Veröffentlichung gemäß § 37 Kartellgesetz
Entscheidung des Kartellgerichts
Kategorie:
Kartell
Aktenzeichen:
27 Kt 1/24k
Fall:
FCC Austria Abfall Service AG
Abfallwirtschaft (Abfalllogistik, Abfallbehandlung, Abfallverwertung, Abfallbeseitigung)
Entsorgung
Recycling
Preisabsprachen
Marktaufteilung - Marktruhe
Heimatmarktprinzip
Deckangebotspraxis
Bekannt gemacht am:
27.05.2025
Entscheidungsdatum:
26.04.2024
Es wird gemäß § 28 Abs 1 iVm Abs 1a Z 1 KartG 2005 festgestellt, dass die Antragsgegnerin wegen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung in Form von kartellrechtswidrigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausch mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich der Abfallwirtschaft in weiten Teilen Österreichs im Zeitraum von Juli 2002 bis März 2021 gegen § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV verstoßen hat.
Begründung:
Außer Streit steht:
Die FCC Austria Abfall Service AG, Hans-Hruschka-Gasse 9, 2325 Himberg, FN 52959ggehört einem internationalen Konzern an, dessen Unternehmen u.a. Leistungen in allen Geschäftsfeldern der Abfallwirtschaft erbringen und zudem in der Beratung, Planung, Errichtung sowie Betrieb von Entsorgungsanlagen und Recycling tätig sind. Die Geschäftstätigkeiten umfassen die Bereiche Kommunal- und Bürgerdienstleistungen, Abfalllösungen für Geschäftskunden und Umweltdienstleistungen. Die Antragsgegnerin wurde 1988 als SEH Sonderabfall-Entsorgung Holdinggesellschaft m.b.H. (später A.S.A. Abfall Service Holdinggesellschaft m.b.h. [idF ASA] durch die Österreichische Beteiligungs AG gegründet.
Seit 2006 steht die Antragsgegnerin im alleinigen Eigentum der spanischen FCC Gruppe. Die Anteile der Antragsgegnerin werden von FCC Servicios Medio Ambiente Holding S.A. Unipersonal (Sitz in Spanien; Anteil 94,5 %) sowie International Services Inc. S.A. Unipersonal (Sitz in Spanien; Anteil 5,5 %) gehalten.
2017 wurde der Firmenwortlaut der Antragsgegnerin auf „FCC Austria Abfall Service AG“ geändert.Die Antragsgegnerin hält 50 % der Anteile an der Killer GmbH & Co KG und 49 % der Anteile an der Huber Entsorgungs Nfg KG.
Betroffener Wirtschaftszweig:
Die Branche der Abfallwirtschaft wird in die Geschäftsfelder Abfalllogistik, Abfallbehandlung, Abfallverwertung und Abfallbeseitigung unterteilt.
Die Abfalllogistik umfasst die Input-Logistik (Sammlung und Abtransport von Abfällen und Reststoffen direkt beim Kunden) und die Output-Logistik (Transport teils bereits behandelter Abfälle oder Wertstoffe zu Verwertern oder Beseitigern). Bei manchen Abfallarten ist zwischen Input- und Output-Logistik ein Zwischenschritt in Form der Abfallbehandlung erforderlich.
Die Abfallbehandlung umfasst mechanische Abfallbehandlungsmethoden, wie die Sortierung, das Splitting sowie die Zerlegung und die biologische Abfallbehandlung von nicht gefährlichen Abfällen sowie die chemisch-physikalische Behandlung von gefährlichen Abfällen und flüssigen Reststoffen.
Im Bereich der Verwertung ist zwischen der stofflichen Verwertung (ökologisch, ökonomische Aufbereitung z.B. von Altpapier) und der thermischen Verwertung (Abfallverbrennung) zur Energieerzeugung zu unterscheiden.
Im Bereich der Beseitigung unterscheidet man zwischen Deponierung und Verbrennung von Abfällen ohne Energieerzeugung.
Auch die Abfallarten werden unterschiedlich erfasst und grob zwischen kommunalen Abfällen und Abfällen der Wirtschaft bzw. zwischen gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen unterteilt.
Die österreichische Abfallwirtschaft ist stark fragmentiert. Neben einigen wenigen überregional tätigen Marktteilnehmern gibt es eine Vielzahl von regionalen und lokalen Anbietern unterschiedlicher Unternehmensgröße. Neben den privaten Unternehmen gibt es eine Vielzahl an Marktteilnehmern, die dem öffentlichen Bereich zuzuordnen sind, vereinzelt bestehen auch Gemeinschaftsunternehmen der öffentlichen Hand mit privaten Entsorgungsunternehmen.
Aufgrund der Verschränkung der unterschiedlichen Geschäftsfelder und der Fragmentierung gehen die in der Branche tätigen Unternehmen regelmäßig ausschreibungs- und gebietsbezogene Ad-hoc-Arbeits-/Bietergemeinschaften und/oder dauerhafte Subpartnerschaften ein bzw. bestehen auf wechselseitige Kunden-/Lieferantenverhältnisse. Die Abfallwirtschaft ist in hohem Maße arbeitsteilig und verflochten.
Gesamtzuwiderhandlung:
Auch bedingt durch die rechtlichen Rahmenbedingungen des AWG und der Abfallwirtschaftsgesetze der Länder bestand unter den österreichischen Entsorgungsunternehmen – so auch der Antragsgegnerin - das historisch gewachsene Verständnis, die Kundenbeziehungen und den regionalen Markt der jeweils anderen Entsorgungsunternehmen weitgehend zu respektieren (teilweise als „Heimatmarktprinzip“ bezeichnet). Dadurch kam es insbesondere im Bereich der Abfalllogistik zu Absprachen; oftmals waren auch die Bereiche Behandlung, Verwertung und Beseitigung mittelbar betroffen. Hintergrund des „Heimatmarktprinzips“ lag darin, dass die Logistik in der Wertschöpfungskette einen wesentlichen Kostenfaktor darstellt; sie hatte zum Ziel eine sogenannte „Marktruhe“ zu erhalten. Das geschäftliche Bemühenwar darauf gerichtet, bestehende Kundenbeziehungen zu bewahren und nur im eigenen Schwerpunktbereich (räumlich und fachlich) zur Effizienzsteigerung und Festigung der Marktposition neue Kunden zu gewinnen.
Kunden des Mitbewerbes in anderen Bereichen sollten nicht mit „scharf“ kalkulierten Angeboten angegriffen werden, da dies – so die Befürchtung – eine Gegenreaktion des angegriffenen Mitbewerbers auf eigene Kunden hervorrufen würde.
Auch innerhalb der Antragsgegnerin bestand das Verständnis, dass sich die in der Abfallwirtschaft tätigen Unternehmen absprechen und sich nicht – dem Gedanken des Wettbewerbs entsprechend – Kunden gegenseitig wegnehmen, ohne dies mit den Wettbewerbern abgestimmt zu haben. Wenn Wettbewerber dennoch versucht haben der Antragsgegnerin Kunden abzuwerben und tatsächlich Kunden abgeworben haben, reagierten die Mitarbeiter der Antragsgegnerin entsprechend verärgert und brachten in Emails an die entsprechenden Mitwerber eindeutig zum Ausdruck, dass der entsprechende Kunde der Antragsgegnerin zugeordnet ist.
Beispielsweise schrieb die Mitarbeiterin der AntragsgegnerinAA*an Mitbewerber am 13.9.2010 in einem Email mit dem Betreff „Angebot chem. Untersuchung“ „so nun sihst du das du meinem Kunden angeboten hast“oder am 12.6.2010 in einem Email mit dem Betreff „FA*: ABC - ASA Kunde Umsatz € 17.000.- p.a.“ an einen Mitbewerber „FA* hält sich nicht an die Absprachen- sie haben beim o.g. Kunden angeboten ohne Absprachen angeboten – FA* hat weit unter uns angeboten, Kunde überlegt sich ob wir abziehen müssen“ oder am 10.9.2014 in einem Email mit dem Betreff „WG: zur info“ „Ich bitte dich alles zu tun um diese auch aus Gründen der erwarteten Marktsituation(wie eben besprochen) unsinnigen Aktivitäten einzustellen. Wir als ASA tun wirklich alles, um euer Geschäft nicht zu stören, natürlich erwarten wir das auch von BB*“.
Dieses strategische Verständnis der „Marktruhe“ - auch bei der Antragsgegnerin - hat sich bereits 2001 herausgebildet und wurde hierarchisch von den Geschäftsführungen der Betriebe über die Ebene der Bereichs- bzw. Geschäftsleitungen sowie der Standort- und Regionalleitung bis hin zu den Außendienst-/Innendienstmitarbeitern und Kundenbetreuern/Key Account Managern gelebt und praktiziert. Entsprechend kam es zu Kontakten auf allen Ebenen. Innerhalb der Antragsgegnerin wurde dieses Prinzip der „Marktruhe“ von den für den österreichischen Markt im Vertrieb operativ zuständigen Verantwortungsträgern umgesetzt und an die übrigen Mitarbeiter kommuniziert bzw. ihnen vorgegeben. Die Vorgabe an die Mitarbeiter war demnach, dass die eigenen Kunden unter Respektierung der Grenzen der Wettbewerber gewahrt werden sollten. Entsprechend wurden Vertriebsmitarbeiter angewiesen von (proaktiven) Angebotslegungen abzusehen bzw. die Angebote zu gewöhnlichen, also nicht „scharf“ kalkulierten Preisen zu legen, wobei akzeptiert wurde, dass man so den Zuschlag nicht erhalten wird.
Als Folge davon trat an Stelle des echten Wettbewerbs in vielen Fällen ein aktiver Austausch mit Wettbewerbern, der die Ungewissheit über die „notwendigen“ Preise, um einen Kunden zu akquirieren und behalten zu können.
Auch gab es Kunden, die langjährig von einem Entsorger bedient wurden, weshalb andere Entsorger diesen bei einer Kundenanfrage über den notwendigen Preis befragten, um den bestehenden Entsorger nicht „in die Quere zu kommen“.
Bei „gemeinsamen“ Kunden, also Kunden, die die Entsorgung ihrer verschiedenen Abfallströme auf mehrere Entsorgungsunternehmen verteilt haben, kam es zu anlassbezogenen Absprachen dahingehend, dass diese Stoffstromaufteilung auch in Zukunft bewahrt werden sollte.
Ebenso gab es Fälle, bei denen Aufträge zwischen zwei oder mehreren Entsorgern gesplittet werden mussten, weil beispielsweise der eine Entsorger in einem vom eigenen Standort entfernteren Teil Österreichs kürzere und damit für Kunden günstigere Routen fahren konnte. Teilweise wurden bei solchen Bietergemeinschaften darauf geachtet, für Lose, die der Partner wollte, solche Preise anzugeben, die einem selbst nicht schadeten, aber auch nicht für den Gewinn des Loses geeignet waren.
Für Entsorger, die eine nachgelagerte Verwertung/Beseitigungsanlage betreiben, bestand und besteht oft die Notwendigkeit, zusätzliche Abfallmengen der passenden Gattung in eigene Anlagen zu bekommen, um diese wirtschaftlich auszulasten. So kam es oft zu Mengenabtäuschen zwischen den Unternehmen, bei denen der eine Entsorger eine bestimmte Menge Abfall einer Gattung in die Anlage des anderen zu einem definierten Preis X anliefert und im Gegenzug von diesem eine ähnliche Menge Abfall zu einem bestimmten Preis X oder Y erhält. Auch gab es Vereinbarungen mit kleineren Entsorgern, die auf dem Markt als reine Sammler tätig sind, den Abfall aus dem an den Subpartner abgetretenen Kundenauftrag an die eigenen Anlagen zu liefern. Aus diesen Abfallanlieferungsbeziehungen heraus kam es regelmäßig vor, dass die Unternehmen in den Gebieten des jeweils anderen keine „scharfen“ Preise an Kunden angeboten haben, um den anderen Entsorger auf dem Heimatmarkt nicht zu verärgern bzw. die Abfallmengenflüsse nicht zu gefährden. Teilweise wurde auch eingefordert, dass Kunden nicht „angegriffen“ werden.
Zwischenzeitlich kam es zwar zu kurzen Phasen intensiven Wettbewerbs, die jedoch zügig wieder zur Marktruhe geführt wurden, in dem Verständnis, dass alle Unternehmen von einem höheren Preisniveau unter Beibehaltung der Marktruhe profitierten und sich die Unternehmen in diesem Zustand auch gegenseitig weiterhin benötigte Kapazitäten (z.B. den oben geschilderten Zugang zu Anlagen) gewährleisten würden.
Ebenso kam es dazu, dass Unternehmen Vergeltungsmaßnahmen ergriffen, wenn ihnen ein Wettbewerber einen Kunden wegnahm. Es war also ungewöhnlich und ungewollt, dass Wettbewerb stattfand und wurde dies zwischen den Wettbewerbern auch offen kommuniziert.
Dieses Verständnis von „Marktruhe“ etablierte sich ohne initiale Absprache oder Vereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und ihren Wettbewerbern und wurde in weiterer Folge auch nicht mehr zwischen den Wettbewerbern diskutiert, weil es schlichtweg funktionierte. Es ging den Unternehmen daher auch nicht darum, kleinere „Kämpfe“ um Kunden auszutragen, sondern das Große und Ganze im Auge zu behalten, um weitgehend den bestehenden Status Quo für die Zukunft zu bewahren.
Die Marktteilnehmer richteten ihr Handeln danach aus, welche Reaktionen des Wettbewerbs ein Angebot in einem „fremden Revier“ auslösen könnte. Interpretiert als „intelligentes Anbieten“ wurde dementsprechend in bestimmten Gebieten und bei manchen Kunden gar nicht – ohne entsprechende Absprache mit Mitwerbern – angeboten, da die Gegenreaktionen als schädlich eingestuft wurden. Das „Intelligente Anbieten“ erforderte auch, dass die Marktteilnehmer laufend den Markt beobachteten um abschätzen zu können, welche Interessen die Wettbewerber verfolgen und um welche Kunden man werben konnte, ohne das Grundprinzip der Marktruhe über Bord zu werfen.
Die Absprachenfanden in unterschiedlichen Settings statt: Erstens gab es punktuelle und anlassbezogene Absprachen, wenn eine Ausschreibung oder Kundenanfrage vorlag. Zweitens trafen sich Wettbewerber bilateral (in sogenannten „Jahresgesprächen“), wo - neben verbotenen Absprachen auch beispielsweiseüber Müllmengenanlieferungen und diesbezügliche Preise gesprochen wurde. Drittens gab es auch Treffen mit einem größeren Teilnehmerkreis, wo u.a. Preise, Marktstrategien und „Marktruhestörer“ besprochen wurden.
Die Initiative zu den Absprachen ging idR von demjenigen Unternehmen aus, das bisher die Leistung gegenüber dem betreffenden Kunden erbracht hat und befürchten musste, diesen Auftrag künftig zu verlieren. Wettbewerber wurden diesfalls entweder aufgefordert „zurückzustehen“, also gar kein Angebot abzugeben oder Angebote zu „Listenpreisen“ oder Angebote mit höheren Preisen abzugeben, die im Vorhinein zwischen den Wettbewerbern kommuniziert wurden (sogenannte „Deckangebote“).
Seitens der Antragsgegnerin wurden mitunter auch dann Deckangebote gelegt, selbst wenn sie gar nicht die Absicht hatte, ein eigenes Angebot zu legen. Dies diente u.a. dazu das Angebot des „geschützten“ Entsorgers durch das Deckangebot günstig aussehen zu lassen und ließ die ausschreibende Stelle im Glauben eine Auswahl vorzufinden und eine wirtschaftliche Entscheidung treffen zu können.
Der Antragsgegnerin war der Unrechtsgehalt der Absprachen völlig bewusst, weshalb Absprachen in der Regel mündlich getroffen wurden. Dazu wurde telefoniert oder man traf sich an Autobahnraststätten, um dort die Preise zu besprechen oder Preislisten auszutauschen.
Insgesamt hat die Antragsgegnerin an einem System von Absprachen in der Abfallwirtschaft teilgenommen, welches zumindest seit Juli 2001 (vorgeworfen ab Juli 2002) bestand und weitere Unternehmen über alle Abfallarten und Bundesländer umspannte.
Die Antragsgegnerin stellte im Gesamtfeld der verbotenen Verhaltensweisen in der Abfallwirtschaft jedenfalls schon aufgrund ihrer Größe und Bedeutung auf dem Markt eine am Kartell wesentlich Beteiligte dar. Die Antragsgegnerin hat sich über zahlreiche Kunden in verschiedenen Bundesländern langjährig, regelmäßig und eng mit Wettbewerbern abgestimmt. Konkret war die Antragsgegnerin an verbotenen Verhaltensweisen in den Bundesländern Steiermark, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, vereinzelt auch in Tirol undBurgenland beteiligt; zudem an Absprachen betreffend österreichweiter Ausschreibungen.
Neben der Antragsgegnerin waren andere überregional in Österreich tätige Unternehmen an den Zuwiderhandlungen beteiligt und daneben, je nach Bundesland und Abfallart noch weitere, regionale bzw. spezialisierte Unternehmen, die in geringerem Ausmaß zur Umsetzung des österreichweiten Kartells beitrugen.
Insgesamt hat die Antragsgegnerin zumindest seit 2001 bis März 2021 einheitlich und fortgesetzt – im Sinne dieses ausgeklügelten einheitlichen Gesamtsystems - an einem österreichweiten Kartell mitgewirkt, dessen Wirkung sich auf ganz Österreich erstreckte, wenn auch einzelne Tathandlungen der Antragsgegnerin nur regional gesetzt wurden.
Die konkreten von der Antragsgegnerin gesetzten kartellrechtswidrigen Handlungen stellten sich auszugsweise und beispielhaft wie folgt dar:
1.) Mehrfache Absprachen verschiedener Wettbewerber betreffend den Kunden Altstoff Recycling Austria AG Sammel- und Verwertungssystem (idF ARA) ab 2001:
Vor dem Hintergrund der verpflichtend getrennten Sammlung von Kunststoffgetränkeflaschen wurde 1993 die ARA als österreichweites Sammel- und Verwertungssystem gegründet. Vor 1993 beauftragten die jeweiligen Gemeinden bzw. Abfallwirtschaftsverbände bereits eigene Dienstleistungsunternehmen für die Sammlung bzw. Entsorgung von gesammelten Leichtverpackungen, die dann auch von der ARA als Regionalpartner für die jeweils von ihnen abgedeckten Regionen herangezogen wurden, da sie bereits über die entsprechenden logistischen Voraussetzungen verfügten.
Auch die Entsorger waren grundsätzlich bestrebt, den Status Quo, also ihre Präsenz in den jeweiligen Regionen, derart auszudehnen, dass sie in den Regionen, in denen sie die Entsorgung von Restmüll übernommen hatten, auch die Entsorgung der Verpackungsabfälle übernehmen wollten.
Nur wenige Jahre nach ihrer Gründung gerieten einige der Sammlungs- und Verwertungssysteme, darunter ARA in finanzielle Schwierigkeiten. Ein Kollaps konnte jedoch unter finanzieller Mithilfe der ARA-Entsorgungspartner (insbesondere durch teilweisen Forderungsverzicht bzw. Stundungen) verhindert werden. Hauptsächlich auf Ersuchen der A* wurden diese Maßnahmen auch von den anderen Entsorgern gesetzt, um den Bestand des ARA-Systems zu sichern. Um die dadurch erlittenen Verluste zu kompensieren, verständigten sich die Entsorger auf die Erhaltung des „Status Quo“ im Sinne einer vom gemeinsamen Interesse getragenen Marktruhe.
Im Jahr 2001 erfolgte die erste österreichweite Ausschreibung für die Vergabe von Sammlungs- und Sortierungsleistungen von Verpackungsabfällen durch ARA. Die Entsorger betrachteten es als gemeinsames Marktverständnis, dass der Status Quo beibehalten werden sollte.
So wurde von der Antragsgegnerin, derA*, der B*, der C* und der D* nur dort angeboten, wo die jeweiligen Unternehmen bereits zuvor die Entsorgung übernommen hatten. In diesem Sinn hielten die Entsorger davon Abstand, in Wettbewerb miteinander zu treten. Dies zeugt von dem gemeinsamen Verständnis des Heimatmarktprinzips, das bisweilen auch ohne konkrete Absprache funktionierte.
Bei der Ausschreibung 2006 wurden umfangreiche Überlegungen angestellt, wie sich die Unternehmen, die allesamt an der Entsorgung beteiligt sein wollten, mittels Subpartnerschaften oder ARGE die Aufträge dergestalt aufteilen können, dass alle in den von ihnen angestrebten Gebieten beteiligt werden. Dabei sollten umgekehrt gezielt Wettbewerber aus bestimmten Gebieten „eliminiert“ werden, die sich die Kartellanten untereinander aufteilen wollten.
Ähnlich verhielt es sich bei der Ausschreibung von ARA 2007. Hierbei kam es zu einer Abstimmung zwischen der Antragsgegnerin und A*, wonach sich die Wettbewerber jeweils zugunsten des anderen zurückhalten würden, dh im Ergebnis nur in den Gebieten anbieten, die das jeweilige Unternehmen bereits bis dato entsorgt hatte.
Auch bei der Ausschreibung 2011 kam es wieder zu einem wechselseitigen Einsetzen von Wettbewerbern als Subpartner unter Einbeziehung der Regionalpartner (also der Auftragnehmer der ARA für einen bestimmten Bezirk) und der auf kommunaler Ebene im Bereich der Restmüllentsorgung tätigen Entsorgungsunternehmen. Dies wiederum mit dem Ziel, Aufträge und damit einhergehend Gebiete unter den Wettbewerbern aufzuteilen.
Vereinzelt kam es auch bei den darauffolgenden Ausschreibungen zu Kontakten mit Wettbewerbern, bei denen über den Erhalt des Status Quo gesprochen wurde. So etwa bei einer Ausschreibung 2017, zu der sich CC* (Antragsgegnerin) mit DD* (E*) mit dem Ziel den Status Quo zu erhalten über Preise austauschte. Ebenso im Rahmen der Ausschreibung 2018, bei der EE* (A*) FF* (Antragsgegnerin) telefonisch aufforderte, die A* im Bezirk Bruck/Mürzzuschlag nicht zu unterbieten.
2.) Mehrfache Absprachen verschiedener Wettbewerber betreffend den Kunden ÖBB ab 2004
Zum Kunden ÖBB kam es seit 2004 (erste formelle Ausschreibung) wiederholt zu Absprachen bei Ausschreibungen bzw. umfangreichen unzulässigen Subpartnerschaften.
Bereits 2004 wurde dazu zwischen der Antragsgegnerin und der A* vereinbart, dass die Antragsgegnerin die A* als Subunternehmen beauftragen würde, wenn die A* dafür bei der Ausschreibung selbst ein Deckangebot zugunsten der Antragsgegnerin abgibt. Zu diesem Zweck stimmten die Antragsgegnerin und die A* ihre Preise untereinander ab. Die A* legte in weiterer Folge auch ein eigenes, abgestimmtes Angebot für die Regionen Wien, Niederösterreich und die Steiermark, das das Angebot der Antragsgegnerin preislich überbot. Der Zuschlag der ÖBB erfolgte dann wie von den Kartellanten gewünscht.
Dieser Status Quo wurde auch bezüglich der Ausschreibung der ÖBB aus 2006 zwischen der A* und der Antragsgegnerin beibehalten: So wurde A*-intern kommuniziert, dass man bezüglich der bereits bestehenden Leistungen für bestimmte Gruppen kein eigenständiges, kompetitives Angebot legen werde. Anders als bei erstmalig ausgeschriebenen Gruppen, wo auch die A* ein wettbewerbsfähiges Angebot legte. Es bestand das Grundverständnis zwischen der Antragsgegnerin und der A*, dass man in den Status Quo und damit bestehende Kundenbeziehungen des Wettbewerbers nicht eingreift, sondern Wettbewerb nur dort stattfindet, wo bisher noch keine Kundenbeziehung bestand.
Zudem schloss die Antragsgegnerin mit der F*, der A* und C* Exklusivitätsvereinbarungen dergestalt ab, dass die Wettbewerber übereinkamen, dass sie jeweils nur der Antragsgegnerin als Subpartner zur Verfügung stehen würden und auf ein eigenständiges Angebot, sei es auch nur für einzelne Lose, verzichten. Diese Praxis wurde spätestens 2014, aufgrund der Einsicht, dass diese Vorgehensweise nicht rechtskonform ist, eingestellt.
Bei der Ausschreibung der ÖBB 2009 verlor die Antragsgegnerin den Auftrag der ÖBB an die P*, mit der vorab keine Abstimmung erfolgte. Daraufhin fand auf Initiative der Antragsgegnerin ein Treffen mit ihren bisherigen Subpartnern (z.B. derGG*, G*(idF GG*), derA*, und der H*statt, bei dem besprochen wurde, dass die anwesenden Unternehmen keine Subleistungen für P* in Kärnten erbringen werden. Diese Vereinbarung wurde von den Unternehmen eingehalten. P* trat daraufhin an die Antragsgegnerin heran, um zu ersuchen, dass die Antragsgegnerin den Auftrag für sie durchführen möge. Letztlich erfolgte eine Einigung auf Betreiben der ÖBB, dass die Antragsgegnerin den Auftrag für P* durchführt.
Bei den Ausschreibungen 2014 und 2019 wurde wiederum zwischen der A* und der Antragsgegnerin vereinbart, dass die A* kein kompetitives Angebot legen werde. Innerhalb der A* erging dabei eine Weisung an den Kundebetreuer HH* seitens seiner Vorgesetzten II* und JJ*, der Antragsgegnerin keine Konkurrenz zu machen. Die entsprechende Preisrange für das Deckangebot der A* erhielt HH* von der Antragsgegnerin (KK*). Die A* legte auch in dieser Ausschreibung ein mit der Antragsgegnerin abgestimmtes Deckangebot.
Bei diesen Ausschreibungen kam es zudem zu Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und der F*. KK* (Antragsgegnerin) und LL* (F*) vereinbarten, dass sich die Antragsgegnerin in Oberösterreich und sich im Gegenzug die F* in Niederösterreich und Wien „zurückhalten“ werden. Für Kärnten vereinbarte AA* (Antragsgegnerin) Vergleichbares mit den regional für Kärnten zuständigen Vertretern der F*. Entsprechend dieser Vereinbarungen legten die Antragsgegnerin und die F* dann auch wechselseitig Deckangebote für die abgesprochenen Bundesländer.
Auch betreffend die Ausschreibung 2018/2019 kam es zu einer entsprechenden Absprache zwischen der Antragsgegnerin und der A* und der Legung von Deckangeboten.
3.) Mehrfache Absprachen verschiedener Wettbewerber betreffend den Kunden Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (idF ASFINAG) ab 2006:
Ebenso kam es zu Absprachen betreffend den Kunden ASFINAG. Der Auftrag der ASFINAG war in einzelne Lose nach Autobahnabschnitten (Streckenabschnitten) aufgeteilt.
In den Jahren 2006 bis 2008 kam es zu Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und der A*. Dazu teilte ein Mitarbeiter der A* einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin fertig kalkulierte Preise für ein bestimmtes Los mit. Ziel war es sich gegenseitig zum Erhalt bestimmter Lose zu verhelfen.
Anlässlich der Ausschreibung 2012 kam es zu bilateralen Gesprächen zwischen der Antragsgegnerin und der A* sowie der F*. KK* (Antragsgegnerin) kontaktierte LL* (F*) und HH* (A*) und bat seine Wettbewerber keine „Kampfpreise“ in den Stammgebieten der Antragsgegnerin abzugeben. Im Gegenzug würde die Antragsgegnerin keine „Kampfangebote“ in den Gebieten der F* und der A* abgeben. Im Rahmen dieser Gespräche wurde vereinbart, dass jeder Wettbewerber dort anbietet, wo das Unternehmen einen Standort hatte. Die Unternehmen hielten sich an die Absprache; die Auftragserteilung durch die ASFINAG erfolgte auch so, dass jeder sein Gebiet behielt.
Zudem kontaktierte AA* (Antragsgegnerin) (erfolglos) und in der Folge nochmals JJ* (Antragsgegnerin) HH* (A*) 2014 im Zusammenhang mit der Gewässerschutzanlagen – Ausschreibung der ASFINAG und nannten den Preis zu dem die A* anbieten sollte; der Preis lag unter dem was die A* kalkuliert hatte. Diese Angebotslegung zum vorgenannten Preis sollte dazu dienen, dass A* mit einem derart niedrigen Preis ausgeschieden wird, was aber in der Folge nicht funktionierte. Die A* erhielt dennoch den Zuschlag.
Auch anlässlich der Ausschreibung 2016 kam es zu Absprachen der Antragsgegnerin mit der F* über das Angebotsverhalten.
4.) Bilaterale Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und derF*betreffend den Kunden Lang Immobilien (idF Lang Immobilien) 2010:
Betreffend den Kunden Lang Immobilien kam es 2010 zu einer Abstimmung der Angebote zwischen MM* (Antragsgegnerin) und NN* (F*). In der Folge legte die Antragsgegnerin ein Deckangebot an Lang Immobilien zugunsten der F*.
5.) Bilaterale Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und der I* betreffend den Kunden Krankenhaus Lienz 2010:
Bezüglich des Wettbewerbers I* bestand das allgemeine Verständnis, dass in Osttirol ansässige Kunden primär I* zugeordnet wurden. Es bestand also für Osttirol ein allgemeingültiger Kundenschutz zugunsten von I*.
Dieser Kundenschutz wurde im Einzelnen durch die Abstimmung von Preisen und Legung von Deckangeboten zugunsten von I* umgesetzt. Im Jahr 2010 wurden in Bezug auf ein Angebot für das Krankenhaus Lienz zwischen der Antragsgegnerin und I* Preise abgestimmt und legte die Antragsgegnerin ein Deckangebot mit einem entsprechend abgestimmten, höheren Preis damit I* den Kunden behalten konnte.
6.)Multilaterale Absprachen zwischen der Antragsgegnerin, der F* und der A*betreffend den Kunden REWE Group (idF REWE) ab 2010:
Auch in Bezug auf den Kunden REWE fanden Gespräche zur Abstimmung zwischen mehreren Wettbewerbern statt. Auch diese Absprachen fanden über mehrere Jahre statt und gehen zumindest auf 2010 zurück.
Die drei Wettbewerber einigten sich im Vorfeld darauf, welches Unternehmen bei Ausschreibungen welches Bundesland gewinnen sollte, um den 2010 festgelegten Status Quo zu erhalten.
Der prognostizierte Sieger pro Bundesland gab dann seine Angebotspreise bekannt, damit die anderen Anbieter ein höheres Anbot abgeben konnten. Zudem vereinbarten die genannten Wettbewerber sich gegenseitig im Falle der Auftragserteilung in den vereinbarten Regionen exklusiv als Subpartner einzusetzen. Entsprechend wurden auch wechselseitig Subpartnerangebote ausgetauscht. Teilweise konnten diese Subpartnerschaften, wenngleich vorab vereinbart, nicht umgesetzt werden, da entgegen der Annahme der Kartellanten die Auftragserteilung an einen (nicht am Kartell beteiligten) Wettbewerber erfolgte.
Auch auf Basis dieser wechselseitigen Subpartnererklärungen konnten die Wettbewerber darüber hinaus ableiten, zu welchen Preisen sie selbst ihr Angebot gegenüber REWE legen würden, bzw., dass die Wettbewerber mit ziemlicher Gewissheit nicht unter dem Subpartnerpreis anbieten würden, um im Falle des Zuschlags nicht den Wettbewerber zu teureren Konditionen als Subpartner beauftragen zu müssen.
Auch bei einer Ausschreibung von REWE im Jahr 2016 hielten die genannten Wettbewerber die 2010 getroffene Vereinbarung bei. Es bedurfte dazu keiner Termine zur Abstimmung, sondern wurde nur mehr sichergestellt „ob eh alles gleich bleibt“. Dies zeugt von dem allgemeinen Verständnis in der Branche, den Status Quo beibehalten zu wollen und nicht untereinander in Wettbewerb zu treten. Aufgrund der getroffenen Subpartnervereinbarungen konnten zudem alle Kartellanten, unabhängig von jedweder wirtschaftlichen Notwendigkeit einer Subpartnerschaft, an den Aufträgen beteiligt werden.
Darüber hinaus kontaktierte die Antragsgegnerin auch andere Wettbewerber nämlich GG* und B*, die ebenfalls angehalten werden sollten, nicht selbst ein Angebot abzugeben, sondern darauf zu verzichten und dafür im Gegenzug als Subpartner eingebunden zu werden.
7.) Bilaterale Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und der J*betreffend den Kunden AsphaltRing Bau GmbH (Asphaltring) 2013
Im März 2013 teilte OO* (J*) AA* (Antragsgegnerin) die Preise für bestimmte Entsorgungsleistungen mit, weil die Asphaltring auch bei der Antragsgegnerin um ein Angebot angefragt hatte. Die J* wollte den Kunden behalten, deshalb erkundigte sich AA*bei OO* nach den Preisen zu denen die Antragsgegnerin ihr Angebot abgeben sollte, damit die J* den Auftrag erhalten würde. Die Antragsgegnerin legte folglich ein Deckangebot zugunsten der J*.
8.) Bilaterale Absprache zwischen der Antragsgegnerin und derA*betreffend den Kunden Chemson Polymer Additive AG (Chemson) 2014:
Chemson war 2014 ein Kunde der A* und fragte auf dem Markt nach Angeboten zur Gesamtentsorgung an. In diesem Zusammenhang kontaktierte AA* (Antragsgegnerin)PP* (A*) und bot von sich aus an, zugunsten der A* ein Deckangebot zu legen. Derartige Gespräche wurden auch mitH* und der F* geführt. PP* teilte AA* entsprechende Preise mit, damit die Antragsgegnerin ein entsprechendes Deckanbot zugunsten der A* legen konnte. A* erhielt daraufhin – entsprechend dem Willen der Kartellanten – wieder den Auftrag von Chemson.
9.) Bilaterale Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und der K*betreffend den Kunden Unser Lagerhaus Warenhandelsgesellschaft mbH (idF Lagerhaus) 2016:
Auch zwischen der Antragsgegnerin und dem Unternehmen K* bestand ein gegenseitiges Verständnis dahingehend, dass man sich nicht gegenseitig Kunden wegnehmen wollte. Zu diesem Zwecke wurden zwischen den Genannten beispielsweise 2016 betreffend den Kunden Lagerhaus Preise ausgetauscht.
10.) Bilaterale Absprache zwischen der Antragsgegnerin und der A*betreffend Gemeinde Bruck an der Mur 2016:
In Bezug auf die Gemeinde Bruck an der Mur tauschte sich die Antragsgegnerin (QQ*, nunmehr QA*) mit der A* (RR*) über Preise aus, um entsprechende Deckanbote zu kalkulieren. Am 7.12.2016 schrieb RR*QQ* ein Email mit dem Betreff „Löschen“ in welchem er eine handschriftliche Aufzeichnung der Preise, die A* anlässlich einer konkreten Anfrage der Gemeinde Bruck an der Mur kalkuliert hatte. Dadurch gelangte die Antragsgegnerin nicht nur Kenntnis über wettbewerbssensible Informationen, sondern war auch in der Lage ein entsprechendes Deckangebot zu kalkulieren, was die Antragsgegnerin auch tat. Die Beteiligten wussten, dass ihr Vorgehen nicht zulässig ist.
11.) Gebietsaufteilung zwischen der Antragsgegnerin und der L* 2018:
Zwischen der Antragsgegnerin und derL* bestand zumindest im Jahr 2018 eine Vereinbarung über eine Gebietsaufteilung zu einer Vielzahl an Postleitzahlen in Niederösterreich.
12.) Bilaterale Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und der M* betreffend den Kunden Flughafen Wien 2018:
Im Zuge der 2018 erfolgten Ausschreibung des Flughafens Wien „Müllentsorgung 2019“ kam es zu einer Absprache von Preisen zwischen der Antragsgegnerin (SS*) und M* (TT*). Konkret tauschten sich die genannten Mitarbeiter der Unternehmen über die Gesamtsumme für alle Leistungen laut Leistungsverzeichnis der Ausschreibung aus, die die Antragsgegnerin zugunsten M* nicht unterbieten sollte. In der Folge legte die Antragsgegnerin vereinbarungsgemäß ein höheres Deckangebot zugunsten von M*.
13.) Bilaterale Absprache zwischen der Antragsgegnerin und der N* betreffend den Kunden Gemeindeverband für Abfallbehandlung Bruck/Leitha (idF GVA Bruck/Leitha) 2018
Zwischen der Antragsgegnerin und N* bestand eine Gebietsaufteilung hinsichtlich des Kunden GVA Bruck /Leitha.
14.) Bilaterale Absprache zwischen der Antragsgegnerin und der A* zum Kunden Weitzer Parkett GmbH & Co KG (Weitzer Parkett) 2018
Weitzer Parkett wurde von mehreren Entsorgern bezüglich verschiedener Abfallarten betreut; die Antragsgegnerin war für die Entsorgung von Asche, die A* für die Entsorgung von gefährlichem Abfall und Kartonagen beauftragt.
Im Zuge einer Gesamtausschreibung des Kunden Weitzer Parkett im Jahr 2018 kam es am 15.01.2018 zu einem persönlichen Treffen zwischen UU* (Antragsgegnerin) und VV* (A*), bei dem diese Preise für das Gesamtangebot untereinander austauschten. Es wurde vereinbart, dass die Antragsgegnerin bzw. die A* jeweils die Preise des anderen zuzüglich eines Aufschlags in das Angebot aufnehmen würden, betreffend die Abfälle, die das jeweilige Unternehmen bereits zuvor entsorgt hatte. Dies wurde auch so umgesetzt. Aufgrund der Absprache und der Legung entsprechender gegenseitiger Deckanbote erteilte Weitzer Parkett in der Folge den Zuschlag betreffend die jeweiligen Positionen an die Antragsgegnerin und die A*, sodass beide Unternehmen auch weiterhin für die bereits zuvor entsorgten Abfälle beauftragt wurden.
15.) Bilaterale Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und der O* betreffend den Kunden Rail Cargo Logistics – Environmental Services GmbH (idF Rail Cargo) 2019:
Rail Cargo übermittelte im Februar 2019 eine Einladung zur Angebotslegung. Die Antragsgegnerin (WW*) leitete diese Einladung per Email an O* (XX*) mit der Frage weiter, ob die Antragsgegnerin ein Angebot abgeben solle. Dies bejahte XX* per Email unter gleichzeitiger Bekanntgabe der Angebotspreise von O* an die Antragsgegnerin. WW* erkundigte sich daraufhin bei XX*, ob er zu den genannten Preisen anbieten solle oder einen Aufschlag addieren solle. XX* antwortete ihm er solle einen Aufschlag vornehmen.
Auf Basis dieser E-Mailkorrespondenz legte die Antragsgegnerin anschließend der Rail Cargo ein Deckanbot zugunsten von O*, damit diese den Auftrag erhalten konnte.
16.) Multilaterale Absprachen zwischen der Antragsgegnerin, der F* und der A* betreffend den Kunden NÖM AG (idF NÖM) 2019:
2019 kam es zwischen der Antragsgegnerin, der F* (vormals FA*) und der A* zu Absprachen betreffend der NÖM. Die Antragsgegnerin (CC*) kontaktierte die F*(YY*), um mit ihr über die Preise zu sprechen. Er nannte YY* die Preise zu denen die Antragsgegnerin beabsichtigte ihr Angebot gegenüber NÖM abzugeben, mit der Aufforderung, dass das Angebot der F* über diesen Preisen liegen soll. Die Antragsgegnerin erhielt auch die Angebotspreise derF*. Gleichzeitig forderte CC* die A* (ZZ*) zur Abgabe eines Deckanbots zugunsten der Antragsgegnerin auf und teilte die „Preistendenzen“ der Antragsgegnerin mit, damit diese von der A* in ihrem Angebot überboten werden sollte, damit die Antragsgegne
rin den Kunden behalten kann.
17.) Multilaterale Absprachen zwischen der Antragsgegnerin, B* und der A*betreffend den Kunden Magna Steyr Fahrzeugtechnik GmbH & Co KG (idF Magna) 2020:
Im Zuge der Ausschreibung der Magna im Jahr 2020 kontaktierte die A* (PP* und AAA*) die Antragsgegnerin und B* (BBB*) um sie aufzufordern Deckanbote zugunsten derA* an Magna zu legen.
18.) Bilaterale Absprachen zwischen der Antragsgegnerin und der A* betreffend den Kunden EGM Industrieguss GmbH (idF EGM) 2021:
Die Antragsgegnerin (CC*) bat die A* (CCC*) gegenüber der EGM so anzubieten, dass die Antragsgegnerin den Kunden behalten könne und nannte dazu die Preise die die Antragsgegnerin im Angebot für einen bestimmten (nämlich denpreisbestimmenden Teil der Ausschreibung) Posten abgeben würde und forderte die A* auf in ihrem Angebot hiefür einen höheren Preis auszuweisen. Den Beteiligten war bewusst, dass diese Absprache rechtswidrig ist.
Insgesamt war die Antragsgegnerin zwischen 2001 und März 2021fortlaufend an derartigenkartellrechtswidrigen Handlungen bei folgenden Kunden / Projekten unmittelbar beteiligt:
Datum
|
Kunde/Projekt
|
Bundesland
|
Inhalt
|
Beteiligte Unternehmen
|
2001
|
Hofer AG
|
österreichweit
|
A* legt zu Gunsten der F*keine wettbewerbsfähigen Angebote für die Entsorgung von Zentrallagern
|
F*
FCC
A*
|
2001‑
2018
|
Altstoff Recycling
Austria AG (ARA)
|
Steiermark
Niederösterreich
Oberösterreich
|
vgl. Punkt 1.)
|
|
2004
|
GVA Mödling
|
Niederösterreich
|
Eingehen einer nicht erforderlichen BIEGE
|
FCC
A*
|
ab 2004
|
ÖBB AG
|
österreichweit
|
vgl. Punkt 2.)
|
|
2005 ‑ 2007
|
Günter Grill KG
Kapfenberg
|
Steiermark
|
Ersuchen vonA* an FCC um Legung eines Deckangebots und Übermittlung einer E‑Mail mit einer Preisrichtlinie
|
FCC
A*
|
ab 2006
|
ASFINAG
|
österreichweit
|
vgl. Punkt 3.)
|
|
2007
|
Roto Frank Austria
GmbH
|
Steiermark
|
FCC legt Deckangebot zugunsten der A*
|
FCC
A*
|
2008
|
AWV Graz‑Umgebung
|
Steiermark
|
Vereinbarung der Wettbewerber, wonach sie sich bei Zuschlagserteilung wechselseitig als Subpartner einsetzen würden, mit entsprechenden konkreten Mengenzusagen
|
FCC
B*
A*
C*
|
2009
|
AWV Pongau
Fa. Bauservice
|
Salzburg
|
Zurückstehen der FCC zugunsten von Wettbewerben
|
FCC
o*
l*
|
2009
|
Casino Velden
|
Kärnten
|
Kundenaufteilung
|
FCC
GG*
A*
|
2009
|
G.F. Casting Solutions
GmbH & Co KG
|
Steiermark
|
Austausch über Preise und Vereinbarung eines Deckangebots zugunsten der FCC, die im Austausch zusagt
|
FCC
A*
|
2009
|
k.A.
|
k.A.
|
Preisabsprache und unzulässiger Informationsaustausch
|
FCC
A*
|
2010
|
Blaha
|
Niederösterreich
|
Kundenschutz zwischen FCC und M*
|
M*
FCC
|
2010
|
Hasslacher
|
Kärnten
|
Legung eines Deckangebots und unzulässiger Informationsaustausch
unter Wettbewerbern
|
FCC
H*
|
2011
|
k.A.
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern
|
FCC
GG*
J*
A*
H*
w*
|
2010
|
k.A.
|
k.A.
|
Unzulässiger Informationsaustausch zu zukünftiger Preiserhöhung
|
FCC
|
2010
|
k.A.
|
k.A.
|
vertragliche Vereinbarung von Kundenschutz und gegenseitige Respektierung des Status Quo
|
FCC
J*
|
2010
|
Krankenhaus Lienz
|
Tirol
|
vgl. Punkt 5.)
|
|
2010
|
Lang Immobilien
Gesellschaft m.b.H.
|
Kärnten
|
vgl. Punkt 4.)
|
|
2010
|
Mondi Frantschach
GmbH
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern
|
FCC
GG*
|
2010
|
NÖM AG Baden
|
Niederösterreich
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern
|
FCC
a*
|
2010
|
REWE International
AG
|
österreichweit
|
vgl. Punkt 6.)
|
|
2010
|
Stadtgemeinde St. Veit
|
Kärnten
|
Preisaustausch unter Wettbewerbern zur Legung eines Deckangebots
|
FCC
GG*
J*
|
2010
|
VOEST‑Alpine Traisen
|
Niederösterreich
|
Zurückstehen der FCC zugunsten von Wettbewerbern
|
FCC
O*
|
2010
|
Gerald REHAK
|
Kärnten
|
Beschwerde von FCC gegenüber b* über Angebot bei „FCC Kunde“
|
FCC
b*
|
2010
|
Kohlbach Holding
GmbH
|
Kärnten
|
FCC‑internen Diskussion über Deckangebote für GG*, Versuch, ein Deckangebot von GG* zu bekommen
|
FCC
GG*
|
2010
|
ABC
|
Kärnten
|
FA*/F*halte sich nicht an Absprachen
|
FCC
F*
|
2011
|
Bezirk Mödling/Baden
|
Niederösterreich
|
Zurückstehen zugunsten eines Wettbewerbers im Gegenzug zum Einsetzen als Subpartner
|
FCC
c*
|
2011
|
Burgstaller GmbH
(Ford Burgstaller)
|
Kärnten
|
Preisaustausch unter Wettbewerbern zur Legung eines Deckangebots
|
FCC
H*
|
2011
|
Forstinger Österreich
GmbH
|
Steiermark
|
Gebietsaufteilung der Standorte des Kunden zwischen FCC und A*
|
FCC
A*
|
2011
|
Greislinger GmbH
|
Kärnten
|
FCC kommuniziertA*Preise für die Erstellung eines Deckangebots
|
FCC
A*
|
2011
|
Gemeinde Obervellach
|
Kärnten
|
Preisaustausch zur Legung eines Deckangebots
|
FCC
I*
|
2011
|
Hainzl
Industriesysteme
GmbH
|
Oberösterreich
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern
|
FCC
l*
|
2011
|
Kunde in Bad St. Leonhard
|
Kärnten
|
Preisabsprache mit d*
|
FCC
d*/A*
|
2011
|
Marktgemeinde Brückl
|
Kärnten
|
Absprachen mit Wettbewerbern
|
FCC
GG*
J*
H*
|
2011
|
Nowak Fliesen und
Öfen Ges.m.b.H.
|
Kärnten
|
Preisaustausch unter Wettbewerbern zur Legung eines Deckangebots
|
FCC
J*
|
2011
|
Preiserhöhungs‑
schreiben
|
k.A.
|
Unzulässiger Informationsaustausch über künftige Preiserhöhungen
bei Kunden
|
FCC
A*
|
ca. 2011
|
Möbel Anninger
GmbH
|
Steiermark
|
FCC ersucht A*um die Legung eines Deckangebots
|
FCC
A*
|
2011‑
2012
|
AWV Westkärnten
|
Kärnten
|
Gebiets‑/Kundenaufteilung
|
FCC
J*
|
2011‑
2014
|
Steiermärkische
Krankenanstalten‑
gesellschaft m.b.H.
|
Steiermark
|
Absprache der Wettbewerber zum Angebotsverhalten und wechselseitige Subpartnervereinbarungen
|
F*
FCC
A*
|
2012
|
Baumax AG
|
k.A.
|
Gebiets‑/Kundenaufteilung
|
FCC
d*
|
2012
|
ERS Electronic
Recycling System
GmbH
|
Kärnten
Steiermark
|
Absprache mit der Intention Preise oben zu halten und Kunden/Gebiete
aufzuteilen
|
FCC
e*
A*
|
2012
|
Fundermax/
Isovolta AG
|
Niederösterreich
|
Versuch einen Wettbewerber zum Zurückstehen anzuhalten
|
F*
FCC
|
2012
|
k.A.
|
Kärnten
|
Verständnis eines Gebietsschutzes zwischen den Wettbewerbern
|
FCC
|
2012
|
k.A.
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch mit dem Ziel eines Deckangebots
|
FCC
J*
|
2012
|
k.A.
|
k.A.
|
unzulässiger Informationsaustausch mit dem Ziel eines Deckangebots
|
FCC
J*
|
2012
|
Marktgemeinde
Brückl
|
Kärnten
|
Koordination von Deckangeboten durch FCC
|
FCC
GG*
J*
H*
|
2012
|
Preiserhöhungs‑
schreiben
|
k.A.
|
Information des Wettbewerbers über zukünftige Preiserhöhungen bei Kunden
|
F*
FCC
|
2012
|
SW Umwelttechnik
AG
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch mit dem Ziel eines Deckangebots
|
FCC
J*
|
2012‑2015
|
RHI Magnesita GmbH
|
Steiermark
|
Ersuchen vonA*an FCC zurückzustehen; FCC gibt entsprechend kein Angebot ab
|
FCC
A*
|
2013
|
Abwasserverband
Schwechat
|
Niederösterreich
|
Preisaustausch zur Legung eines Deckangebots
|
FCC
f*
|
2013
|
AsphaltRing Bau
GmbH
|
Kärnten
|
vgl. Punkt 7.)
|
|
2013
|
AWV Leibnitz
|
Steiermark
|
Unzulässiger Informationsaustausch mit dem Ziel von Mengenabtäuschen
|
FCC
g*
|
2013
|
Baustelle Althofen
|
Kärnten
|
Preisaustausch für die Legung von Deckangeboten; getarnt als Subpartnerpreise
|
FCC
GG*
|
2013
|
Gemeinde
Fischamend
|
Niederösterreich
|
Zurückstehen der FCC zugunsten von Wettbewerbern
|
h*
FCC
|
2013
|
Johann Hums GmbH
(Mannersdorf a.d.
Leitha)
|
Niederösterreich
|
Kundenschutz zwischen FCC und i*
|
FCC
i*
|
2013
|
k.A.
|
Kärnten
|
Aufforderung zum Zurückstehen zugunsten der FCC
|
FCC
J*
|
2013
|
kA.
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch mit dem Ziel eines Deckangebots
|
FCC
J*
|
2013
|
Springer
Maschinenfabrik AG
|
Kärnten
|
Aufforderung zum Zurückstehen zugunsten der FCC
|
FCC
J*
|
2013
|
k.A.
|
Kärnten
|
Unzulässiger Informationsaustausch mit dem Ziel eines Deckangebots
|
FCC
J*
|
2013
|
Spar AG
|
Region Ost
|
Gebietsaufteilung der Standorte des Kunden zwischen FCC und Wettbewerbern
|
M*
FCC
A*
j*
|
2013/
2014
|
GVA Bruck a.d.
Leitha/GABL
|
Niederösterreich
|
Deckangebot zugunsten Wettbewerbern
|
FCC
k*
|
2013‑
2018
|
Hendrickson Austria
GmbH
|
Steiermark
|
Unzulässiger Informationsaustausch betreffend Preise, Ersuchen von FCC an
A* um Legung eines Deckangebots, Kundenaufteilung
|
za*
FCC
A*
|
2014
|
k.A.
|
Salzburg
Oberösterreich
|
Mailverkehr mit zd*, um Marktruhe herzustellen
|
FCC
zd*
l*
m*
|
2014
|
Altkleider
|
Kärnten
|
Gebietsaufteilung zwischen Wettbewerbern
|
FCC
GG*
|
2014
|
Chemson Polymer
Additive AG
|
Kärnten
|
vgl. Punkt 8.)
|
|
2014
|
Gemeinde St. Veit
|
Kärnten
|
Unzulässiger Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern
|
FCC
GG*
|
2014
|
GABL
|
Niederösterreich
|
Legung eines Deckangebots zugunsten von Wettbewerbern
|
FCC
n*
A*
|
2014
|
Initiative „Kraft. Das
Murtal“
|
Steiermark
|
Abstimmung unter den Wettbewerbern, um den Status Quo beizubehalten (Wettbewerber sollen ihre jeweiligen Entsorger behalten, die sich hier zusammengeschlossen haben)
|
za*
FCC
o*
A*
|
2014
|
Institut Marianum
|
Kärnten
|
Preisabsprachen unter Wettbewerbern mit dem Ziel einer Preiserhöhung
|
FCC
p*
|
2014
|
AHA‑Gruppe
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch mit dem Ziel eines Deckangebots
|
FCC
J*
|
2014
|
Kommune
Langenzersdorf
|
Niederösterreich
|
Kundenschutz zwischen FCC und M*
|
M*
FCC
|
2014
|
MACO Produktions GmbH
|
Steiermark
|
Deckangebot von FCC zugunsten A*, Kundenaufteilung
|
FCC
A*
|
2014
|
Rehau Gesellschaft
m.b.H.
|
k.A.
|
Kundenschutz und Preisabsprachen mit Wettbewerbern
|
FCC
q*
|
2014
|
Stadtgemeinde Bruck
a.d. Leitha
|
Niederösterreich
|
Preisaustausch zur Legung eines Deckangebots
|
FCC
N*
|
2014
|
Wewalka GmbH Nfg
KG
|
Niederösterreich
|
Preisaustausch zur Legung eines Deckangebots
|
FCC
zd*
|
2014
|
Wolfram Bergbau und
Hüten AG
|
Steiermark
|
Preisaustausch mit dem Ziel eines Deckangebots zu Gunsten von A*
|
FCC
A*
|
2014
|
Voestalpine Stahl
Donawitz GmbH
|
Steiermark
|
Abstimmung über Zurückstehen der Wettbewerber zu Gunsten vonA*
|
F*
FCC
A*
s*
|
ca. 2014
|
SAPPI Papier Holding
GmbH
|
Steiermark
|
Gegenseitige Legung von Deckangeboten mit dem Ziel, dass jeder Wettbewerber seine Fraktion behalten kann
|
FCC
A*
|
2015
|
Bezirk Hartberg
|
Steiermark
|
Aufteilung der (zusammengelegten) Gemeinden unter den Wettbewerbern
|
FCC
A*(r*)
|
2015
|
GVA Bruck a.d. Leitha
|
Niederösterreich
|
N* möchte den Auftrag erhalten und teilt Wettbewerbern Preisniveau mit, das
sie in ihren Angeboten überbieten sollen
|
FCC
N*
A*
|
2015
|
Jungwirth
|
Region Ost
|
Gegenseitiges Einsetzen von Wettbewerbern für Leistungen, ohne wirtschaftliche Notwendigkeit
|
FCC
zd*
|
2015
|
Landbell AG
|
Region Ost
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern
|
M*
FCC
|
2015
|
LS Konzertagentur
GmbH
|
Steiermark
|
Deckangebot von FCC zugunsten A*, Kundenaufteilung
|
FCC
A*
|
2015
|
Porr AG
Teerag Asdag AG
Swietelsky AG
|
k.A.
|
Gebietsaufteilung und Eingehen wirtschaftlich nicht notwendiger
Subpartnerschaften
|
FCC
GG*
|
2015‑
2016
|
AWV Weiz
|
Steiermark
|
Aufteilung der Entsorgungsrouten zwischen den Wettbewerbern zur Erhaltung
des Status Quo, unzulässiger Informationsaustausch über Umsätze und Preise
|
FCC
B*
A*
|
bis 2016
|
AHT Cooling Systems
GmbH
|
Steiermark
|
A* legt Deckangebot zugunsten der FCC
|
FCC
A*
|
2016
|
AWV Graz‑Umgebung
|
Steiermark
|
Abstimmung über Preise und Deckangebote zwischen den Wettbewerbern, so dass jeder weiterhin eine bestimmte Menge zur Verwertung erhält
|
D*
FCC
A*
|
2016
|
Gemeinde Bruck a.d.
Mur
|
Steiermark
|
vgl. Punkt 10.)
|
|
2016
|
k.A.
|
Region Ost
|
Gebiets‑/Kundenaufteilung unter Wettbewerbern
|
FCC
x*
|
2016
|
Microporous GmbH
|
Kärnten
|
Preisaustausch für die Legung von Deckangeboten
|
FCC
J*
|
2016
|
Minka Holz‑ und
Metallverarbeitungs‑
GmbH
|
Steiermark
|
Bilaterale Koordinierung mit A*, s*, F* und C*; Legung von Deckangeboten, sodass jeder die Fraktionen, die er bisher betreute, behalten konnte
|
FCC
A*
s*
F*
C*
|
2016
|
Unser Lagerhaus
Warenhandels‑
gesellschaft mbH
|
Kärnten
|
vgl. Punkt 9.)
|
|
2016
|
Walter Medi GmbH
|
Steiermark
Burgenland
|
Vereinbarung von Marktruhe/Kundenschutz zwischen Wettbewerbern
|
FCC
t*
|
2016 -2017
|
AWS Schwechat
|
Niederösterreich
|
Aufforderung zum Zurückstehen zugunsten der FCC
|
F*
FCC
A*
|
2017
|
ATG Granitztal
|
Kärnten
|
Preisaustausch für die Legung von Deckangeboten; getarnt als Subpartnerpreise
|
FCC
GG*
|
2017
|
AWV Graz‑Umgebung
|
Steiermark
|
Abstimmung Preise und Legung von Deckangboten, sodass der Status Quo
erhalten bleibt; F* würden für das Zurückstehen bestimmter Mengen zur
Verwertung zugesagt
|
F*
FCC
B*
A*
C*
|
2017
|
k.A.
|
k.A.
|
Gebiets‑/Kundenaufteilung unter Wettbewerbern
|
FCC
u*
|
2017
|
MWS Aluguss GmbH
|
k.A.
|
unzulässiger Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern
|
FCC
|
2017
|
Porr AG
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern/Zurückstehen
zugunsten der FCC zur Bewahrung des Status Quo
|
FCC
J*
|
2017
|
Reisinger
|
k.A.
|
unzulässiger Informationsaustausch, Kunden‑/Gebietsaufteilung und
Preisabsprachen
|
FCC
u*
|
2017/
2018
|
Stadtgemeinde
Leoben,
Problemstoffe
|
Steiermark
|
Legung eines Deckangebots von FCC zugunstenA*
|
FCC
v*
A*
|
2017
|
Granit Bau GmbH
|
k.A.
|
Ersuchen von FCC an A*um Legung eines Deckangebots, Kundenaufteilung
|
FCC
A*
|
2017‑
2019
|
Roto Frank Austria
GmbH
|
Steiermark
|
Übermittlung von Preisen von A* an Wettbewerber, damit diese Deckangebote legen können
|
FCC
A*
C*
|
2017‑
2020
|
Porsche Inter Auto
GmbH & Co KG
|
Steiermark
|
A* und FCC sprechen sich über das Angebotsverhalten ab, tauschen Preise aus und legen Deckangebote mit dem Ziel, dass jeder Wettbewerber die bisherigen Fraktionen behalten kann
|
FCC
A*
|
2018
|
„Harley Villach“
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern
|
FCC
H*
|
2018
|
ACT Vertriebs GmbH
|
Steiermark
|
unzulässiger Informationsaustausch zur Legung eines Deckangebots
|
FCC
zb*
|
2018
|
ASZ Leibnitz
|
Steiermark
|
A* drängt FCC zu Deckpreisen anzubieten
|
FCC
A*
|
2018
|
Gemeinde St. Veit an
der Glan
|
Kärnten
|
FCC ersucht A* zu höheren Preisen anzubieten, damit FCC „Preisgefüge“
erhalten kann
|
FCC
A*
|
2018
|
GVA Bruck a.d. Leitha
|
Niederösterreich
|
vgl. Punkt 13.)
|
|
2018
|
k.A.
|
Region Ost
|
vgl. Punkt 11.)
|
|
2018
|
k.A.
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern
|
FCC
GG*
|
2018
|
k.A.
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern
|
FCC
y*
|
2018
|
k.A.
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern/Preisabsprache
|
FCC
H*
|
2018
|
Weitzer Parkett
Vertriebs GmbH
|
Steiermark
|
vgl. Punkt 14.)
|
|
2018‑
2019
|
Flughafen Wien
|
Niederösterreich
|
vgl. Punkt 12.)
|
|
2019
|
AK Steiermark
|
Steiermark
|
Informations‑/Preisaustausch zur Wahrung der Gebietsaufteilung
|
FCC
zb*
|
2019
|
AWV Hartberg
|
Steiermark
|
FCC kontaktiert Wettbewerber, mit dem Ziel, dass diese zurückstehen bzw. Deckangebote zugunsten der FCC abgeben; zumindest B* und A* geben daraufhin kein eigenes Angebot ab
|
FCC
B*
A*
w*
|
2019
|
GVA Mödling
|
Niederösterreich
|
Ersuchen von FCC an A* um Legung eines Deckangebots, Kundenaufteilung
|
FCC
A*
|
2019
|
Hogast
|
Steiermark
|
unzulässiger Informationsaustausch und Preisabsprachen zwischen Wetttbewerbern
|
x*
|
2019
|
HOS Chemie
|
k.A.
|
Ersuchen von A* an FCC um Legung eines Deckangebots
|
FCC
A*
|
2019
|
k.A.
|
k.A.
|
Preisabsprache zu Kunden der F*
|
F*
FCC
|
2019
|
k.A.
|
Steiermark
|
Kundenschutz/‑aufteilung unter Wettbewerbern
|
FCC
x*
|
2019
|
k.A.
|
Kärnten
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern/Preisabsprache
|
FCC
y*
|
2019
|
k.A.
|
Steiermark
|
Unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern/Preisabsprache
|
FCC
A*
|
2019
|
Maschinenfabrik
Liezen und Gießerei
GmbH
|
Steiermark
|
Deckangebot der A* zu Gunsten FCC
|
FCC
A*
|
2019
|
Microporous GmbH
|
Kärnten
|
Preisaustausch für die Legung von Deckangeboten; getarnt als Subpartnerpreise
|
FCC
J*
|
2019
|
NÖM AG
|
Niederösterreich
|
vgl. Punkt 16.)
|
|
2019
|
Rail Cargo Logistics ‑
Environmental
Services GmbH
|
Region Ost
|
vgl. Punkt 15.)
|
|
2019
|
Riedlingsdorf
(Pinkafeld)
|
Steiermark
|
unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern
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FCC
z*
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2019
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Schindler GmbH
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k.A.
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Austausch von Preisinformationen mit dem Ziel Deckangebote zu legen
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F*
FCC
A*
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2019
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Stadtpfarre St.
Stephan Baden
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Region Ost
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Preisaustausch unter Wettbewerbern zur Legung eines Deckangebots zugunsten
von zd*
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FCC
zd*
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2019
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XXXLutz KG/Möbelix
GmbH
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k.A.
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FCC fährt in Sub für F* und legt dafür kein eigenes Angebot
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F*
FCC
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2019/2020
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Verrechnungspraxis
Papierentsorgung
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k.A.
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unzulässiger Informationsaustausch mit Wettbewerbern mit dem Ziel
wechselseitigen Kundenschutz zu erreichen
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za*
FCC
A*
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2020
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Andritz AG
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Steiermark
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Legung von Deckangeboten zur Erhaltung des Status Quo
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F*
FCC
B*
A*
C*
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2020
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Aurena GmbH
(Aurena
Auktionshaus)
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Steiermark
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A* soll für FCC ein Deckangebot legen; A* erhält dennoch Auftrag
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FCC
A*
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2020
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E. Denzel GmbH
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Steiermark
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unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern
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FCC
zb*
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2020
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GVA Mödling
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Niederösterreich
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Preisaustausch unter Wettbewerbern
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FCC
A*
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2020
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Hofer Preise 2020
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Steiermark
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unzulässiger Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern
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zc*
FCC
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2020
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Hornbach Bad Fischau
GmbH
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Niederösterreich
Steiermark
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unzulässiger Informationsaustausch/Preisabsprachen mit Wettbewerbern
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FCC
zd*
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2020
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k.A.
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Steiermark
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unzulässiger Informationsaustausch unter Wettbewerbern/Preisabsprachen
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FCC
A*
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2020
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Magna Steyr
Fahrzeugtechnik
GmbH & Co KG
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Oberösterreich
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vgl. Punkt 17.)
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2020
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Steirerfleisch GmbH
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Steiermark
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unzulässiger Informationsaustausch zur Legung eines Deckangebots der FCC
zugunsten von A*
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FCC
A*
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2020
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XAL GmbH
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Steiermark
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Legung eines Deckangebots von A* zugunsten FCC
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FCC
A*
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2020‑2021
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Gossauer Events und
Gastronomie GmbH
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Steiermark
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Preisabstimmung unter Wettbewerbern
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FCC
A*
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2021
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Admonter
Holzindustrie AG
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Steiermark
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Abstimmung der Angebote zwischen Wettbewerbern
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F*
FCC
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2021
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EGM Industrieguss
GmbH
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Steiermark
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vgl. Punkt 18.)
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k.A.
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Austria Druckguss
GmbH & Co KG
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Steiermark
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bilaterale Gespräche mit Wettbewerbern, damit diese zugunsten der FCC zurückstehen
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k.A.
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k.A.
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Bundesbeschaffungs‑
agentur
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k.A.
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Ersuchen von A* an FCC zurückzustehen
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FCC
A*
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k.A.
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Strobl Bau ‑ Holzbau
GmbH
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Steiermark
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Abstimmung betreffend Jahrespreiserhöhungen
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FCC
A*
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Die Bundeswettbewerbsbehörde stellte den Antrag festzustellen,dass die Antragsgegnerin wegen der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung in Form von kartellrechtswidrigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausch mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich der Abfallwirtschaft in weiten Teilen Österreichs im Zeitraum von Juli 2002 bis März 2021 gegen § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV verstoßen hat.
Unter Darstellung des dargestellten, außer Streit stehenden Sachverhalts brachte sie vor, dass die Antragsgegnerin an wesentlichen Teilen der zumindest von Juli 2002 bis März 2021 andauernden, österreichweiten Gesamtzuwiderhandlungen teilgenommen habe und im Rahmen ihres regionalen Tätigkeitsbereichs sowie im Zeitraum ihrer unmittelbaren Teilnahme in der Lage gewesen sei, einen wesentlichen Beitrag zur Gesamtzuwiderhandlung zu leisten. Das gemeinsame Ziel der Vereinbarungen sei es gewesen durch wettbewerbswidrige bi- und multilaterale Kontakte das Risiko des Wettbewerbs zu minimieren oder auszuschließen, um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen. Die Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen hätten auf einem einheitlichen Gesamtsystem beruht und seien als eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV zu qualifizieren. Die Antragsgegnerin sei dabei allein aufgrund ihrer Größe und Bedeutung auf dem Markt als ein am Kartell wesentlich Beteiligter zu qualifizieren.
Die Vereinbarungen über die bei Ausschreibungen abzugebenden Preise durch Festlegung und Vorgabe des Abgabepreises, Kartellaufschlägen oder die Abstimmung des Preisniveaus, die Aufteilungen von Gebieten und Kunden bzw. Projekten und der Austausch wettbewerbssensibler und strategischer Informationen seien – wenngleich in ihrer Gesamtheit zu betrachten – auch für sich alleine Zuwiderhandlungen gegen § 1 KartG und Art 101 AEUV.
Die Antragsgegnerin habe bei der Antragstellerin ein Vorgehen nach § 11b WettbG beantragt und in weiterer Folge durchgehend und umfassend kooperiert. Der Antrag der Antragsgegnerin nach § 11b WettbG und die übermittelten Unterlagen sei der Ausgangspunkt der BWB für die Ermittlungen der BWB im Bereich der Abfallwirtschaft, weil sich aus den übermittelten Unterlagen der begründete Verdacht von schwerwiegenden Verstößen gegen das nationale und europäische Kartellrecht ergeben hätte. Die Voraussetzungen nach § 11b WettbG seien erfüllt und werde daher (nur) der Antrag auf Feststellung gemäß § 28 Abs 1 iVm Abs 1a Z 1 KartG gestellt.
Der Bundeskartellanwalt schloss sich dem Vorbringen und Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde an.
Die Antragsgegnerin stellte das Vorbringen der Bundeswettbewerbsbehörde außer Streit.
Beweiswürdigung:
Da gegen die Richtigkeit der außer Streit gestellten Tatsachen, die auch mit den vorgelegten Urkunden im Einklang stehen, keine Bedenken bestehen, waren gemäß § 33 Abs 1 AußStrG iVm § 38 KartG keine weiteren Erhebungen durchzuführen.
In rechtlicher Hinsicht folgt:
1. Ad Allgemeines:
Der gegenständliche Komplex von Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen ist als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung zu qualifizieren. Dieser Komplex sowie dessen Einzelteile bezweckten die Einschränkung des Wettbewerbs iSv § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV und stellen eine Kernbeschränkung dar.
2. AdAnwendbarkeit von Art 101 Abs 1 AEUV:
Gemäß § 1 Abs 1 KartG sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmern, Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartelle), verboten. Insbesondere sind nach § 1 Abs 2 Z 1 KartG die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstige Geschäftsbedingungen sowie nach Z 3 leg.cit. die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen verboten.
Nach Art 101 Abs 1 AEUV sind alle jene Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Dazu gehören insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- und Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen (lit a) sowie die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen (lit c). Die Anwendung von Art 101 und 102 AEUV fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten (Art 5 VO [EG] 1/2003).
Beim Kriterium der Zwischenstaatlichkeit handelt es sich um eine Kollisionsnorm, die keine wettbewerbsrechtliche Bewertung der Absprache trifft, sondern die Frage beantworten soll, ob es angemessen ist, den Sachverhalt nach Unionsrecht zu beurteilen. Art 101 Abs 1 AEUV erfordert, dass die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung oder der Missbrauch der beherrschenden Stellung geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Diese Voraussetzung ist – was schon durch Abstellen auf die „Eignung“ angelegt ist – weit zu verstehen (16 Ok 7/15p mwN).
Maßnahmen, deren wettbewerbsbeschränkende Wirkungen sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstrecken, sind idR zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten geeignet, weil sie schon ihrem Wesen nach die Abschottung nationaler Märkte verfestigen und die gewünschte Marktintegration verhindern können.
Ein Kartell, das sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstreckt, hat nämlich schon seinem Wesen nach die Wirkung, die Abschottung der Märkte auf nationaler Ebene zu verfestigen, indem es die in der Europäischen Union angestrebte wirtschaftliche Verflechtung behindert (Leitlinien zum Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels, ABl 2004/C 101/07, Rn 77 ff). Daher können auch Maßnahmen von Unternehmen, die sich nur auf den Wettbewerb innerhalb eines einzelnen Mitgliedstaats auswirken, den innergemeinschaftlichen Handel beeinflussen (16 Ok 4/13; 16 Ok 2/15b; 16 Ok 7/15p; 16 Ok 8/16m; RS0120478).
Nach den Feststellungen erstreckte sich die Gesamtzuwiderhandlung jedenfalls von Juli 2002 bis März 2021 und nahezu auf das gesamte Bundesgebiet Österreichs. Ziel der Absprachen und abgestimmten Verhaltensweisen der Wettbewerber war es den österreichischen Markt unter sich aufzuteilen und Markteintritte zu verhindern. Daher ist allein schon aufgrund ihrer Dimension und Dauer jedenfallsdie Zwischenstaatlichkeit zu bejahen und Unionsrecht anzuwenden.
3. Ad Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen:
Gemäß § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen verboten, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartellverbot).
Der Begriff „Vereinbarung“ wird in diesem Zusammenhang weit ausgelegt: Nicht notwendig ist, dass es sich dabei um einen rechtlich verbindlichen Vertrag handelt; eine Vereinbarung liegt vielmehr schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten. Folglich ist der Begriff der Vereinbarung durch das Vorliegen einer Willensübereinstimmung zwischen mindestens zwei Parteien gekennzeichnet, deren Ausdrucksform unerheblich ist, sofern sie den Willen der Parteien getreu wiedergibt. Bei einer Vereinbarung zwischen Unternehmern kommt es daher weder auf die Form der Vereinbarung (diese kann schriftlich, mündlich oder schlüssig getroffen werden) noch darauf an, ob sie auch tatsächlich umgesetzt wird (Lager/Petsche aaO § 1 Rz 18 f mwN).
Neben Vereinbarungen (und Beschlüssen von Unternehmervereinigungen) sind auch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen vom Kartellverbot erfasst. Dabei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des EuGH um jede Form der Koordinierung des Verhaltens zwischen Unternehmern, die zwar nicht bis zum Abschluss eines Vertrags im eigentlichen Sinn gediehen ist, aber bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt. Unter einer Verhaltensabstimmung ist also eine „Fühlungnahme“ zwischen den Unternehmern zu verstehen, die geeignet und bestimmt ist, deren Wettbewerbsrisiko abzuschwächen (Lager/Petsche aaO § 1 Rz 25 ff mwN). Erfasst ist jede unmittelbare oder mittelbare Koordination zwischen Unternehmen, die bezweckt oder bewirkt, das Marktverhalten zu beeinflussen oder einen Mitbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, das man selbst an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht (Lager/Petsche aaO § 1 Rz 31).
4. Ad Bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen:
Vereinbarungen stellen dann einen Verstoß gegen Art 101 Abs 1 AEUV dar, wenn sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Prinzipiell müssen Wettbewerbsbeschränkungen, um vom Kartellverbot erfasst zu sein, auch spürbar sein. Spürbarkeitskriterien sind der Marktanteil, die Marktstellung, die finanziellen Ressourcen und der Umfang der Produktion der beteiligten Unternehmen sowie der Umfang der betroffenen Handelsströme (RS0106875). Handelt es sich bei den Vereinbarungen jedoch um solche, die ihrer Natur nach geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen und sind diese auch auf diesen Zweck gerichtet, liegt es auf der Hand, dass solche Vereinbarungen spürbare negative Auswirkungen auf den Markt haben. Es wird daher davon ausgegangen, dass eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung, also eine, die schon ihrem Wesen nach schädlich für den Wettbewerb ist, den Wettbewerb stets spürbar beeinträchtigt (Hiersche/Mertel in Egger/Harsdorf-Borsch, Kartellrecht, § 1 Rz 74, EuGH C-228/18 – Budapest Bank; EuGH C-345/14 - Maxima Latvija). Aus diesen Erwägungen sind bei bezweckten Wettbewerbsbeschränkungen die konkreten Auswirkungen, also der genaue Umfang der Spürbarkeit für den Markt im Verfahren nicht zu prüfen (RS0120477). Solche Kernbeschränkungen gelten demzufolge unabhängig vom Marktanteil der beteiligten Unternehmen als „spürbar“ (vgl EuGH 13. 12. 2012, C-226/11, Expedia, RS0106875, 16 Ok 2/22k).
Bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung enthält, ist auf den Inhalt ihrer Bestimmungen und die mit ihr verfolgten Ziele sowie auf den wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie steht, abzustellen. Im Rahmen der Beurteilung dieses Zusammenhangs sind auch die Natur der betroffenen Waren und Dienstleistungen, die auf dem betreffenden Markt oder den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieses Markts oder dieser Märkte zu berücksichtigen. Für einen wettbewerbswidrigen Zweck reicht es bereits aus, wenn die Vereinbarung das Potenzial hat, negative Auswirkungen auf den Wettbewerb zu entfalten, dh wenn sie konkret geeignet ist, zu einer Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Markts zu führen (EuGH C-32/11 - Allianz Hungária, mwN). Das wesentliche Kriterium ist, dass eine solche Handlung in sich selbst eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt (EuGH C-67/13 P - Groupement des cartes bancaires, mwN). Kernbeschränkungen des Wettbewerbs wie Preisabsprachen, Produktions- und Absatzbeschränkungen und Marktaufteilungsabsprachen sind grundsätzlich bezweckte Beschränkungen des Wettbewerbs (RS0120917).
Das zwischen der Antragsgegnerin und ihren Mitbewerbern etablierte System von Preisabsprachen, Kunden- und Marktaufteilungen und des Informationsaustauschesist als bezweckterVerstoß gegen die Bestimmungen des Art 101 Abs 1 lit a und c AEUV und § 1 Abs 2 Z 1 und 3 KartG in Fortschreibung der zitierten Rechtsprechung nicht in Richtung Spürbarkeit iSd konkreten Auswirkungen auf den Markt zu prüfen.
5.) Ad Gesamtzuwiderhandlung:
Eine fortgesetzte Zuwiderhandlung liegt immer dann vor, wenn eine zu einer rechtlichen Einheit zusammengefasste Vielzahl rechtswidriger aufeinander folgender Verhaltensweisen oder mehrere abgrenzbare Handlungen, die auf die Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung gerichtet sind, erfolgen (Traugott in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 33 Rz 6 und 7).
Der Begriff der fortgesetzten Zuwiderhandlung umfasst eine Mehrzahl von rechtswidrigen Verhaltensweisen oder von Handlungen zur Durchführung einer einzigen Zuwiderhandlung, die durch ein gemeinsames subjektives Element zu einer Einheit verbunden sind (EuGH C-235/92 P - Montecatini/Kommission).
Ein Verstoß gegen Art 101 Abs 1 AEUV und § 1 Abs 2 Z 1 und 3 KartG kann sich somit nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem kontinuierlichen Verhalten ergeben. Bei der Einstufung unterschiedlicher Handlungen als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung ist zu prüfen, ob zwischen ihnen insoweit ein Komplementaritätsverhältnis besteht, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die ihre Urheber im Rahmen eines auf eine einheitliche Zielsetzung gerichteten Gesamtplans anstreben. Insoweit sind alle Umstände zu berücksichtigen, die dieses Verhältnis belegen oder in Frage stellen können, wie der Anwendungszeitraum, der Inhalt einschließlich der verwendeten Methoden und im Zusammenhang damit die Zielsetzung der verschiedenen fraglichen Handlungen (EuG T-27/10 – AC-Treuhand/Kommission).
Fortgesetzte Zuwiderhandlungen sind Verstöße, die aus mehreren Teilhandlungen bestehen, die in ihrer Begehungsweise gleichartig sind, in einem nahen zeitlichen Zusammenhang stehen und von einem Gesamtvorsatz getragen sind (16 Ok 2/15b [16 Ok 8/15k] mwN).
Angesichts der im Wesentlichen gleichartigen Begehungsweise der Verstöße und des festgestellten Gesamtvorsatzes ist das Vorliegen einer fortgesetzten Zuwiderhandlung (Gesamtzuwiderhandlung) zu bejahen.
Die Antragsgegnerin nahm im Rahmen der Gesamtzuwiderhandlung an kartellrechtswidrigen Handlungen im Zeitraum von zumindest Juli 2002 bis März 2021 unmittelbar teil. Die konkrete, unmittelbare Teilnahme der Antragsgegnerin an der Gesamtzuwiderhandlung betraf insbesondere Projekte in der Steiermark, Kärnten und Niederösterreich sowie betreffend einzelne, bestimmte Projekte auch die Bundesländer Oberösterreich, Salzburg und vereinzelt das Burgenland und Tirol. Im Rahmen ihres regionalen Tätigkeitsbereichs sowie im Zeitraum ihrer unmittelbaren Teilnahme (vor allem in Bezug auf betroffene Projekte in der Steiermark, Kärnten und Niederösterreich) war sie in der Lage, einen wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Gesamtzuwiderhandlung zu leisten.
6.) Ad Vorliegen eines Gesamtplans:
Das Ziel der Kartellanten bestand darin, durch wettbewerbswidrige bi- und multilaterale Kontakte das Risiko des Wettbewerbs zu minimieren oder auszuschließen, um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und sich so ua Marktanteile bzw. Zuordnung von Kunden bzw. Gebieten zu den jeweiligen Unternehmen zu sichern. Dies geschah, indem die beteiligten Unternehmen (zum Teil in unterschiedlichem zeitlichen, sachlichen oder räumlichen Ausmaß) über viele Jahre hinweg in einem System wettbewerbswidriger bi- und multilateraler Kontakte für einzelne oder eine Vielzahl von Projekten vereinbarten, sich zugunsten eines anderen an der Gesamtzuwiderhandlung beteiligten Unternehmens eines wettbewerbsfähigen Angebots zu enthalten oder zum Schein ein Deckangebot zu legen sowie strategische wettbewerbssensible Informationen auszutauschen.
7.) Ad Kenntnis vom rechtswidrigen Verhalten der beteiligten Unternehmen:
Wie sich aus den Feststellungen ergibt, nahm die Antragsgegnerin an diversen wettbewerbsbeschränkenden Handlungen über einen mehrere Jahre andauernden Zeitraum unmittelbar teil. Aufgrund dieser Teilnahme (insbesondere in der Steiermark, Kärnten und Niederösterreich, aber auch in anderen Bundesländern) waren der Antragsgegnerin die Bestandteile und Umstände der Gesamtzuwiderhandlung insofern bekannt. Es steht außer Zweifel, dass der Antragsgegnerin bekannt war oder zumindest hätte bekannt sein müssen, dass das einheitliche Ziel des Systems darin bestand, das Risiko des Wettbewerbs zu minimieren oder auszuschließen, um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen. Wenn ihr dieses Verhalten nicht bekannt war, hätte sie dieses vernünftigerweise vorhersehen können und war daher bereit, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen.
Zusammengefasst ergibt sich, dass die Antragsgegnerin an Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen teilnahm, die als Beitrag zur Verfolgung eines gemeinsamen Ziels zu betrachten sind, nämlich durch wettbewerbswidrige bi- und multilaterale Kontakte das Risiko des Wettbewerbs zu minimieren oder auszuschließen, um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen. Diese Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen beruhen auf einem einheitlichen Gesamtsystem und sind als eine einheitlich und fortgesetzte Zuwiderhandlung zu qualifizieren.
Die Antragsgegnerin hat durch ihre unmittelbare Teilnahme an kartellrechtswidrigen Handlungen in der Steiermark, Kärnten und Niederösterreich sowie betreffend einzelner, bestimmter Projekte in den Bundesländern Oberösterreich, Salzburg und vereinzelt dem Burgenland und Tirol im Zeitraum von zumindest Juli 2002 bis März 2021 vorsätzlich zu dem gemeinsamen Ziel (das Risiko des Wettbewerbs zu minimieren oder auszuschließen) beigetragen und ihr war das Verhalten bewusst, welches die anderen Unternehmen zur Verfolgung dieses gemeinsamen Ziels beabsichtigten oder an den Tag legten, oder hätte dieses Verhalten vernünftigerweise vorhersehen können und war bereit, das entsprechende Risiko auf sich zu nehmen. Die Antragsgegnerin war an einer Vielzahl kartellrechtswidriger Handlungen im Zeitraum von zumindest Juli 2002 bis März 2021 und somit maßgeblich an der Gesamtzuwiderhandlung aktiv beteiligt. Die Antragsgegnerin ist dabei allein schon aufgrund ihrer Größe und Bedeutung auf dem Markt als ein am Kartell wesentlich Beteiligter zu qualifizieren. Aufgrund dieser maßgeblichen Beteiligung waren ihr die Bestandteile und Umstände der Gesamtzuwiderhandlung nicht nur bekannt, sondern hat sie diese auch wesentlich mitgeprägt. Aus alledem ergibt sich, dass die Gesamtzuwiderhandlung sowie ihre Einzelteile die Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von § 1 Abs 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV bezweckt.
8.) Ad § 11b Abs 1 WettbG:
Die Antragstellerin beantragte aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 11b Abs 1 WettbG lediglich die Feststellung der Teilnahme an einer Zuwiderhandlung gemäß § 28 Abs 1 iVm Abs 1a Z 1 KartG.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Ausdruck vom: 06.06.2025 18:50:05 MESZ