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Kategorie:

Kartell

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

25 Kt 6/18x


Bekannt gemacht am:

29.01.2019

Entscheidungsdatum:

12.09.2018


Über die Antragsgegnerin wird wegen der vom 18.5.2017 bis 27.3.2018 andauernden verbotenen Durchführung des am 26.2.2018 zu BWB/Z-3846 angemeldeten Zusammenschlusses betreffend den Erwerb des slowenischen Unternehmens Cimos d.d. Avtomobilska Industrija durch die Antragsgegnerin gemäß § 29 Z 1 lit a iVm § 17 Abs 1 KartG eine Geldbuße in der Höhe von EUR 55.000,-- verhängt.


 

Begründung


 

Die Bundeswettbewerbsbehörde stellte den Antrag, über die Antragsgegnerin wegen Verstoß gegen das Durchführungsverbot nach § 17 Abs 1 KartG eine Geldbuße von EUR 55.000,00 zu verhängen und begründete den Antrag damit, dass am 26.02.2018 die Antragsgegnerin nachträglich den am 18.05.2017 erfolgten Erwerb der Cimos d.d. Avtomobilska Industrija bei der Bundeswettbewerbsbehörde angemeldet habe. Mangels Stellung eines Prüfungsantrages durch die Amtsparteien sei das Durchführungsverbot mit Wirkung vom 27.03.2018 weggefallen.

Folgender Sachverhalt steht außer Streit:

Der Zusammenschluss vom 18.05.2017 umfasste den Ankauf der gesamten Geschäftsanteile des slowenischen Unternehmens Cimos durch die slowenische Holding TCH Europe, einer Tochtergesellschaft der TCH. Die Antragsgegnerin ist eine Lieferantin für die Automobilindustrie in den Bereichen Turbolader, Einspritz- und Lenksysteme.

Die erworbene Gesellschaft ist ein slowenischer Lieferant von Automobilteilen in den Bereichen Turbolader, Antriebs- und Bremssysteme. Das Zusammenschlussvorhaben wurde am 18.05.2017 vollzogen.

Die Antragsgegnerin wird von PFH S.P.A. indirekt kontrolliert. PFH ist eine Beteiligungsgesellschaft mit Beteiligungen an Gesellschaften in den unterschiedlichsten Branchen.

Im Geschäftsjahr 2016 erzielten die beteiligten Unternehmen folgende Umsatzerlöse (in Mio. EUR):

Unternehmen

weltweit

EU

Österreich

PFH-Gruppe

xxx

xxx

xxx

Cimos

xxx

xxx

xxx


 

Die BWB führte in ihrem Antrag aus, dass die Transaktion die Umsatzschwellen gemäß § 9 Abs 1 überschritten habe und damit nach dem KartG anmeldepflichtig sei und erst nach Freigabe hätte durchgeführt werden dürfen.

Bei der Höhe der beantragten Geldbuße seien die freiwillige Selbstanzeige durch die Antragsgegnerin, die fehlende negative wettbewerbliche Auswirkung, die Dauer der verbotenen Durchführung (zehn Monate) zu berücksichtigen. Das Verschulden sei als gering zu bewerten, da die Antragsgegnerin der beauftragten Rechtsanwaltskanzlei sämtliche Umsatzdaten für sämtliche infrage kommenden Länder (inklusive Österreich) gemeldet habe. Die Verhandlungen über den Erwerb und die damit verbundene rechtliche Beratung aufgrund der drohenden Insolvenz der Zielgesellschaft habe unter sehr erheblichen Zeitdruck stattgefunden. Als Milderungsgrund sei zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin durch das Anerkenntnis zur Aufklärung der Rechtsverletzung beigetragen habe.

Die Antragsgegnerin verwies in ihrer Stellungnahme auf den Inhalt ihres Anerkenntnisses vom 16.07.2018.

In diesem Anerkenntnis wurde der von der Bundeswettbewerbsbehörde der Antragsgegnerin vorgeworfene Wettbewerbsverstoß, nämlich die verbotene Durchführung im Zeitraum vom 18.05.2017 bis 27.03.2018 zugestanden.

Da gegen die Richtigkeit des von der Antragsgegnerin zugestandenen Verstoßes gegen § 17 KartG, die auch mit der nachträglichen Zusammenschlussanmeldung und den übrigen vorgelegten Urkunden im Einklang stehen, keine Bedenken bestehen, waren gemäß § 33 Abs 1 AußStrG iVm § 38 KartG keine weiteren Erhebungen durchzuführen.

In rechtlicher Hinsicht stellt der vorliegende Erwerbsvorgang einen Zusammenschluss nach § 7 KartG dar, der infolge Überschreitens der Umsatzschwellen des § 9 Abs 1 KartG (und Unterschreitens der Umsatzschwellen des Art 1 Abs 1 FKVO) vor seiner Durchführung bei der Bundeswettbewerbsbehörde anzumelden gewesen wäre. § 17 Abs 1 KartG normiert, dass ein anmeldebedürftiger Zusammenschluss erst dann durchgeführt werden darf, wenn die Amtsparteien auf die Stellung eines Prüfungsantrages verzichten oder innerhalb der Antragsfrist keinen Prüfungsantrag gestellt haben.

Gemäß § 17 Abs 3 KartG sind Verträge unwirksam, soweit sie dem Durchführungsverbot widersprechen. Nach einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Literatur handelt es sich bei der Rechtsfolge des § 17 Abs 3 KartG um eine bloß schwebende Unwirksamkeit (Urlesberger in Petsche/Urlesberger/Vartian, KartG2 § 17 Rz 31). Die betroffenen Verträge treten daher rückwirkend mit rechtskräftiger Nichtuntersagung des Zusammenschlusses durch das Kartellgericht bzw. Ablauf der vierwöchigen Frist zur Stellung eines Prüfungsantrages in Kraft.

Die Antragsgegnerin verletzte daher im Zeitraum zwischen dem erfolgten Erwerb am 18.05.2017 bis zum Ablauf der Prüfungsfrist nach Stellung des Prüfungsantrages, somit bis zum 27.03.2018, gegen das Durchführungsverbot des § 17 KartG.

Zur Höhe der Geldbuße:

Den Erwägungen der Bundeswettbewerbsbehörde zur Höhe der Geldbuße ist zu folgen. Die Verhängung einer höheren Geldbuße kommt im Hinblick auf § 36 Abs 2 letzter Satz KartG nicht in Betracht.

Die Verhängung einer niedrigeren Geldbuße ist schon im Hinblick darauf, dass die beantragte Geldbuße sich ohnedies im ganz unteren Bereich des in § 29 KartG festgelegten Bemessungsrahmens bewegt, der bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes möglich wäre, nicht in Erwägung zu ziehen. Die Verhängung einer Geldbuße sollte in einer Höhe erfolgen, die nicht so niedrig bemessen ist, dass sie in Relation zur Größe des belangten Unternehmens jegliche spürbare wirtschaftliche Bedeutung verlieren würde (OLG Wien, 128 Kt 8/17x; 25 Kt 1/18m).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.


Ausdruck vom: 25.04.2024 22:31:24 MESZ