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Aktenzeichen:

Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) (020), 28 St 3/23x

Veröffentlicht durch:

OStA Wien (038), 11 OStA 103/22z

Bekannt gemacht am:

17.10.2023


Entscheidungsdatum:

07.06.2023

Einstellungsgrund

§ 190 Z 2 StPO


Gegen Mag. A*** bestand der Anfangsverdacht, er habe als T*** von Y***, somit als Amtsträger iSd § 74 Abs 1 Z 4a lit b StGB, zumindest einmal zu einem nicht bekannten Zeitpunkt im Jahr 2018 in Y*** für die pflichtgemäße Vornahme eines Amtsgeschäfts, und zwar eines behördlichen Verfahrens im Zusammenhang mit Betriebsbewilligungen, für einen Dritten, und zwar für den Z*** Y***, einen Vorteil in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert gefordert, von dem ein Teil auch für außerhalb des Verwendungszwecks liegende Interessen verwendet werden sollte, indem er gegenüber einem unbekannten Y*** Unternehmer um Inserate für das Z*** -Magazin „Y*** U***“ in Form von Serien mit Beträgen zwischen 10.000 Euro und 30.000 Euro warb und dabei gleichzeitig politisches Entgegenkommen bei Betriebsbewilligungen in Aussicht stellte.

Damit bestand der Anfangsverdacht des Vergehens der Vorteilsannahme nach § 305 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB.

Der Anfangsverdacht ließ sich aus der medialen Berichterstattung in den Medien Y*** Q*** , R*** und dem Nachrichtenportal S*** (s***.at) im Zeitraum zwischen 21. April 2022 und 29. April 2022 und speziell zu Mag. A*** insb aus der in dem Medium Y*** Q*** auszugsweise veröffentlichten eidesstattlichen Erklärung eines unbekannten Y*** Wirtschaftstreibenden ableiten. Nachdem der Name dieser Person dem Medium bekannt war, ergaben sich daraus auch Ermittlungsansätze, zumal davon auszugehen war, dass durch das Medium eine Prüfung des Sachverhaltes vor Veröffentlichung, insb auch zur Identität des Wirtschaftstreibenden, vorgenommen wurde. Die online abgebildete eidesstattliche Erklärung vom 21. April 2022 lautet wie folgt:

Eidesstattliche Erklärung:

Hiermit erkläre ich [geschwärzt durch Medium] an Eides statt wie folgt:

Ich war [geschwärzt durch Medium] von 2014 bis 2018 in [geschwärzt durch Medium] Unternehmen tätig, die zu den größten in Y*** zählen.

Ich wurde vom Z*** mehrfach kontaktiert, mit dem Wunsch, Inserate in seinem Magazin zu übernehmen und Sponsoring zu betreiben. Ich habe das durchgehend abgelehnt, weil ich es für nicht sinnvoll hielt.

P*** kontaktierte mich immer wieder persönlich, in zwei Fällen kam er auch als Gefolgschaft von T*** A*** zu mir, zuletzt war das 2018 so. Der T*** hat dabei klar deponiert, dass er wünscht, dass man sich für die „Y*** U***“ engagiert und auch entsprechend Inserate bezahlt. [geschwärzt durch Medium]“

Nach der Medienberichterstattung lukrierte der Z*** Y*** zusammengefasst seine Gelder zum größten Teil über sein Magazin "Y*** U***". Dieses Magazin habe in den Jahren 2016 bis 2021 rund 4,5 Millionen Euro über Inseratenerlöse eingenommen. Aus diesem Umstand in Verbindung mit den weiteren medialen Ausführungen, wonach – gemäß den Erhebungen der Y*** Finanzstrafbehörden – der Z*** Y*** in den vergangenen Jahren insgesamt 1,5 Millionen Euro an die Partei W*** Y*** bezahlt habe, ergab sich der Verdacht, dass die für das Z***-Magazin „Y*** U***“ lukrierten Inseratenerlöse nicht zur Gänze in einem adäquaten Austauschverhältnis standen, sondern dass sie zumindest teilweise für außerhalb des Verwendungszwecks liegende Interessen verwendet wurden; dies ließe sich auch daraus ableiten, dass Mag. A*** – nach der ursprünglichen Verdachtslage – selbst für Inserate geworben haben soll, obwohl er keine organschaftliche Funktion beim Y*** Z*** innegehabt habe. Diese Vorwürfe wurden medial von Mag. A*** stets bestritten.

Die Journalistin B*** gab über mehrmalige Nachfrage die Identität des Verfassers der eidesstattlichen Erklärung nicht bekannt. Sie teilte mit, ihr Redakteur und sie würden sich bei einer allfälligen Vernehmung als Zeugen zur eidesstattlichen Erklärung auf das Redaktionsgeheimnis berufen. Es wurde auch versucht, den Verfasser der eidesstattlichen Erklärung zur Kontaktaufnahme mit der WKStA über das anonyme Hinweisgebersystem BKMS zu bewegen, was allerdings nicht gelang.

Die Vernehmung des aufgrund eines Auftritts im öffentlichen Rundfunk bekannten Zeugen C*** ergab keine Mag. A*** belastenden Umstände. Anonyme Eingaben an die WKStA erbrachten ebenfalls keine neuen Ermittlungsansätze oder belastende Umstände.

Der Zeuge D*** gab unter Bezugnahme auf einen Zeitungsartikel auf S***.at vom 21. April 2022 an, er habe von mehreren Unternehmen in den Jahren 2016 und 2017 gehört, dass auch Mag. A*** im Land um Inserate für das Z***-Magazin gekeilt habe, verweigerte aber weitere Angaben unter Berufung auf das Redaktionsgeheimnis. In einer zweiten Vernehmung führte er (nur) die X*** GmbH als entsprechendes Unternehmen an, die eidesstattliche Erklärung stamme „offenbar“ vom damaligen Finanzgeschäftsführer der Jahre 2016 und 2017 der X*** GmbH. In seiner dritten Vernehmung als Zeuge ergänzte er, dass seine Angaben bezüglich mehrerer Unternehmen auf seiner Schlussfolgerung basieren, dass Dipl.-Kfm. E*** bei zwei Unternehmen beschäftigt gewesen sei und das Keilen um Inserate bei beiden Unternehmen stattgefunden habe. Dies habe er „am Rande“ mitbekommen. Persönlich habe er aber (zusammengefasst) keine Wahrnehmung zum Keilen von Inseraten. Wer ihm seine Informationen mitgeteilt habe, könne er heute nicht mehr sagen.

Aufgrund der Angaben des Zeugen D*** wurde Dipl.-Kfm. E*** als Zeuge vernommen. Er gab – auch im Hinblick auf seinen Karriereverlauf – glaubwürdig an, die eidesstattliche Erklärung nicht verfasst zu haben. Er könne sich nicht erinnern, ob Mag. A*** um Inserate in der Z***-Zeitung gebeten habe. Er glaube nicht, dass die X*** GmbH während seiner Beschäftigungszeit bis zum Jahr 2017 Inserate in der ***-Zeitung gekauft habe; dies wäre aus seiner Sicht sinnlos gewesen. Hätte man aggressiv um Inserate gekeilt, würde er dies noch heute wissen.

Der Zeuge Mag. F*** gab an, dass er zwar mehrere Firmenbesuche mit Mag. A*** durchgeführt habe, stellte aber klar, dass in seiner Gegenwart nie um Inserate gekeilt worden sei und er dazu auch keine Wahrnehmungen habe; auch zur Person des Verfassers der eidesstattlichen Erklärung konnte er keine Angaben machen.

Auch den Aussagen von weiteren in dem Verfahren vernommenen Zeugen (G***; H***; Mag. I***; J***; K***; L***) und Beschuldigten (M***; Mag. N***; Mag. O***) sind keine Mag. A*** belastenden Umstände zu entnehmen.

Schließlich gab auch der Beschuldigte Dr. P*** in einer schriftlichen Stellungnahme an, dass er keinerlei Wahrnehmungen dazu habe, dass Mag. A*** gegenüber irgendjemandem deponiert habe, er möge Inserate schalten; er halte dies für ausgeschlossen, zumal er diesen bei Betriebsbesuchen begleitet habe.

Schon aus zahlreichen Medienauftritten und -berichten ist bekannt, dass der Verdächtige den Tatvorwurf entschieden in Abrede stellt. Aufgrund der Ermittlungen liegen sohin keine unmittelbaren Aussagen vor, die Mag. A*** konkret belasten (vgl § 48 Abs 1 Z 2 StPO), zumal sich der Zeuge D*** im Wesentlichen auf „Hörensagen“ berief und die Quellen seiner Informationen nicht darlegen konnte.

Der anonyme Verfasser der eidesstattlichen Erklärung konnte nicht ausgeforscht werden. Weitere erfolgversprechende Ermittlungsansätze sind nicht erkennbar; der Anfangsverdacht konnte durch die Ermittlungen nicht erhärtet bzw bestätigt werden. Daher war das Verfahren gegen Mag. A*** wegen § 305 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB aus tatsächlichen Gründen gemäß § 190 Z 2 StPO einzustellen.





Ausdruck vom: 08.05.2024 13:41:31 MESZ