Veröffentlichung gemäß § 37 Kartellgesetz
Entscheidung des Kartellgerichts
Zusammenschluss
25 Kt 2/20m
Bundeskartellanwalt
Bundeswettbewerbsbehörde
Funke Österreich Holding GmbH
WAZ Auslandsholding GmbH
ebenso 25 Kt 1/20i
unklare Zusammenschlussstrukturen
fehlende Anmeldefähigkeit
Zurückweisung
22.09.2021
23.07.2020
„Der Antrag der Bundeswettbewerbsbehörde vom 24.01.2020 sowie der Antrag des Bundeskartellanwaltes vom 27.01.2020 auf Prüfung des am 30.12.2019 durch die FUNKE Österreich Holding GmbH und die WAZ Ausland Holding GmbH bei der Bundeswettbewerbsbehörde zu Z-4753/1 angemeldeten Zusammenschlusses gemäß § 11 KartG werden zurückgewiesen.
Begründung:
Am 30.12.2019 meldeten die Antragsgegnerinnen bei der Bundeswettbewerbsbehörde als Zusammenschluss den Wechsel von gemeinsamer Kontrolle zu alleiniger Kontrolle der Zweitantragsgegnerin über die „Krone-Gesellschaften“ an. Die von den Antragsgegnerinnen als „Krone-Gesellschaften“ bezeichneten Gesellschaften sind folgende:
1. Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H.;
2. Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Co. Vermögensverwaltung KG;
3. Krone-Verlag Gesellschaft mbH & Co KG;
4. Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H.
Die Antragsgegnerinnen bringen in ihrer Anmeldung vor, dass der Kontrollwechsel dadurch zustande gekommen sei, dass die Gesellschaftsanteile des verstorbenen Gesellschafters Hans Dichand im Wege der Einantwortung auf seine Erben Helga Dichand, Johanna Dichand, Michael Dichand und Dr. Christoph Dichand übertragen worden seien.
Auf die vier Erben sei die Stammeinlage von Hans Dichand von ATS 250.000,00, somit 50 % der Gesellschaftsanteile an der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H., aufgeteilt worden.
Die vier Erben seien am 27.09.2018 im Firmenbuch als Gesellschafter mit einer Stammeinlage von je ATS 62.500,00 eingetragen worden.
Gemäß Punkt 9.1 des Gesellschaftsvertrages der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. vom 07.07.1998 gewähren je ATS 1.000,00 einer übernommenen Stammeinlage eine Stimme, weshalb der Gesellschaftergruppe Dichand nurmehr 248 Stimmen zustünden, während der anderen 50%igen Gesellschafterin, nämlich der NKZ Austria-BeteiligungsGmbH, einer 100%igen Tochtergesellschaft der WAZ (Zweitantragsgegnerin) mit einer eingezahlten Stammeinlage von ATS 250.000,00, 250 Stimmrechte zukämen.
Auch bei der Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H, an der die NKZ Austria-Beteiligungs GmbH (in der Folge: NKZ) als Gesellschafterin mit einer Stammeinlage von ATS 250.000,00 beteiligt sei, sei der Gesellschaftsanteil von Hans Dichand in der Höhe von ATS 250.00,00 auf die vier Erben aufgeteilt worden, sodass auf jeden Erben eine Stammeinlage von ATS 62.500,00 entfalle.
Auch in diesem Gesellschaftsvertrag sei ein Stimmrecht an je ATS 1.000,00 Stammeinlage gekoppelt, sodass es aufgrund der Einantwortung zu einer Verschiebung des Stimmgewichtes zwischen der Gruppe Dichand und der NKZ Austria Beteiligungs-GmbH gekommen sei.
Bei der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Co. KG (in der Folge: Krone-Verlag KG) sei es aufgrund der Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens zu keiner Verschiebung der Mehrheiten in der Gesellschafterversammlung gekommen. Jedoch sei die Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. einzige Komplementärin der Krone-Verlag KG und für die Geschäftsführung der Krone-Verlag KG bei allen Geschäften im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes zuständig. Aufgrund der Stimmrechtsverschiebung in der Generalversammlung der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. könne die Zweitantragsgegnerin bzw. ihre Tochtergesellschaft NKZ letztlich Weisungen an die Geschäftsführung der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. hinsichtlich sämtlicher gewöhnlicher Geschäfte der Krone-Verlag KG erteilen.
Bei der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Co Vermögensverwaltung KG (in der Folge: Krone-Vermögen KG) sei es infolge der Einantwortung zu einer Anhäufung der (mittelbaren) Beteiligungen von 50 % iSd § 7 Abs 1 Z 3 KartG durch die Zweitantragsgegnerin gekommen. Zusätzlich habe die Einantwortung dazu geführt, dass in der Krone-Vermögen KG es auch zu einem Kontrollwechsel von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle iSd § 7 Abs 1 Z 5 KartG gekommen sei. Der Gesellschaftsvertrag der Krone-Vermögen KG bestimme nämlich ebenfalls: „Die Gesellschafter haben je öS 1.000,00 Kapital eine Stimme.“
Gemäß der Firmenbuchanmeldung ergebe sich, dass jeder Dichand-Gesellschafter nur über eine Haftungseinlage und somit über einen Anteil am Kommanditkapital in der Höhe von ATS 1.123.968,00 verfüge. Somit kämen jedem Dichand-Gesellschafter 1.123 Stimmen in der Gesellschafterversammlung der Krone-Vermögen KG, der Gesellschaftergruppe Dichand damit insgesamt 4.492 Stimmen zu. Die NKZ verfüge über 4.492 Stimmen in der Gesellschafterversammlung. Die Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. als Komplementärin mit Kapitalbeteiligung halte laut Gesellschaftsvertrag ATS 90.826,00 und somit 90 Stimmen. Aufgrund der Substanzbeteiligung der Komplementärin (Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H.), die aufgrund der Stimmrechtsverschiebungen nunmehr von der Zweitantragstellerin allein kontrolliert werde, seien die Anteile der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. nunmehr den Antragsgegnerinnen zuzurechnen, wodurch es auch zu einer Anhäufung der (mittelbaren) Beteiligung von 50 % iSd § 7 Abs 1 Z 3 KartG bei der Krone-Vermögen KG gekommen sei.
Der Wechsel bei allen „Krone-Gesellschaften“ von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle sei ohne Zutun der Antragsgegnerinnen verwirklicht worden. Die Antragsgegnerinnen hätten rein zufällig, durch Einsichtnahme in das Firmenbuch im Frühjahr 2019 erstmals Kenntnis von der Verwirklichung des Zusammenschlusses erlangt. Die Einantwortung habe zu fusionsrechtlich relevanten Vorgängen geführt.
Die „Krone-Gesellschaften“ seien auf Grundlage einer Rahmenvereinbarung zwischen Hans Dichand und der Zweitantragsgegnerin geführt worden. Diese Rahmenvereinbarung sei von der Funke-Gruppe (in der Folge:Funke) am 28.06.2017 aus wichtigem Grund fristlos und hilfsweise am 01.01.2018 mit Wirkung zum 30.06.2018, 31.12.2018, 30.06.2019 sowie zu jedem erdenklichen weiteren Termin durch Kündigung beendet worden. Die Rechtsgültigkeit der Beendigung bzw. Kündigung sei von den Dichand-Erben in einem separaten Schiedsverfahren bekämpft worden. Aufgrund von Umständen, die während des vorerwähnten Schiedsverfahren aufgetreten seien, habe Funke die Rahmenvereinbarung für den Fall, dass das Schiedsgericht den Bestand der Rahmenvereinbarung feststellen sollte, neuerlich aus wichtigem Grund gekündigt.
Selbst wenn man von einer weiteren Gültigkeit der Rahmenvereinbarung ausgehen wollte, erfüllten die in der Rahmenvereinbarung niedergeschriebenen Einstimmigkeitsgeschäfte und sonstigen Rechte für die Seite Dichand nicht die notwendigen Voraussetzungen für das Vorliegen gemeinsamer Kontrolle im Sinne des österreichischen Fusionskontrollregimes.
Die Rahmenvereinbarung sehe vor, dass einzelne Rechtsgeschäfte die Zustimmung beider Gesellschafterseiten bedürfen. Die zustimmungspflichtigen Geschäfte seien in der Rahmenvereinbarung aufgezählt. Selbst wenn man die Rahmenvereinbarung als weiterhin gültig betrachten wollte, sei festzustellen, dass sich die zustimmungspflichtigen Geschäfte nicht auf Entscheidungen von strategischer Bedeutung erstrecken.
Die Anmelderinnen brachten im Rahmen des gegenständlichen Kartellrechtsverfahrens noch ergänzend vor:
Durch die Eröffnung des kartellgerichtlichen Phase II-Verfahrens könne die zentrale Vorfrage der Verwirklichung eines Zusammenschlusstatbestandes rechtsverbindlich geklärt werden. Die Klärung dieser Frage sei aus Gründen der Rechtssicherheit für die Antragsgegnerinnen, auch mit Blick auf die möglichst rasche Beendigung eines etwaigen formalen Verstoßes gegen das Durchführungsverbot, von großer Bedeutung. Durch die Einantwortung seien vier getrennte Gesellschafts- bzw. Kommanditanteile der vier Dichand-Erben entstanden. Die Stimmenanzahl jedes einzelnen Gesellschafters richte sich nach der Höhe seiner jeweiligen Stammeinlage bzw. seines jeweiligen Kapitalanteiles. Auch wenn die Erben Dichand auf Basis der Rahmenvereinbarung eine Syndizierung oder eine einheitliche gemeinsame Rechteausübung (siehe Punkt 12.9 der Rahmenvereinbarung) oder dergleichen argumentieren, könne dies nicht zu einer Vermehrung der den vier Einschreitern insgesamt zustehenden Stimmrechte führen: Die Summe der gemeinsam auszuübenden Stimmen könne nicht höher sein als die Summe der den Einschreitern überhaupt einzeln zustehenden Stimmen. Die Rahmenvereinbarung regle nichts zu den Kapitalbeteiligungen und dem Stimmanteil. Selbst wenn sie das hypothetisch tun sollte, könne das nicht auf die eindeutigen Bestimmungen in den Gesellschaftsverträgen durchschlagen.
Die von den Erben Dichand behauptete Begründung einer Miteigentumsgemeinschaft zwischen den Erben Dichand sei unwirksam, wenn nicht sogar gemäß § 878 ABGB geradezu unmöglich. Gemäß § 5.1 des Gesellschaftsvertrages der Krone-Verlag Gesellschaft.mb.H. sei eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen nur unter gleichzeitiger Übertragung der Beteiligungen der Krone-Verlag KG erlaubt. Eine satzungsgemäße Übertragungsbeschränkung wirke absolut. Da die Dichand-Erben ihre Beteiligung an der Krone-Verlag KG nicht gleichermaßen übertragen haben (und aus rechtlichen Gründen auch gar nicht gleichermaßen übertragen könnten – das betreffe insbesondere den Umstand, dass die Begründung einer Miteigentumsgemeinschaft an Kommanditanteilen nicht möglich sei), seien die von den Erben Dichand vorgenommenen Abtretungen unwirksam.
Den Ausführungen des Bundeskartellanwaltes zur Frage der Anmeldefähigkeit sei zu entgegnen, dass der Begriff des Zusammenschlusses so zu definieren sei, dass er Vorgänge erfasse, die zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle an den beteiligten Unternehmen und damit an der Marktstruktur führten. Die Frage, ob eine grundsätzliche Einigung zwischen den Beteiligten über die Struktur des Zusammenschlusses erforderlich sei, betreffe den Aspekt, zu welchem Zeitpunkt vor Vertragsunterzeichnung (Signing) ein Zusammenschluss angemeldet werden könne. Mit anderen Worten: Zusammenschlussparteien würden des Öfteren beabsichtigen, bereits während der Vertragsverhandlungen einen Zusammenschluss anzumelden. Dies sei nach der Rechtsprechung auch zulässig, sofern zu diesem Zeitpunkt die notwendigen Parameter, die für die Prüfung des Zusammenschlusses durch die Wettbewerbsbehörden erforderlich seien, bereits feststehen. Darunter fiele auch die Einigung zwischen den Vertragsparteien. Die Parteien müssten sich daher über die Transaktionsstruktur weitgehend einig sein, um die Wettbewerbsbehörden nicht mit hypothetischen Szenarien zu befassen.
Angesichts des gegenständlichen bereits durchgeführten Zusammenschlusses könne diese Frage dahin stehen. Gegenständlich bestehe nicht nur die Chance auf Verwirklichung des Zusammenschlusstatbestandes, vielmehr sei der Zusammenschluss bereits eingetreten, wenngleich durch Einantwortung der Verlassenschaft nach Hans Dichand und somit ohne Zutun der Antragsgegnerinnen.
Die vom Bundeskartellanwalt angesprochene „feindliche Übernahme“ bedürfe gerade nicht der Zustimmung „aller“ Beteiligten. Für die Verwirklichung eines Zusammenschlusses bedürfe es nicht einmal einer Übernahmeabsicht des Erwerbers. Auch ein etwaiger Widerstand der Zielgesellschaft (oder von Mitgesellschaftern der Zielgesellschaft) stünde der Anmeldefähigkeit jedenfalls nicht entgegen, sofern die Zustimmung der Zielgesellschaft für den Erfolg der Transaktion nicht zwingend erforderlich sei, sondern der Erwerber auch zu einer feindlichen Übernahme bereit und in der Lage sei.
Vom Tatbestand des § 7 Abs 1 Z 5 KartG seien alle einen beherrschenden Einfluss über ein anderes Unternehmen verschaffenden Vorgänge erfasst. Zur Herbeiführung einer Verbindung von Unternehmen iSv § 7 Abs 1 Z 5 KartG genüge, dass ein Unternehmen die bloße Möglichkeit erlange, beherrschenden Einfluss auf die Tätigkeit eines anderen Unternehmens auszuüben. Nicht erforderlich sei es, dass ein solcher Einfluss der erklärten Absicht der Unternehmen entspreche, also gewollt oder tatsächlich ausgeübt werde.
Maßgeblicher Zeitpunkt des Zustandekommens (und somit Durchführung) eines Zusammenschlusses sei daher der Moment, ab dem die wirtschaftliche Einflussmöglichkeit gegeben sei. Zudem sei bei Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes für die Anmeldefähigkeit stets das Grundkonzept des Durchführungsverbotes gemäß § 17 Abs 1 KartG zu berücksichtigen. Da ein genehmigungspflichtiger Zusammenschluss im Allgemeinen vor der Setzung von Durchführungshandlungen anzumelden sei und bereits die Einantwortung zu einer Stimmrechtsverschiebung und damit zur Durchführung des Zusammenschlusses geführt habe, sei offenkundig, dass der Zusammenschluss im Zeitpunkt der Anmeldung bereits anmeldefähig gewesen sein habe müssen.
In der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2020 brachten die Antragsgegnerinnen ergänzend vor, dass für den Fall, dass der Rahmenvereinbarung aus Sicht des Kartellgerichtes Bedeutung zukomme, zu berücksichtigen sei, dass diese Rahmenvereinbarung für die Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. nicht gelte. Diese Gesellschaft sei erst später gegründet worden und habe sich dem Rahmenvertrag nicht unterworfen. Eine 50%ige Tochtergesellschaft der Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. sei die IP Österreich Ges.m.b.H. Allein diese Tochtergesellschaft der Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. habe 2019 einen Jahresumsatz von EUR 19 Mio. erzielt, sodass ein anmeldepflichtiger Zusammenschlussvorgang vorliege, der vom Kartellgericht zu prüfen sei. Der Jahresumsatz 2018 der IP Österreich GmbH sei in etwa in der selben Größe gewesen, wie im Jahr 2019, das heißt in etwa EUR 19 Mio. Der Unternehmensgegenstand der IP Österreich GmbH sei die Vermarktung des Werbefensters Österreich der RTL Österreich. Die andere 50%ige Gesellschafterin der IP Österreich GmbH sei die RTL-Gruppe.
Im Übrigen seien die ausgesprochenen Kündigungen der Rahmenvereinbarung Ausdruck der konkreten Absicht der Unternehmensübernahme durch die Antragsgegnerinnen. Damit liege die Anmeldefähigkeit vor.
Selbst wenn bei einer Zusammenschlussanmeldung im Vorfeld eines (feindlichen) Übernahmeangebotes im Anmeldezeitpunkt typischerweise noch unklar sei, ob der Anmelder das Angebot überhaupt legen werde, und ob er mit seinen Plänen eines Kontrollerwerbs letztlich durchdringe, das heißt, ob eine ausreichende Anzahl an Aktionären das Angebot annehmen werde, sei die fusionsrechtliche Anmeldefähigkeit sowohl nach österreichischer Rechtslage als auch nach europäischer Rechtslage vollkommen unstrittig.
Mit Schriftsatz vom 29.05.2020 brachten die Antragsgegnerinnen ergänzend vor, dass das Schiedsverfahren zur Zahl XXY vor der Züricher Handelskammer betreffend die Wirksamkeit der Rahmenvereinbarung nach Ausspruch der außerordentlichen Kündigung durch die Antragsgegnerinnen per 28.06.2017 bzw. der ordentlichen Kündigung gemäß Schreiben vom 01.01.2018 beendet sei und der Schiedsspruch den Parteien des Schiedsverfahrens (Schiedskläger seien Helga Dichand, Johanna Dichand, Michael Dichand und Dr. Christoph Dichand, Schiedsbeklagte die NKZ Austria Beteiligungs-GmbH, Austria Medien GmbH und FUNKE Medien GmbH) am 20.05.2020 zugestellt worden sei. Da der Schiedsspruch im Sinne der Schiedskläger ergangen sei, sei der Antragsgegnervertreter mit der Einbringung der Aufhebungsklage an das Schweizer Bundesgericht beauftragt worden. Die Frist hiefür betrage 30 Tage ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Schiedsspruches. Die Aufhebungsklage werde sich insbesondere auf die Verletzung verfahrensrechtlicher Mindeststandards stützen. Die Entscheidung des Schweizer Bundesgerichtes werde erfahrungsgemäß rund sechs Monate Zeit in Anspruch nehmen.
Die Bundeswettbewerbsbehörde brachte am 24.01.2020 den Antrag auf Prüfung des angemeldeten Zusammenschlusses gemäß § 11 KartG ein und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass grundlegende gesellschaftsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Zusammenschluss bestünden. Für die Beurteilung der Zusammenschlussanmeldung bzw. des Zusammenschlusses erscheine die Klärung der gesellschaftsrechtlichen Fragen wesentlich. Dies betreffe insbesondere die Frage, ob es im Zuge der Einantwortung durch die Erben nach Hans Dichand tatsächlich zu einem Stimmrechtsverlust auf Seiten der Erben nach Hans Dichand und dadurch zu einem Kontrollerwerb durch die Antragsgegnerinnen gekommen sei.
Die Rahmenvereinbarung stelle eine über die Gesellschaftsverträge hinausgehende und vorrangig geltende Vereinbarung zwischen der Zweitantragsgegnerin und der Gesellschaftergruppe Dichand dar und sei zur Klärung der offenen Fragen heranzuziehen. Die Rechtswirksamkeit der außerordentlichen Kündigung sowie der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen der Rahmenvereinbarung durch die Erstantragsgegnerin sei Gegenstand eines anhängigen Schiedsverfahrens, in dem geklärt werde, ob die Rahmenvereinbarung noch in Geltung sei.
Aus Sicht der Bundeswettbewerbsbehörde erscheine unter anderem die Frage des aufrechten Bestandes der Rahmenvereinbarung für die Prüfung des angemeldeten Vorganges wesentlich. Die Anmeldung eines Zusammenschlusses könne nur dann durchgeführt werden, wenn ein Zusammenschluss anmeldefähig sei. Dies liege vor, wenn die Absicht der beteiligten Unternehmer klar erkennbar sei, den angemeldeten Zusammenschluss innerhalb einer absehbaren Zeit durchzuführen, und wenn Klarheit über die genauen Strukturen des Zusammenschlusses und der Zeitplan zur Umsetzung vorliege. Eventualanträge bzw. Eventualanmeldungen seien im Rahmen von Zusammenschlussanmeldungen nicht möglich. Dies ergebe sich schon daraus, dass eine präventive Fusionskontrolle nicht mit rein hypothetischen Szenarien befasst werden solle.
Derzeit bestünden erhebliche Unklarheiten hinsichtlich der Struktur des vorliegenden Vorganges. Aus Sicht der Bundeswettbewerbsbehörde handle es sich vorliegend um gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, die von der Bundeswettbewerbsbehörde nicht geprüft und abschließend beurteilt werden könnten.
Der von den Antragsgegnerinnen als Zusammenschluss angemeldete Vorgang erscheine zum derzeitigen Zeitpunkt objektiv unklar und daher nicht anmeldefähig.
Eine solche Klärung scheide insbesondere deshalb aus, weil das faktische Vorbringen der Parteien vor den Amtsparteien nicht deckungsgleich sei.
Für die Klärung der gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten sei im Hinblick auf die kurzen Fristen in der österreichischen Fusionskontrolle das Zusammenschlussverfahren vor der Bundeswettbewerbsbehörde und vor dem Kartellgericht ungeeignet.
Selbst wenn man von einer Anmeldefähigkeit des als Zusammenschluss angemeldeten Vorganges ausgehen würde, bestünden erhebliche Zweifel, ob ein Vorgang iSv § 7 KartG vorliege.
Da die Erben des Nachlasses von Hans Dichand am 20.01.2020 eine Syndikatsvereinbarung (Vereinbarung über die Begründung einer Miteigentumsgemeinschaft) abgeschlossen haben und darin vereinbart haben, dass die Stimmrechte der Miteigentümergemeinschaft insgesamt zukämen und nur einheitlich und ungeteilt ausgeübt werden könnten, sei es auch unter diesem Aspekt fraglich, ob es zu einer Änderung an der Kontroll- und Kapitalstruktur der Krone-Gesellschaften gekommen sei.
Da es nach herrschender Meinung den Amtsparteien mangels unmittelbarer Gesetzesgrundlage nicht möglich sei, eine Zusammenschlussanmeldung zurückzuweisen, haben die Amtsparteien die Prüfung des Zusammenschlusses und die Zurückweisung des entsprechenden Antrages durch das Kartellgericht zu beantragen, wenn sie davon ausgehen, dass kein Vorgang iSd § 7 KartG gegeben sei. Es werde daher beantragt, den angemeldeten Zusammenschluss einer Prüfung zu unterziehen und den Prüfungsantrag mangels Anmeldefähigkeit zurückzuweisen. In eventu wird ein Untersagungsantrag gestellt.
Der Bundeskartellanwalt stellte am 27.01.2020 den Antrag auf Zurückweisung, in eventu auf Untersagung des angemeldeten Zusammenschlusses und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass der Sachverhalt, der den Inhalt der Anmeldung vom 30.12.2019 bilde, keinen Zusammenschluss darstelle.
Ein prüfungsfähiger Zusammenschluss liege erst dann vor, wenn eine grundsätzliche Einigung zwischen den Beteiligten über die genauen Strukturen des Zusammenschlusses und den Zeitplan der Umsetzung bestehe. Die präventive Fusionskontrolle solle nicht mit hypothetischen Szenarien befasst werden. Im vorliegenden Fall gebe es noch keine Hinweise auf eine Einigung zwischen den Beteiligten. Ebenso wenig sei ein Zeitrahmen zu einer allfälligen Umsetzung ersichtlich. Derzeit befinde sich das Vorhaben erst im Stadium der Rechtsansicht der Anmelderinnen über die Auslegung der Gesellschaftsverträge der Zielunternehmen. Ihre Rechtsansicht werde von der Dichand-Gruppe bestritten. Ein Vorhaben müsse für eine Anmeldung zumindest soweit gediehen sein, als die Organe der übernehmenden Unternehmen einen konkreten Zusammenschluss in einer bestimmten Form anstreben.
Im vorliegenden Sachverhalt sei der Zusammenschluss nach dem Vorbringen der Anmelderinnen jedoch ohne ihr Zutun durch Einsicht in das Firmenbuch festgestellt worden. Von einem konkreten Bestreben könne nach diesem Vorbringen keine Rede sein.
Ungewisse oder gar unmögliche Vorhaben seien nicht anmeldefähig. Um ein derartiges ungewisses Vorhaben handle es sich im vorliegenden Fall. Solange die Anmelderinnen in den schieds- und handelsgerichtlichen Verfahren noch nicht obsiegt haben, sei der Zusammenschluss damit zumindest ungewiss. Die Anmeldung beruhe auf der Rechtsansicht, dass die Rahmenvereinbarung nicht mehr dem Rechtsbestand angehöre, was jedoch im Schiedsverfahren der Züricher Handelskammer XXY entschieden werde.
In dieser Rahmenvereinbarung sei unter Punkt 12.9 Folgendes vereinbart:
„Soweit es sich nicht um höchstpersönliche Rechte handelt […] gehen sämtliche Rechte und Pflichten […] auf die jeweiligen Rechtsnachfolger über.
Es bestehen zwei Gesellschaftergruppen:
- einmal die Gesellschaftergruppe Herr Dichand und gegebenenfalls seine Rechtsnachfolger
- zum anderen die WAZ und gegebenenfalls ihre Rechtsnachfolger.
Die Gesellschaftsanteile einer Gesellschaftergruppe sind eine Einheit, auch wenn sie nicht mehr in einer Hand vereinigt sind. Sämtliche Rechte können nur einheitlich und mit einer Stimme ausgeübt werden. Entsprechendes gilt für die Pflichten […]“.
Aus dem GmbHG ergebe sich, dass sich die Stimmrechte nach den im Firmenbuch eingetragenen Stammeinlagen richten, wenn die Gesellschaftsverträge nichts anderes vorsehen. Es handle sich daher um dispositives Recht.
Wenn die Rechtsansicht der Erben nach Hans Dichand richtig sei, dass die Rahmenvereinbarung den Gesellschaftsverträgen vorgehe, hätte aufgrund des Inhaltes der Rahmenvereinbarung die Eintragung der Erben und ihrer Stammeinlage im Firmenbuch keine Abänderung der Stimmrechte bewirkt. In diesem Fall wäre es nicht zu einem Wechsel von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle gekommen. Da zwischen der Gesellschaftergruppe Dichand und den Antragsgegnerinnen Uneinigkeit darüber bestehe, ob der Rahmenvertrag noch wirksam sei, und ob in diesem Stimmparität vereinbart worden sei, seien zwei Rechtsstreite vor dem Handelsgericht Wien anhängig, in denen über die Gültigkeit von Gesellschafterbeschlüssen zu entscheiden sei.
Der in § 7 KartG zugrunde liegende Zusammenschlussbegriff sei ein objektiver. Ein Zusammenschluss liege immer schon dann vor, wenn die dort näher umschriebenen Tatbestände ihrem äußeren Erscheinungsbild nach erfüllt seien. Auf die Willensrichtung der Beteiligten komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Es entspreche aber der ständigen Rechtsprechung, dass es für den beherrschenden Einfluss (§ 7 Abs 1 Z 5 KartG) nicht auf die Erreichung der Anteilsschwellen ankomme, sondern darauf, ob ein Unternehmen bei den für die Markt- und Wettbewerbsstellung ausschlaggebenden Entscheidungen seine eigenen wettbewerblichen Interessen in einem anderen Unternehmen durchsetzen könne.
Die Antragsgegnerinnen stützten ihre Rechtsansicht, wonach ein Wechsel von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle bereits stattgefunden habe, lediglich auf die Aufteilung der Stammeinlagen bzw. Kapitalanteile im Firmenbuch. Hingegen könnten die die Beherrschung vermittelten Stimmrechte durch Regelung in Gesellschafts- oder Syndikatsverträgen von den Anteilen im Firmenbuch abweichen.
Im vorliegenden Fall seien über diese Fragen der Stimmrechte Rechtsstreite anhängig, und die Antragsgegnerinnen würden nicht einmal einen Sachverhalt behaupten, in dem sie ihre Interessen bereits gegen die Interessen der „Gruppe Dichand“ durchsetzen haben können.
Die Einantwortung habe somit lediglich zu einer Aufteilung der Anteile geführt, ob sich damit an der Beherrschung der Zielunternehmen etwas geändert habe, könne derzeit nicht gesagt werden. Die Ungewissheit über den Ausgang der Rechtsstreitigkeiten betreffe in diesem Fall nicht nur eine – von den Antragsgegnerinnen ins Treffen geführte – zeitliche Komponente, sie sei vielmehr qualitativer Natur: Während anmeldefähige Zusammenschlussvorhaben üblicherweise mit Hilfe der Zustimmung des anderen Privatrechtssubjektes (zB Zielgesellschaft, Eigentümerin der Zielgesellschaft, Anteilsinhaber der Zielgesellschaft (gegen den Willen der Zielgesellschaft)) durchgeführt werden könnten, sei diese Zustimmung der „Dichand-Gruppe“ bereits verweigert worden und die Antragsgegnerinnen bedürfen (schieds-)gerichtlicher Hilfe. Nach Ansicht des Bundeskartellanwaltes handle es sich daher um ein ungewisses Vorhaben, das nicht anmeldefähig sei.
Mit Schriftsatz vom 28.05.2020 brachten Helga Dichand, Michael Dichand, Johanna Dichand und Dr. Christoph Dichand eine Äußerung gemäß § 11 Abs 3 KartG ein, mit folgenden Behauptungen:
Am 20.05.2020, am Tag der mündlichen Verhandlung in gegenständlichem Zusammenschlussverfahren, sei den Parteien des Schiedsverfahrens um 10:20 Uhr der verfahrensbeendende Schiedsspruch vom 19.05.2020 per E-Mail übermittelt worden. Die Entscheidung des Schiedsgerichtes sei eindeutig:
Die Rahmenvereinbarung sei samt ihrer späteren Ergänzungen aufrecht und wirksam und bleibe dies ungeachtet der Kündigung der FUNKE-Gruppe, da sie weder ordentlich noch außerordentlich kündbar sei.
Selbst wenn sämtliche (unbestätigten) Theorien der Antragsgegnerinnen zuträfen, dass es durch die Einantwortung mathematisch zu einem Verschwinden von Stimmrechten der Gesellschaftergruppe Dichand gekommen sei, und dies nicht durch die Vereinbarung vom 20.01.2020, mit der die Gesellschaftergruppe Dichand eine Miteigentümergemeinschaft hinsichtlich ihrer Gesellschaftsanteile gegründet habe, saniert worden wäre, gewährleiste die Rahmenvereinbarung, deren Gültigkeit nun vom zuständigen Schiedsgericht bestätigt worden sei, weiterhin, dass jeder der beiden Gesellschaftergruppen über die gleiche Anzahl von Stimmrechten verfüge. Die gemeinsame Kontrolle über die Krone-Gesellschaften werde somit auch durch die Rahmenvereinbarung weiterhin garantiert. Im Übrigen sei die Rahmenvereinbarung auch für die Krone Media Aktiv aufrecht, wirksam und gesondert weder außerordentlich noch ordentlich kündbar.
Die Äußerung wurde den Antragsgegnerinnen zugestellt, die die Tatsachenbehauptungen über den Inhalt des Schiedsspruches unwidersprochen ließen.
Folgender Sachverhalt steht fest:
1. Hans Dichand verstarb am 17.06.2010.
Seine Verlassenschaft wurde Dr. Christoph Dichand, Helga Dichand, Michael Dichand und Johanna Dichand eingeantwortet.
2. Gesellschafterstrukturen der „Krone Gesellschaften“:
Hans Dichand hielt an der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. eine Stammeinlage in der Höhe von einbezahlten ATS 250.000,00, somit 50 % der Gesellschaftsanteile. Die anderen 50 % hielt und hält die NKZ, eine 100%ige Tochtergesellschaft der Zweitantragsgegnerin.
Der Gesellschaftsanteil von Hans Dichand wurde auf seine vier Erben Dr. Christoph Dichand, Helga Dichand, Michael Dichand und Johanna Dichand zu gleichen Teilen eingeantwortet.
Seit 27.09.2018 sind die vier genannten Erben mit einer Stammeinlage von je ATS 62.500,00 im Firmenbuch als Gesellschafter eingetragen.
Der Gesellschaftsvertrag der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. vom 07.07.1998 (Beilage ./B1) sieht in seinem Punkt 9. Folgendes vor:
„Stimmrecht Geschäftsordnung Vertretung
9.1. Je S 1.000,00 (Schilling eintausend) einer übernommenen Stammeinlage gewähren eine Stimme. Jedem Gesellschafter steht mindestens eine Stimme zu.
[…]“
Hans Dichand war weiters Gesellschafter von folgenden in diesem Verfahren in Rede sehenden Gesellschaften:
Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Vermögensverwaltung KG;
Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Co KG,
Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H.
Bei der Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. hielt Hans Dichand ebenfalls eine Stammeinlage von ATS 250.000,00, was wiederum 50 % der Gesellschaftsanteile entsprach. Die weiteren 50 % der Gesellschaftsanteile hielt und hält wiederum die NKZ.
Auch bei dieser GmbH wurden Helga Dichand, Michael Dichand, Johanna Dichand und Dr. Christoph Dichand nach der Einantwortung der Verlassenschaft nach Hans Dichand mit einer Stammeinlage von je ATS 62.500,00 am 27.09.2018 als Gesellschafter im Firmenbuch eingetragen.
Der Gesellschaftsvertrag der Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. (Beilage ./B4) vom 26.09.1995 sieht unter „§ 7 – Generalversammlung“ Folgendes vor:
„[…]
2. Sofern nicht durch diesen Vertrag oder gesetzlich zwingend andere Mehrheiten vorgeschrieben sind, fasst die Generalversammlung ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Je S 1.000,00 (in Worten: Schilling eintausend) übernommener Stammeinlage gewähren eine Stimme; Bruchteile werden nicht gerechnet. Jedem Gesellschafter muss jedoch eine Stimme zustehen.
[…]“
Bei der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Vermögensverwaltung KG stellen sich die Gesellschafterverhältnisse wie folgt dar:
Laut Gesellschaftsvertrag vom 5.11.1987 (Beilage ./I) ist Komplementärin die Dichand & Falk Gesellschaft mbH mit einem Kapitaleintrag von ATS 90.826,00, das entspricht 1 % des Kapitals.
Laut Punkt IV. des Gesellschaftsvertrages sind Organe der Gesellschaft die Gesellschaftsversammlung und die Geschäftsführung.
Punkt IV.2. legt fest, dass die Geschäftsführung und Vertretung im Außenverhältnis der Komplementärin obliegt.
Punkt V. des Gesellschaftsvertrages lautet:
„Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung
1. Die Beschlüsse der Gesellschafter werden mit einfacher Stimmenmehrheit der abgegebenen und wirksamen [...] Stimmen gefasst.
[…]
7. Die Gesellschafter haben je ÖS 1.000,00 (Schilling eintausend) Kapital eine Stimme. Sind die Inhaber der jetzigen Gesellschaftsanteile mehrere Personen, haben sich diese durch eine Person vertreten zu lassen. So lange ein Vertreter nicht bestellt ist, ruht das Stimmrecht.“
Kommanditist war Hans Dichand mit einem Kapitalanteil in der Höhe von ATS 4.950.000,00, das entspricht 54,5 %. Weiterer Kommanditist ist die Zweitantragstellerin mit einem Kapitalanteil von 44,5 %, das sind ATS 4.041,744,00.
Derzeit sind im Firmenbuch folgende Haftsummen der Komanditisten eingetragen:
NKZ: EUR 126.727,76
Dr. Christoph Dichand
Helga Dichand
Michael Dichand
Johanna Dichand: je EUR 81.681,94
Unstrittig ist, dass die Komplementärin Krone-Verlag Gesellschaft mbH über eine einprozentige Substanzbeteiligung, das sind EUR 6.600,58, verfügt, sodass der Kapitalbeteiligungsprozentsatz der Kommanditisten (auf zwei Kommastellen gerundet) folgender ist:
NKZ: 49,50%
Dr. Christoph Dichand 12,37%
Helga Dichand 12,37%
Michael Dichand 12,37%
Johanna Dichand: 12,37%
Bei der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. stellen sich die rechtlichen Verhältnisse wie folgt dar:
Laut Gesellschaftsvertrag vom 03.08.1990 (Beilage ./B2 und ./B3) beträgt das Gesellschaftskapital ATS 1.000.000,--.
Komplementärin der Gesellschaft ist die Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. als Arbeitsgesellschafterin, Kommanditisten waren Hans Dichand mit einem Kapitalanteil von 55 %, das waren ATS 550.000,00, die NKZ mit einem Kapitalanteil von 35 %, das waren ATS 350.000,00 sowie die Austria Medien GmbH mit einem Kapitalanteil von 10 %, das waren ATS 100.000,00. Die Austria Medien GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der NKZ.
In Punkt IV. des Gesellschaftsvertrages werden als Organe der Gesellschaft die Gesellschafterversammlung und die Geschäftsführung sowie festgelegt, dass die Geschäftsführung und Vertretung im Außenverhältnis der Komplementärin obliegt.
Punkt V. des Gesellschaftsvertrages lautet:
„Beschlussfassung in der Gesellschaftsversammlung
1. Die Beschlüsse der Gesellschafter werden mit einfacher Stimmenmehrheit der abgegebenen und wirksamen[...] Stimmen gefasst.
[…]
7. Die Gesellschafter haben je ÖS 1.000,00 (Schilling eintausend) Kapital eine Stimme. Sind die Inhaber der jetzigen Gesellschaftsanteile mehrere Personen, habe sich diese durch eine Person vertreten zu lassen. So lange ein Vertreter nicht bestellt ist, ruht das Stimmrecht.“
Im Firmenbuch sind nunmehr als Gesellschafter die Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. als Komplementärin und als Kommanditist die NKZ Austria Beteiligungs-GmbH mit einer Haftungssumme von EUR 29.069,13, die Austria Medien GmbH mit einer Haftungssumme von EUR 7.267,28 und Helga Dichand, Michael Dichand, Johanna Dichand und Dr. Christoph Dichand mit einer Haftungssumme von je EUR 9.084,10 eingetragen.
3. Rahmenvereinbarung (Beilage ./B5):
Am 05.11.1987 schlossen Hans Dichand und die damals bestehenden „Krone-Gesellschaften“ und die Zweitantragsgegnerin eine Rahmenvereinbarung, die in der Präambel Folgendes vorsieht:
„Präambel:
WAZ ist im Wege der Kapitalerhöhung durch Einbringung einer Kommanditeinlage in das Pressehaus und den Zeitungsverlag eingetreten. Gesellschaftsanteile an der D & F GmbH sind an WAZ abgetreten worden.
Herr Dichand und WAZ sind daher nunmehr die alleinigen Gesellschafter der vorgenannten Gesellschaften. Die Beteiligungsverhältnisse ergeben sich aus den heute abgeschlossenen Verträgen.
In Ergänzung und teilweise in Abweichung von diesen Verträgen vereinbaren die Parteien die nachfolgende
Rahmenvereinbarung
[...].“
12.9, 12.10 und 12.11 der Rahmenvereinbarung lauten:
„12.9 Soweit es sich nicht um höchstpersönliche Rechte handelt (zB Herr Dichand als Hauptgeschäftsführer), gehen sämtliche Rechte und Pflichten aus den heute abgeschlossenen Verträgen auf die jeweiligen Rechtsnachfolger über.
Es bestehen zwei Gesellschaftergruppen:
- einmal die Gesellschaftergruppe Herr Dichand und gegebenenfalls seine Rechtsnachfolger,
- zum anderen die WAZ und gegebenenfalls ihre Rechtsnachfolger.
Die Gesellschaftsanteile der Gesellschaftergruppe sind eine Einheit, auch wenn sie nicht mehr in einer Hand vereinigt sind. Sämtliche Rechte können nur einheitlich und mit einer Stimme ausgeübt werden. Entsprechendes gilt für die Pflichten.
Die Gesellschafter können sich auf eigene Kosten in den Gesellschafterversammlungen durch zur Berufsverschwiegenheit gesetzlich verpflichtete physische Personen vertreten lassen.
12.10 Soweit zu den vorstehenden Vereinbarungen Gesellschaftsbeschlüsse und gegebenenfalls die Änderung von Gesellschaftsverträgen notwendig sind, werden die erforderlichen Gesellschafterbeschlüsse hiermit einstimmig gefasst.
[…]
12.11 Wenn andere Vereinbarungen, insbesondere die Gesellschaftsverträge, dem vorliegenden Vertrag widersprechen, hat ausschließlich der vorliegende Vertrag Gültigkeit. Andere Verträge gelten nur zweitrangig.“
Der Rahmenvertrag wurde am 13.01.1992 (Beilage ./B6) abgeändert. Mit der Abänderung wurde ein betraglich fixierter Vorabgewinn zugunsten Hans Dichand vereinbart.
Mit Vereinbarung vom 24.01.2003 wurde die Rahmenvereinbarung (Beilage ./B7) ergänzt, mit dem Inhalt der einvernehmlichen Bestellung von Dr. Christoph Dichand zum Chefredakteur.
Zur Bereinigung des Schiedsverfahrens vor der Schweizer Handelskammer, GZ XXX, wurde zwischen den Gesellschaftergruppen WAZ und Dichand die Vereinbarung Oktober/November 2008 (Beilage ./B9) geschlossen. In dieser Vereinbarung heißt es unter anderem:
„Die Rahmenvereinbarung vom 05.11.1987 und alle anderen zwischen den Parteien geschlossenen Verträge gelten ausdrücklich vollinhaltlich weiter und werden durch diese Vereinbarung nicht berührt.“
Unstrittig ist, dass der Rahmenvereinbarung vom 05.11.1987 für drei der vier Zielunternehmen Verbindlichkeit zukommt, und zwar für die Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H., für die Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Vermögensverwaltung KG und für die Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Co. KG.
Im Hinblick auf die Frage der Verbindlichkeit dieser Vereinbarung für die Krone Media Aktiv Gesellschaft mbH änderten die Antragsgegnerinnen ihren in der Anmeldung vertretenen Standpunkt, in der sie noch vorbrachten, dass die Rahmenvereinbarung auch für die Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. Geltung habe. So führten die Antragsgegnerinnen in ihrer Anmeldung noch aus, dass etliche konkrete Entscheidungen im Hinblick auf die „Krone-Gesellschaften“, wozu sie nach der eigenen Definition auch die Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. zählen, in der Vergangenheit auf Grundlage einer Rahmenvereinbarung zwischen Dichand und WAZ erfolgten.
Auf Seite 13 der Anmeldung wiesen die Anmelderinnen darauf hin, dass die „Krone-Gesellschaften“ auf Grundlage einer Rahmenvereinbarung zwischen Dichand und WAZ geführt wurden.
Im Schreiben vom 07.01.2020 (Beilage ./B), das von den Anmelderinnen im Zuge der Phase-I-Prüfung an die Bundeswettbewerbsbehörde übermittelt wurde, brachten die Anmelderinnen ebenfalls vor, dass mit diesem Schreiben sämtliche Syndikatsverträge und sonstige Vereinbarungen übermittelt werden, die zwischen den jeweiligen Gesellschaftern der Krone-Gesellschaften abgeschlossen wurden, insbesondere die in der Zusammenschlussanmeldung genannte Rahmenvereinbarung.
In der Verhandlung vor dem Kartellgericht am 20.05.2020 stellten die Antragsgegnerinnen erstmals die Behauptung auf, dass die Rahmenvereinbarung für die Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. nicht gelte. Diese Gesellschaft sei erst später gegründet worden und habe sich nicht dem Rahmenvertrag unterworfen.
4. Kündigungserklärungen zu der Rahmenvereinbarung:
Die Antragsgegnerinnen haben erstmals mit Brief vom 28.06.2017 die Kündigung der Rahmenvereinbarung aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung ausgesprochen, mit der Behauptung des geschäftsschädigenden Verhaltens des Gesellschafters Dr. Christoph Dichand als Vertreter der „Krone-Gesellschaften“ im Gesellschafterausschuss der Mediaprint.
Mit Schreiben vom 01.01.2018 (Beilage ./B11) sprachen die Antragsgegnerinnen die ordentliche Kündigung der Rahmenvereinbarung, und zwar zum 30.06.2018, vorsichtsweise auch zum 01.07.2018, zum 31.12.2018 und zum 30.06.2019, vorsichtshalber zum nächsten frühest zulässigen Termin, aus.
Am 21.8.2019 sprachen die Antragsgegnerinnen die außerordentliche Kündigung des Rahmenvertrages unter Hinweis auf den Inhalt des Berichtes der Deloitte Audit Wirtschaftsprüfungs GmbH, aus dem Verdachtsmomente in Hinblick auf die Spesengebahrung von Dr. Christoph Dichand abzuleiten seien, aus (Beilage ./B12).
Am 20.9.2019 wurde erneut eine außerordentliche Kündigung der Rahmenvereinbarung von den Antragsgegnerinnen erklärt unter Hinweis auf die Kontaktaufnahme der Schiedskläger mit einem Schiedsrichter.
Am 24.9.2019 (Beilage ./B13) wiederholten die Antragsgegnerinnen den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung der Rahmenvereinbarung vom 20.9.2019 und sprachen gleichzeitig die außerordentliche Kündigung der bestehenden Schiedsvereinbarung für Streitigkeit aufgrund und im Zusammenhang mit der Rahmenvereinbarung aus. Als wichtiger Grund für die Kündigung wird „der Sachverhalt im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren nach Swiss Rules zur Zahl XXY, der den Antragsgegnerinnen am 12.9. und 13.9. bekannt geworden sei und letztlich auch zum Rücktritt des durch Helga Dichand, Johanna Dichand und Michael Dichand und Dr. Christoph Dichand benannten Schiedsrichters im vorgenannten Verfahren geführt haben“, genannt, und zwar sei von Seiten der Gesellschaftergruppe Dichand der von ihnen benannte Schiedsrichter während des laufenden Verfahrens kontaktiert worden, was diesen Richter zum Rücktritt veranlasst habe.
Die Verlassenschaft nach Hans Dichand beantragte vor der Schweizer Handelskammer die Feststellung des weiteren Bestandes der Rahmenvereinbarung trotz Ausspruches der außerordentlichen Kündigung per 28.06.2017, hilfsweise trotz Ausspruches der ordentlichen Kündigung vom 01.01.2018.
Nach Einantwortung traten die vier Erben nach Hans Dichand, Helga Dichand, Michael Dichand, Johanna Dichand und Dr. Christoph Dichand in das Verfahren als Schiedskläger ein.
Das Verfahren wurde vor der Schweizer Handelskammer mit der Geschäftszahl XXY geführt.
Mit Schiedsspruch vom 19.05.2020 wurde ausgesprochen, dass die Rahmenvereinbarung samt ihren späteren Ergänzungen aufrecht und wirksam bleibt, ungeachtet der Kündigung der FUNKE-Gruppe.
Die Einbringung der Aufhebungsklage an das Schweizer Bundesgericht wurde von den Antragsgegnerinnen in der Äußerung vom 29.05.2020 angekündigt.
5. Vereinbarung über die Gründung einer Miteigentümergemeinschaft betreffend die Gesellschaftsanteile der Gesellschaftergruppe Dichand:
Am 20.01.2020 schlossen Helga Dichand, Michael Dichand, Johanna Dichand und Dr. Christoph Dichand eine Vereinbarung über die Begründung einer Miteigentümergemeinschaft iSv §§ 825 ff ABGB und § 80 GmbHG über die Gesellschafteranteile der Krone-Verlag Gesellschaft.m.b.H. und Bestellung eines gemeinsamen Vertreters (Beilage ./D).
In dieser Vereinbarung heißt es unter Punkt 3.:
„Die durch diese Anteile verkörperten Mitgliedschaftsrechte (Vermögensrechte vorbehalten), insbesondere das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung, können nur einheitlich durch einen gemeinsamen Vertreter, der hiermit auch zur Ausübung bevollmächtigt wird, wahrgenommen werden. Die Stimmrechte kommen der Miteigentumsgemeinschaft insgesamt zu und können nur einheitlich und ungeteilt ausgeübt werden. Damit wird auch bewirkt, dass alle Gesellschafter an der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Co KG und an der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Co Vermögensverwaltung KG, an denen die Krone-Verlag Gesellschaft mbH als persönlich unbeschränkt haftende Gesellschafterin beteiligt ist, hinsichtlich ihrer Mitgliedschaftsrechte im selben Verhältnis beteiligt sind.“
Punkt 4. der Vereinbarung lautet:
„Die Gesellschafter bestimmen in allen Angelegenheiten der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H., die mit der Wahrnehmung und Ausübung der Gesellschafterrechte dieser Gemeinschaft zusammenhängen, insbesondere zur Ausübung des Stimmrechtes in der Gesellschafterversammlung, Herrn Dr. Christoph Dichand auf Dauer des Bestehens der Gemeinschaft zu ihrem Bevollmächtigten und erteilten ihm die Spezialvollmacht zur Vertretung der Gemeinschaft, insbesondere zur Ausübung des Stimmrechtes in der Gesellschafterversammlung und zur Fertigung von Eingaben, insbesondere für Eingaben an das Firmenbuch und an Behörden.“
6. Weitere gerichtliche Verfahren:
Zwischen den Antragsgegnerinnen bzw der NKZ und der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. bzw den Gesellschaftern Dichand sind folgende Verfahren gerichtsanhängig:
Vor dem Handelsgericht Wien ist die Klage auf Feststellung des Zustandekommens eines Gesellschafterbeschlusses anhängig. Die Klägerin ist die NKZ, Beklagte die Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H.. Der streitverfangene Gesellschafterbeschluss beinhaltet die Erteilung der Weisung an die Geschäftsführung der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. zur Auflösung des Dienstverhältnisses von Dr. Christoph Dichand bei der Krone Verlag G.m.b.H. & Co. KG.
Nebenintervenienten im dortigen Verfahren sind die vier Gesellschafter Dichand.
Das Verfahren wurde einvernehmlich bis zur Beendigung des anhängigen Schiedsverfahrens unterbrochen.
Vor dem Handelsgericht Wien wird ein weiteres Verfahren geführt, in dem wiederum Klägerin die NKZ und Beklagte die Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. ist.
Verfahrensgegenstand ist die Feststellung des Zustandekommens eines Gesellschaftsbeschlusses, nämlich des Beschlusses auf Erteilung der Weisung des Widerrufs der Bestellung von Dr. Christian Dichand als Herausgeber. Auch dieses Verfahren wurde wegen des anhängigen Schiedsverfahrens unterbrochen.
Schließlich behängt vor dem Handelsgericht Wien ein Verfahren, in dem Verfahrensgegenstand die Klage der NKZ gegen die vier Gesellschafter Dichand sowie die Krone Verlag Gesellschaft m.b.H. auf Ausschluss der Gesellschafter Dichand aus wichtigem Grund mit der Behauptung ist, dass die Gesellschafter im Hinblick auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages der Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Co Vermögensverwaltung KG aufgrund der Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages ausgeschlossen seien. Der Gesellschaftsvertrag sehe vor, dass die Kommanditisten darauf zu achten haben, dass die Gesellschafterbeteiligung an der KG und an der Krone Verlag Gesellschaft m.b.H. im Gleichklang laufe, widrigenfalls sie auszuschließen seien. Mit Abschluss des Notariatsaktes vom 20.1.2020 über die Begründung des Miteigentums an den GmbH-Gesellschafteranteilen zwischen den Gesellschaftern Dichand bestehe kein Gleichklang mehr mit den Gesellschafterbeteiligungen an Krone-Verlag Gesellschaft m.b.H. & Co Vermögensverwaltung KG, sodass die Ausschlussklage erhoben worden sei.
Die vorbereitende Tagsatzung im Gesellschafterausschlussverfahren ist für den 26.8.2020 anberaumt.
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die von den Parteien vorgelegten Urkunden, deren Echtheit unbestritten blieb.
Der Ausgang des Schiedsverfahrens vor der Züricher Handelskammer zu XXY konnte dem unbestritten gebliebenen Schriftsatz der Antragsgegnerinnen vom 29.5.2020 sowie der von den Gesellschaftern Dichand eingebrachten und unbestritten gebliebenen Äußerung gemäß § 11 Abs 3 KartG vom 28.5.2020 entnommen werden.
Die Feststellungen zu den anhängigen Verfahren vor dem Handelsgericht Wien beruhen ebenfalls auf dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Antragsgegnerinnen.
Rechtliche Beurteilung:
I. Zweck der Zusammenschlusskontrolle
I.1. Gegenstand der kartellrechtlichen Zusammenschlusskontrolle ist das externe Unternehmenswachstum. Ihre Zielrichtung ist es, wettbewerblich strukturierte Märkte möglichst zu erhalten und zu fördern und zu verhindern, dass eine marktbeherrschende Stellung entstehen oder verstärkt werden kann.
Es geht um strukturpolitische Ziele und nicht um den Schutz einzelner Mitbewerber. Die Fusionskontrolle hat damit den Charakter einer ordnungspolitischen Maßnahme, für die ausschließlich gesamtwirtschaftliche Gesichtspunkte maßgeblich sind (16 Ok 9/16 h; 16 Ok 2/20k; RIS-Justiz RS0121884 [T2]; Solé/Kodek/Völkl-Torggler, Das Verfahren vor dem Kartellgericht, Rz 116).
I.2. Die Zielrichtung der Zusammenschlusskontrolle liegt daher darin, präventiv das Interesse der Allgemeinheit an der Aufrechterhaltung einer „österreichischen“ Marktstruktur – mag sich diese auch etwa als Teil eines Weltmarktes präsentieren – zu gewährleisten, die einen funktionierenden Wettbewerb verspricht. Es soll eine entsprechende Anzahl an potentiell miteinander konkurrierenden „selbständigen Marktteilnehmern“ auf diesem Markt und das daraus resultierende Potential zum Wettbewerb erhalten bleiben (16 Ok 49/05; 16 Ok 2/20k; RIS-Justiz RS0117535 [T2]);
I.3.1. Aus dieser Zweckdefinition folgt, dass der dem § 7 KartG zugrundeliegende Zusammenschlussbegriff ein objektiver ist. Ein Zusammenschluss liegt immer schon dann vor, wenn einer der im Gesetz näher umschriebenen Zusammenschlusstatbestände seinem äußeren Erscheinungsbild nach erfüllt ist; auf die Willensrichtung der Beteiligten kommt es in diesem Zusammenhang regelmäßig nicht an (RIS-Justiz RS0121884).
I.3.2. So genügt zur Herbeiführung einer Unternehmensverbindung gemäß § 7 Z 5 KartG nach einhelliger Auffassung, dass ein Unternehmen die bloße Möglichkeit erlangt, beherrschenden Einfluss auf die Tätigkeit eines anderen Unternehmens auszuüben; nicht erforderlich ist hingegen, dass ein solcher Einfluss auch tatsächlich ausgeübt wird (Koppensteiner, Österreichisches und Europäisches Wettwerbesrecht3 § 13 Rz 34; Barfuß/Wollmann/Tahedel, Österrerischisches Kartellrecht 117; Reidlinger/Hartung, Das Österreichische Kartellrecht4, 155; 16 Ok 1/07).
Voraussetzung bei allen Zusammenschlusstatbeständen ist jedenfalls eine gewisse Dauerhaftigkeit der Veränderung der Marktstruktur (Reidlinger/Hartung aaO; vgl. 16 Ok 3/15 z).
II. Gegenstand der kartellgerichtlichen Zusammenschlusskontrolle:
II.1. Berücksichtigt man, dass aufgrund des Telos der Zusammenschlusskontrolle die Zusammenschlusstatbestände objektiv auf ihre konzentrativen Effekte und Auswirkungen auf die Marktstruktur zu überprüfen sind und in diesem Verfahren zu klären ist, ob einer der in § 7 KartG definierten Zusammenschlusstatbestände seinem äußeren Erscheinungsbild nach erfüllt ist (16 Ok 1/07), kann das Verfahren inhaltlich nur über jene Anmeldungen durchgeführt werden, bei denen bereits Klarheit über die genauen Strukturen des Zusammenschlusses und den Zeitplan zur Umsetzung vorliegen (16 Ok 2/20k; 16 Ok 11/16b; 16 Ok 4/97; RS0107572; Solé/Kodek/Völkl-Torggler, aaO, Rz 414).
Die Fusionskontrolle soll und darf demzufolge nicht mit rein hypothetischen Szenarien befasst werden (16 Ok 11/16b; 16 Ok 2/20k).
II.2. Konsequenz daraus ist es auch, dass Eventualanträge bzw. Eventualanmeldungen im Rahmen von Zusammenschlussanmeldungen nicht möglich sind (16 Ok 11/16b; RIS-Justiz RS0107572).
Keine Aufgabe des Zusammenschlusskontrollverfahrens ist es dagegen, über die Wirksamkeit oder Gültigkeit von Erwerbsvorgängen abzusprechen. Darüber ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden, und zwar auch nicht als Vorfrage.
II.3. Ausschließlicher Gegenstand des Zusammenschlusskontrollverfahrens ist es, die Auswirkungen des Erwerbsvorgangs auf den betroffenen Markt aus wettbewerbsrechtlicher Sicht zu beurteilen. Soweit ein angemeldeter Erwerbsvorgang deshalb als „hypothetisch“ einzustufen ist, ist seine Anmeldung unzulässig (16 Ok 2/20h).
III. Anmeldefähigkeit
III.1. Diese Grundsätze des Fusionskontrollverfahrens führen zum Ergebnis, dass ein angemeldeter Zusammenschluss inhaltlich erst dann einer Prüfung unterzogen werden kann, wenn die die konzentrativen Effekte bewirkende Faktenlage aufgrund von konkret dargestellten Rechtsvorgängen klar und unzweifelhaft ist.
Anders gewendet, kann die Zusammenschlussprüfung erst zu einem Zeitpunkt stattfinden, wenn der marktstrukturverändernde Vorgang sowohl zeitlich als auch inhaltlich präzise bestimmt ist.
Vor diesem Zeitpunkt liegt keine Anmeldefähigkeit vor.
III.2. Es würde dem Zweck des Zusammenschlussprüfungsverfahrens widersprechen, wenn der Prüfung wegen ungewisser Sachverhaltsgrundlage mehrere potentielle Szenarien zugrunde zu legen sind, und damit mehrere Prüfungsergebnisse erzielt werden, je nach dem welche konzentrativen Strukturveränderungsprämissen herangezogen werden.
III.3. Dass die Anmeldefähigkeit und damit das Fusionsprüfungsverfahren erst zu einem Zeitpunkt gegeben sein kann, wenn der konzentrative Vorgang klar, bestimmt und präzise ist, lässt sich auch indirekt aus dem Umstand ableiten, dass sowohl das Anmeldeverfahren vor der Bundeswettbewerbsbehörde (Phase I) als auch das Prüfungsverfahren vor dem Kartellgericht (Phase II) zeitlich limitiert ist, und dass das Versäumen der Entscheidungsfrist durch das Kartellgericht nach § 14 KartG dazu führt, dass der Zusammenschluss nicht mehr untersagt werden darf.
Ein Verfahren, das eine derart kurze Entscheidungsfrist vorsieht, und das an das Versäumen der Entscheidungsfrist rechtliche (gestaltende) Konsequenzen knüpft, ist per se gar nicht geeignet, Vorfragen betreffend die Wirksamkeit von Erwerbsvorgängen zu prüfen.
Vielmehr wird durch diese knappe Entscheidungsfrist der aus dem Gesetz ableitbare Telos des Zusammenschlussprüfungsverfahrens, nämlich (ausschließlich) die Veränderung der Marktstruktur zu kontrollieren, besiegelt.
IV. Zusammenschlusstatbestand „beherrschender Einfluss“:
IV.1. Die Antragsgegnerinnen berufen sich bei ihrem Zusammenschlussanmeldung primär auf die Verwirklichung des Zusammenschlusstatbestandes nach § 7 Abs 1 Z 5 KartG, also auf die Erlangung des beherrschenden Einflusses auf die Zielunternehmen als Folge des Stimmzuwachses ohne ihr Zutun nach Einantwortung der Verlassenschaft nach Hans Dichand.
IV.2. § 7 Abs 1 Z 5 KartG gilt als fusionskontrollrechtlicher Auffangtatbestand, der durch „jede sonstige Verbindung von Unternehmen, aufgrund deren ein Unternehmer unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben kann“ erfüllt wird (16 Ok 12/08).
IV.3. Der Begriff des beherrschenden Einflusses im innerstaatlichen Fusionskontrollrecht ist inhaltsgleich mit dem gemeinschaftsrechtlichen Begriff des bestimmenden Einflusses auf die Tätigkeit eines Unternehmens (Art 3 FKVO)(RIS-Justiz RS0123096).
Für das Vorliegen des beherrschenden Einflusses ist entscheidend, ob ein Unternehmen bei den für die Markt- und Wettbewerbsstellung ausschlaggebenden Entscheidungen seine eigenen wettbewerblichen Interessen in einem anderen Unternehmen durchsetzen kann. Dies ist der Fall, wenn es wesentliche Markt- und Wettbewerbsstrategien des Zielunternehmens bestimmen kann.
Der kartellrechtliche Beherrschungsbegriff ist weiter als derjenige des Gesellschaftsrechts: Ein beherrschender Einfluss im Sinn von § 7 Abs 1 Z 5 KartG ist daher jedenfalls anzunehmen, wenn die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen eines Konzerns (vgl. § 15 KartG, § 115 GmbHG) erfüllt sind. Auch wenn diese nicht erfüllt sind, liegt ein Zusammenschluss vor, wenn eine Beherrschung bloß möglich ist, nicht aber tatsächlich ausgeübt wird (16 Ok 12/08; RIS-Justiz RS0123096 [T2]).
IV.4. Im Zusammenhang mit dem Kontrollerwerb wird in Schriftum und Rechtsprechung dabei im Wesentlichen zwischen der gemeinsamen und der alleinigen Kontrolle unterschieden. In jedem Einzelfall ist eine Gesamtwürdigung aller rechtlichen und tatsächlichen Umstände erforderlich (16 Ok 7/07).
IV.5. Aufgrund der im Kartellrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung sind bei der Beurteilung eines Kontrollwechsels nicht nur die derzeit bestehenden Einflussmöglichkeiten, sondern auch bereits absehbare Änderungen der Gestaltung der Satzung zu berücksichtigen (16 Ok 12/08).
IV.6. Alleinige Kontrolle wird erworben, wenn aufgrund einer Gesamtschau aller dem Erwerber zustehenden Einflussmöglichkeiten dieser alleine in der Lage ist, das strategische Wettbewerbsverhalten eines Unternehmens zu bestimmen. Eine Kontrolle liegt nicht nur vor, wenn ein Unternehmen die Stimmrechtsmehrheit an einem anderen Unternehmen hält, sondern etwa auch dann, wenn ein einzelner Gesellschafter strategische Entscheidungen durch ein Veto verhindern, nicht allein jedoch durchsetzen kann (sog „negative alleinige Kontrolle“; 16 Ok 7/07; Hoffer, KartG 133f; Immenga/Körber in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht4 FKVO Art 3 Rz 36 und 72; konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen Rz 54)
IV.7. Die Beurteilung, ob ein beherrschender Einfluss vorliegt, erfordert immer eine Gesamtwürdigung aller rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse (16 Ok 7/07).
Bei dieser Gesamtwürdigung sind nur rechtliche und tatsächliche Umstände zu berücksichtigen, die strukturell verfestigt sind (vgl. 16 Ok 7/07).
V. Konsequenzen für den vorliegenden Fall
Die Prüfung der vorliegenden Anmeldung nach § 7 Abs 1 Z 5 KartG scheitert bereits aus der Überlegung, dass weder die rechtlichen, noch die tatsächlichen Umstände, die eine umfassende Beurteilung der den Antragsgegnerinnen zustehenden Einflussmöglichkeiten auf das strategische Wettbewerbsverhalten der Zielunternehmen zulassen, feststehen. Vielmehr werden die Fakten, die für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung bekannt sein müssten, erst in anhängigen Prozessen geklärt .
Insbesondere ist die Frage der Wirksamkeit der Rahmenvereinbarung, nach der die Stimmgewichtung der Gesellschaftergruppe Dichand und der Gesellschaftergruppe WAZ, paritätisch verteilt ist, essentiell für die Beurteilung des beherrschenden Einflusses und damit für die Subsumierung unter den Zusammenschlusstatbestand des § 7 Abs 1 Z 5 KartG.
Das Schicksal der Rahmenvereinbarung hängt vom Ausgang der Anfechtungsklage gegen den Schiedsspruch der Züricher Handelskammer vom 19.5.2020 ab, sowie vom Ausgang allenfalls weiterer zukünftiger Verfahren im Hinblick auf die weiteren Kündigungsaussprüche der Rahmenvereinbarung durch die Antragsgegnerinnen.
Damit liegt für das Kartellgericht keine klare Faktenlage über die zu prüfenden Umstände vor, die, wie oben unter Punkt III. bereits ausführlich dargelegt, die Anmeldefähigkeit des objektiven stattgefundenen Vorgangs der Eintragung der Stammeinlagen bzw. Gesellschafteranteile an die vier Erben nach Hans Dichand verhindert.
Dass die Beurteilung dieser Rechtsfrage, nämlich der Frage des Bestandes der Rahmenvereinbarung nicht als Vorfrage im gegenständlichen Fusionskontrollverfahren vom Kartellgericht geprüft werden kann, sondern ganz im Gegenteil im Fusionskontrollverfahren die Beantwortung von Vorfragen, insbesondere dann, wenn diese einer Durchführung eines Beweisverfahrens bedürfen, wesensfremd sind, wurde ausführlich unter Punkt II erörtert, worauf hier zu verweisen ist.
Wenn also die Umstände, die als Strukturveränderung vom Kartellgericht einer Prüfung zu unterziehen sind, unklar sind, fehlt es an einer Prozessvoraussetzung für das Zusammenschlussprüfungsverfahren, nämlich der Anmeldefähigkeit.
An das Kartellgericht wurde kein prüfungsfähiger Vorgang zur Beurteilung herangetragen, da die Veränderung der Gesellschafteranteile im Firmenbuch mehrere hypothetische Szenearien betreffend die Frage des beherrschenden Einflusses zulassen, abhängig davon, welche Verträge zur Prüfung herangezogen werden, deren Güligkeit zwischen der Antragsgegnerinnen und der Gesellschaftergruppe Dichand strittig ist. Die Prüfungsanträge waren demzufolge als unzulässig zurückzuweisen
Da es den Amtsparteien mangels Gesetzesgrundlage nicht möglich ist, eine unzulässige Zusammenschlussanmeldung zurückzuweisen, hat diese Zurückweisung über Antrag der Amtsparteien nach § 12 Abs 1 Z 1 KartG durch das Kartellgericht zu erfolgen (OLG Wien 14.9.2011, 29 Kt 46/47/11; Urlesberger in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 12 Rz 3).
Eine solche Zurückweisung des Prüfungsantrages beinhaltet auch eine Zurückweisung der Anmeldung (vgl. Hoffer/Barbist, KartG2, 45 f; Urlesberger aaO).
VI. Zum Einwand der Antragsgegnerinnen der „bestehenden konkreten Absicht eines Kontrollerwerbs“:
Die Antragsgegnerinnen argumentierten, dass sehr wohl ein prüffähiger Vorgang im Anlassfall vorliege, da die Rahmenvereinbarung mehrmals gekündigt worden sei und sogar eine Ausschlussklage gegen die Gesellschafter Dichand eingebracht worden sei, woraus sich ergebe, dass die Antragsgegnerinnen die konkrete Absicht eines Kontrollerwerbes ebenso eindeutig wie bei einem (feindlichen) Übernahmeangebot, bei dem eine Anmeldefähigkeit niemals in Zweifel gezogen würde, bekundeten.
Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
Die Antragsgegnerinnen beziehen sich bei dieser Argumentation auf den Inhalt der Fusionskontrollverordnung. Nach Art 4 Abs 1 1. Satz FKVO sind Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne dieser Verordnung nach Vertragsabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb der die Kontrolle begründenden Beteiligung und vor ihrem Vollzug bei der Kommission anzumelden.
Der zweite Satz des Absatz 1 cit leg lautet:
„Eine Anmeldung ist auch dann möglich, wenn die beteiligten Unternehmen der Kommission gegenüber glaubhaft machen, dass sie gewillt sind, einen Vertrag zu schließen, oder im Fall eines Übernahmeangebots öffentlich ihre Absicht zur Abgabe einer solchen Angebots bekundet haben, sofern der beabsichtigte Vertrag oder das beabsichtigte Angebot zu einem Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung führen würde.“
Der zweite Satz des Absatzes 1 cit leg wurde mit der Novelle 2004 eingefügt und verlegt den Anmeldefähigkeit zeitlich weiter nach vorne und lässt schon bestimmte qualifizierte Vorbereitungshandlungen zur Anmeldung ausreichen (König in Schröter/Jakob/Klotz/Mederer, Europäisches Wettbewerbsrecht2 4. Teil Artikel 4 Rz 6).
Stichtag für die Feststellung der Zuständigkeit der Kommission für einen Zusammenschluss ist das Datum des zuerst eintretenden der folgenden Ereignisse:
Abschluss des rechtsverbindlichen Vertrags, Veröffentlichung des Übernahmeangebots, Erwerb einer Kontrollbeteiligung oder erste Anmeldung (König aaO).
Die Antragstellerinnen berufen sich darauf, dass die wiederholt ausgesprochenen Kündigungen der Rahmenvereinbarung sowie die Gesellschafterausschlussklage eine Bekundung der Absicht eines Übernahmeangebots darstellen.
Zutreffend ist zwar – wie die Antragsgegnerinnen auch ausführen – dass die Erfolgsaussichten des geplanten Übernahmeangebots für die Bejahung der Anmeldefähigkeit nach der FKVO irrelevant sind, jedoch übersehen die Antragsgegnerinnen im Anlassfalls, dass eine dem Artikel 4 Abs 1 2. Satz vergleichbare zeitliche Vorverlagerung der Anmeldefähigkeit durch öffentliche Bekundung eines Übernahmeangebots im KartG nicht existiert.
Damit muss auch nicht näher auf die Frage eingegangen werden, ob der hier zu beurteilende Vorgang einem Übernahmeagebot im Sinne der FKVO gleichzuhalten ist, und ob die mehrfach ausgesprochenen Kündigungen der Vereinbarungen und die Anhängigmachung von Gerichtsverfahren eine öffentliche Bekundung der Übernahmeabsicht iSv Art 4 FKVO darstellt.
Der Vollständigkeitshalber sei erwähnt, dass nach der FKVO die Anmeldefähigkeit dieses Vorgangs erst dann vorliegt, wenn diese Anbotsabsicht öffentlich bekundet wurde, das heißt in der Regel in Form einer Presseerklärung, oder durch Anzeigen in einschlägigen Zeitungen (König aaO Rz 13).
Ob das Verhalten der Antragsgegnerinnen dem gleichgehalten werden kann, muss aber nicht geprüft werden, da es, wie erwähnt, an einer entsprechenden Bestimmung im österreichischen Kartellgesetz fehlt.
VII. Behauptung des prüfungspflichtigen Zusammenschlussvorganges betreffend die Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H.:
In der mündlichen Verhandlung vom 20.5.2020 brachten die Antragsgegnerinnen erstmals vor, dass die Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. nicht Partei der Rahmenvereinbarung aus 1987 sei, weshalb für den Fall, dass das Kartellgericht der Rahmenvereinbarung Bedeutung zumesse, zumindest der Zusammenschlussvorgang für die Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. zu prüfen sei.
Dieses Vorbringen widerspricht den Angaben in der Anmeldung durch die Antragsgegnerinnen. In der Anmeldung führten die Antragsgegnerinnen aus, dass etliche Entscheidungen im Hinblick auf die „Krone-Gesellschaften“ - zu denen nach eigener Definition der Anmelderinnen auch die Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. zu zählen ist – in der Vergangenheit auf Grundlage einer Rahmenvereinbarung zwischen Dichand und WAZ erfolgten.
Weiters beinhaltet die Anmeldung folgenden Passus: „Die Krone-Gesellschaften wurden auf Grundlage einer Rahmenvereinbarung zwischen Dichand und WAZ geführt. Wie bereits in Abschnitt I oben beschrieben, hat FUNKE mehrfach Beendigungs- bzw. Kündigungserklärungen abgegeben und ist die Beendigung oder laut den Dichand Erben der Fortbestand der Rahmenvereinbarung strittig“.
Auch im Schreiben der Antragsgegnerinnen an die BWB vom 10.1.2020 (Beilage ./B) wird die Rahmenvereinbarung vom 5.11.1987 als „Syndikatsvertrag oder sonstige Vereinbarung zwischen den jeweiligen Gesellschaftern der Krone- Gesellschaften“ bezeichnet.
Allein aus dieser Divergenz zwischen Anmeldung und nunmehr erstatteten Vorbringen über den persönlichen Geltungsbereich der Rahmenvereinbarung ergibt sich eine Unklarheit darüber, welche rechtlichen und tatsächlichen Umstände der Zusammenschlussprüfung durch das Kartellgericht zugrundezulegen sind.
Diese unklare Faktenlage führt, wie bereits ausführlich dargelegt, zur fehlenden Anmeldefähigkeit auch hinsichtlich der Vorgänge betreffend die Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H.
Darüberhinaus sind diese Änderungen der Behauptungen zur Anmeldung als Änderung des angemeldeten Sachverhalts zu qualifizieren. Diese neuen Behauptungen sind so gravierend, dass sich die Identität des Zusammenschlusses – und dadurch auch die wettbewerbliche Beurteilung – zwischen Anmeldung und gerichtliche Zusammenschlussprüfungsverfahren geändert hat.
Wenn in so einem Fall die Anmeldung nicht zurückgezogen wird, hat das Kartellgericht mit der Zurückweisung der abgeänderten Anmeldung vorzugehen (16 Ok 2/02; Solé/Kodek/Völkl-Torggler aaO, Rz 409 f; Reidlinger/Hartung aaO, 201 f).
Dass die wettbewerbliche Beurteilung nur hinsichtlich der Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. im Vergleich zur Beurteilung eines Kontrollerwerbs bei allen vier genannten Krone-Gesellschaften nach anderen Kriterien zu erfolgen hat, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. in einem anderen Markt tätig ist, als die anderen drei Krone-Gesellschaften, nämlich in der Vermarktung des Werbefenster Österreichs der RTL-Österreich.
Damit ist die wettbewerbliche Beurteilung des Kontroll- bzw. Anteilserwerbs für diese Gesellschaft isoliert betrachtet nach anderen Maßstäben vorzunehmen als jene des Kontrollerwerbs über alle Krone-Gesellschaften. Der reduzierte Zusammenschlussantrag unterscheidet sich somit nicht nur quantitativ sondern qualitativ von der ursprünglichen Anmeldung, stellt damit ein aliud dar, weshalb der Prüfungsantrag auch nur die Krone Media Aktiv Gesellschaft m.b.H. betreffend zurückzuw eisen war
VIII. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass über die genauen Struktur des angemeldeten Zusammenschlusses keine Klarheit besteht(Reidlinger/Hartung aaO, 201; Solé/Kodek/Völkl-Torggler aaO, Rz 414).
Da Gegenstand des Zusammenschlussprüfungsverfahrens ausschließlich die Kontrolle der eintretenden Veränderung der Marktstruktur ist, und nicht die Beurteilung von mehreren hypothetischen Szenarien, die auf Eventualsachverhaltsannahmen beruhen, waren die hier zu beurteilende Anmeldung und die Prüfungsanträge der Amtsparteien als unzulässig einzustufen, und daher zurückzuweisen.“