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Kategorie:

Zusammenschluss

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

25 Kt 12/22k


Bekannt gemacht am:

09.08.2023

Entscheidungsdatum:

22.03.2022


 „Über die Antragsgegnerin wird gemäß § 29 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 17 Abs 1 KartG wegen verbotener Durchführung im Zeitraum vom 15.06.2020 bis 28.01.2022 des am 30.12.2021 nachträglich angemeldeten Zusammenschlusses betreffend den am 15.06.2020 durch Kaufpreiszahlung erfolgten Erwerb von mehr als 50% der Anteile an der und somit der alleinigen Kontrolle über die Universal Gebäudereinigung Gesellschaft m.b.H., FN 46679x, eine Geldbuße in Höhe von EUR 65.000 verhängt.
 
 
Begründung:
Die Bundeswettbewerbsbehörde stellte den Antrag, über die Antragsgegnerin wegen Verstoßes gegen das Durchführungsverbot nach § 17 Abs 1 KartG eine Geldbuße von EUR 65.000-- zu verhängen und begründete dies damit, dass die Antragsgegnerin erst am 30.12.2021 nachträglich den mit 15.6.2020 erfolgten Erwerb von mehr als 50 % der Anteile der und damit der alleinigen Kontrolle über die Universal Gebäudereinigung Gesellschaft m.b.H., Eduard-Bodem-Gasse 6, 6020 Innsbruck angemeldet habe.
Mangels Stellung eines Prüfantrags durch die Amtsparteien sei das Durchführungsverbot mit Wirkung vom 28.1.2022 weggefallen.
Die Umsatzschwellen von § 9 Abs 1 KartG seien im relevanten Geschäftsjahr 2019 überschritten.
Bei der Höhe der beantragten Geldbuße seien mildernd die Selbstanzeige und die Kooperation mit der BWB zu berücksichtigen. Erschwerungsgründe lägen keine vor. Bei der Ausmittlung der beantragten Geldbuße sei weiters die Dauer (15.6.2020 bis 27.1.2022) berücksichtigt worden, sowie, dass der Zusammenschluss keine wettbewerblich negativen Auswirkungen habe und keine Bereicherung durch die Antragsgegnerin eingetreten sei.
Die Antragsgegnerin sei ein grenzüberschreitend tätiges Unternehmen, bei dem grundsätzlich ausreichende Kenntnisse des Fusionskontrollrechts zu erwarten seien, weshalb der Antragsgegnerin die schuldhafte Verletzung des Durchführungsverbots vorzuwerfen sei.
Die Antragsgegnerin stellte das Vorbringen der Bundeswettbewerbsbehörde außer Streit.
 
Folgender Sachverhalt steht außer Streit:
 
Die Antragsgegnerin ist Teil der ADOMO-Gruppe, in der das Dienstleistungsportfolio der Soravia-Gruppe in den Bereichen Asset-, Property- und Facility-Management gebündelt wird. Die ADOMO-Gruppe ist in den Geschäftsbereichen Gebäudereinigung, Schädlingsbekämpfung, Hausbetreuung, Hausverwaltung, Immobilienvermarktung und -beratung, Personalmanagement, Concierge Service, Maler- und Bodenleger, Sicherheitstechnik, Heiztechnik, Klimatechnik sowie Energie- und Gebäudemanagement einschließlich Photovoltaik tätig.
Die Soravia-Gruppe zählt zu den führenden Immobilienkonzernen in Österreich und Deutschland.
Die Universal Gebäudereinigung ist im Reinigungssektor aktiv. Das Leistungsspektrum umfasst die Bereiche Unterhaltsreinigung, Grundreinigung, Fensterreinigung, Baureinigung, Krankenhausreinigung, Industriereinigung, Büroreinigung, Teppichreinigung und Fassadenreinigung.
Die gegenständliche Transaktion umfasste den Erwerb von mehr als 50% der Anteile an der und somit der alleinigen Kontrolle über die Universal Gebäudereinigung Ge-sellschaft m.b.H. („Universal Gebäudereinigung“), Eduard-Bodem-Gasse 6, 6020 Innsbruck, FN 46679 x durch die Antragsgegnerin (im Folgenden der „Zusammenschluss“).
Der Zusammenschluss wurde aufgrund eines am 12.06.2020 abgeschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrages durch Kaufpreiszahlung am 15.06.2020 durchgeführt. Die Eintragung ins Firmenbuch erfolgte am 21.08.2020.
Am 30.12.2021 meldete die Antragsgegnerin nachträglich den durchgeführten Zusammenschluss bei der BWB an (BWB/Z-5832). Die Amtsparteien stellten keinen Prüfungsantrag.
Im Geschäftsjahr 2019 wurden folgende (Konzern-)Umsatzerlöse erzielt:
 
 
Antragsgegnerin
Zielunternehmen
weltweit
EUR x Mrd
EUR x Mio
EU-weit
EUR x Mrd
EUR x Mio
österreichweit
EUR x Mio
EUR x Mio
 
.
 
Beweiswürdigung:
Da gegen die Richtigkeit der außer Streit gestellten Tatsachen, die auch mit dem Inhalt der Zusammenschlussanmeldung und den übrigen vorgelegten Urkunden im Einklang sind, keine Bedenken bestehen, waren gemäß § 33 Abs 1 AußStrG iVm § 38 KartG keine weiteren Erhebungen durchzuführen.
 
In rechtlicher Hinsicht erfüllt der in Prüfung stehende Zusammenschluss infolge Erwerbs von mehr als 50% des Zielunternehmens, und damit der alleinigen Kontrolle über das Zielunternehmen den Tatbestand nach § 7 Abs 1 Z 3 und 5 KartG.
Die Umsätze der Zielgesellschaft und des Konzerns, der die Erwerberin angehört, überschritten im Geschäftsjahr vor der verbotenen Durchführung, somit im Jahr 2019, die in § 9 Abs 1 KartG genannten Umsatzschwellen, weshalb das Vorhaben anmeldepflichtig war.
§ 17 Abs 1 KartG normiert, dass ein anmeldebedürftiger Zusammenschluss erst dann durchgeführt werden darf, wenn die Amtsparteien auf die Stellung eines Prüfungsantrages verzichten oder innerhalb der Antragsfrist keinen Prüfungsantrag gestellt haben.
Gemäß § 17 Abs 3 KartG sind Verträge unwirksam, soweit sie dem Durchführungsverbot widersprechen.
Nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur handelt es sich bei der Rechtsfolge des § 17 Abs 3 KartG um eine bloß schwebende Unwirksamkeit (Urlesberger in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 17 Rz 31). Die betroffenen Verträge treten nach dieser Ansicht, der sich das Kartellgericht anschließt, rückwirkend mit rechtskräftiger Nichtuntersagung des Zusammenschlusses durch das Kartellgericht bzw. nach Ablauf der in § 11 Abs 1 KartG den Amtsparteien eingeräumten Frist zur Stellung eines Zusammenschlussprüfungsverfahrens in Kraft.
Die Antragsgegnerin verstieß daher im Zeitraum zwischen dem erfolgten Erwerb am 15.6.2020 und dem Ablauf der Frist zur Stellung des Prüfungsantrages, die am 27.1.2022 endete, gegen das Durchführungsverbot des § 17 KartG.
Zur Höhe der Geldbuße:
Da sich der Umsatz der Antragsgegnerin im Jahr 2019, das ist das der Zuwiderhandlung vorausgegangene Geschäftsjahr (16 Ok 2/22p), auf EUR x Mrd belief, liegt der Geldbußenentscheidungsrahmen gem § 29 KartG bei EUR x Mio. In Hinblick darauf, dass die hier verhängte Geldbuße, weniger x-Anteil der höchstmöglichen ausmacht, sich damit im untersten Bereich bewegt, ist eine weitere Reduktion nicht in Erwägung zu ziehen. Die vorliegenden Milderungsgründe wurden bei dieser Bemessung ausreichend berücksichtigt.
Die Verhängung einer höheren Geldbuße kommt im Hinblick auf § 36 Abs 2 letzter Satz KartG nicht in Betracht.
 
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

Ausdruck vom: 28.04.2024 09:20:38 MESZ