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Kategorie:

Kartell

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

128 Kt 10/17s


Bekannt gemacht am:

20.06.2018

Entscheidungsdatum:

19.12.2017


"Über die Antragsgegnerin wird gem § 29 Z 1 lit a iVm § 17 Abs 1 KartG wegen verbotener Durchführung des am 29.9.2017 zu BWB/Z-3657 angemeldeten Zusammenschlusses betreffend den Erwerb von 100 % der Anteile an Datalog Software AG, Deutschland, zumindest im Zeitraum zwischen 6.2.2012 und 28.10.2017, eine Geldbuße von EUR 40.000,-- verhängt.

Begründung:

Die Bundeswettbewerbsbehörde stellte den Antrag, über die Antragsgegnerin wegen Verstoßes gegen das Durchführungsverbot nach § 17 Abs 1 KartG eine Geldbuße von EUR 40.000,-- zu verhängen. Dazu erstattete sie zusammengefasst folgendes Tatsachenvorbringen:

Die Antragsgegnerin, die in den Bereichen Software und IT-Services tätig sei, werde indirekt von der Raiffeisen Informatik GmbH kontrolliert. Die Zielgesellschaft sei ebenfalls in den Bereichen Software und IT-Services tätig gewesen.

Am 29.9.2017 habe die Antragsgegnerin zu BWB/Z-3675 nachträglich den am 6.2.2012 erfolgten Erwerb von 100 % der Anteile der Datalog Software AG, Deutschland, angemeldet. Mangels Stellung eines Prüfungsantrags sei das Durchführungsverbot am 29.10.2017 weggefallen.

Die Transaktion sei schon am 6.2.2012 vollzogen worden. Die beteiligten Unternehmen hätten im Geschäftsjahr 2010/2011 über den in § 9 Abs 1 KartG angegebenen Schwellenwerten liegende Umsätze erzielt, und zwar Comparex einschließlich der Raiffeisen-Informatik-Gruppe weltweit EUR 1.336 Mio, in der EU EUR 1.218,4 Mio und in Österreich EUR 364,1 Mio sowie das Zielunternehmen weltweit EUR 70,5 Mio, in der EU EUR 70,2 Mio und in Österreich EUR 0,742 Mio.

Die Antragsgegnerin habe den Verstoß gegen § 17 KartG gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde anerkannt.

In rechtlicher Hinsicht führte die Bundeswettbewerbsbehörde aus, die vorliegende Transaktion stelle einen Zusammenschluss nach § 7 KartG dar. Das Durchführungsverbot sei erst am 28.10.2017 weggefallen, sodass im Zeitraum zwischen 6.2.2012 und 28.10.2017 der Geldbußentatbestand des § 29 Z 1 lit a iVm § 17 Abs 1 KartG verwirklicht sei.

Zur Höhe der Geldbuße führte die Bundeswettbewerbsbehörde aus, nach der Judikatur zu § 30 KartG sei diese nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu bemessen, wobei insbesondere die Schwere und Dauer der Rechtsverletzung, die erzielte Bereicherung, der Grad des Verschuldens und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen seien. Die Geldbuße müsse eine spürbare Höhe erreichen und zum Ausdruck bringen, das die Unterlassung von Zusammenschlussanmeldungen in Österreich kein „Kavaliersdelikt“ sei.

Im vorliegenden Fall sei eine freiwillige Selbstanzeige durch die Antragsgegnerin erfolgt. Die Rechtsverletzung habe über die lange Dauer von 5 Jahre und 7 Monaten angehalten. Zum Verschulden sei auszuführen, dass es sich bei der Antragstellerin über ein großes, grenzüberschreitendes Unternehmen handle, dessen Verhalten wegen der wettbewerbsrechtlichen Relevanz strenger zu beurteilen sei. Allerdings sei die Anmeldepflicht wegen der geringfügigen Umsätze der Zielgesellschaft von nur etwa 1 % ihres Gesamtumsatzes in Österreich übersehen worden. In Deutschland, wo die Antragsgegnerin 90 % ihrer Umsätze erziele, sei die Transaktion ordnungsgemäß angemeldet worden.

Als Milderungsgrund sei der Beitrag der Antragsgegnerin zur Aufklärung der Rechtsverletzung durch Abgabe eines Anerkenntnisses anzuführen.

In einer Gesamtschau der angeführten Umstände erscheine eine Geldbuße von EUR 40.000,-- angemessen.

Der Bundeskartellanwalt schloss sich dem Vorbringen und den Anträgen der Bundeswettbewerbsbehörde an.

Die Antragsgegnerin stellte das Vorbringen der Bundeswettbewerbsbehörde außer Streit und verwies darauf, dass sich dieses inhaltlich mit dem gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde abgegebenen Anerkenntnis decke.

Da gegen die Richtigkeit dieser Außerstreitstellung, welches auch mit der Zusammenschlussanmeldung vom 29.9.2017 (Beilage ./B) und den übrigen vorgelegten Urkunden im Einklang steht, keine Bedenken bestehen, waren iSd § 33 Abs 1 AußStrG iVm § 38 KartG keine weiteren Erhebungen durchzuführen.

In rechtlicher Hinsicht ist den Parteien zuzustimmen, dass der vorliegende Erwerbsvorgang einen Zusammenschluss nach § 7 KartG darstellt und infolge Überschreitens der Umsatzschwellen des § 9 Abs 1 KartG (und Unterschreitens der Umsatzschwellen des Art 1 Abs 2 FKVO) bei der Bundeswettbewerbsbehörde anzumelden war.

Auch den Erwägungen der Bundeswettbewerbsbehörde zur Höhe der Geldbuße ist grundsätzlich zu folgen. Die Verhängung einer höheren Geldbuße kommt im Hinblick auf § 36 Abs 2 letzter Satz KartG ohnehin nicht in Betracht. Die Verhängung einer niedrigeren Geldbuße wäre im Hinblick auf die relativ lange Dauer des Verstoßes und die Finanzkraft des Konzerns der Antragsgegnerin nicht angemessen. Auch wenn von einem fahrlässigen Verstoß auszugehen ist, den die Antragsgegnerin überdies selbst aufgedeckt hat, muss die Entscheidung zum Ausdruck bringen, dass die Unterlassung von Zusammenschlussanmeldungen in Österreich kein "Kavaliersdelikt" ist (16 Ok 2/13). Die Verhängung einer Geldbuße ist daher schon aus generalpräventiven Erwägungen notwendig, wobei deren Höhe nicht so niedrig zu bemessen ist, dass sie in Relation zur Größe des belangten Unternehmens jegliche spürbare wirtschaftliche Bedeutung verliert.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."


Ausdruck vom: 27.12.2024 01:00:29 MEZ