerbern zum rechtswidrigen Informationsaustausch (Beilagen ./F5 - ./J5).
In dem Zusammenhang schickte E.(Techem) am 22.5.2017 folgende Mail an den Branchenverband:
„Sehr geehrte Herren,
in Anbetracht der uns allen bekannten aktuellen Ausschreibung in Wien sollten wir uns überlegen, als V. (Anm: Branchenverband) ein Schriftstück aufzulegen, in dem wir darauf hinweisen, dass es in der Branche der Wärmekostenabrechnungsfirmen absolut nicht üblich bzw nicht möglich ist, Teilprozesse aus dem Gesamtprozess „V-HKV-Ablesung“ heraus zu lösen und diese Teile an unterschiedliche Anbieter zu vergeben!“ (Beilage ./F5). Am 23.5.2017 teilt E. (Techem) L.(Ista) mit, dass Techem keine Fremdgeräte bedienen wolle/werde (Beilage ./F5). Am 24.5.2017 fasst E. (Techem) in einem Mail ein Gespräch mit G. (M.k) zusammen, in dem er darauf hinweist, dass die Teilnahme von M. an der Ausschreibung fraglich sei aber im bejahenden Fall von M. eigene HKV anbieten werde (Beilage ./G5). Am selben Tag hält E. (Techem) in einem Mail fest, dass Ista Einzelteile für das eigene Fabrikat gemäß Norm anbieten werde und darauf hinweisen werde, dass die Servicierung von Fremdgeräten nicht normgerecht sei (Beilage ./H5).
Betreffend Energie Comfort, eine 100% Tochtergesellschaft der Wien Energie, die ihren Kunden nicht nur die Energielieferung sondern die Ablesung und Abrechnung in einem Paket anbietet, tauschte die Antragsgegnerin, die für Energie Comfort für die Dienstleistungen Ablesung und Abrechnung als Subunternehmerin tätig ist, mit Wettbewerbern Preislisten aus (./O6, ./P6) – siehe dazu auch oben Punkt 2.4..
4.b.2. Zur Kundin Fernwärme Wien:
Die Antragsgegnerin und die Ista als Submetering-Anbieterinnen werden von der Fernwärme Wien als Subauftragnehmer herangezogen. Diese beiden Wettbewerber tauschten sich über ihre, mit der Fernwärme Wien abgeschlossenen Verträge, regelmäßig aus (Beilage ./J3, ./P3 ./Q3, ./R3, ./S3).
Im September 2010 kam es zu Kontakten zwischen der Antragsgegnerin und Ista, bei denen die weitere Verrechnung von Kosten, die durch eine IT-Umstellung bei der Fernwärme Wien verursacht worden waren, thematisiert wurde. In einem internen Mail hielt L.(Ista) fest, dass die Umstellung „ganz sicher nicht free of charge“ sei, und dass sich Ista mit V. an einen Tisch setzen solle (Beilagen ./Q3).
Es wurden ua auch Informationen über Preise und Preislisten ausgetauscht.
In einem Vermerk über ein Gesprächs zwischen L. (Ista) und E. (Techem) im Oktober 2012 wird folgendes festgehalten (./S3):
„die Kundendienst-Tarife der Ista bei Fernwärme Wien wären allgemein nicht niedriger als jene der V., außer bei Wärmezählern; die kolportierte Differenz von 4% würde sich auf andere Bereiche wie Reparaturdienst, Neuanlagen und Nachtragsanschlüsse beziehen
- das Storno der Fernwärme Wien bei V. liegt einerseits an der Person K. H. und andererseits an der Tatsache, dass Fernwärme Wien mittelfristig einen Ausgleich der Bestände (Verteilung auf zwei Unternehmen) anstrebt“
In einem Mail an die Antragsgegnerin vom 7.1.2016 werden Preislisten übermittelt (Beilage ./J3):
„Sehr geehrter Herr E.,
in der Anlage die Handelswaren Mietpreise der Ista - vertraulich - für Wien Energie (FWW und EC) bis inkl. 2019“.
4.b.3. Zur Kundin „Meine Heimat“:
Betreffend das Objekt „Eigentumshaus 9500 Villach, Wolfram von Eschenbach Straße 38 und 40, 26-36 des Kunden Meine Heimat Gemeinnützige Bau-, Wohn- und SiedlungsgenossenschaftmbH kam es im Februar/März 2015 zu einem bilateralen Austausch eines (bereits abgegebenen) Angebots zwischen Techem und M. (Beilagen ./M3, ./N3, ./O3). Das von Techem an M. übermittelte ausgefüllte Angebot wurde bei M. intern mit folgender Bemerkung weitergeleitet (Beilage ./O3):
“Sehr geehrter Herr S.!
Ich übersende Ihnen in einem Annex zu diesem Mail die Kopie eines Angebotes der Fa. Techem zu Ihrer Information und ersuche Sie gleichzeitig diese Unterlage als vertraulich zu betrachten. Vor dem Versand unseres korrespondierenden Angebotes wollen Sie bitte mit mir Rücksprache halten.Ich verbleibe
mit freundlichen Grüßen
G.“
4.b.4. Zur Kundin Linz AG:
Zu gehäuften Kontakten zwischen Ista, Techem und M. kam es im Zusammenhang mit dem Kunden Linz AG/Linz Gas/Wärme GmbH (Beilagen ./S4 -./Z4, ./A5 -./E5, ./FF,./WW). Der Informationsaustausch betraf sowohl die aufrechte Vertragsbeziehung samt Preisgestaltung (Beilage ./S4), Sonderwünsche bei der Vertragsgestaltung durch die Linz AG und zwar konkret der Wunsch nach Positionsnummern der Geräte bzw. der Dienstleistungen, die im Herbst 2016 erfolgte EU-weite Ausschreibung mit der Referenznummer 2016/S 190-341387 der Linz AG, sowie Preisabstimmungen hinsichtlich des Austausches von Boilerzählern in Wohnungen der Linz AG/LGW (Beilage ./S6 -./T6) - siehe dazu auch oben unter Punkt 2.3..
Im Zusammenhang mit dem Preisniveau betreffend die Linz AG gestaltete sich der Mailverkehr bespielsweise wie folgt: E. (Techem) schrieb am 23.12.2014 an L. (Ista) ein E-Mail mit dem Betreff „Erhöhung+ abzJ-Bonus = Nullsummenspiel“. L.(Antragsgegnerin) antwortete am selben Tag wie folgt: „ Dh. Erhöhung ist +/- NULL wie in den letzten Jahren abzüglich Bonus = Preisnachlass“ (Beilage ./S4).
In einem antragsgegnerininternen Mail vom 4.5.2017 wird zu der EU-weite Ausschreibung mit der Referenznummer 2016/S 190-341387 der Linz AG festgehalten:“[…] Ista und M. haben den Preisen schon zugestimmt. Machen wir das auch, erhalten wir unseren Bestand und bekommen 1/3 aus dem Los 4!!!![…]“ (Beilage A5).
Sonderwünsche der Linz AG bei der Vertragsgestaltung, konkret der Wunsch nach Positionsnummern der Geräte bzw. der Dienstleistungen wurden in der Branchenverbandssitzungen am 12.6.2018 und am 28.2.2019 zwischen der Antragsgegnerin und ihren Mitbewerbern besprochen und im Protokoll festgehalten, dass die von Linz AG gewünschten organisatorischen Änderungen von der Antragsgegnerin und Ista abgelehnt worden seien, M. dem jedoch nachgekommen sei (Beilagen ./WW, ./ D5). In der Sitzung vom 28.2.2019 wurde auch der von der Linz AG übermittelte AV-Vertrag der aufgrund der DSGVO vertragliche Änderungen enthielt, zwischen den Wettbewerbern diskutiert und die Informationen über den Umgang mit den Vertragsänderungswünschen der Linz AG ausgetauscht und im Aktenvermerk über diese Sitzung festgehalten: (Beilage ./D5) :
„ad Auswirkungen der neuen Datenschutz Grundverordnung
Die Herren Ing.L. (Anm: Ista) und E. (Anm:Techem) berichten von einer Zuschrift der Linz AG in der umfangreiche Datenschutzbestimmungen sowohl für die Abrechnungsunternehmen, als auch für die von diesen beauftragte Subunternehmen gefordert werden. Die Firmen Ista und Techem erklären unisono dieses Dokument nicht unterzeichnen zu können, da sie für die Subnternehmen nicht garantieren können. Hr. G. erklärt dieses Dokument zu unterzeichnen, da die Fa. M. keine Subunternehmer beschäftigt, beim gesamten Ablesepersonal handelt es sich um Angestellte der Fa. M..“
4.b.5. Zur Kundin Gemeinnützige Alpenländische Gesellschaft für Wohnbau- und Siedlungswesen mbH (GWS) – siehe Punkt 2.1. sowie anschließend Punkt 6.
4.b.6. Zur Kundin Gemeinnützigen Grazer Wohnungsgenossenschaft Reg.Gen.m.b.H (GGW) - siehe oben Punkt 2.1. sowie anschließend Punkt 6.
4.b..7. Zur Kundin Vereinigte Linzer Wohnungsgenossenschaften (VLW):
Im Zusammenhang mit dem Kunden VLW kam es zum Informationsaustausch betreffend eine Ausschreibung. Im E-Mail vom 16.7.2014 wird antragsgegnerinintern festgehalten (Beilage ./ L4):
„ Hallo Hr A.,
ich habe gestern von Hr L. (Anm: Ista“) gehört, dass er von der VLW fix weiß, dass diese Anfang 2015 den gesamten Bestand ausschreiben werden!
Wie bereits mit Fr J. besprochen, sollten Sie unbedingt versuchen, vor der Ausschreibung bei der VLW einen Termin zu bekommen und ggf etwas in unserem Sinne zu erreichen!
Bitte um Info!
Danke E.“
4.b.8. Zum Kunden „Mach“
Zum bilateralen Informationsaustausch zwischen der Antragsgegnerin und der M. kam es im Zusammenhang mit der „Mach Ausschreibung“ im Jahr 2016.
In einem antragsgegerininternen Mail vom 8.9.2016 nimmt E. (Techem) auf die Ausschreibung wie folgt Bezug (Beilage ./M4):
„Habe gerade mit Dr G. (Anm: M.) telefoniert - mit folgendem Ergebnis:
100 Anlagen rechnet M. ab - inkl Heizhausbetreuung
Ca 80 - 90 Anlagen hat Ista
Einige Anlagen hat VX. und möglicherweise auch A.??
Sehr viele alte Anlagen (tlw älter als 30 - 40 Jahre)
Preise sind sehr schlecht
Vertragsbedingungen sind tlw ein „Wahnsinn“
M. hat alle Geräte in Miete (tlw noch lange Restzeiten)
M. macht bei Ausschreibung auch wieder mit, gibt aber keine neuen, günstigeren Preise ab, da Niveau schon
sehr tief
M. stellt keine Bankgarantie zur Verfügung, da große Bedenken, wenn S-Gruppe bzw die HV dahinter in
Konkurs gehen, dann ist BG-Geld sofort weg
Über die weitere Vorgangsweise müssen wir heute Nachmittag abstimmen!
Danke EG“
 
4.b.9. Zur Kundin BUWOG
siehe oben Seite 16 unter Punkt 4.a.
4.b.10. Zum Kunden Weinberger-Biletti
siehe sogleich unter Punkt 5.
4.b.11 Zur Kundin Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Steirisches Hilfswerk für Eigenheimbau reg.Gen.m.b.H. (Rottermanner BSG):
siehe oben Seite 8 unter Punkt 2.1.
 
5. Legung von Deckangeboten:
In den Jahren 2006, 2008, 2010, 2011 und 2015 wurden von der Antragsgegnerin Deckangebote von Ista und M. eingefordert (aktive Deckangebote) und diese zugunsten der Antragsgegnerin gelegt.
Mit E-Mail v0m 24.7.2006 kontaktierte Techem einen Ista-Mitarbeiter mit dem Hinweis „wie vereinbart“, damit Ista ein Angebot an GWS legt, wobei Techem die konkreten Posten samt Preise an Ista mitsendete. Das Deckangebot wurde von Ista gelegt. (Beilage ./L6 und ./N6).
Auch 2008 legte Ista ein Deckangebot zugunsten der Antrtagsgegnerin. Auftraggeberin war die GGW. Im Jahr 2010 wurde neuerlich ein Deckangebot von Ista zugunsten der Antragsgegnerin gelegt (Beilagen ./K6, ./J6).
Im Jahr 2011 legte Ista zugunsten der Antragsgegnerin ein Deckangebot betreffend den Auftraggeber Weinberger-Biletti (Beilage ./I6).
Zum von der Antragsgegnerin eingeforderten Deckangebot betreffend das Eigentumshaus 9500 Villach, Wolfram von Eschenbach Straße 38 und 40, 26-36 des Kunden Meine Heimat im Jahr 2015 siehe oben Punkt 4.b.3..
 
Beweiswürdigung:
Von der Antragsgegnerin wurde der von der BWB vorgebrachte Sachverhalt und Deliktszeitraum ausdrücklich außer Streit gestellt. Die außerstreitgestellten Behauptungen stehen mit dem Inhalt der vorgelegten Urkunden Beilage ./A – ./K7 im Einklang. Da die Antragsgegnerin die Urkunden als echt anerkannte und diese als unbedenklich einzustufen sind, konnte das Kartellgericht von weiteren Beweisaufnahmen gemäß § 33 AußStrG absehen und die Feststellungen auf das Vorbringen der BWB und den Inhalt der Urkunden gründen.
 
Rechtliche Beurteilung:
1. Kartellverbot
Nach § 1 KartG bzw Art 101 AEUV sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmern, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen verboten, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken.
2. Zwischenstaatlichkeit
Art 101 AEUV kommt zur Anwendung, wenn der Wettbewerbsverstoß geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen (Zwischenstaatlichtkeit).
Beim Kriterium der Zwischenstaatlichkeit handelt es sich um eine Kollisionsnorm, die keine wettbewerbsrechtliche Bewertung der Absprache betrifft, sondern die Frage beantworten soll, ob es angemessen ist, den Sachverhalt nach Unionsrecht zu beurteilen. Art 101 Abs 1 AEUV erfordert, dass die wettbewerbsbeschränkenden Praktiken geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Diese Voraussetzung ist – was schon durch das Abstellen auf die „Eignung“ angelegt ist – weit zu verstehen (16 Ok 7/15p mwN).
Maßnahmen, deren wettbewerbsbeschränkende Wirkungen sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken, sind zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten geeignet, weil sie schon ihrem Wesen nach die Abschottung nationaler Märkte verfestigen und die gewünschte Marktintegration verhindern können (16 Ok 7/15p, 16 Ok 8/15k). Ein Kartell, das über das Gesamtgebiet eines Mitgliedstaats ausgebreitet ist, verhindert die in der Union angestrebte wirtschaftliche Verflechtung und beeinflusst damit den innergemeinschaftlichen Handel (EuGH C-238/05, C-125/07, 16 Ok 4/13; 16 Ok 2/15b; 16 Ok 7/15p; 16 Ok 8/16m; RIS-Justiz RS0120478).
Bei den festgestellten Zuwiderhandlungen der Antragsgegnerin ist allein schon aufgrund ihrer flächenmäßig über ganz Österreich verteilten Geschäftstätigkeit, der Anzahl der im Bestand der Antragsgegnerin fallenden Haushalte, der Deliktsdauer sowie aufgrund der Marktanteile der Antragsgegnerin jedenfalls die Zwischenstaatlichkeit zu bejahen und Unionsrecht anzuwenden.
Gemäß Art 3 VO (EG) Nr. 1/2003 haben die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten Art 101 AEUV parallel zum nationalen Wettbewerbsrecht anzuwenden.
3. Absprachen über Preise:
Gemäß § 1 Abs 2 Z 1 KartG bzw Art 101 Abs 1 lit a AEUV sind insbesondere verboten die unmittelbare und mittelbare Festsetzung der An- und Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen.
Kartellrechtswidrige Preisabsprachen können Absprachen über Mindestpreise, Preisintervalle, Preisaufschläge und -abzüge oder die Koordination der Höhe und des Zeitpunkts einer Preissteigerung sein (Schroeder in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union [54. Ergänzungslieferung 2014] Art 101 AEUV Rz 776). Außerdem erfasst Art 101 Abs 1 AEUV auch Vereinbarungen über Margen und Rabatte, Kreditbedingungen und Richtpreise (16 Ok 2/15b).
Auch vereinbarte Preisempfehlungen können verboten sein. So wurde eine Vereinbarung zwischen Wettbewerbern, Preisempfehlungen zu veröffentlichen, als Verstoß gegen Art 101 Abs 1 AEUV angesehen, obwohl die tatsächlichen Endpreise individuell festgelegt wurden (Schroeder aaO Art 101 AEUV Rz 776 mwN, 16 Ok 2/15b).
Die mit den tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen (Vereinbarung, Beschluss, abgestimmtes Verhalten) verbundenen horizontalen Preisregulierungen sind als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung anzusehen, sodass es auf weitere Umsetzungshandlungen und Marktauswirkungen nicht mehr ankommt (Stockenhuber in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union [54. Ergänzungslieferung 2014] Art 101 AEUV Rz 179; 16 Ok 2/15b).
Die festgestellten Abstimmungen zwischen der Antragsgegnerin und ihren Wettbewerbern über einheitliche Preiserhöhungen für die Kundendiensttarife im Rahmen der Jahresvereinbarungen mit Kunden, für Montagen, für den Austausch von Boilern, für Entsorgungskosten von Messampullen, für die Entsorgung von Litium-Ionen-Batterien und für Nachtermine sind als Preisabsprachen zu qualifizieren und stellen damit Kernverstöße gegen das Wettbewerbsrecht dar.
4. Informationsaustausch
Marktinformationsverfahren verstoßen dann gegen Art 101 AEUV, wenn die beteiligten Wettbewerber zeitnah Informationen über solche Umstände austauschen, die für den Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen von Bedeutung sind und die nicht allgemein und ohne Weiteres verfügbar sind. Dies gilt insbesondere, wenn durch diese Kenntnis die Ungewissheit über das Marktverhalten der Wettbewerber abgeschwächt oder gar beseitigt wird (16 Ok 12/06).
Die im Anlassfall ausgetauschten Informationen ermöglichten der Antragsgegnerin nicht nur Rückschlüsse auf die Strategien der daran beteiligten Mitbewerber zu ziehen (vgl 16 Ok 12/06), vielmehr wurde zukünftiges Marktverhalten zwischen den Wettbewerbern besprochen und marktstrategische Überlegungen offengelegt und Verhaltensweisen abgeglichen.
Diese Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und Wettbewerbern über einen systematischen Austausch von strategisch relevanten Daten kommen einer Abstimmung gleich, weil damit die Unabhängigkeit des Verhaltens der Wettbewerber auf dem Markt verringert und Wettbewerbsanreize vermindert werden (Vgl LL der Kommission zur Anwendbarkeit von Art 101 auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit 2011/C 11/01, Rz 61; vgl auch 6 Ob 105/19p).
Solche horizontalen Marktinformationsaustauschsyteme, bei denen, wie hier, strukturiert wesentliche marktstrategisch relevante Unternehmensinterna zwischen den Wettbewerbern weitergegeben werden, sind schon ihrer Natur nach geeignet, den Wettbewerb zu beschränken und daher als bezweckte Kernvestöße unter den Tatbestand der mittelbaren Festsetzung von Geschäftsbedingungen zu subsumieren(Schröter in Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht2, Art 101 Abs 1 Rz 144).
 
5. Akkordierte Vertragsanpassungen
Absprachen über Geschäftsbedingungen sind im demonstrativen Verbotskatalog des Art 101 AEUV und § 1 KartG ausdrücklich genannt. Derartige Absprachen sind schon ihrer Natur nach verbotene Wettbewerbsbeschränkungen, wobei es im Hinblick auf die Verbotsvorschrift keinen Unterschied macht, ob die beteiligten Unternehmen ihre gesamten Geschäftsbedingungen vereinheitlichten oder sich - wie hier die Antragstellerin- nur auf die gemeinsame Verwendung bestimmter Konditionen einigen (Schröter in Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht2, Art 101 Abs 1 Rz 144; 16 Ok 17/04.)
6.Deckangebote:
Die Aufteilung von Aufträgen zwischen Wettbewerbern stellt einen Unterfall des Kartellrechtsverstoßes „Aufteilung der Märkte“ iS des Art 101 Abs 1 lit c AEUV dar (16 Ok 5/08; Gugerbauer in Gugerbauer, KartG und WettbG3 § 1 KartG Rz 105).
Eine Marktaufteilung ist tatbestandsmäßig, unabhängig davon, ob der gesamte Markt oder nur ein Teil davon betroffen ist (Gugerbauer aaO). Durch die Koordinierung des Angebotsverhaltens in einem Ausschreibungsverfahren wird eine Reduktion des Bieterwettbewerbs erreicht, sodass dieses Verhalten auch als Kernverstoß der Aufteilung der Märkte zu qualifizieren ist (sogenanntes Submissionskartell).
Wenn nämlich zwischen den Wettbewerbern im Vorhinein vereinbart wird, wer den Zuschlag erhalten soll, und die von den Mitbewerbern abgegebenen Angebote derart (höher) kalkuliert sind, dass der von den Kartellanten ausgewählte Mitbewerber den Zuschlag erhält, wird jener Markt, in dem die Mitbewerber tätig sind (im konkreten Fall Submetering) unter den Mitbewerbern durch Absprachen aufgeteilt, und damit die dem fairen Wettbewerb innewohnende Ungewissheit über das zukünftige Marktverhalten der Mitbewerber ausgeschaltet (EuGH C-RS 40/73).
Auch solche Formen der Kollusion zwischen Unternehmen sind ihrer Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des Wettbewerbs anzusehen und daher als bezweckte Kartellrechtsverstöße zu qualifizieren (EuGH C-32/11; 16 Ok 1/13, 16 Ok 10/16f).
Wenn fest steht, dass eine Vereinbarung einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt, brauchen ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb nicht geprüft werden (16 Ok 5/08, 16 Ok 12/06, 16 Ok 8/10, 16 Ok 10/16f).
7. Verjährung
Gemäß § 33 KartG darf eine Geldbuße nur verhängt werden, wenn der Antrag binnen fünf Jahren ab Beendigung der Rechtsverletzung gestellt wurde. Damit differenziert § 33 KartG - im Gegensatz zur unionsrechtlichen VO 1/2003 - nicht zwischen einmaligen, dauernden und fortgesetzten Zuwiderhandlungen bzw Zustands- und Dauerdelikten. Nach dem Gesetzeswortlaut muss das Verhalten insgesamt beendet sein, um den Beginn der Verjährungsfrist auszulösen (16 Ok 2/15b).
Bei Dauerdelikten ist zwischen dauernden und fortgesetzten Zuwiderhandlungen zu unterscheiden. Eine dauernde Zuwiderhandlung besteht aus einer andauernden Handlung, eine fortgesetzte aus mehreren Handlungen, die jede für sich die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllen. Somit handelt es sich bei einer dauernden Zuwiderhandlung um ein abgrenzbares rechtswidriges Verhalten, das ohne Unterbrechung über einen längeren Zeitraum gesetzt wird. Eine fortgesetzte Zuwiderhandlung liegt demgegenüber immer dann vor, wenn eine zu einer rechtlichen Einheit zusammengefasste Vielzahl rechtswidriger aufeinanderfolgender Verhaltensweisen oder mehrere abgrenzbare Handlungen, die auf die Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung gerichtet sind, erfolgen (16 Ok 2/15b).
Nach der Definition des Europäischen Gerichtshofs umfasst der Begriff der fortgesetzten Zuwiderhandlung eine Mehrzahl von rechtswidrigen Verhaltensweisen oder von Handlungen zur Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung, die durch ein gemeinsames subjektives Element zu einer Einheit verbunden sind (EuGH 8. 7. 1999, C-235/92 P – Montecatini/Kommission).
Der Begriff der einheitlichen Zuwiderhandlung erfasst eine Situation, in der mehrere Unternehmen an einer Zuwiderhandlung beteiligt waren, die aus einem kontinuierlichen Verhalten bestand, mit dem ein einziges wirtschaftliches Ziel verfolgt wurde, nämlich die Verfälschung des Wettbewerbs, oder an einzelnen Zuwiderhandlungen, die miteinander durch eine Übereinstimmung des Zwecks (dieselbe Zielsetzung sämtlicher Bestandteile) und der Personen (Übereinstimmung der beteiligten Unternehmen, die sich der Beteiligung am gemeinsamen Zweck bewusst waren) verbunden waren (16 Ok 2/15b).
Ein Verstoß gegen Art 101 AEUV kann sich daher nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem kontinuierlichen Verhalten ergeben. Bei der Einstufung unterschiedlicher Handlungen als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung ist zu prüfen, ob zwischen ihnen insoweit ein Komplementaritätsverhältnis besteht, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die ihre Urheber im Rahmen eines auf eine einheitliche Zielsetzung gerichteten Gesamtplans anstreben. Insoweit sind alle Umstände zu berücksichtigen, die dieses Verhältnis belegen oder in Frage stellen können, wie der Anwendungszeitraum, der Inhalt (einschließlich der verwendeten Methoden) und im Zusammenhang damit die Zielsetzung der verschiedenen fraglichen Handlungen (16 Ok 2/15b).
Bei fortgesetzten Delikten, also solchen Verstößen, die aus mehreren Teilhandlungen bestehen, die in ihrer Begehungsweise gleichartig sind, in einem nahen zeitlichen Zusammenhang stehen und von einem Gesamtvorsatz getragen sind, beginnt die Verjährungsfrist erst mit Beendigung des letzten Teilakts zu laufen (Bauer/Müller, Verjährung im Kartellrecht, OZK 2009, 23 [26]; vgl auch Maritzen, Die einheitliche und fortdauernde Zuwiderhandlung - ein kartellrechtliches Oxymoron?, OZK 2010, 92m 16 Ok2/15b).
Da im Anlassfall das zwischen der Antragsgegnerin und wesentlichen Wettbewerbern des Submeterings geschaffene System der Preisabsprachen und Abstimmungen der Geschäftsbedingungen sowie der Aufteilung des Marktes durch Legung von Deckangeboten, das eingebettet war in ein Forum des Wissensaustausches und der Informationsweitergabe, das jahrelang im gegenseitigen Einvernehmen und in verlässlicher Kontinuität stattgefunden hat und Schlüsselinformationen der Geschäftsbeziehungen der Wettbewerber mit ihren Kunden, wie die Preisgestaltung und Geschäftsbedingungen und Ausschreibungen umfasste, das vom Gesamtvorsatz getragen war,strategische Unsicherheiten für die Kartellbeteiligten am Markt zu reduzieren und den Wettbewerb insgesamt vielschichtig abzuschwächen und Wirkungsweisen des normalen Wettbewerbs auszuschalten, ist das Bündel der Kartellrechtsverstöße als einheitliche Zuwiderhandlung zu beurteilen.
Demzufolge hat die Verjährungsfrist erst mit Beendigung des letzten Teilaktes im Jahr 2019 zu laufen begonnen. Verjährung ist daher für keine Periode eingetreten.
Zum Feststellungsausspruch:
Gem § 28 KartG hat das Kartellgericht die Zuwiderhandlung festzustellen, wenn die Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV (§ 1 KartG) oder 102 AEUV (§ 5 KartG) bereits beendet ist, soweit daran ein berechtigtes Interesse besteht.
Nach Abs (1a) Z 1 cit leg liegt ein berechtigtes Interessauch vor, wenn die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen einen Unternehmer oder eine Unternehmervereinigung begehrt wird, dem oder der die Bundeswettbewerbsbehörde Kronzeugenstatus zuerkannt hat.
Da der Antragsgegnerin Kronzeugenstatus eingeräumt wurde, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Feststellungsausspruch vor.“


Ausdruck vom: 27.04.2024 23:20:23 MESZ