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Kategorie:

Zusammenschluss

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

25 Kt 1/18m


Bekannt gemacht am:

14.05.2019

Entscheidungsdatum:

24.04.2018


„Über die Antragsgegnerinnen wird gemäß § 29 Z 1 lit a iVm § 17 Abs 1 KartG wegen verbotener Durchführung des am 20. November 2017 zu BWB/Z-3720 angemeldeten Zusammenschlusses betreffend den Erwerb von 66,51% der Anteile an der Zweitantragsgegnerin durch die Erstantragsgegnerin, die vom 20. Juli 2006 bis 19. Dezember 2017 andauerte, zur ungeteilten Hand eine Geldbuße von EUR 100.000,-- verhängt.


 

Begründung


 

Die Bundeswettbewerbsbehörde stellte den Antrag, über die Antragsgegnerinnen wegen Verstoßes gegen das Durchführungsverbot nach § 17 Abs 1 KartG eine Geldbuße von EUR 100.000,-- zu verhängen, und begründete den Antrag damit, dass am 20. November 2017 die Erstantragsgegnerin nachträglich den am 20. Juli 2006 erfolgten Erwerb von 66,51 % der Anteile an der Zweitantragsgegnerin bei der Bundeswettbewerbsbehörde anmeldete. Mangels Stellung eines Prüfungsantrags durch die Amtsparteien sei das Durchführungsverbot mit Wirkung vom 19. Dezember 2017 weggefallen.

Folgender Sachverhalt steht außer Streit:

Die Erstantragsgegnerin verkauft und vermietet unterschiedliche Arten von Containern für diverse Zwecke wie Büro-, Wohn-, Sanitär-, WC-, Lager-, See-Container und erbringt damit verbundene Dienstleistungen wie Beratung und Planung, Montage und Reparatur. Die Büro-, Mannschafts- und Sanitärcontainer werden vornehmlich auf Baustellen (Baubüros, Bausanitäreinrichtungen) und als mobile Bauten (vorübergehende Büros, Unterkünfte, Notquartiere) verwendet. Außer an Bauunternehmen direkt erfolgt der Verkauf von Büro-, Mannschafts- und Sanitärcontainern ua an Händler, Gewerbe- und Industriebetriebe, an den kommunalen Bereich, Oil/Gas/Mailing-Anlagenbau– und Energieunternehmen. Die AKF Privatstiftung ihrerseits beherrsche neben der Erstantragsgegnerin auch die unter den Delta Beteiligungs-AG zusammengefasste Waltergruppe, bestehend insbesondere aus Walter Liegenschaften GmbH, Walter Lager-Betriebe GmbH, LKW Walter Internationale Transportorganisation AG und Walter Business-Park GmbH. Die Zweitantragsgegnerin ist Produzent von Containern und für die Erstantragsgegnerin seit 1997 ein Zulieferer für Büro- und Sanitärcontainer, die in Tschechien am Standort Zlate Hory nach Plänen und Knowhow der Erstantragsgegnerin produziert werden.

Am 20. Juli 2006 erwarb die Erstantragsgegnerin 66,51 % der Anteile an der Zweitantragsgegnerin.

Im Geschäftsjahr 2005/2006 erzielten die beteiligten Unternehmen folgende Umsatzerlöse:


 

Umsätze (gerundet EUR)

Weltweit

EU

Österreich

Zweitantragsgegnerin

12,1 Mio

12,1 Mio

10,8 Mio

AKF-Privatstiftung einschließlich der verbundenen Unternehmen

1.167,5 Mio

832 Mio

106 Mio

Die BWB führte in ihrem Antrag aus, dass die Transaktion die Umsatzschwellen gemäß § 9 Abs 1 KartG überschritten habe und damit nach dem KartG anmeldepflichtig sei und erst nach Freigabe durchgeführt werden dürfe. Das Durchführungsverbot sei erst mit Wirkung vom 19. Dezember 2017 mit Ablauf der Prüfungsfrist nach Stellung des Prüfungsantrages am 20. November 2017 weggefallen. Bei der Höhe der beantragten Geldbuße sei die freiwillige Selbstanzeige durch die Antragsgegnerinnen, die fehlende negative wettbewerblichen Auswirkung des Zusammenschlusses berücksichtigt worden. Mildernd habe sich weiters ausgewirkt, dass die Antragsgegnerinnen durch das Anerkenntnis zur Aufklärung der Rechtsverletzung beigetragen haben. Erschwerend bei der Ausmittlung des Bußgeldes sei die Dauer von insgesamt elf Jahren und fünf Monaten des Kartellgesetzverstoßes, und der Umstand, dass es sich um ein großes grenzüberschreitendes tätiges Unternehmen handle, bei dem grundsätzlich ausreichende Kenntnisse des Europäischen Fusionsrechts zu erwarten sei, ins Kalkül zu ziehen.

Die Antragsgegnerinnen verwiesen in ihren Stellungnahme auf das von ihnen abgegebenen Anerkenntnis vom 5. Februar 2018 (Beilage ./D). Sie erachteten jedoch noch weitere Milderungsgründe berücksichtigungswürdig: Die Erstantragsgegnerin habe vor dem Zusammenschluss im Jahr 2006 keine relevanten Erfahrungen mit Unternehmenserwerbungen gehabt, bei bloßer Betrachtung der Umsätze unter der Holdingmutter der Erstantragstellerin würden die zusammenschlussrechtlich relevanten Umsatzschwellen nicht überschritten werden. Lediglich bei Einrechnung auch der Umsätze der anderen Gesellschaften würden die Schwellen überschritten werden. Der Zulieferer habe keinen signifikanten Österreichbezug gehabt. Die Zusammenschlussanmeldung sei nachgeholt worden, sei jedoch in jeder Hinsicht untersagungsfern gewesen, weshalb die Verspätung der Anzeige bloß ein Formfehler, der keinen Schaden versucht habe, gewesen sei. Aus diesen Gründen sei liege die Höhe der adäquaten Geldbuße deutlich unter EUR 100.000,--.

Die Entscheidung über die Geldbuße beruht auf dem außerstreitgestellten Sachverhalt.


 

Da gegen die Richtigkeit der außer Streit gestellten Tatsachen, die auch mit der Zusammenschlussanmeldung vom 3. August 2017 und den übrigen vorgelegten Urkunden im Einklang stehen, keine Bedenken bestehen, waren gemäß § 38 Abs 1 AußStrG iVm § 33 KartG keine weiteren Erhebungen durchzuführen.

 

In rechtlicher Hinsicht stellt der vorliegende Erwerbsvorgang einen Zusammenschluss nach § 7 KartG dar, der in Folge Überschreitens der Umsatzschwellen des § 9 Abs 1 KartG (und Unterschreitens der Umsatzschwellen des Art 1 Abs 2 FKVO) vor seiner Durchführung bei der Bundeswettbewerbsbehörde anzumelden gewesen wäre.

Zur Höhe der Geldbuße:


 

Den Erwägungen der Bundeswettbewerbsbehörde zur Höhe der Geldbuße ist zu folgen.

 

Die Verhängung einer höheren Geldbuße kommt im Hinblick auf § 36 Abs 2 letzter Satz KartG nicht in Betracht.

Die Verhängung einer niedrigeren Geldbuße ist im Hinblick auf die sehr lange Dauer des Verstoßes und der hohen Finanzkraft des Konzerns, der die Erstantragsstellerin angehört, nicht angemessen.


 

Auch wenn von einem fahrlässigen Verstoß auszugehen ist, ist mit dem Bußgeld zum Ausdruck zu bringen, dass die Unterlassung von Zusammenschlussanmeldungen in Österreich kein „Kavaliersdelikt“ ist (16 Ok 2/13). Wenn die Antragsgegnerinnen meinen, dass es sich lediglich um einen Formalfehler gehandelt habe, der keinen wettbewerblichen Schaden verursacht habe, so ist ihnen zu entgegnen, dass auch in diesem Fall das Delikt der verbotenen Durchführung mangels rechtzeitiger Anmeldung verwirklicht wurde, und dass das von der BWB beantragte Bußgeld in der Höhe von EUR 100.000,-- ohnedies im ganz unteren Bereich der möglichen Geldbuße liegt, die bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des im voraus gegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatz verhängt werden könnte.


 

Damit sieht das Kartellgericht keinen Anlass die bereits niederschwellig beantragte Geldbuße der BWB noch weiter zu reduzieren. Die Verhängung einer Geldbuße sollte in einer Höhe erfolgen, die nicht so niedrig bemessen ist, dass sie in Relation zur Größe des belangten Unternehmens jegliche spürbare wirtschaftliche Bedeutung verlieren würde (OLG Wien 128 Kt 8/17 x).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“


Ausdruck vom: 29.03.2024 06:43:28 MEZ