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Kategorie:

Zusammenschluss

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

25 Kt 6/21a


Bekannt gemacht am:

05.01.2022

Entscheidungsdatum:

15.07.2021


Über die Antragsgegnerin wird gemäß § 29 Z 1 lit a iVm § 17 Abs 1 KartG wegen verbotener Durchführung des am 22.12.2020 angemeldeten Zusammenschlusses durch den Erwerb der alleinigen Kontrolle über OMAV S.p.A. am 24.9.2020 und durch den Erwerb der alleinigen Kontrolle über Hydromec S.r.l. am 30.9.2020 im Zeitraum von 24.9.2020 bis 20.1.2021 betreffend den Erwerbsvorgang OMAV S.p.A. und im Zeitraum vom 30.9.2020 bis 20.1.2021 betreffend den Erwerbsvorgang Hydromec S.r.l. eine Geldbuße in der Höhe von insgesamt EUR 30.000,-- verhängt.

Begründung


 

Die Bundeswettbewerbsbehörde stellte den Antrag, über die Antragsgegnerin wegen Verstoßes gegen das Durchführungsverbot nach § 17 Abs 1 KartG eine Geldbuße von EUR 30.000,-- zu verhängen und begründete den Antrag damit, dass am 22. 12. 2020 die Antragsgegnerin nachträglich den erfolgten Erwerb alleiniger Kontrollen über OMAV S.p.A. (idF OMAV) und Hydromec S.r.l., Italien (idF Hydromec) angemeldet habe. Die Amtsparteien haben keinen Prüfungsantrag gestellt, sodass das Durchführugsverbot mit Wirkung vom 20. 1. 2021 weggefallen sei. Die Durchführung des Erwerbs aller verbleibenden Anteile der OMAV durch die Antragsgenerin habe am 24.9.2020 stattgefunden. Die Durchführung des Erwerbs von 70 % an Hydromec durch die OMAV sei am 30. 9. 2020 erfolgt. Die beteiligten Unternehmen haben im Geschäftsjahr 2019 Umsatzerlöse erzielt, die die Schwelle gemäß § 9 Abs 1 KartG überschritten haben, weshalb das Zusammenschlussvorhaben nach dem KartG anmeldepflichtig gewesen sei und erst nach Freigabe hätte durchgeführt werden dü ;rfen. Das Durchführungsverbot sei erst mit Wirkung vom 20. 1. 2021 mit Ablauf der Prüfungsfrist nach Stellung des Prüfungsantrages weggefallen.

Bei der Höhe der beantragten Geldbuße seien mildernd die Selbstanzeige, die fehlenden negativen Auswirkungen und fehlenden wettbewerblichen Bedenken gegen den Zusammenschluss, die fehlende Bereicherung der Antragsgegnerin, die Verstoßdauer von nur drei Monaten und achtundzwanzig Tagen und das Anerkenntnis, das zur Aufklärung der Rechtsverletzung beigetragen habe, zu berücksichtigen gewesen.

Erschwerend sei der Umstand zu werten, dass die Antragsgegnerin ein grenzüberschreitend tätiges Unternehmen sei, bei dem grundsätzlich ausreichende Kenntnisse des Fusionskontrollrechts zu erwarten seien.

Die Antragsgegnerin stellte das Vorbringen der Bundeswettbewerbsbehörde außer Streit und verwies auf ihr Anerkenntnis vom 22. 3. 2021.

Da gegen die Richtigkeit der außer Streit gestellten Tatsachen, die auch mit dem Inhalt der Zusammenschlussanmeldung und den übrigen vorgelegten Urkunden im Einklang sind, keine Bedenken bestehen, waren gemäß § 33 Abs 1 AußStrG iVm § 38 KartG keine weiteren Erhebungen durchzuführen.

Folgender Sachverhalt steht außer Streit:

Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen, das im Anlagen- und Maschinenbau für die Bereiche Hütten- und Walztechnik tätig ist. Es hat seinen Hauptsitz in Düsseldorf. Die Antragsgegnerin verfügt ebenfalls über Standorte in Österreich.

Die OMAV mit Sitz in Brescia (Italien) ist im Bereich des mechanischen Metallanlagenbaus tätig und stellt überwiegend Ausläufe und Erwärmungsanlagen für Strangpresslinien her.

Die Hydromec mit Sitz in ebenfalls Brescia (Italien) ist im Bereich des mechanischen Metallanlagenbaus tätig und stellt im Bereich Warmpressen und Schmieden unterschiedliche Produkte her.

Die Antragsgegnerin erwarb alle verbleibenden Anteile an OMAV, zusätzlich zu den von ihr bereits 2017 erworbenen 25 %. Die Durchführung dieses Erwerbs fand am 24. 9. 2020 statt.

Mit 30. 9. 2020 erwarb die OMAV 70 % der Anteile an der Hydromec.

Die beteiligten Unternehmen erzielten im vorausgegangenen Geschäftsjahr 2019 folgende Umsatzerlöse:


 

Umsatz im abgeschlossenen Finanzjahr 2019


 

SMS


 

OMAV


 

Hydromec

Weltweit (€ Mio.)

(...)

(...)

(...)

EU-weit (€ Mio.)

(...)

(...)

(...)

Österreichweit (€ Mio.)

(...)

(...)

(...)


 

Am 22. 12. 2020 meldete die Antragsgegnerin die beiden im September 2020 erfolgten Erwerbvorgänge betreffend die OMAV und die Hydromec bei der Bundeswettbewerbsbehörde an. Die Amtsparteien stellten nach Einlangen der Anmeldungserklärung durch die Antragsgegnerin keinen Prüfungsantrag.

In rechtlicher Hinsicht stellt der vorliegende Erwerbsvorgang einen Zusammenschluss nach § 7 KartG dar, der in Folge Überschreitens der Umsatzschwellen des § 9 Abs 1 KartG (und Unterschreitens der Umsatzschwellen des Art 1 Abs 2 FKVO) vor seiner Durchführung bei der Bundeswettbewerbsbehörde anzumelden gewesen wäre.

§ 17 Abs 1 KartG normiert, dass ein anmeldebedürftiger Zusammenschluss erst dann durchgeführt werden darf, wenn die Amtsparteien auf die Stellung eines Prüfungsantrages verzichten oder innerhalb der Antragsfrist keinen Prüfungsantrag gestellt haben.

Gemäß § 17 Abs 3 KartG sind Verträge unwirksam, soweit sie dem Durchführungsverbot widersprechen.

Nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur handelt es sich bei der Rechtsfolge des § 17 Abs 3 KartG um eine bloß schwebende Unwirksamkeit (Urlesberger in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 17 Rz 31). Die betroffenen Verträge treten daher rückwirkend mit rechtskräftiger Nichtuntersagung des Zusammenschlusses durch das Kartellgericht bzw. Ablauf der vierwöchigen Frist zur Stellung eines Prüfungsantrages in Kraft.

Die Antragsgegnerin verletzte daher im Zeitraum zwischen den erfolgten Erwerben am 24.9.2020 bzw am 30.9.2020 bis zum Ablauf der Prüfungsfrist nach Stellung des Prüfungsantrages, somit bis zum 20.1.2021, gegen das Durchführungsverbot des § 17 KartG.

Zur Höhe der Geldbuße:

Den Erwägungen der BWB zur Bemessung der Höhe der Geldbuße ist zu folgen. Die Verhängung einer niedrigeren Geldbuße ist schon im Hinblick darauf, dass die beantragte Geldbuße sich ohnedies im ganz unteren Bereich des in § 29 KartG festgelegten Bemessungsrahmens bewegt, der bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes möglich wäre, nicht in Erwägung zu ziehen. Die Verhängung einer Geldbuße sollte in einer Höhe erfolgen, die nicht so niedrig bemessen ist, dass sie in Relation zur Größe des belangten Unternehmens jegliche spürbare wirtschaftliche Bedeutung verlieren würde (OLG Wien, 128 Kt 8/17x; 25 Kt 1/18m; 25 Kt 6/18x).

Die Verhängung einer höheren Geldbuße kommt im Hinblick auf § 36 Abs 2 letzter Satz KartG nicht in Betracht.


 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“


Ausdruck vom: 27.04.2024 16:14:44 MESZ