Veröffentlichung gemäß § 37 Kartellgesetz
Entscheidung des Kartellgerichts
Kategorie:
Zusammenschluss
Aktenzeichen:
25 Kt 6/23d
Fall:
Bundeskartellanwalt
swisspor Holding AG
Creaton South East Europe Kft
Creaton Polska sp.z.o.o.
Creaton Steildach GmbH
kleinformatige Bedachungsmaterialien
Steildach
Tondachziegel
Bekannt gemacht am:
22.07.2024
Entscheidungsdatum:
21.02.2024
Der am 13. Oktober 2023 bei der Bundeswettbewerbsbehörde zu BWB Z-6408 angemeldete Zusammenschluss der Erstantragsgegnerin mit der Zweit-, Dritt-, und Viertantragsgegnerin(Creaton Eastern Business) durch Erwerb sämtlicher Anteile an und alleiniger Kontrolle über die Zweit-, Dritt-, und Viertantragsgegnerin von Clay Tiles Europe SAS, hinsichtlich der Viertantragsgegnerin sofern vor oder gleichzeitig mit dem Erwerb das gesamte österreichische Geschäft von der Creaton Deutschland auf die Viertantragsgegnerin übertragen ist, insbesondere
i. eine für Österreich zuständige Vertriebsorganisation von regionalen Vertriebsexperten samt Anstellungsverträgen zwischen diesen und der Creaton Deutschland;
ii. die Verträge von Creaton Deutschland mit österreichischen Kunden(insbesondere mit Baustoffhändlern und Dachdeckerbetrieben); die Warenlager- und Transportverträge zwischen Creaton Deutschland und der Schachinger Baulogistik GmbH; die Pkw-Leasingverträge zwischen Creaton Deutschland und der Interleasing Gesellschaft mbH & Co.KG; und den Geschäftsraummietvertrag zwischen Creaton Deutschland und dem Vertriebsleiter;
iii. sämtliche am Vollzugstag im Warenlager Schärding befindlichen und als Eigentum von Creaton Deutschland designierten Güter;
iv. sämtliche am Vollzugstag in Österreich befindliche IT- und Geschäftsausstattung im Eigentum von Creaton Deutschland; sowie
v. sämtliche Geschäftsdaten und -unterlagen, die sich auf österreichische Kunden von Creaton Deutschland beziehen (insbesondere Vertriebsplanungen, Kundenlisten, Kundenbestellhistorien, Kundenkorrespondenz und Verkaufsanalysen), wird unter folgenden Auflagennicht untersagt:
Auflagen:
1. Die Erstantragsgegnerinist verpflichtet, im Sinne der Auflagen aus der Primärtransaktion (Zusammenschlussverfahren vor dem Kartellgericht AZ 127 Kt l/23v), sicherzustellen, dass die Creaton South East Europe Kft. im Tondachziegelwerk in Cserpgyr utca 1, 8960 Lenti, Ungarn, Umrüstungen vornehmen wird, sodass in diesem Tondachziegelwerk spätestens zum Ende des dritten auf den Vollzug des Zusammenschlussvorhabens folgenden Kalenderjahres mittelformatige Tondachziegel (das sind solche mit einem Format von 11 bis 13 Stück pro m²) für den österreichischen Bedachungsmarkt für das Steildach produziert werden können, wobei
a) sich das Gesamtinvestitionsvolumen für die Umrüstungsmaßnahmen auf bis zu EUR x Millionen beläuft;
b) die Möglichkeit des Creaton Eastern Business mittelformatige Tondachziegel zusätzlich auch aus anderen Quellen zu beziehen, davon unberührt bleibt; und
c) die Umrüstungsverpflichtung auch als erfüllt gilt, wenn ein zukünftiger Erwerber des Creaton Eastern Business oder dessen Unternehmensgruppe eigens produzierte mittelformatige Tondachziegel am österreichischen Bedachungsmarkt für das Steildach bereitstellt.
2. Weiters ist die Erstantragsgegnerin verpflichtet, im Sinne der Auflagen aus der Primärtransaktion (Zusammenschlussverfahren vor dem Kartellgericht AZ 127 Kt l/23v), sicherzustellen, dass die Creaton South East Europe Kft. den Amtsparteien jeweils bis zum 31. März der vier dem Vollzug des Zusammenschlussvorhabens folgenden Jahre einen kurzen schriftlichen Bericht (per E-Mail) über den Stand der Umrüstungen im Tondachziegelwerk in Lenti, Ungarn, übermittelt, wobei diese Berichtspflicht jedenfalls mit dem Bericht über die Fertigstellung der Umrüstungsarbeiten oder den Eintritt des Falles nach Punkt 1 c) endet.
3. Die Erstantragsgegnerin als Erwerberin des Creaton Eastern Business, ist verpflichtet, die Verpflichtungen gemäß Punkt 1 und Punkt 2 vertraglich vollinhaltlich zu übernehmen, und dafür Sorge zu tragen, dass die Verpflichtungen gemäß Punkt 1 und Punkt 2 auf jeden direkten oder indirekten Rechtsnachfolger sowie nachfolgenden Erwerber des Creaton Eastern Business in gleicher Weise überbunden werden.
4. Die Erstantragsgegnerin ist verpflichtet, für eine Dauer von fünf Kalenderjahren, beginnend mit dem Vollzug des Zusammenschlussvorhabens sicherzustellen, dass das Creaton Eastern Business den Bereich des Vertriebs der Bedachungsprodukte für das Steildach in Österreich mit Personen bearbeiten wird, die in Hinblick auf das Beschäftigungsausmaß x Vollzeitäquivalenten entsprechen, wobei
a. der Vertrieb durch echte und freie Dienstnehmer, wozu auch Handelsvertreter zählen, erfolgen kann, die bei der Creaton South East Europe Kft. oder dem zukünftigen Erwerber des Creaton Eastern Business direkt oder indirekt(zB über eine verbundene Gesellschaft oder einen Vertragspartner der Creaton South East Europe Kft. bzw. einer mit dieser verbundenen Gesellschaft) beschäftigt sind; und
b. eine kurzfristige Unterschreitung der beschäftigten Personenanzahl aufgrund einer betrieblichen Fluktuation unerheblich ist.
5. Die Erstantragsgegnerin ist verpflichtet, sicherzustellen, dass die Creaton South East Europe Kft. den Amtsparteien jeweils bis zum 31. März der sechs dem Vollzug des Zusammenschlussvorhabens folgenden Jahre
a. unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorgaben eine Liste jener Personen einschließlich ihres jeweiligen Beschäftigungsausmaßes schriftlich (per E-Mail) zusendet, die mit dem Vertrieb der Bedachungsprodukte des Eastern Business für das Steildach am österreichischen Markt betraut waren; und
b. die Gesamtmenge und den Gesamtumsatz der vom Eastern Business jeweils im abgelaufenen vorigen Kalenderjahr am österreichischen Markt abgesetzten Tondachziegel schriftlich (per E-Mail) mitteilt.
6. Die Erstantragsgegnerin als Erwerberin des Creaton Eastern Business, ist verpflichtet, die Verpflichtungen gemäß Punkt 4 und Punkt 5 vertraglich vollinhaltlich zu übernehmen, und ist weiters vertraglich verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Verpflichtungen gemäß Punkt 4 und Punkt 5 auf jeden direkten oder indirekten Rechtsnachfolger sowie nachfolgenden Erwerber des Creaton Eastern Business in gleicher Weise überbunden werden.
7. Die Erstantragsgegnerin beabsichtigt, in Folge des gegenständlichen Zusammenschlussvorhabens, Marktanteile im österreichischen Tondachziegelsegment des relevanten Marktes zu gewinnen und ist in diesem Zusammenhang verpflichtet,
a. [vertraulich]
b. vertraulich]
8. Die Erstantragsgegnerin ist verpflichtet
a. zur Beendigung (sowie Berichterstattung über die Beendigung) aller bestehenden und den relevanten Markt betreffenden Geschäftsbeziehungen zwischen der swisspor-Gruppe (einschließlich ihrer bestehenden Mehrheitsbeteiligungen und insbesondere der Zürcher Ziegeleien AG) und der Wienerberger AG (einschließlich ihrer bestehenden Mehrheitsbeteiligungen) und
b. dazu, [vertraullicher eitraum] ab Vollzug des gegenständlichen Zusammenschlussvorhabens, keine den relevanten Markt betreffenden direkten Geschäftsbeziehungen oder strukturellen Verbindungen mit der Wienerberger AG (einschließlich ihrer bestehenden Mehrheitsbeteiligungen) einzugehen, sofern sie nicht für die Realisierung des Carve-Outs sowie die Erfüllung der Auflagen aus der Primärtransaktion zu 127 Kt l/23v erforderlich sind.
9. Sollten sich wesentliche Umstände ändern, die für die Festlegung dieser Auflagen maßgeblich waren (zB wesentliche Änderung der relevanten Marktverhältnisse und/oder der Marktposition von der Erstantragsgegnerin oder dem Creaton Eastern Business), verpflichtet sich die Erstantragsgegnerin mit den Amtsparteien vor Anrufung des Kartellgerichts Gespräche über eine Änderung oder Aufhebung der Auflagen zu führen. Weiters verpflichtet sich die Erstantragsgegnerin in einem derartigen Fall der Umstandsänderung über Initiative der Amtsparteien Gespräche zu führen, ohne dass daraus eine Verpflichtung der Erstantragsgegnerin zur Antragstellung nach § 12 Abs 3 KartG entsteht.
B e g r ü n d u n g
I. Zusammenschlussanmeldung:
Die Erstantragsgegnerin meldeten am 13.10.2023 bei der Bundeswettbewerbsbehörde zu BWB Z-6408 den Zusammenschluss der Erstantragsgegnerin mit der Zweit-, Dritt-, und Viertantragsgegnerin an.
In der von der Erstantragsgegnerin verfassten Zusammenschlussanmeldung wird das Vorhaben zusammengefasst wie folgt beschrieben:
Durch den Zusammenschluss erwirbt die Erstantragsgegnerin 100% der Anteile und die alleinige Kontrolle an der Zweit-, Dritt-, und Viertantragsgegnerin (Creaton Eastern Business).
Das Zusammenschlussvorhaben stehe in einem engen Zusammenhang mit dem kürzlich in Phase 2 vom Oberlandesgericht Wien als Kartellgericht ("KG") zu 127 Kt 1/23v unter Auflagen freigegebenen Zusammenschluss ("Primärtransaktion") betreffend den Erwerb der alleinigen Kontrolle über Terreal Holding S.A.S. und deren Tochterunternehmen ("Terreal Gruppe"), jedoch exklusive der Zielunternehmen durch die Wienerberger AG, Österreich ("Wienerberger"). Die Primärtransaktion umfasse im Wesentlichen das Geschäft von Terreal in Frankreich, Italien, Spanien und den USA sowie das Geschäft von Creaton in Deutschland und den Benelux- Ländern.
Ausweisliches Ziel der kartellgerichtlichen Auflagen der Primärtransaktion sei "die Schaffung eines 'viable competitors' auf dem österreichischen Bedachungsmarkt für das Steildach", also eines Unternehmens, das vor allem mit Wienerberger in dessen Produktbereich – dh bei Tondachziegeln - in effektiven Wettbewerb treten könne.
Zur Absicherung dieses Ziels habe Wienerberger in den Auflagen der Primärtransaktion unter anderem zugesichert, dass Creaton Österreich, eine neu gegründete Gesellschaft, auf die das gesamte österreichische Geschäft der (deutschen) Creaton GmbH ("Creaton Deutschland") übertragen werde, ab dem Vollzugstag übergangsweise weiterhin (i) von Creaton Deutschland beliefert werde ("Lieferverpflichtung") und (ii) die Marke "Creaton" sowie alle weiteren derzeit in Österreich genutzten Markenrechte der Creaton Deutschland verwenden dürfe ("Lizenzierungsverpflichtung"). Darüber hinaus enthielten die Auflagen der Primärtransaktion unter anderem die Verpflichtung zu (iii) Investitionen bis zu EUR x Mio in das Tondachziegelwerk in Lenti, Ungarn, das Teil der Zielunternehmen sei, sodass aus diesem Werk mittelformatige Tondachziegel für den österreichischen Bedachungsmarkt produziert werden können ("Umrüstungsverpflichtung").
Mit dem vorliegenden Zusammenschluss werde das in der Primärtransaktion festgelegte Ziel der Schaffung eines viable competitors auf dem österreichischen Bedachungsmarkt erreicht.
Die Anmelderin definiertin der Anmeldung den betroffenen Geschäftszweig als den der „Herstellung von Ziegeln und sonstiger Baukeramik; Herstellung von Erzeugnissen aus Beton, Zement und Kalksandstein für den Bau“.
In der Zusammenschlussanmeldung wurde als relevanter Markt jener für kleinformatiges Bedachungsmaterial für das Steildach in Österreich herangezogen, in dem sowohl die Anmelderin als auch das Zielunternehmen tätig seien.
Bei Betrachtung des Gesamtmarktes übersteige der gemeinsame Marktanteil der Antragsgegnerinnen die 30% Marktbeherrschungsvermutungsschwelle nicht.
Da der Schwerpunkt der Erwerberin und der Zielunternehmen in unterschiedlichen Teilsegmenten des sachlich relevanten Marktes liegen würden, käme es unter diesem Blickwinkellediglich im Bereich Betondachsteine zu einer Marktsegmentanteilsaddition von [0-5%]. Der Zusammenschluss werfe jedenfalls keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken auf.
II. Anträge und Vorbringen der Parteien:
Der Bundeskartellanwaltstellte am 10.11.2023 fristgerecht den Antrag, den Zusammenschluss gemäß §§ 11 KartG einer Prüfung zu unterziehen.
Der Bundeskartellanwalt brachte im wesentlichen vor:
Zur Anmelderin:
Die beiden Unternehmensgruppen swisspor und Swisspearl seien aufgrund der Kontrolle durch den gemeinsamen Aktionär kartellrechtlich als eine Einheit zu betrachten.
Der Stamm „Swisspor“ habe sich mit der Produktion von (Fassaden-) Dämmmateralien zunächst aus EPS und XPS beschäftigt, das Geschäftsfeld sei jedoch deutlich ausgebaut worden. So habe 2020/2021 Swissporr die Züricher Ziegeleien von Wienerberger erworben, die unter anderem auch Tondachziegel herstelle. Der Stamm Swisspearl (vormals „Eternit“) produziere Faserzement-Baustoffe, wie insbesondere die als „Eternit“-Schindeln bekannten Dach- und Fassadenelemente und sei damit in Österreich Marktführer im Markt für kleinformatige Bedachungsmaterialien für das Steildach. Im Jahr 2022 sei die Swisspearl-Gruppe mit Übernahme des dänischen Faserzementhersteller Cembrit (Werke in Finnland, Tschechien, Ungarn und Polen, 1.400 Mitarbeitern) europäische Nummer 2 der Faserzementhersteller geworden.
Zum Zielunternehmen Creaton Eastern Business(Zweit-, Dritt- und Viertantragsgenerin):
Mit Beschluss vom 13.6.2023 zu 127 Kt 1/23v-43 des Kartellgerichts sei der Erwerb von Creaton durch Wienerberger mit Ausnahme des „Eastern Businesses“ (Zweit- und und Drittantragsgegnerin) und des „Österreich-Geschäfts“ der Creaton Deutschland GmbH unter genau spezifizierten Auflagen, die das Ziel der Schaffung eines viable competitors auf dem österreichischen Bedachungsmarkt für das Steildach verfolgen, nicht untersagt worden.
Zur Begründung für den Carve-Out des Eastern Business und des Österreichgeschäftes werde in der Entscheidung des Kartellgerichts 127 Kt 1/23v ausgeführt:
„Die Übernahme der [Anm:Creaton Gesamt] durch [Anm: Wienerberger] birgt ohne Absicherung des Carve-outs die reale Gefahr, dass innerhalb des Segmentes Tondachziegel ein Unternehmen mit nahezu 90% Umsatzanteil entstehen würde (unter der Annahme, dass der Großteil des bisherigen Creaton-Umsatzes in Österreich der Erstantragsgegnerin zufallen würde). Dies würde in der Folge für die Kunden die Gefahr entstehen lassen, dass keine ausreichenden Ausweichmöglichkeiten auf andere Unternehmen mehr bestehen. Damit wäre aus wettbewerbsökonomischer Sicht wirksamer Wettbewerb gefährdet.“
Dieser in der Primärtransaktion vorgenommene Carve-out des Creaton Eastern Business und des „Österreich Geschäfts“ sei Gegenstand des hier anhängigen Zusammenschlussverfahrens.
Das Zielunternehmen habe auf dem hier relevanten Markt für kleinformatige Bedachungsmaterialen für das Steildach in Österreich 2022 einen Marktanteil nach Umsatz von [5-10%, nach m² einen Marktanteil von 5-10%.
Wettbewerbliche Bedenken:
Bei der vorzunehmenden Marktanteilsaddition ergebe sich aufgrund der Zahlen für 2022 nach dem Zusammenschluss auf dem hier relevanten Markt für kleinformatige Bedachungsmaterialien für das Steildach in Österreich ein gemeinsamer Marktanteil der Zusammenschlusswerber nach Umsatz von 30-40%], nach m² ein Marktanteil von [30-40%].Im Ergebnis führe der Zusammenschluss auf einem Gesamtmarkt für kleinformatige Bedachungsmateralien für das Steildach in Österreich zur Vermutung der Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung.
Darüber hinaus käme es zur Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für kleinformatige Faserzementbedeckungen für das Steildach.
Der Marktanteil von Swisspearl/vormals Eternit im Marktsegment für Faserzement mit über [90-100%]sei deutlich höher als jener von Wienerberger bei Tondachziegeln und aller anderen Marktteilnehmer. Es sei im Bereich Tondachziegel zu berücksichtigen, dass Swisspor 2020/2021 die Züricher Ziegeleien von Wienerberger erworben habe, Wienerberger sei seither auf dem Schweizer Markt nicht mehr präsent [vertrauliche Information]. Durch den hier in Prüfung stehenden Zusammenschluss werdees Swisspearl ermöglicht, seine Position im Marktsegment für Faserzementprodukten gegenüber aggressiven Wettbewerbern auf kleineren und für Swisspearl weniger bedeutsamen Märkten mit deutlich geringeren Kosten lokal zu verteidigen, wodurch sich eine Verstärkung seiner marktbeherrschenden Stellung ergebe.
Darüberhinaus werde mit dem Zusammenschluss auch die Marktbeherrschungsvermutung nach § 4 Abs 2 Z 3 KartG erfüllt, da dann die vier größten Anbieter am Markt mehr als 80% Marktanteil haben.
Die Erstantragsgegnerinwendete sich gegen die Bedenken des Bundeskartellanwaltsund brachte im Wesentlichen vor:
Das Zusammenschlussvorhaben stehe in einem engen Zusammenhang zur Primärtransaktion betreffend den Erwerb der alleinigen Kontrolle durch Wienerberger über die Terreal Gruppe, exklusive dem Creaton Eastern Business.
Ausweisliches Ziel der kartellgerichtlichen Auflagen der Primärtransaktion ("Auflagen der Primärtransaktion") sei die Erhaltung des Creaton Eastern Business als 'viable competitor' auf dem österreichischen Bedachungsmarkt für das Steildach, also ein Unternehmen, das vor allem mit Wienerberger in dessen Kernproduktbereich, dh im Segment Tondachziegel, in effektiven Wettbewerb treten könne. Zur Absicherung dieses Ziels habe Wienerberger in den Auflagen der Primärtransaktion unter anderem zugesichert, dass das Creaton Eastern Business ab dem Vollzugstag übergangsweise weiterhin (i) von Creaton GmbH ("Creaton Deutschland") beliefert werde und (ii) die Marke "Creaton" sowie alle weiteren derzeit in Österreich genutzten Markenrechte der Creaton Deutschland in Österreich verwenden dürfe. Darüber hinaus verpflichten die Auflagen der Primärtransaktion zu (iii) Investitionen bis zu EUR x Mio in das Tondachziegelwerk in Lenti, Ungarn, das Teil der Zielunternehmen sei, sodass aus diesem Werk mittelformatige Tondachziegel für den österreichischen Bedachungsmarkt produziert werden könnten.
Die Erstantragsgegnerin sei imstande (und hat ein veritables Eigeninteresse), alle in den Auflagen vorgesehenen Anforderungen zur Erhaltung des Zielunternehmens als "viable competitor" zu erfüllen. Die Erstantragsgegnerinsei Teil eines namhaften und finanzstarken Unternehmensverbunds, der bereits Erfahrung in der Herstellung und dem Vertrieb von Bedachungsmaterialien für das Steildach habe und über inländische etablierte Vertriebsstrukturen verfüge. Die Erstantragsgegnerin habe zudem ein großes strategisches Interesse an der weiteren Stärkung der Produktionsstandorte des Creaton Eastern Business in Ungarn und Polen, von denen aus sie den österreichischen Markt mit Tondachziegeln bedienen könne. Weiters verfüge die Erstantragsgegnerin über die notwendigen finanziellen Mittel, um bei einem Marktwachstum in Österreich und Südosteuropa weitere Investitionen am Standort Lenti, einem der effizientesten Werke für die Herstellung von Tondachziegeln in der Region, zu tätigen.
Aufgrund der unterschiedlichen Segmente (Tondachziegel, Faserzement, Betondachsteine, Metalleindeckungen) im Markt für kleinformatiges Bedachungsmaterial für das Steildach sei das vorliegende Zusammenschlussvorhaben weitestgehend komplementär. Anders als in der Primärtransaktion gebe es nämlich keine besondere wettbewerbliche Nähe zwischen den Zusammenschlussparteien: die Erstantragsgegnerinsei (mit Ausnahme ihres Schweizer Tondachziegelwerks, die Zürcher Ziegeleien AG "ZZ") bishernicht im Segment Tondachziegel aktiv. Die Zielunternehmen hingegen seien nicht im Segment Faserzement aktiv, mit dem die mit der Erwerberin verbundene Swisspearl Gruppe ("Swisspearl", in Österreich ehemals Eternit) den Großteil ihres Umsatzes erziele. Mit seinem Geschäftsschwerpunkt auf dem Faserzementsegment sei Swisspearl ein sehr ferner Wettbewerber vom Creaton Eastern Business. Überlappungen mit wettbewerblicher Nähe würden sich lediglich im Segment Betondachsteine ergeben, in dem jedoch sowohl Swisspearl als auch das Creaton Eastern Business derzeit im Vergleich zu Wettbewerber BMI eine wettbewerblich untergeordnete Rolle spielten.
Schon ohne Berücksichtigung der wettbewerblichen Distanz wiesen die international üblichen Konzentrationsmaße auf keine wettbewerblichen Bedenken hin. Auch mit Bezug auf den österreichischen Maßstab (Überschreitung von 30%)werde je nach genauer Definition die Vermutungsschwelle entweder knapp unter- oder( nur absatzbasiert) mit [30-40%] minimal überschritten. Die wettbewerbliche Distanz zwischen den Zusammenschlussparteien führe dazu, dass die Auswirkungen des Zusammenschlussvorhabens noch geringer seien, als es durch die Addition der Marktanteile im Gesamtmarkt für kleinformatige Bedachungsmaterialien für das Steildach erscheineund keine negativen unilateralenEffekte eintreten werden. Die vom Bundeskartellanwalt herangezogene besondere "Schadenstheorie", dass sich nur zwei von sechs Anbietern (Erstantragsgegnerin und Wienerberger) abstimmen, sei aufgrund der geringen Marktabdeckung und der Unterschiede zwischen den Anbietern unwahrscheinlich. Da durch den Zusammenschluss keine wettbewerblichen Probleme auftreten werden, sei die Nichtuntersagung auszusprechen.
Die Zweit-, Dritt- und Viertantragsgegnerin bestritten ebenfalls, dass der Zusammenschluss die Wettbewerbssituation verschlechtern würde. Ganz im Gegenteil sei die Erstantragsgegnerin "perfect fit" als Erwerberin des Eastern Business und biete eine aussichtsreiche Zukunft des Eastern Business am österreichischen Markt für kleinformatige Bedachungsmaterialien für das Steildach.Erstantragsgegnerin verfügebereits über Erfahrung auf dem Markt für kleinformatige Bedachungsmaterialien für das Steildach, insbesondere in den für das Eastern Business relevanten Segmenten Tondachziegel und Betondachsteine. Die Erstantragsgegnerin produziere Tondachziegel in dem eigenen Tondachziegelwerk in der Schweiz, und Betondachsteine (sowie Faserzementplatten) am Standort in Vöcklabruck. Darüber hinaus vertreibe diese ihre Produkte mit einer eigenen Vertriebsmannschaft (unter anderem) in Österreich. Dies führt dazu, dass die Erstantragsgegnerin auf dem österreichischen Markt für kleinformatige Bedachungsmaterialien für das Steildach etabliert sei und über ausreichend Know-How verfüge, um so die Geschäftstätigkeiten des Eastern Business bestmöglich weiterzuentwickeln. Darüber hinaus könnten die Zusammenschlussparteien in vielerlei Hinsicht Synergiepotenziale nutzen, nämlich sowohl in Hinblick auf die Produktionskapazitäten, ihre für den österreichischen Markt zuständigen deutschsprachigen und erfahrenen Innendienst- und Vertriebsmitarbeiter, die Erstellung von Vertriebs- und Marketingmaterialien als auch in Hinblick auf IT-basierte Prozessabläufe, welche für die Bedachungsbranche geeignet seien. Somit bleibe das Eastern Business mit Unterstützung der Erstantragsgegnerin dem österreichischen Markt im Tondachziegelsegment als bisher zweitstärkster Wettbewerber erhalten und werde auf Wettbewerber (wie Wienerberger) weiterhin erheblichen (wettbewerblichen) Druck ausüben.
Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht sei das gegenständliche Zusammenschlussvorhaben mit Blick auf den kleinformatigen Bedachungsmarkt für das Steildach unproblematisch, nachdem auf dem österreichischen Gesamtmarkt für kleinformatige Bedachungsmaterialien eine starke Segmentierung nach Materialien (Ton, Beton, Faserzement und Metall) und gewisse Schranken der Substituierbarkeit der Materialien bestünden (Ton und Beton stünden einander deutlich näher als Faserzement und Metall). Außerdem würden der zusammengeschlossenen Einheit mit Wienerberger und BMI gleich zwei starke und finanzkräftige Player gegenüberstehen. Das Zusammenschlussvorhaben sei daher freizugeben.
III. Folgender Sachverhalt steht fest:
1. Beteiligte Unternehmen
1.a. Erstantragsgegnerin (Erwerberin) und verbundene Swisspearl-Gruppe:
Die swisspor gehört zu einer international tätigen und auf das Dämmen und Dichten von Bauten, die Entwicklung von Systemen für energieeffiziente Gebäudehüllen, Wärmedämmung bis hin zur Dachgestaltung spezialisierten Schweizer Unternehmensgruppe, der swisspor Gruppe. Die swisspor Gruppe beschäftigt weltweit rund 4.300 Mitarbeitende und steht im Eigentum der Schweizer Brüder Bernhard Alpstaeg und Georg Alpstaeg.
Die swisspor-Gruppe und die Swisspearl-Gruppe sind[vertrauliche Information] als Unternehmenseinheit zu betrachten.
XX% ihrer Umsätze erzielt swisspor mit Dämmstoffen (dazu zählen klassische Hartschaumdämmplatten und Mineraldämmungen), die in der Schweiz hergestellt werden. Im Inland produziert die swisspor Österreich Wärmedämmstoffe aus expandiertem Polystyrol ("EPS"). In der Schweiz (nicht jedoch in Österreich) produziert swisspor auch Polymerbitumenbahnen, die zur zweilagigen Bauabdichtung auf Baustellen dienen. [vertrauliche Information]
Die swisspor Holding AG erwarb die Zürcher Ziegeleien AG (in der Folge ZZ) von der Wienerberger West European Holding GmbH, einer Tochtergesellschaft der Wienerberger AG: Die ZZ (vormals ZZ Wancor AG), Regensdorf, Schweiz, bietet innovative Lösungen aus Ton für Dächer, Wände und Fassaden aus eigener Schweizer Produktion. Das Produktportfolio der ZZ umfasst Tondachziegel und Backsteine, Dämmstoffe, Solaranlagen und diverses technisches Zubehör. Sowohl der Hauptsitz (Regensdorf) als auch die beiden Produktionsstandorte der ZZ (Laufen und Istighofen) befinden sich in der Schweiz. Von diesen Schweizer Werken werden Tondachziegeln nach Vorarlberg geliefert. Zudem vertreibt die ZZ in sehr geringem Umfang technisches Dachzubehör und Photovoltaikdachprodukte.
Swisspearl (vormals "Eternit") ist ein Hersteller von Faserzement-Baustoffen mit Hauptsitz in Niederurnen, Schweiz. Darüber hinaus verfügt die Swisspearl-Gruppe über neun Produktionsstandorte in Europa (darunter eine in Vöcklabruck, Österreich). In Österreich ist die Swisspearl-Gruppe am Markt für kleinformatige Bedachungsmaterialien für das Steildach und benachbarten Märkten über die Swisspearl Österreich GmbH (vormals Eternit Österreich GmbH) aktiv. Swisspearl produziert an ihrem Standort in Vöcklabruck Faserzementplatten (Dachschindeln, Wellplatten, profilierte Wellplatten) und Betondachsteine und vertreibt zudem in geringem Umfang Unterdeckbahnen, Photovoltaikdachprodukte und Dachzubehör.
Außerhalb des Bereichs Bedachungsmaterialien ist Swisspearl im internationalen Fassaden- und Bauplattengeschäft tätig (Fassadensysteme mit Wärme- und Witterungsschutz und Brandschutz- und Schalldämmeigenschaften sowie wetterfester, atmungsaktiver Bautenschutz für Außenwände in Leichtbauweise).
In Österreich bietet Swisspearl neben Bedachungsmaterialien ebenfalls in geringerem Umfang Produkte für Fassaden und Bauplatten (rd xx% des Gesamtumsatzes), Faserzementplatten für den Innenausbau sowie Gartenartikel (Pflanzengefäße aus Faserzement) und Designmöbel (Tische, Sitzelemente und Accessoires aus Faserzement) an (rd x% des Gesamtumsatzes).
1.b. Zielunternehmen:
Das Zielunternehmen ist das Creaton Eastern Business, das sich aus der Zweit-, Dritt- und Viertantragsgegnerin zusammensetzt.
Die Zweitantragsgegnerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach polnischem Recht (Creaton Polen), die Drittantragsgegnerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach ungarischem Recht (Creaton SEE). Die Viertantragsgegnerin ist eine österreichische Gesellschaft, auf die in Erfüllung des „Carve out“ des Zusammenschlussverfahrens 127 Kt 1/23v (Wienerberger AG/Terrag Holding S.A.S.) das gesamte österreichische Geschäft der Creaton Deutschland übertragen wird, insbesondere:
i. eine für Österreich zuständige Vertriebsorganisation von regionalen Vertriebsexperten samt Anstellungsverträgen zwischen diesen und der Creaton Deutschland;
ii. die Verträge von Creaton Deutschland mit österreichischen Kunden (insbesondere mit Baustoffhändlern und Dachdeckerbetrieben); die Warenlager- und Transportverträge zwischen Creaton Deutschland und der Schachinger baulogistik GmbH; die Pkw-Leasingverträge zwischen Creaton Deutschland und der Interleasing Gesellschaft mbH & Co.KG; und den Geschäftsraummietvertrag zwischen Creaton Deutschland und dem Vertriebsleiter;
iii. sämtliche am Vollzugstag im Warenlager Schärding befindlichen und als Eigentum von Creaton Deutschland designierten Güter;
iv. sämtliche am Vollzugstag in Österreich befindliche IT- und Geschäftsausstattung im Eigentum von Creaton Deutschland; sowie
v. sämtliche Geschäftsdaten und -unterlagen, die sich auf österreichische Kunden von Creaton Deutschland beziehen (insbesondere Vertriebsplanungen, Kundenlisten, Kundenbestellhistorien, Kundenkorrespondenz und Verkaufsanalysen).
Das Zielunternehmen, das in der Produktion von Tondachziegel tätig ist, ist aus dem Zusammenschlusses Wienerberger AG/Terreal Holding S.A.S (hg Az 127 Kt 1/23v) aus Terreal herausgelöst worden (Carve out) und vom Kartellgericht im Beschluss vom 13.6.2023 zu 127 Kt 1/13v von Auflagen, die das Ziel der Schaffung eines „viable competitors“ auf dem österreichischen Bedachungsmarkt für das Steildach verfolgen, betroffen. Die Auflagen sehen eine Liefer- und Lizensierungsvepflichtung von Wienerberger zugunsten Creaton Eastern Business und des Österreich Geschäfts vor. Weiters darf Wienerberger keine Person aus dem Vertriebsdienst von Creaton Eastern Business abwerben.
Schließlich wurde durch die Auflagen Terrag Holding S.A.S. zur Umrüstung des Werkes in Lenti wie folgt verpflichtet:
„Die Zweitantragsgegnerin (Anm: Terrag Holding S.A.S.) ist verpflichtet, sicherzustellen, dass die Creaton South East Europe Kft. im Tondachziegelwerk in Cserépgyár utca 1, 8960 Lenti, Ungarn, Umrüstungen vornehmen wird, sodass in diesem Tondachziegelwerk spätestens zum Ende des dritten auf den Vollzug des Zusammenschlussvorhabens folgenden Kalenderjahres mittelformatige Tondachziegel (das sind solche mit einem Format von 11 bis 13 Stück pro m²) für den österreichischen Bedachungsmarkt für das Steildach produziert werden können, wobei
a) sich das Gesamtinvestitionsvolumen für die Umrüstungsmaßnahmen auf bis zu EUR x Millionen beläuft;
b) die Möglichkeit des Eastern Business mittelformatige Tondachziegel zusätzlich auch aus anderen Quellen zu beziehen, davon unberührt bleibt; und
c) die Umrüstungsverpflichtung auch als erfüllt gilt, wenn ein zukünftiger Erwerber des Eastern Business oder dessen Unternehmensgruppe eigens produzierte mittelformatige Tondachziegel am österreichischen Bedachungsmarkt für das Steildach bereitstellt.
7. Berichtspflicht:
Die Zweitantragsgegnerin ist verpflichtet, sicherzustellen, dass die Creaton South East Europe Kft. den Amtsparteien jeweils bis zum 31. März der vier dem Vollzug des Zusammenschlussvorhabens folgenden Jahre einen kurzen schriftlichen Bericht (per E-Mail) über den Stand der Umrüstungen im Tondachziegelwerk in Lenti, Ungarn, gemäß Punkt 6. übermittelt, wobei diese Berichtspflicht jedenfalls mit dem Bericht über die Fertigstellung der Umrüstungsarbeiten oder den Eintritt des Falles nach Punkt 6 c) endet.
8. Vertragliche Überbindung der Verpflichtungen gemäß Punkt 6 und Punkt 7:
Die Zweitantragsgegnerin ist verpflichtet, ihre Verpflichtungen gemäß Punkt 6 und Punkt 7 mit Vollzug des Carve-out vertraglich vollinhaltlich auf den zukünftigen Erwerber des Eastern Business zu überbinden.[...]“.
Schließlich wurde mit den Auflagen im Beschluss des Kartellgerichts vom 13.6.2023 zu 127 Kt 1/23v Terrag Holding S.A.S. verpflichtet, für eine Dauer von fünf Kalenderjahren beginnend mit dem Tag des Vollzugs des Carve-out sicherzustellen, dass das Eastern Business den Bereich des Vertriebs der Bedachungsprodukte für das Steildach in Österreich mit Personen bearbeitet, die insgesamt mit einem Ausmaß von x Vollzeitäquivalenten beschäftigt sind.
2. Das Zusammenschlussvorhaben:
Die Erstantragsgegnerin erwirbt 100% der Anteile und die alleinige Kontrolle über dieZweit-, Dritt- und Viertantragsgegnerin (Eastern Business). Auf die Viertantragsgegnerin ist vor bzw gleichzeitig mit dem Erwerb durch die Erstantragsgegnerin das gesamte österreichische Geschäft der Creaton Deutschland (siehe oben unter Punkt II.1.b.) zu übertragen.
3. Die Umsätze der Zusammenschlussparteien:
Umsatzerlöse im Geschäftsjahr 2022 in EUR:
Weltweit Österreich
Erstantragsgegnerin 1.147,6 Mio xx Mio
Creaton Eastern Business xxx Mioxx Mio(=2.- 4. Antragsgegnerin)
Für das Geschäftsjahr 2023 liegen der Erstantragsgegnerin noch keine geprüften konsolidierten Umsatzerlöse vor. Die vorläufigen Umsatzerlöse für das Geschäftsjahr 2023 der zur Erstantragsgegnerin zugehörigen Swisspearl Gruppe und des Creaton Eastern Business belaufen sich in EUR auf:
Weltweit Österreich
Swisspearl Gruppe xxx Mio xx Mio
Creaton Eastern Business xx Mio x Mio
(=2.- 4. Antragsgegnerin)
3. Marktabgrenzung:
3.1. Sachlicher Markt:
Es besteht ein gemeinsamer Markt für kleinformatige Bedachungsmaterialien für das Steildach. Nachfrageseitig istsämtliches kleinformatiges Bedachungsmaterial für das Steildach prinzipiell austauschbar. Der Markt weist Segmentierungen auf, und zwar insbesondere die Segmente Tondachziegel, Betondachsteine, Faserzement, Metalldachsteine.
Tondachziegel und Betondachsteine sind die nächsten Substitute zueinander. Beide Arten von Dachsteinen weisen sowohl in den Produkteigenschaften (z.B. Gewicht, Ästhetik, etc) als auch im Preisniveau große Ähnlichkeiten auf. Demgegenüber sind Faserzementplatten als auch (und noch weiter entfernt) Metalldachsteine fernere Substitute. Diese sind z.B. leichter als Tondachziegel oder Betondachsteine, halten länger und sind wesentlich teurer pro Quadratmeter. Auch spielen bei der Frage der Austauschbarkeit die Haptik, Ästhetik, die Verlegeart etc eine Rolle.
Die Differenziertheit der Produkte wird auch durch starke Marken innerhalb der jeweiligen Segmente zum Ausdruck gebracht, die manchmal quasi anstelle des Materials gebräuchlich sind und durchaus auch lokale Konnotationen aufweisen können. Als Beispiele seien genannt: Tondach für Tondachsteine (eher Ostösterreich), Bramac für Betondachsteine, Eternit für Faserzementplatten (Ursprungswerk in Vöcklabruck) und Prefa für Metalldachsteine (NÖ und OÖ).
Als weiteres Merkmal der nachfrageseitigen Substituierbarkeit im relevanten Markt lässt sich eine gewisse Asymmetrie feststellen. So ist ein Umstieg von einem Ton- oder Betondach zu einem Faserzementdach bzw. Metalldach leichter möglich als umgekehrt, da erstere Materialien schwerer sind als Zweitere und die Dachkonstruktion bzw. die Statik dies bereits abbilden muss. Umgekehrt gibt es in (kleinen) Teilbereichen des relevanten Marktes Restriktionen, die nur den Einsatz von Tondachziegeln erlauben (z.B. denkmalgeschützte Bereiche) bzw. existieren Schranken der Substitution (z.B. Nachbarschaftsgefüge, andere Innenstadtrestriktionen). Weiters sind manche, v.a. kleinere Dachdecker - obwohl sie in der Regel alle Materialien verlegen und verlegen können - auf ein Material spezialisiert, mit dem sie den Hauptanteil ihres Umsatzes generieren.
Diestarke Segmentierung nach Materialien setzt der Substituierbarkeit über die Materialien hinweg gewisse Schranken.
3.b. Räumlich relevanter Markt:
Der räumlich relevante Markt ist national abgegrenzt und umfasst Österreich.
4. Marktstellung der Antragsgegnerinnen und ihrer Wettbewerber:
Im österreichischen Markt für kleinformatiges Bedachungsmaterial für das Steildach, das vier Hauptsegmente aufweist, nämlich Faserzement, Tondachziegel, Betondachsteine und Metalldachsteine, haben folgende Unternehmen 2022 die größten Umsatzanteile:
swisspor (Eternit) ist der führende Anbieter von Faserzementprodukten; Wienerberger hat die größten Umsatzanteile im Bereich Tondachziegel; BMI ist führend beim Umsatz von Betondachsteinen und Prefa erzielt die größten Umsätze im Verkauf von Metalldächern. Im jeweiligen Segment liegt der Umsatzanteil im Jahr 2022 von Eternit bei [90-100%], von Prefa bei [70-80%], von Wienerberger bei etwa [70-80%] und von BMI bei etwa [60-70%]. Darüber hinaus bieten kleinere Hersteller bzw. Importeure diese vier Materialien in Österreich an bzw. zusätzlich auch andere Materialien (wie z.B. Holzschindeln, Bitumen etc). Diese Firmen sind als "competitive fringe" zu qualifizieren.
In der Gesamtbetrachtung des festgestellten österreichischen Marktes (kleinformatige Bedachungsmaterialienfür das Steildach) ist die Marktanteilssituation 2022, dh vor dem Zusammenschluss, folgende:
Swisspor (inkl Züricher Ziegeleien)
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[20-30%]
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Wienerberger
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[20-30%]
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BMI
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[10-20%]
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Prefa
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[10-20%]
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Creaton
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[5-10%]
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Die restlichen, auf 100% fehlenden Marktanteile verteilen sich auf zahlreiche kleinere Firmen mit Marktanteilen von jeweils weniger als 3% am Gesamtmarkt.
Der Herfindahl-Hirschmann Index (HHI, die Summe der quadrierten Marktanteile), nimmt in diesem Markt einen Wert von [vertrauliche Information] an, dies unter der Annahme, dass sich die restlichen auf 100% summierenden Marktanteile auf 10 gleich große Firmen aufteilen.
Im Zuge der gegenständlichen Transaktion kommt es zur Addition der Marktanteile von swisspor und Creaton. Damit baut swisspor seine führende Position im gesamten Markt auf einen Marktanteil von [30-40%] aus. Der Marktanteil der größten vier Wettbewerbersteigt von [70-80%] auf [80-90%]. Der HHI steigt dann auf [vertrauliche Information] an, was einer Veränderung („Delta HHI“) von etwa [vertrauliche Information] Punkten entspricht
Marktanteile nach der Transaktion unter Zugrundelegung der Marktdaten aus 2022:
Swisspor (inkl ZZ und Creaton)
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[30-40%]
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Wienerberger
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[20-30%]
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BMI
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[10-20%]
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Prefa
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[10-20%]
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5. Entstehung bzw. Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung oder erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs:
Die fusionierte Einheit erreicht auf dem Markt für kleinformatige Bedachungsmaterialien für das Steildach in Österreich einen Marktanteil von über 30% und die vier größten Unternehmen im betroffenen Markt haben nach dem Zusammenschluss jeweils einen Marktanteil von mehr als 5% und erreichen einen gemeinsamen Marktanteil von mehr als 80%. Damit steigt die Marktkonzentration, die die Kollusionsgefahr steigen lässt.
Folgende Faktoren sind bei dieser Bewertung zu berücksichtigen:
Die vier größten Firmen besitzen vor der Fusion im Durchschnitt einen Marktanteil von etwa [10-20%], nach der Fusion von etwa [20-30%]. Während die Marktkonzentration durch die Fusion also zunimmt, bleibt die Marktstruktur innerhalb der vier größten Firmen relativ konstant. Darüberhinaus ist zu erwarten, dass die Marktanteile von swisspor im Jahr 2023 (wieder) rückläufig sind, da die Sonderfaktoren der Jahre 2021 und 2022 (Sturm und Hagel) im Jahr 2023 nicht mehr so ausgeprägt sind. Marktsymmetrie erhöht die Wahrscheinlichkeit erfolgreicher Kollusion. Zum einen ist der Abweichungsgewinn für kleine Firmen höher und deren Bestrafung schwieriger (weil kostspieliger), d.h. asymmetrische Marktstrukturen sind weniger anfällig für Kollusion. Zum anderen können asymmetrische Marktanteile für andere, zugrundeliegende Strukturfaktoren stehen, die wiederum Kollusion erschweren, zum Beispiel unterschiedliche Kosten- und Nachfragestrukturen oder Produktdifferenzierung.
Die Fusion würde im gegenständlichen Fall die Symmetrie unter den vier größten Firmen senken (bzw. die Asymmetrie erhöhen). So steigt die Standardabweichung der Marktanteile der vier größten Firmen vor der Fusion von x% auf y% nach der Fusion, was einer Abnahme der Symmetrie innerhalb dieser vier Firmen entspricht.
Insgesamt ist jedoch aufgrund der erhöhten Marktkonzentration und des auf dem relevanten Markt häufigen Interagierens zwischen den Marktteilnehmern und der nunmehrigen direkten Anknüpfungspunkte zwischen Wienerberger und swisspor im Segment Tondachsteine und deren zukünftige direkte Wettbewerbsbeziehung in diesem Segment die Kollusionsgefahr bzw die Gefahr des Auftretens von koordinierten Effekten erhöht.
Um diese Gefahr zu bannen, ist es erforderlich, dass die Auflagen der Primärtransaktion (Az 127 Kt 1/23v des Kartellgerichts) sinngemäß auch bei der gegenständlichen Fusion festgelegt werden.
6. Auflagen:
Den zu befürchtenden nachteiligen Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb, wie jene, dass die Gefahr von koordinierten Effekten steigt, kann mit Auflagen begegnet werden.
Demgemäß sind sämtliche vertragliche oder strukturelle Verbindungen va von swisspor mit Wienerberger zu lösen, aber auch Verbindungen ad futuro zwischen diesen zwei Hauptplayern im Markt auszuschließen, was koordinierte Wirkungen verhindert.
Ziel der Auflagen ist es auch, dass das "Eastern Business" als "viable competitor" im österreichischen Tondachsegment auftreten wird. [vertrauliche Information]. Dies ist der beste „Schutz“ vor etwaigen koordinierten Effekten, die durch die erhöhte Marktkonzentration auftreten könnten.
Durch die Investition in Lenti werden weitere Anreize für Swisspor als „viable competitor“ in Österreich aufzutreten, geschaffen, womit ebenfalls kollusiven Tendenzen entgegengewirkt wird.
Zusätzlich wird durch die Auflagen sichergestellt, dass das bereits vorhandene Vertriebsteam in Österreich, welches für ein erfolgreiches Auftreten von Swisspor im Tondachsegement sehr wichtig ist, übernommen wird und operativ tätig sein wird. Auch dies stützt die Anreize dafür als „viable competitor“ tätig zu werden.
IV. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den beteiligten Unternehmen und zum Zusammenschlussvorhaben konnten auf der Grundlage der Fusionsanmeldung Beilage ./A, die in diesen Punkten unbestritten blieb, getroffen werden.
Die Auflagen der Primärtransaktion, auf die in dieser Entscheidung Bezug genommen wird, konnten der zu 127 Kt 1/23v veröffentlichten Zusammenschlussentscheidung entnommen werden.
Die Feststellungen zur Marktabgrenzung gründen sich auf das schlüssige Gutachten des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. Klaus Gugler aus der Primärtransaktion (127 Kt 1/23v), das in diesem Verfahren dargetan wurde und das vom auch in diesem Verfahren bestellten Sachverständigen Univ. Prof. Dr. Gugler ausdrücklich aufrechterhalten wurde. DieKonstatierungen zur Stellung der an der gegenständliche Fusion beteiligten Unternehmen am relevanten Markt und zu den wettbewerbsökonomisch zu erwartenden Auswirkungen des Zusammenschlusses, zu der erhöhten Gefahr des Auftretens von koordinierten Effekten sowie zu den Wirkungsweisen der Auflagen gründen sich auf das in diesem Verfahren eingeholte und von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogene wettbewerbsökonomische Sachverständigengutachten, das stringent und nachvollziehbar begründet ist.
V. Rechtliche Beurteilung
1. Zusammenschlussbegriff:
Als Zusammenschluss im Sinn des Kartellgesetzes gilt ua der unmittelbare oder mittelbare Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft, die Unternehmer ist, durch einen anderen Unternehmer, sowohl dann wenn dadurch ein Beteiligungsgrad von 25%, als auch dann, wenn dadurch ein solcher von 50 % erreicht oder überschritten wird (§ 7 Abs 1 Z 3 KartG).
§ 7 Abs 1 Z 5 KartG definiert als Zusammenschluss auch jede sonstige Verbindung von Unternehmen aufgrund der ein Unternehmer unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben kann.
Durch den im Anlassfall angestrebten Erwerb von sämtlichen Anteilen der Zweit- Dritt- und Viertantragsgegnerin durch die Erstantragsgegnerin wird sowohl der Tatbestand des § 7 Abs 1 Z 3 KartG als auch jener der Z 5 cit leg erfüllt.
2. Anmeldebedürftigkeit:
Da die Umsatzschwellen des Art 1 Abs 2 lit a) und Abs 3 lit d) der EG-Fusionskontrollverordnung nicht erreicht werden, fällt der Zusammenschluss nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung. Damit ist die Frage der Anmeldebedürftigkeit nach dem österreichischen Fusionskontrollregime zu beurteilen.
Zusammenschlüsse bedürfe gemäß § 9 Abs 1 KartG 2005 der Anmeldung bei der Bundeswettbewerbsbehörde, wenn die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss weltweit insgesamt mehr 300 Millionen, im Inland insgesamt mehr als EUR 30 Millionen, davon mindestens zwei Unternehmen mehr als EUR 1 Million, und mindestens zwei Unternehmen weltweit mehr als EUR 5 Millionen an Umsatzerlösen erzielten. Ausgenommen sind Zusammenschlüsse nur dann, wenn eines der beteiligten Unternehmen im Inland mehr als 5 Millionen Euro und die übrigen beteiligten Unternehmen weltweit insgesamt nicht mehr 30 Millionen Euro erzielten.
Da die beteiligten Unternehmen die im Gesetz genannten Umsatzschwellen überschreiten, liegt ein anmeldebedürftiger Zusammenschluss vor.
3. Prüfung des Zusammenschlusses vor dem Kartellgericht:
Ein Zusammenschluss ist gemäß § 12 Abs 1 Z 2 KartG 2005 zu untersagen, wenn zu erwarten ist, dass a) durch den Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung (§ 4 KartG 2005) entsteht oder verstärkt wird oder b) wirksamer Wettbewerb sonst erheblich behindert wird. Andernfalls ist auszusprechen, dass der Zusammenschluss nicht untersagt wird.
Trotz Vorliegens der Untersagungsvoraussetzungen nach § 12 Abs 1 KartG 2005 hat das Kartellgericht gemäß § 12 Abs 2 KartG 2005 auszusprechen, dass der Zusammenschluss nicht untersagt wird, wenn zu erwarten ist, dass durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten, die die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen (§ 12 Abs 2 Z 1 KartG 2005), der Zusammenschluss zur Erhaltung oder Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen notwendig und volkswirtschaftlich gerechtfertigt ist (§ 12 Abs 2 Z 2 KartG 2005), oder die volkswirtschaftlichen Vorteile die Nachteile des Zusammenschlusses erheblich überwiegen (§ 12 Abs 2 Z 3 KartG 2005).
Wenn die Rechtfertigungsgründe nach § 12 Abs 2 KartG nicht vorliegen, kann das Kartellgericht gemäß § 12 Abs 3 KartG aussprechen, dass der Zusammenschluss in Verbindung mit entsprechenden Beschränkungen und Auflagen nicht untersagt wird.
Es ist daher zunächst zu prüfen, ob der Zusammenschluss wegen Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung oder wegen sonstiger erheblicher Behinderung wirksamen Wettbewerbs zu untersagen wäre. Erst in einem weiteren Schritt ist gegebenenfalls auf Auflagen einzugehen.
3.a.Marktabgrenzung:
Bei dieser Prüfung müssen die relevanten Märkte identifiziert werden. Mit der Abgrenzung eines Marktes in seiner sowohl sachlichen als auch räumlichen Dimension soll ermittelt werden, welche konkurrierenden Unternehmen tatsächlich in der Lage sind, dem Verhalten der beteiligten Unternehmen Schranken zu setzen und sie daran zu hindern, sich dem wirksamen Wettbewerbsdruck zu entziehen (RIS-Justiz RS0129158).
Dabei ist nach dem Bedarfsmarktkonzept vorzugehen (§ 23 KartG 2005). Derselbe Markt liegt danach vor, wenn sich die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen in ihren für die Deckung desselben Bedarfs wesentlichen Eigenschaften von anderen unterscheiden und aus Sicht der Bedarfsträger als Marktgegenseite beliebig gegeneinander austauschbar sind. Entscheidend ist die funktionelle Austauschbarkeit der Waren bzw. Leistungen aus Sicht der Marktgegenseite.
Ein sachlich relevanter Markt nach dem Bedarfsmarktkonzept liegt daher vor, wenn sich die zu untersuchenden Waren oder Dienstleistungen durch besondere Merkmale in ihrer für die Bedarfsdeckung wesentlichen Beschaffenheit von anderen spürbar unterscheiden; wesentlich ist eine hinreichende Austausch- bzw. Substituierbarkeit (RIS-Justiz RS0124671; RS0063539).
Die Frage der Marktabgrenzung ist Tatfrage, soweit es dabei um die Feststellung objektiv überprüfbarer Abgrenzungskriterien geht. Die Rechtsfrage in dem Zusammenhang ist die Bewertung der der Marktabgrenzung zugrunde gelegten Methode (RIS-Justiz RS0124421). Da im Anlassfall der Sachverständige wettbewerbsökonomisch allgemein anerkannt Methoden zur Marktabgrenzung herangezogen hat, erübrigen sich weitere rechtliche Erörterungen unter diesem Punkt.
Aufgrund der festgestellten Substituierbarkeit von kleinformatigem Bedachungsmaterialien für das Steildach, somit der Substituierbarkeit der Segmente Tondachziegel, Betondachsteine, Faserzementplatten, Metalldachsteine und sonstiger kleinformatiger Dachmaterialien istvon einem einheitlichen Markt für kleinformatige Bedachungsmaterialien für das Steildach auszugehen.
Der geographisch relevante Markt umfasst das Gebiet, in dem die beteiligten Unternehmer die relevanten Produkte und Dienstleistungen anbieten, sich also als Anbieter und Nachfrager gegenüberstehen, in dem weiters die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich schließlich vom benachbarten Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet (Urlesberger in Petsche/Urlesberger/Vartian KartG2 § 23 Rz 11).
Nach den Feststellungen ist der räumlich relevante Markt national abzugrenzen, er umfasst Österreich.
3.b.Marktbeherrschende Stellung:
Marktbeherrschung liegt nach § 4 KartG 2005 vor, wenn ein Unternehmer, sei es als Anbieter oder Nachfrager, keinem oder nur unwesentlichem Wettbewerb ausgesetzt ist oder eine im Verhältnis zu anderen Wettbewerbern überragende Marktstellung innehat, wobei das Gesetz insbesondere auf die Finanzkraft, die Beziehungen zu anderen Unternehmern, die Zugangsmöglichkeiten zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, die Bedeutung seiner Vermittlungsleistungen für den Zugang anderer Unternehmen zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, den Zugang zu relevanten Daten sowie Umstände verweist, die den Marktzutritt für andere Unternehmer beschränken.
Zu prüfen ist dabei, ob ein Unternehmen in der Lage ist, die Aufrechterhaltung des wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem es die Möglichkeit hat, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und letztlich den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten (RIS-Justiz RS0110205).
Die marktbeherrschende Stellung wird nach § 4 Abs 2 Z 1 KartG 2005 vermutet, wenn ein Unternehmer als Anbieter oder Nachfrager am relevanten Markt einen Anteil von mindestens 30 % hat. Gleiches gilt, wenn er einen Marktanteil von mindestens 5 % hat und zu den vier größten Unternehmern auf diesem Markt gehört, die zusammen einen Anteil von mindestens 80% haben (§ 4 Abs 2 Z 3 leg cit).
Durch das hier in Rede stehende Zusammenschlussvorhaben wird sowohl die Vermutungsschwelle des § 4 Abs 2 Z 1 KartG 2005 [30-34%] als auch jene des § 4 Abs 2 Z 3 KartG [80-90%] überschritten, sodass die Beweislast betreffend das Nichtvorliegen der Marktbeherrschung zum Tragen kommt.
Diesen Beweis sind die Antragsgegnerinnen nicht angetreten, sodass gemäß § 12 Abs 1 Z 2 a KartGiVm § 12 Abs 3 KartG das Vorhaben nur in Verbindung mit Auflagen nicht zu untersagen ist.
Ob auch die Untersagungsvoraussetzungen des § 12 Abs 1 Z 2b KartG (sonstige erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs) vorliegen, musste daher nicht geprüft werden.
3.c. Rechtfertigungsgründe:
Rechtfertigungsgründe iSd § 12 Abs 2 KartG 2005 wurden nicht konkret behauptet und sind beim Markt für kleinformatige Bedachungsmaterialien für das Steildach auch nicht ersichtlich.
4. Auflagen:
Seitens der Antragsgegnerinnen wurden jeweils Verpflichtungszusagen angeboten, die inhaltlich im Wesentlichen unverändert den aus dem Spruch ersichtlichen Auflagen zugrunde liegen. Über diesen Auflagentext konnte Einvernehmen zwischen den Parteien des Verfahrens erzielt werden.
Eine Auflage ist eine Anordnung, mit der den am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Sie müssen so beschaffen sein, dass sie entweder eine marktbeherrschende Stellung nicht entstehen lassen oder deren Verstärkung verhindern oder die Marktbeherrschungseffekte derart abfedern, dass keine negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb eintreten werden oder zu befürchten sind. Sie dürfen auch auf unbestimmte Zeit erlassen werden. Die möglichen Inhalte der Auflagen gibt das Gesetz nicht vor. Auflagen können bloße Verhaltensauflagen oder strukturelle Auflagen sein (RIS-Justiz RS0130902).
Im Anlassfall werden die Gefahren, die von der durch die Fusion bewirkten erhöhten Marktkonzentration ausgehen(Kollusion, koordinierte Effekte) durch die Auflagen nicht nur beseitigt sondern dadurch eine Situation geschaffen, in der im Segment Tondachziegel auf dem österreichischen Markt mit der Erstantragsgegnerin ein „viable competitor“ auftritt, was positive Effekte auf den Wettbewerb im hier relevanten Markt erwarten lässt.
Daher ist gemäß § 12 Abs 1 Z 3 KartG auszusprechen, dass der Zusammenschluss unter diesen Auflagen nicht untersagt wird.
Ausdruck vom: 07.12.2024 06:14:33 MEZ