zur Navigation
Kategorie:

Zusammenschluss

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

29 Kt 14/16


Bekannt gemacht am:

27.02.2017

Entscheidungsdatum:

18.10.2016


"Über die Antragsgegnerin wird gem § 29 Z 2 lit b KartG wegen unrichtiger und irreführender Angaben in der Zusammenschlussanmeldung BWB/Z-2695 vom 19.6.2015, nämlich indem sie - trotz von den Amtsparteien geäußerter Bedenken hinsichtlich einer möglichen Marktanteilsaddition auf dem Markt des Papiergroßhandels - Berührungspunkte zu diesem Geschäftsbereich unerwähnt ließ und dadurch den Eindruck vermittelte, es sei eine klare Abgrenzung der Assets des Bereichs Werbetechnik von den übrigen Unternehmensteilen, also insbesondere dem Papiergroßhandel möglich und es werde eine Übernahme weiterer Assets aus dem Papiergroßhandel - mit Ausnahme des Papierwarenlagers - weder unmittelbar bewirkt noch angestrebt, eine Geldbuße von EUR 750.000,-- verhängt.

Begründung:

Folgender Sachverhalt steht außer Streit:

Am 19.6.2015 meldete die Antragsgegnerin die Übernahme des Geschäftsbereichs Werbetechnik der PaperNet GmbH sowie den Erwerb des „derzeitigen Lagerbestandes“ - in der Anmeldung beschrieben durch Anlage 4, die eine Auflistung von Kurzbezeichnungen und Artikelnummern enthielt - bei der Bundeswettbewerbsbehörde unter der Geschäftszahl BWB/Z-2695 als Zusammenschluss gem § 9 KartG an.

Dieser Anmeldung waren (seit März 2015) Vorgespräche vorangegangen, die zunächst auf die Übernahme des Gesamtunternehmens der PaperNet (also insbesondere einschließlich des Geschäftsbereichs Papiergroßhandel) gerichtet gewesen waren. Als Ergebnis dieser Gespräche wurde durch die Amtsparteien der Erwerb des Geschäftsbereiches Werbetechnik sowie des Warenlagers als unbedenklich eingestuft. Bezüglich des Warenlagers war dabei ausdrücklich vom „Lagerbestand an Papier“ die Rede gewesen. Nebenher war auch die mögliche Anstellung von Mitarbeitern aus dem Bereich Papiergroßhandel wiederholt Thema dieser Gespräche. Die mehrfach kommunizierte Haltung der Amtsparteien dazu war, dass ein Übergang von Mitarbeitern zu einer abweichenden wettbewerblichen Beurteilung führen könnte. Durch die Antragsgegnerin bzw deren damalige Rechtsvertreter wurde im Vorfeld der Anmeldung vom 12.6.2015 festgehalten, dass der Kaufvertrag eine Übernahme von Mitarbeitern nicht vorsieht und eine solche derzeit auch nicht angestrebt werde bzw dass Mitarbeiter samt ihrer Kundenkontakte von diesem Warenkauf unberührt blieben.

Demgegenüber bot der Masseverwalter der PaperNet die Werbetechnik nicht gesondert zum Verkauf an, sondern nur „im Paket“ mit den übrigen Assets. Die Antragsgegnerin gab am 29.5.2015 gegenüber dem Masseverwalter ein indikatives Angebot für den Erwerb von Assets der PaperNet ab, das neben dem Bereich Werbetechnik insbesondere auch das Warenlager samt Ausstattung umfasste. Der zwischen der Antragsgegnerin und dem Masseverwalter geschlossene Kaufvertrag vom 18.6.2015 umfasste Teile der Lager- und Geschäftsausstattung (Lager- und Büroeinrichtung, Maschinen, Stapler) sowie immaterielle Vermögenswerte (Softwarelizenzen, Marken), die teilweise sowohl dem Geschäftsbereich Werbetechnik als auch dem Geschäftsbereich Papiergroßhandel zugeordnet werden konnten, so etwa auch die Inernet-Domain und die (Haupt-)Telefonnummer, die jeweils dem Gesamtunternehmen zurechenbar waren. Weiters hatte ein Bereichsleiter der Werbetechnik auch Leitungsfunktionen im Bereich des Papiergroßhandels innegehabt. Außerdem wurden fortlaufend von Jänner bis Juli 2015 auf die Begründung eines Dienstverhältnisses gerichtete Gespräche mit einem Teil der ehemaligen Papernet-Vertriebsmitarbeiter des Geschäftsbereichs Papiergroßhandel geführt.

Die Bundeswettbewerbsbehörde und der Bundeskartellanwalt stellten zuletzt jeweils gesondert den aus dem Spruch ersichtlichen Antrag. Zur Höhe der beantragten Geldbuße führte die Bundeswettbewerbsbehörde aus, der relevante konsolidierte Umsatz der gesamten Heinzel-Gruppe (der die Antragsgegnerin konzernmäßig angehört) habe sich im Geschäftsjahr 2015 auf EUR 1.480,4 Mio belaufen. [...]

Der mögliche Höchstbetrag für eine Geldbuße nach § 29 Z 2 KartG betrage daher EUR 14,8 Mio. Nach der Judikatur sei die Geldbuße innerhalb dieser Obergrenze im Wege einer rechtlichen und wirtschaftlichen Gesamtwürdigung aller Umstände unter Berücksichtigung der nicht taxativ aufgezählten gesetzlichen Bemessungsfaktoren sowie der Umstände des Einzelfalls und des Kontextes der Zuwiderhandlung festzusetzen. Der Gesetzgeber habe durch die abgestufte Strafdrohung in den beiden Ziffern des § 29 KartG bereits eine Wertung hinsichtlich der abstrakten Schwere von Verstößen gegen das KartG vorgenommen. Unrichtige oder irreführende Angaben in einer Zusammenschlussanmeldung seien demnach der Kategorie der „formalen“ Verstöße zugeordnet, die als „an sich“ weniger schwerwiegend eingestuft würden und daher mit einem geringeren Strafmaß bedroht seien als die in Z 1 leg cit zusammengefassten „materiellen“ Verstöße.

Unter Bezugnahme auf die Kriterien des § 30 KartG sei der vorliegende Verstoß innerhalb der Kategorie des § 29 Z 2 KartG als schwer zu bewerten, weil durch die unrichtigen/irreführenden Angaben ein falsches Bild von den durch den angemeldeten Zusammenschluss berührten sachlich relevanten Märkten vermittelt worden sei. Dadurch sei nicht nur eine inhaltliche Prüfung möglicher Auswirkungen auf den Bereich des Papiergroßhandels unterblieben, vielmehr sei sogar ein vorzeitiger Verzicht auf die Stellung eines Prüfungsantrags bewirkt worden. Ein solcher wäre in voller Kenntnis der Umstände nicht abgegeben worden, zumal die Amtsparteien im Vorfeld der Anmeldung ihre wettbewerbsrechtlichen Bedenken betreffend den Papiergroßhandel mehrfach geäußert hätten und die vermeintliche „Einschränkung“ auf den Bereich „Werbetechnik“ die direkte Reaktion darauf gewesen sei.

Die Kriterien der erzielten Bereicherung und der Dauer des Verstoßes seien im vorliegenden Fall hingegen von untergeordneter Bedeutung bzw nicht feststellbar.

Die unrichtige und irreführende Darstellung der Tragweite des Zusammenschlusses sei der Antragsgegnerin jedenfalls als Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt zuzurechnen.

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Antragsgegnerin sei angesichts der genannten Umsatzerlöse und Jahresüberschüsse als beträchtlich einzustufen, und zwar sowohl betreffend die gesamte Heinzel-Gruppe als auch im Hinblick auf die unmittelbar betroffene österreichische Europapier-Gruppe.

Nach der Judikatur komme der Geldbuße nach dem Willen des Gesetzgebers auch eine Präventionsfunktion zu, weshalb Geldbußen eine ausreichend abschreckende Wirkung zu entfalten hätten. Neben dem generalpräventiven Aspekt zur Erhaltung einer hohen Anmeldedisziplin komme hier angesichts der Verhaltens der Antragsgegnerin dem spezialpräventiven Aspekt eine besondere Bedeutung zu, zumal nach der Judikatur an größere, insbesondere grenzüberschreitende Unternehmen ein strenger Sorgfaltsmaßstab anzulegen sei.

Als mildernd sei zu werten, dass die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren die vorgeworfenen Verfehlungen zugestanden und durch Abgabe eines Anerkenntnisses zu einer raschen Verfahrensbeendigung beigetragen habe.

Bei Würdigung dieser Faktoren erscheine eine Geldbuße von EUR 750.000,--, das seien rund 5 % des möglichen Höchstbetrags bzw rund 0,5 Promille des relevanten Gesamtumsatzes, als angemessen. Dies stehe auch im Einklang mit der bisher einzigen oberstgerichtlichen Entscheidung zu einem Tatbestand des § 29 Z 2 KartG.

Die Antragsgegnerin stellte das Tatsachenvorbringen der Amtsparteien, auf dem der eingangs wiedergegebene Sachverhalt gründet, außer Streit.

Da gegen die Richtigkeit dieser Außerstreitstellung, die auch mit den vorgelegten Urkunden sowie den Ergebnissen des Verfahrens 29 Kt 44,45/15 im Einklang steht, keine Bedenken bestehen, waren iSd § 33 Abs 1 AußStrG iVm § 38 KartG keine weiteren Erhebungen durchzuführen.

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

Gem § 29 Z 2 lit b KartG ist über ein Unternehmen, das in einer Zusammenschlussanmeldung nach § 9 unrichtige oder irreführende Angaben macht, eine Geldbuße bis zu einem Höchstbetrag von 1% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes zu verhängen. Unrichtig ist eine Angabe dann, wenn sie in ihrer Gesamtheit geeignet ist, beim Adressaten ein in erheblichen Punkten von der Wirklichkeit abweichendes Bild vom angezeigten Sachverhalt herbeizuführen (16 Ok 52/05). Irreführende Angaben setzen voraus, dass die erteilte Auskunft bei isolierter Betrachtung zwar zutreffend ist, aber in einem Kontext dargestellt wird, der ihnen eine andere Bedeutung gibt. Die Umstände und Verhältnisse werden zwar richtig dargestellt, ihre Erkennbarkeit wird aber so erschwert, dass die Gefahr einer unzutreffenden Beurteilung durch die prüfende Behörde besteht (Traugott in Petsche/Urlesberger/Vartian KartG² § 29 Rz 38 mwN).

Gegenstand der Fusionskontrolle ist die Überprüfung des angemeldeten Vorhabens darauf, ob damit eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird. Dazu gehört zwangsläufig auch eine Überprüfung der Angaben in der Anmeldung über die Einschätzung der relevanten Märkte und der Stellung der beteiligten Parteien auf diesen Märkten. Die Angaben in der Anmeldung über das angemeldete Vorhaben sind hingegen nicht Gegenstand der Überprüfung, sondern deren Ausgangspunkt. Wie sich aus den Bestimmungen der §§ 16 und 17 KartG, insbesondere aber auch aus dem hier interessierenden Geldbußentatbestand des § 29 Z 2 lit b KartG ergibt, liegt die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Angaben in der Verantwortung der beteiligten Unternehmen.

Es liegt im Wesen eines Asset-Deals, dass nur in seiner Gesamtheit überprüfbar ist, ob wesentliche Unternehmensteile oder die Ausübung eines bestimmenden Einflusses erworben werden. Wäre es zulässig, einen einheitlichen Asset-Deal in kleine, für sich alleine nicht anmeldepflichtige Portionen zu zerteilen, könnte auf diese Weise wohl jeder Asset-Deal der Fusionskontrolle entzogen werden. Gleiches gilt sinngemäß für den Fall der teilweisen Anmeldung eines Asset-Deals. Sowohl die Anmeldedürftigkeit des Vorhabens nach § 7 Abs 1 Z 1 oder § 7 Abs 1 Z 5 KartG als auch die wettbewerblichen Auswirkungen der Transaktion im Hinblick auf das Entstehen oder die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung können nur in Bezug auf die Gesamtheit der erworbenen Assets beurteilt werden.

§ 29 Z 2 lit b knüpft nur an die unrichtige oder unvollständige Darstellung des Zusammenschlusses an, nicht aber daran, ob dem Zusammenschluss bei richtiger Darstellung die Freigabe im Ergebnis versagt worden wäre. Ein „erheblicher Punkt“ im Sinne der oben zitierten Judikatur liegt daher schon dann vor, wenn die irreführende Darstellung des Zusammenschlussvorhabens objektiv geeignet ist, bestimmte Aspekte der Einbeziehung in die Prüfung durch die Wettbewerbsbehörden zu entziehen. Die Beurteilung, welche Aspekte für die Prüfung wesentlich sind, obliegt nicht dem anmeldenden Unternehmen, sondern den Wettbewerbsbehörden.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem außer Streit stehenden Sachverhalt, dass die Anmelderin vom Masseverwalter der PaperNet mit Kaufvertrag vom 18.6.2015 neben dem Bereich Werbetechnik auch die Geschäfts- und Betriebsausstattung, den Warenbestand sowie Immaterialgüterrechte des Gesamtunternehmes erwarb. Diese Transaktion ist - abgesehen vom Erwerb in einem einheitlichen Kaufvertrag - schon deshalb als Einheit zu betrachten, weil sowohl die Geschäfts- und Betriebsausstattung als auch ein Teil der übernommenen Immaterialgüterrechte zuvor beiden Unternehmensbereichen zugeordnet war. Diese einheitliche Transaktion war nur zum Teil Gegenstand der Anmeldung vom 19.6.2015 betreffend den Bereich „Werbetechnik“. In dieser wurde als einziger Berührungspunkt zum Markt des Papiergroßhandels der Erwerb des Warenlagers (Papierlagers) erwähnt. Dies musste objektiv den unrichtigen Eindruck erwecken, dass ansonsten die beiden Unternehmensbereiche klar zu trennen seien und die Transaktion daher den Bereich Papiergroßhandel darüber hinaus nicht betrifft. Außerdem war im Zeitpunkt der Anmeldung auch die Anstellung von früheren (auch) im Bereich des Papiergroßhandels tätigen Mitarbeitern der PaperNet geplant, was in der Zusammenschlussanmeldung ebenfalls nicht erwähnt wurde.

Mag auch der Erwerb der einzelnen mit dem Kaufvertrag erworbenen Güter bzw Güterkategorien (auch) aus dem Bereich des Papiergroßhandels sowie die geplante Übernahme einzelner Mitarbeiter aus diesem Bereich jeweils für sich alleine betrachtet für eine wettbewerbsrechtliche Prüfung nicht von Interesse gewesen sein, handelte es sich dabei in einer gesamtheitlichen Betrachtung jedenfalls um einen „erheblichen Punkt“ im Sinne der oben zitierten Judikatur, weil die unrichtige bzw irreführende Darstellung der Transaktion objektiv geeignet war, eine Prüfung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Markt des Papiergroßhandels zu verhindern. Dies veranlasste im vorliegenden Fall die Amtsparteien sogar zur vorzeitigen Erklärung eines Verzichts auf die Stellung eines Prüfungsantrags, den sie bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht bzw zumindest nicht ohne nähere Prüfung abgegeben hätten.

Die Antragsgegnerin hat daher objektiv den Tatbestand des § 29 Z 2 lit b verwirklicht. Ob die in erheblichen Punkten verkürzte Darstellung der Transaktion in der Zusammenschlussanmeldung vom 19.6.2015 begrifflich als „unrichtig“ oder als „irreführend“ zu qualifizieren ist, kann angesichts der identen Rechtsfolgen dahingestellt bleiben.

Auch ein Verschulden der Antragsgegnerin ist hier jedenfalls zu bejahen. Einem sorgfältigen Anmelder muss schon allgemein klar sein, dass die verkürzte Darstellung eines Asset-Deals objektiv geeignet ist, eine umfassende Prüfung durch die Wettbewerbsbehörden zu verhindern. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Amtsparteien in den Vorgesprächen ihre kritische Einstellung zu möglichen Auswirkungen eines Erwerbs der PaperNet auf den Markt des Papiergroßhandels bereits zum Ausdruck gebracht hatten, sodass der Antragsgegnerin hätte bewusst sein müssen, dass gerade die vollständige Darstellung der Berührungspunkte der Transaktion zum Papiergroßhandel für die Amtsparteien von großem Interesse war.

Zur Höhe der Geldbuße ist zunächst festzuhalten, dass das Kartellgericht gem § 36 Abs 2 KartG keine höhere Geldbuße verhängen darf als beantragt. Es erübrigt sich daher eine Prüfung, ob eine höhere Geldbuße in Frage gekommen wäre.

Im Übrigen kann zur Angemessenheit der Höhe der beantragten Geldbuße auf die Erwägungen der Bundeswettbewerbsbehörde verwiesen werden. Wie oben erwähnt, setzt das Funktionieren der Fusionskontrolle eine in allen erheblichen Punkten zutreffende Darstellung des Inhalts der angemeldeten Transaktionen durch die Anmelder voraus, um den Wettbewerbsbehörden die Einschätzung ihrer Tragweite zu ermöglichen. Eine Geldbuße nach § 29 Abs 2 lit b KartG muss daher eine ausreichende Abschreckungswirkung haben, um die Anmelder zur Anwendung entsprechender Sorgfalt bei der wahrheitsgemäßen und irreführungsfreien Darstellung des Zusammenschlusses anzuhalten. Die Berücksichtigung einer Bereicherung oder einer „Dauer“ des Verstoßes ist angesichts eines nur auf eine unrichtige oder irreführende Erklärung gegenüber den Wettbewerbsbehörden abstellenden Tatbestandes wohl schon begrifflich weitgehend ausgeschlossen.

Der Bundeswettbewerbsbehörde ist auch zuzustimmen, dass für die Beurteilung der Schwere des Verstoßes kein Vergleich mit Tatbeständen des § 29 Z 1 KartG anzustellen ist, weil diese Bestimmung von vornherein eine um das Zehnfache höhere Obergrenze der Geldbuße vorsieht. Innerhalb der „formalen“ Verstöße nach § 29 Z 2 KartG ist der Verstoß angesichts des erwähnten Umstandes, dass der Anmelderin das große Interesse der Amtsparteien an einer vollständigen Darstellung gerade im Hinblick auf allfällige Berührungspunkte der Transaktion zum Markt des Papiergroßhandels aus den Vorgesprächen bekannt sein musste, als erheblich einzustufen.

Richtig ist, dass die rasche Verfahrensbeendigung durch Abgabe eines Anerkenntnisses bzw durch die Außerstreitstellung des Sachverhalts als mildernd zu berücksichtigen ist. Im Vordergrund steht hier bei der Beurteilung nach den Kriterien des § 30 KartG aber die hohe Finanzkraft sowohl des Gesamtkonzerns der Heinzel-Gruppe als auch der unmittelbar betroffenen österreichischen Europapier-Gruppe, die zur Erzielung einer ausreichenden Abschreckungswirkung auch eine entsprechend hohe Geldbuße erfordert.

Zutreffend verweist die Bundeswettbewerbsbehörde auf die Judikatur des KOG, nach der es sich bei der Obergrenze von 1% des Gesamtumsatzes des Gesamtunternehmens um keine „Kappungsgrenze“, sondern um die Obergrenze eines Geldbußenrahmens handelt, innerhalb dessen die Geldbuße unter Berücksichtigung der nicht taxativ aufgezählten gesetzlichen Bemessungsfaktoren sowie der Umstände des Einzelfalls auszumessen ist (s 16 Ok 2/15b, 16 Ok 8/15k). Nach den oben dargestellten Erwägungen ist die von der Bundeswettbewerbsbehörde hier beantragte Geldbuße von EUR 750.000,--, die etwa 5% der Obergrenze des Geldbußenrahmens entspricht, nicht als überhöht zu erachten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."


Ausdruck vom: 04.12.2024 22:05:30 MEZ