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Kategorie:

Zusammenschluss

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

25 Kt 2/19k


Bekannt gemacht am:

04.08.2020

Entscheidungsdatum:

13.02.2020


Über die Antragsgegnerin wird gemäß § 29 Z 1 lit a iVm § 17 Abs 1 KartG wegen verbotener Durchführung des am 12. Juli 2018 angemeldeten Zusammenschlusses betreffend den am 26. Jänner 2018 erfolgten Erwerb von 94 % der Geschäftsanteile der Neue Halberg Guss GmbH, Kirchstraße 16, 66130 Saarbrücken, Deutschland, im Zeitraum von 26. Jänner 2018 bis 10. August 2018 eine Geldbuße in der Höhe von EUR 100.000,-- verhängt.

Begründung

Die Bundeswettbewerbsbehörde stellte am 18. Februar 2019 den Antrag, über die Antragsgegnerin wegen Verstoßes gegen das Durchführungsverbot nach § 17 Abs 1 KartG eine Geldbuße in angemessener Höhe zu verhängen, und begründete den Antrag damit, dass die Antragsgegnerin am 26. Jänner 2018 den Erwerb von 94 % der Geschäftsanteile der Neue Halberg Guss GmbH, Kirchgasse 16, 66130 Saarbrücken, vollzog, ohne diesen Erwerb bei der Bundeswettbewerbsbehörde anzumelden.

Dieser Zusammenschluss sei bereits am 20. Dezember 2017 unter der GZ: B9-191/17 beim (Deutschen) Bundeskartellamt angemeldet worden, welches am 26. Jänner 2018 die Freigabe erteilt habe. Bei der Bundeswettbewerbsbehörde sei der Zusammenschluss erst nachträglich am 12. Juli 2018 angemeldet worden.

Das Durchführungsverbot sei durch Ablauf der Frist gemäß § 11 Abs 1 KartG mit Wirkung vom 10. August 2018 weggefallen.

Mit E-Mail vom 27. Februar 2018 habe die BWB den Anmeldevertreter im deutschen Fusionskontrollverfahren um Stellungnahme zur Anmeldebedürftigkeit in Österreich ersucht. Telefonisch sei von Rechtsanwalt Rolf Hünermann bereits am 28. Februar 2018 mitgeteilt worden, dass die Anmeldebedürftigkeit für Österreich geprüft worden sei, und dies ergeben habe, dass die Inlandsumsatzschwelle von EUR 30 Millionen nicht überschritten worden sei. Im Zuge der nochmaligen Aufarbeitung der Umsatzzahlen seien der Antragsgegnerin Zweifel hinsichtlich der korrekten geographischen Zuordnung gewisser Umsätze gekommen, worüber die Bundeswettbewerbsbehörde am 8. März 2018 informiert worden sei.

Die Antragsgegnerin habe in ihrer Stellungnahme vom 20. März 2018 dazu angegeben, dass bei der Beurteilung der Anmeldebedürftigkeit in Österreich von Inlandsumsätzen der Gruppe der Erwerberin in der Höhe von EUR 21,46 Millionen im Geschäftsjahr 2017 ausgegangen worden sei, wozu vom Zielunternehmen mitgeteilte österreichische Umsatzerlöse von EUR 2,9 Millionen gekommen seien.

Nunmehr seien aber die Lieferungen des Zielunternehmens im Jahr 2017 an das österreichische Opel-Werk in Aspern bekannt, die einem Umsatzvolumen von EUR 24,44 Millionen entsprächen. Diese seien allerdings zur Gänze über die Opel Konzernzentrale in Rüsselheim, Deutschland, abgewickelt worden. Lediglich die Lieferung sei direkt an den österreichischen Standort erfolgt. Die Antragsgegnerin habe mit diesem Schreiben die Bundeswettbewerbsbehörde um rechtliche Einordnung des Sachverhalts ersucht.

Mit E-Mail vom 17. April 2018 habe die Bundeswettbewerbsbehörde ihre Einschätzung mitgeteilt, dass die fraglichen Umsätze als Inlandsumsätze zu qualifizieren seien und daher Anmeldebedürftigkeit bestehe. Die Anmeldung sei schließlich am 12. Juli 2018 erfolgt.

Nach Wegfall des Durchführungsverbots habe es zwischen der Bundeswettbewerbsbehörde und der Antragsgegnerin in den Monaten August und September 2018 mehrere Kontaktaufnahmeversuche im Hinblick auf eine mögliche einvernehmliche Lösung des Geldbußenverfahrens gegeben.

Von Seiten der Antragsgegnerin seien keine Rückmeldungen erfolgt. Ebenso seien mehrere Versuche der telefonischen Kontaktaufnahme erfolglos geblieben, weshalb der Antrag auf Verhängung einer angemessenen Geldbuße gestellt werde.

Der Antragsgegnerin werde nicht Vorsatz bei der Unterlassung der Anmeldung bzw. verspäteten Anmeldung vorgeworfen, ebenso nicht grobe Fahrlässigkeit, sondern das Übersehen der Inlandsumsätze in Österreich in Folge leichter Fahrlässigkeit, was an einer unreflektierten Übernahme von Zahlen des Zielunternehmens gelegen sein könnte.

Es sei eine übliche Situation, dass der Erwerber vom Zielunternehmen unvollständige Zahlen erhalte. Beim Zielunternehmen seien sehr relevante Umsatzgrößen in Österreich vorhanden gewesen, sodass jedenfalls das Übersehen der Anmeldung fahrlässig, wenn auch im niedrigen Bereich, gewesen sei.

Die Antragsgegnerin stellte außer Streit, dass der Zusammenschluss im Jänner 2018 ohne die erforderliche Genehmigung der Bundeswettbewerbsbehörde vollzogen worden sei, was auf einer fehlerhaften Zuordnung von Umsätzen im Unternehmen der damaligen Neue Halberg-Guss GmbH (heute ANHK GmbH) beruht habe. Aufgrund der zentralen Steuerung des Einkaufs eines Großkunden des Unternehmens im Geschäftsjahr 2017, nämlich die Fakturierung der in Frage stehenden Lieferungen von Motorblöcken und Alu Bedplates durch das Zielunternehmen im Geschäftsjahr 2017 zur Gänze bei Opel in Rüsselsheim, seien die Umsätze der Konzernmutter zugeordnet worden, auch wenn die Lieferungen letztlich an vorgelagerte Produzenten mit Sitz Aspern, Österreich gegangen seien. Nachdem die Bundeswettbewerbsbehörde auf den Fehler aufmerksam gemacht hätte, sei umgehend eine erneute Prüfung der Umsatzzahlen vorgenommen und umfassend mit den involvierten Mitarbeitern kooperiert worden. Der operative Geschäftsbetrieb des Zielunternehmens sei inzwischen an die Gusswerke Saarbrücken GmbH und die Gusswerke Leipzig GmbH veräußert worden. Die Durchführung dieser Transaktion sei von einem großen öffentlichen Interesse und einem durch die Volkswagen Aktiengesellschaft angestrengten Gerichtsverfahren begleitet worden. In Folge dessen sei es zu einer Arrestierung des wesentlichen Vermögens der Gesellschaft gekommen, was deren Handlungsfähigkeit vorläufig eingeschränkt und alle vorhandenen internen Kapazitäten gebunden habe. Hierdurch seien Verzögerungen in der Kommunikation mit der Bundeswettbewerbsbehörde entstanden, was bedauert werde. Durch die Veräußerung des Zielunternehmens in Form eines Asset Deals würden mit diesem keine Umsätze mehr gemacht werden. Es handle sich nur noch um eine Abwicklungsgesellschaft, die in naher Zukunft liquidiert werde.

Es habe in der Zeit, als das Zielunternehmen noch operativ tätig gewesen sei, einen 55-tägigen Streik in Saarbrücken gegeben. Das Zielunternehmen beschäftige 2000 Mitarbeiter. Der Streik habe im Sommer 2018 stattgefunden. In dieser Zeit sei es sehr turbulent gewesen. Es sei ständig zu einem Wechsel der Geschäftsführer des Zielunternehmens gekommen.

Mit dem Verkauf der Assets des Zielunternehmens sei kein verfügbarer Verkaufserlös erzielt worden. Dieser Verkaufserlös sei sofort arrestiert worden und liege nun auf einem Konto und sei noch nicht verfügbar für die Antragsgegnerin.

Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Zielunternehmen der Antragsgegnerin vielleicht sogar vorsätzlich falsche Zahlen mitgeteilt habe, und aufgrund dieser Zahlen sei nicht erkennbar gewesen, dass ein Umsatz in Österreich getätigt werde. Erst nach dem Kauf des Unternehmens und der Möglichkeit der Einsichtnahme in die Buchhaltung sei dann klar gewesen, dass die Lieferung an Opel in Österreich gegangen sei, und dass dadurch die Umsätze anders zu bewerten seien.

Bei der Verletzung der Anmeldepflicht gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde handle es sich um einen rein formalen Verstoß, der in materiell-wettbewerblicher Hinsicht objektiv gänzlich unkritisch gewesen sei, weshalb ein mildes Vorgehen durch das Kartellgericht angemessen sei.

Folgender Sachverhalt wurde außer Streit gestellt bzw. steht fest:

Die Antragsgegnerin erwarb 94 % der Geschäftsanteile an der Neue Halberg Guss GmbH, Kirchstraße 16, 66130 Saarbrücken, Deutschland.

Die Antragsgegnerin gehört der Eastern Horizon/Prevent-Gruppe an, die im Eigentum der Mitglieder der Familie Hastor steht.

Die Unternehmensgruppe der Antragsgegnerin ist ua an verschiedenen Unternehmen der KFZ-Zulieferindustrie beteiligt.

Im Geschäftsjahr 2016 erzielte die Gruppe einen weltweiten Gesamtumsatz in der Höhe von EUR 657 Millionen.

Der Inlandsumsatz (2017) betrug EUR 21,46 Millionen.

Das Zielunternehmen ist im Bereich der Herstellung von Motorteilen aus Metallguss tätig und erzielte weltweite Gesamtumsätze in der Höhe von EUR 327 Millionen im Jahr 2017. Der Inlandsumsatz im Jahr 2017 betrug EUR 27,3 Millionen.

EUR 24,44 Millionen der Inlandsumsätze des Zielunternehmens im Geschäftsjahr 2017 wurden durch Lieferungen an das österreichische Opel-Werk in Aspern erzielt. Die Lieferung erfolgte direkt an den österreichischen Standort. Die Opel Konzernzentrale in Rüsselsheim nahm die Verhandlung und Vereinbarung von Preisen und Mengen und die Fakturierung dieser Lieferung vor.

Der Vollzug des Zusammenschlusses wurde mit Schreiben vom 26. Jänner 2018 dem deutschen Bundeskartellamt angezeigt.

Der Zusammenschluss wurde bei der Bundeswettbewerbsbehörde erst am 12. Juli 2018 angezeigt.

Das Durchführungsverbot ist mit Wirkung vom 10. August 2018 weggefallen.

Der Zusammenschluss hatte keine negativen wettbewerblichen Auswirkungen.

Das Zielunternehmen sah sich ab Juni 2018 mit einem mehr als sechswöchigen Arbeitskampf konfrontiert, der die Produktion vollständig zum Stillstand brachte. Über die unmittelbaren Folgen hinaus sieht sich das Unternehmen mit der Drohung von Schadenersatzforderungen und Produktionsverlagerungen durch Kunden konfrontiert.

Die Antragsgegnerin ist ein grenzüberschreitend tätiges Unternehmen. Das Unterbleiben der Anmeldung in Österreich beruhte auf einem Versehen, welches sich aus der unrichtigen geographischen Zuordnung von Umsätzen, und zwar von EUR 24,44 Millionen an Lieferungen nach Aspern, ergeben hat.

Die Umsatzerlöse der Konzerngruppe der Antragsgegnerin stellen sich wie folgt dar:

2017                          EUR 550.876.210,--

2018                          EUR 457.529.391,--

Jänner bis Mai 2019           EUR 115.927.159,--.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem ausdrücklich und schlüssig außer Streit gestellten Tatsachenbehauptungen der Parteien sowie den vorgelegten Urkunden.

Rechtliche Beurteilung:

1. Zusammenschlüsse, die die Umsatzsschwellenwerte des § 9 KartG – darunter jenen des Abs 1 Z 2 von EUR 30 Millionen übersteigenden Inlandumsatz - überschreiten, sind anmeldebedürftig und dürfen erst nach Wegfall des Durchführungsverbotes vollzogen werden (§ 17 KartG).

2. § 9 KartG stellt dabei auf den Umsatz ab, den die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss erzielt haben. Relevant sind damit die im Geschäftsjahr 2017 erzielten Umsätze der beteiligten Unternehmen.

3. Das Kartellgesetz enthält keine näheren Definitionen zum Begriff des Inlandsumsatzes.

4. Die FKVO geht in ihrem Artikel 5 zwar darauf ein, dass der in einem Mitgliedsstaat erzielte Umsatz jener ist, der mit Unternehmern oder Verbrauchern mit Waren und Dienstleistungen in diesem Mitgliedsstaat erzielt wird, enthält jedoch keine nähere Definition nach welchen Kriterien die Unternehmen und Verbraucher einem Mitgliedsstaat zuzuordnen sind.

In der konsolidierten Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG)Nr. 139/204 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl.Nr. C 43 vom 21.2.2009) wird die Frage der geographischen Umsatzzuordnung in den Rz 195 ff behandelt. Als Grundregel ist danach jener Mitgliedsstaat heranzuziehen, in dem sich der Kunde befindet. In Rz 197 heißt es: Beim Verkauf von Waren können sich besondere Situationen ergeben, wenn sich der Ort, an dem sich der Kunde zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages befindet, von der Rechnungsanschrift und/oder dem Ort der Lieferung unterscheidet. In diesen Fällen sind der Ort, an dem der Verkaufsvertrag geschlossen wurde und der Ort der Lieferung wichtiger als die Rechnungsanschrift. Da die Lieferung im Allgemeinen die charakteristische Handlung für den Verkauf von Waren ist, kann der Ort der Lieferung sogar über den Ort, an dem sich der Kunde zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages befand, dominieren. Dies hängt davon ab, ob der Ort der Lieferung als der Ort zu betrachten ist, an dem der Wettbewerb beim Verkauf der Waren stattfindet, oder ob der Wettbewerb eher beim Sitz des Kunden stattfindet. […]

Rz 198 lautet:

Eine besondere Situation entsteht, wenn ein multinationales Unternehmen eine gemeinschaftsweite Einkaufsstrategie verfolgt und seinen gesamten Bedarf an der Ware von einem Standort aus deckt. Da eine zentrale Einkaufsorganisation verschiedene Formen annehmen kann, muss ihre konkrete Form betrachtet werden, weil sie für die Zuordnung des Umsatzes den Ausschlag geben kann. Wenn Waren von einer zentralen Einkaufsorganisation erworben und an diese geliefert werden um anschließend intern an verschiedene Standorte in mehrere Mitgliedsstaaten geliefert zu werden, wird der Umsatz nur dem Mitgliedsstaat zugerechnet, in dem sich die zentrale Einkaufsorganisation befindet. In diesem Fall findet der Wettbewerb am Ort der zentralen Einkaufsorganisation statt (…).

Anders sieht es aus bei direkten Verbindungen zwischen dem Verkäufer und den verschiedenen Tochtergesellschaften. Dies umfasst den Fall, dass die zentrale Einkaufsorganisation einen reinen Rahmenvertrag schließt, die einzelnen Aufträge aber von den Tochtergesellschaften in den einzelnen Mitgliedsstaaten erteilt werden und die Waren direkt an die Tochtergesellschaften in den einzelnen Mitgliedsstaaten geliefert werden, sowie den Fall, dass die einzelnen Aufträge über die zentrale Einkaufsorganisation erteilt werden, die Waren aber direkt an die Tochtergesellschaften geliefert werden. In beiden Fällen ist der Umsatz in verschiedenen Mitgliedsstaaten zuzurechnen, in denen sich die Tochtergesellschaften befinden, und zwar unabhängig davon, ob die zentrale Einkaufsorganisation oder die Tochtergesellschaften die Rechnungen erhalten und die Zahlung ausführen. Der Grund besteht darin, dass in beiden Fällen ein Wettbewerb mit alternativen Lieferanten und die Lieferung der Waren an die verschiedenen Tochtergesellschaften stattfindet, auch wenn der Vertrag zentral geschlossen wird. […]“

5. Obzwar im Anlassfall weder die Regeln der FKVO noch die konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen maßgeblich ist, enthalten sie wesentliche Anhaltspunkte, aufgrund welcher Erwägungen nach europäischer Entscheidungspraxis die Umsätze den einzelnen Mitgliedsstaaten zuzuordnen sind, weshalb die Nutzbarmachung dieser Kriterien für den Anlassfall zu überprüfen ist.

6. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Ausgangspunkt der Marktabgrenzung nach § 23 KartG das Bedarfsmarktkonzept ist. Für die Bestimmung des relevanten Marktes kommt es darauf an, welche Unternehmen in der Lage sind, die Nachfrage zu befriedigen, also die Waren dort hinzuliefern oder die Dienstleistungen dort zu erbringen, wo sie benötigt werden.

Die hierzu entwickelten Kriterien sind auch für die geographische Zuordnung von Umsätzen aus Geschäften über die Lieferung von Waren von Bedeutung (zum Bedarfsmarktkonzept BGH vom 21.1.2014 – KVR 38/13; BGH vom 6.12.2011 – KVR 95/10).

7. Auch nach dem Bedarfsmarktkonzept kommt es grundsätzlich auf den Ort an, an dem der Bedarf besteht und auf den sich deshalb die Nachfrage bezieht.

In diesem Sinne wird der geographisch relevante Markt als jenes Gebiet definiert, in dem die beteiligten Unternehmer die relevanten Produkte und Dienstleistungen anbieten – also dort als Anbieter und Nachfrager sich gegenüber stehen - , in dem weiters die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und diese sich schließlich von benachbarten Gebieten auch spürbar unterscheiden(Urlsberger in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 23 Rz 11).

8. In diesem Sinne hat der BGH in Anwendung des auch in Deutschland geltenden Bedarfsmarktkonzeptes ausgesprochen, dass für den Fall, dass der Kundenstandort und der Lieferort als Ort der charakteristischen Leistung auseinanderfallen für die Bestimmung des relevanten Marktes der Ort der Lieferung ausschlaggebend ist (BGH vom 21.1.2014 – KVR 38/13).

Der BGH führt in der zitierten Entscheidung zusammengefasst weiter aus:

Demzufolge ist als inländischer Umsatz auch zu qualifizieren, wenn ein im Ausland ansässiges Unternehmen mit einem im Inland ansässigen Abnehmer einen Vertrag über die Lieferung von Waren abschließt und diese Waren ins Inland geliefert werden. In einem solchen Fall steht nämlich außer Zweifel, dass sich der Lieferant im Inland dem Wettbewerb stellen muss. Jedoch handelt es sich auch dann um einen inländischen Umsatz, wenn die Einkaufsorganisation eines multinationalen Unternehmens im Ausland ansässig ist, die von ihr georderte Ware aber nicht an deren Sitz verbracht und anschließend vom Verkäufer verteilt, sondern vereinbarungsgemäß direkt an den inländischen Standort geliefert wird. Auch in diesem Fall ist für die geographische Zuordnung des Umsatzes maßgeblich, wo der Bedarf besteht, der durch die zu liefernde Ware gedeckt werden soll. Der Umsatz ist daher nicht dem Land zuzuordnen, in dem die Einkaufsorganisation ihren Sitz hat, sondern dem Land, für das die Waren bestimmt sind. Diese Zuordnung ist sachgerecht, weil die für den Wettbewerb erheblichen Umstände durch die Verhältnisse am Ort der Lieferung bestimmt werden. Weiß der Anbieter, dass die Ware für den inländischen Standort bestimmt und von ihm dort hin zu liefern ist, muss er bereits bei der Erarbeitung seines Angebots die Besonderheiten beachten, die sich aus dem Sitz des Empfängers im Inland ergeben. Sein Angebot wird nur dann berücksichtigt werden, wenn es den Wettbewerbsbedingungen des inländischen Standorts, insbesondere dem dortigen Preisniveau und den für den Transport ins Inland anfallenden Kosten, Rechnung trägt.“

9. Diesen überzeugenden Ausführungen zur Umsatzzurechnung des BGH schließt sich der erkennende Senat an.

Unter Anwendung des Bedarfsmarktkonzeptes kann als relevantes Faktum für die Zurechnung der Umsätze zum österreichischen Markt nur ausschlaggebend sein, wo der Bedarf für die charakteristische Leistung gedeckt wird, und das ist bei Lieferung nach Österreich der Inlandsmarkt.

Danach sind Umsätze aus Warenlieferungen, die absprachegemäß direkt an einen Standort im Inland erfolgen, ungeachtet dessen, dass die Entscheidung über das Angebot im Ausland, am Sitz eines Zentraleinkaufs, getroffen wird, als Inlandsumsätze zu qualifizieren.

10. Dieses Ergebnis deckt sich mit der Auffassung der Kommission zur Anwendung von Artikel 5 Abs 1 und Abs 2 FKVO, wie sich aus der bereits zitierten Rz 198 der konsolidierten Mitteilung der Kommission zur Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl C 43 vom 21.2.2009) ergibt.

Die in dieser Randnummer festgehaltenen Kriterien für die Inlandszurechnung stellen eine Konkretisierung des im Erwägungsgrund 9 der FKVO festgelegten Grundsatzes dar, der lautet: „Der Anwendungsbereich dieser Verordnung sollte an Hand des geographischen Tätigkeitsbereiches der beteiligten Unternehmen bestimmt und durch Schwellenwerte eingegrenzt werden, damit Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung erfasst werden können.“

Das bedeutet, dass bereits in der FKVO das Prinzip des geographischen Tätigkeitsbereichs statuiert wird, und damit die Zuordnung des Umsatzes am Ort der Tätigkeit, also am Ort der charakteristischen Leistung vornimmt.

11. Auch wenn für den hier zu beurteilenden Zusammenschluss mangels Erreichens der Schwellenwerte die FKVO nicht zur Anwendung gelangt, sondern das österreichische Kartellgesetz, sind die in der FKVO aufgestellten Grundsätze insofern von Bedeutung, als das Fusionskontrollverfahren als zweistufiges System aufgebaut ist, abhängig von den Schwellenwerten: Entweder werden die Schwellenwerte der FKVO erreicht, was zur Anwendung dieser Verordnung führt, oder diese werden unterschritten, was zur Anwendung des jeweiligen nationalen Fusionskontrollverfahren führt.

Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Anwendung der europäischen Wettbewerbsregeln in einem solcherart gestalteten zweistufigen System, das auf geographisch zuzuordnenden Umsatzerlösen aufbaut, ist es unumgänglich, dass diese Zuordnung auf beiden Stufen im Gleichklang zu erfolgen hat.

Nur dadurch kann dem gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz entsprochen werden.

12. Damit ist das von der Bundeswettbewerbsbehörde vertretene Ergebnis zutreffend, dass jene Umsatzerlöse, die das Zielunternehmen durch Lieferung an das österreichische Opel-Werk in Aspern erzielen, nämlich EUR 24,44 Millionen im Geschäftsjahr 2017, als Inlandsumsatz zu qualifizieren sind, auch wenn dieser Auftrag durch die Einkaufsorganisation eines multinationalen Unternehmens, das im Ausland ansässig ist, erteilt wurde.

13. Demzufolge überschritten die Inlandsumsätze der Zusammenschlussparteien im Jahr 2017 die Inlandsumsatzschwelle von EUR 30 Millionen gemäß § 9 Abs 1 KartG, weshalb es sich um einen anmeldebedürftigen Zusammenschluss handelte.

14. Da die Anmeldung bei der Bundeswettbewerbsbehörde erst am 12. Juli 2018, somit rund sechs Monate nach Vollzug des Zusammenschlusses erfolgte, verstieß die Antragsgegnerin gegen das Durchführungsverbot nach § 17 KartG.

15. Zur Geldbuße Allgemein:

15.1. Gemäß § 29 Z 1 lit a KartG hat das Kartellgericht Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes gegen einen Unternehmer oder eine Unternehmensvereinigung, der oder die vorsätzlich oder fahrlässig dem Durchführungsverbot zuwider handelte, zu verhängen.

15.2. Der Grad des Verschuldens ist ein wichtiger Bemessungsfaktor für die Höhe der Geldbuße. Bei geringem Verschulden und unbedeutenden Folgen kommt in Ausnahmefällen auch gänzliches Absehen von der Geldbuße in Betracht (16 Ok 2/11).

15.3. Unstrittig ist zwischen den Streitteilen, dass der Verstoß gegen das Durchführungsverbot auf einem geringen Verschulden als Folge der unrichtigen Umsatzzurechnung beruhte.

Dass es sich dabei um einen Verstoß und damit um eine Pflichtwidrigkeit handelte, wurde auch von der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 24. Juni 2019 (ON 9) ausdrücklich außer Streit gestellt. Dort führte die Antragsgegnerin aus, dass vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Verletzung der Anmeldepflicht gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde um einen rein formalen Verstoß gehandelt habe, der in materiell wettbewerbsrechtlicher Hinsicht objektiv gänzlich unkritisch gewesen sei, das Kartellgericht um ein mildes Vorgehen ersucht werde.

15.4. Aber selbst wenn dieses Vorbringen nicht als Außerstreitstellung des fahrlässigen Vorgehens der Antragsgegnerin gewertet werden würde, ist aufgrund des festgestellten Sachverhalts von einer Fahrlässigkeit auszugehen.

15.5. Für das kartellrechtliche Geldbußenverfahren gegen juristische Personen ist die im KartG bestehende Gesetzeslücke zur Frage, wann Fahrlässigkeit vorliegt, wegen des gleichen Regelungszwecks durch analoge Anwendung von § 3 Abs 3 VbVG zu schließen und damit der Maßstab der objektiven Sorgfaltswidrigkeit anzulegen (16 Ok 2/11).

15.6. Fahrlässigkeit ist dann anzunehmen, wenn die für das Unternehmen zurechenbare handelnde Person die jeweilige Zuwiderhandlung bei Aufwendung einer nach den Umständen gebotenen und zumutbaren Sorgfalt hätte erkennen können (16 Ok 2/11).

15.7. In dem vom Kartellobergericht zu 16 Ok 2/13 zu beurteilenden Fall war die Frage zu klären, ob das Vertrauen des Unternehmens auf den (unrichtigen) Rechtsrat seines Anwalts das Unternehmen exkulpiert. Im dortigen Fall sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass, wenn der (unrichtige) Rat des Rechtsanwaltes dann erkennbar wäre, wenn das Unternehmen über fusionsrechtliches Basiswissen verfügt hätte, der Irrtum des Anwaltes jedoch wegen fehlender rechtlicher Basiskenntnisse nicht erkannt wurde – obwohl das Unternehmen dieses Wissen insbesondere auch in Hinblick auf die internationale Tätigkeit haben müsste - dem Unternehmen selbst Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (16 Ok 2/13).

15.8. Dass die Abgrenzung zwischen nationaler und europäischer Fusionskontrolle nach den erzielten Umsätzen erfolgt, und dass dann, wenn kein Zusammenschluss im Sinne von Art 3 FKVO vorliegt oder die Umsatzschwellen des Artikel 1 FKVO nicht erreicht werden, die nationalen Fusionskontrollregime Anwendung finden können, stellt fusionsrechtliches Basiswissen dar, das jedem Unternehmen bekannt ist oder bekannt sein muss, das mit grenzüberschreitenden und solchen Zusammenschlüssen konfrontiert wird, bei denen die beteiligten Unternehmen Umsätze in verschiedenen Ländern erwirtschaften (16 Ok 2/13).

15.9. Die Antragsgegnerin bringt selbst vor, dass sie ausreichend Erfahrung bei internationalen Zusammenschlüssen hat, weshalb sie Kenntnis der Grundzüge des Europäischen Fusionsrechts, nämlich insbesondere das für die Fusionskontrolle ausschlaggebende Kriterium der regional erzielten Umsätze, haben müsste.

Es wäre daher an ihr gelegen, vor dem Zusammenschluss genaue Erhebungen zu pflegen, in welche Mitgliedsstaaten die einzelnen Lieferungen des Zielunternehmens, die wie ausführlich dargelegt das relevante Kriterium für die Umsatzzurechnung sind, gegangen sind.

15.10 Entscheidungswesentlich ist im Anlassfall auch, dass es sich um ein prozentmäßig weit größeres Umsatzvolumen handelt, das nach Österreich geliefert wurde, als in der Entscheidung 16 Ok 2/13. Im dortigen Fall wurden von den Zielunternehmen lediglich im sehr geringen Umfang Umsätze, gemessen am Gesamtumsatz der Zielunternehmen (unter 1% und knapp 2%) in Österreich erzielt.

Demgegenüber betraf im Anlassfall die nicht richtig zugeordnete Umsatzsumme den Betrag von EUR 24,44 Millionen, was 7,47 % des Gesamtumsatzes des Zielunternehmens ausmachte. Insgesamt war der Inlandsumsatz 2017 mit EUR 27,3 Millionen zu beziffern, was 8,3 % des Gesamtumsatzes des Zielunternehmens ausmacht. Umsätze in derart relevanter Höhe hätten selbst bei einer kursorischen Überprüfung der Regionen, in die geliefert wurde, auffallen müssen.

15.11. Soweit der Vertreter der Antragsgegnerin im Verfahren behauptet, dass das Zielunternehmen vielleicht sogar vorsätzlich falsche Zahlen mitgeteilt habe, und aufgrund dieser Zahlen nicht erkennbar gewesen sei, dass ein Umsatz in Österreich getätigt worden sei, so ist dem zweierlei entgegenzuhalten.

Einerseits stellt die Antragsgegnerin die Übermittlung von absichtlichen Falschinformationen durch das Zielunternehmen als potentielle Sachverhaltsvariante in den Raum, ohne dazu eine konkrete Tatsachenbehauptung aufzustellen, und unterlässt es auch dazu Beweisanträge zu stellen, sodass es sich dabei kein dem Ermittlungsverfahren zugängliches Tatsachenvorbringen handelt, zu dem ein Beweisverfahren durchzuführen wäre.

Andererseits wäre auch das Verhalten des Zielunternehmens, mit dem sich die Antragsgegnerin zusammengeschlossen hat, ein der Antragsgegnerin als nunmehrige Muttergesellschaft des Tochterunternehmens zurechenbares Verhalten, das zur Haftung der Antragsgegnerin als Muttergesellschaft führt.

16. Zur Höhe der Geldbuße:

16.1. Ausgangsgröße für die Berechnung der angemessenen Geldbuße ist der Umsatz des jeweils am Wettbewerbsverstoß beteiligten Unternehmers, wobei die Berechnungsbestimmung des § 22 KartG heranzuziehen ist.

Als Bemessungsgrundlage sind demnach nicht nur die Umsätze des unmittelbaren der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens heranzuziehen, sondern auch die Umsätze derjenigen Unternehmer, an der der unmittelbar beteiligte Unternehmer eine Beteiligung inne hat. Aufgrund der Bestimmung über die Berechnung von Umsatzerlösen in § 22 KartG gelten Unternehmen, die im Sinne des § 7 KartG verbunden sind, als einziges Unternehmen, dessen Gesamtumsatz heranzuziehen ist (16 Ok 2/15 b).

16.2. Bei der Bemessung der Geldbuße ist gemäß § 30 Abs 1 KartG insbesondere auf die Schwere und Dauer der Rechtsverletzung, auf die durch die Rechtsverletzung erzielte Bereicherung, auf den Grad des Verschuldens und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bedacht zu nehmen.

Der Geldbuße kommt nach dem Willen des Gesetzgebers Präventionsfunktion zu (16 Ok 3/06; 16 Ok 2/15 b). Nur eine angemessen hohe Geldbuße kann abschreckende Wirkung erzielen (16 Ok 4/07; 16 Ok5/08; 16 Ok 4/09; 16 Ok 2/15 b).

Der Zweck der Geldbußen besteht nämlich darin, unerlaubte Verhaltensweisen zu ahnden sowie der Wiederholung unabhängig davon vorzubeugen, ob das Verhalten noch andauert oder dessen Wirkung noch besteht (16 Ok 4/07; 16 Ok 2/15 b).

16.3. Die Festsetzung einer kartellrechtlichen Geldbuße ist eine Ermessensentscheidung, bei der neben den – nicht taxativ aufgezählten – gesetzlichen Bemessungsfaktoren, die Umstände des Einzelfalls und der Kontext der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen sind. Es handelt sich dabei um eine rechtliche und wirtschaftliche Gesamtwürdigung aller Umstände, und nicht um das Ergebnis einer schlichten Rechenoperation auf Grundlagen der Umsatzzahlen(16 Ok 8/07; 16 Ok 5/08; 16 Ok 4/09; 16 Ok 2/13; 16 Ok 2/15 b).

16.4. Nach der Rechtsprechung ist nach dem klaren Gesetzeswortlaut auf Basis für die Ermittlung der Höhe der Geldbuße der Gesamtumsatz im letzten Jahr der Zuwiderhandlung heranzuziehen (§ 16 Ok 4/09; 16 Ok 2/15 b).

Im Anlassfall erfolgte der Zusammenschluss im Jänner 2018, die Zuwiderhandlung gegen das Durchführungsverbot wurde mit Ablauf der Frist gemäß § 11 Abs 1 KartG am 10.8.2018 beendet.

Damit ist für die Ausmittlung der Geldbuße der weltweite Konzernumsatzes des Jahres 2017 heranzuziehen, der sich auf EUR 457.529.391,-- belief.

16.5. Strafmildernd ist zu berücksichtigen, dass der Zusammenstoß keine negativen wettbewerblichen Auswirkungen hatte, und dass die Dauer der verbotenen Durchführung lediglich sechseinhalb Monate betrug.

Das Verschulden, nämlich die unrichtige Umsatzzuschreibung von Lieferungen nach Österreich im Umfang von EUR 24,44 Millionen stellt eine Sorgfaltswidrigkeit dar, die dem Bereich der leichten Fahrlässigkeit zuzuordnen ist.

Dennoch ist das Verschulden des Betroffenen nicht derart geringfügig, dass das Verhalten als nicht strafwürdig im Sinne des § 42 StGB beurteilt werden kann, weshalb hier eine analoge Anwendung des § 42 StPO nicht in Frage kommt (16 Ok 2/17f).

Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass die Bestrafung sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Gründen erforderlich ist, sodass auch aus dieser Überlegung eine Geldbuße, im Gegensatz zu dem in 16 Ok 2/17f zu beurteilenden Fall, erforderlich ist.

16.6. Wie der Oberste Gerichtshof in 16 Ok 2/13 ausgesprochen hat, muss die Geldbuße zum Ausdruck bringen, dass die Unterlassung von Zusammenschlussanmeldungen in Österreich kein Kavaliersdelikt ist.

16.7. Unter Berücksichtigung der genannten Umstände, insbesondere des Vorliegens von Milderungsgründen und des Fehlens von Erschwerungsgründen – das Verhalten der Antragsgegnerin im Verfahren vor der Bundeswettbewerbsbehörde ist bemessungsneutral und bildet keinen Erschwerungsgrund (16 Ok 2/15b) – erachtet der erkennende Senat die Verhängung einer Geldbuße auch im unterschwelligsten Bereich der möglichen Obergrenze von EUR 45.752.939,-- als ausreichend spürbar.

16.8. Obwohl es sich bei den verhängten EUR 100.000,-- nur um 0,2 % der im Gesetz vorgesehenen Obergrenze der Geldbuße, und nur um 0,02 % des hier relevanten Umsatzes handelt, erfüllt eine Geldbuße im untersten sechsstelligen Bereich das Erfordernis der Spürbarkeit für die Antragsgegnerin, und hat in dieser Höhe, selbst wenn es sich dabei, gemessen am Gesamtumsatz, um eine am untersten Rand des Ermessensspielraums: liegende Geldbuße handelt, sowohl general- als auch spezialpräventive Wirkungen.

16.9. Soweit die Antragsgegnerin in die Geldbußenbemessung von ihr unbeeinflussbare Entwicklungen einfließen lassen will, die sich nach dem Zusammenschluss ergeben haben, so ist dem zu erwidern, dass diese nicht einmal abstrakt Prüfungsgegenstand des Zusammenschlussverfahrens hätten sein können.

Diese Außeneinflüsse hätten als nicht vorhersehbar keinen Eingang in das Prüfungsverfahren gefunden.

Da die Geldbußenbemessungsgründe, wie sich aus § 30 Abs 1 KartG ergibt, jeweils – mit Ausnahme der Leistungsfähigkeit des Unternehmens - einen untrennbaren Konnex zu der Rechtsverletzung aufweisen müssen, haben Umstände, die in keinem Zusammenhang mit der verletzten Norm stehen, bei der Ausmittlung der Geldbuße unberücksichtigt zu bleiben.

16.10. Wenn die Antragsgegnerin argumentiert, dass ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sich in den letzten beiden Jahren verschlechterte (siehe Umsatzrückgang), wurde diesem Umstand durch Ausmittlung einer im Promillebereich des Strafrahmens liegenden Geldbuße (0,2% der möglichen Geldbuße) ausreichend Rechnung getragen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.


Ausdruck vom: 27.04.2024 23:01:48 MESZ