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Kategorie:

Kartell

Dienststelle:

OLG Wien (009)

Aktenzeichen:

27 Kt 20/14


Bekannt gemacht am:

27.05.2014

Entscheidungsdatum:

25.03.2014


 

Über die Antragsgegnerin wird wegen Zuwiderhandlung gegen Art 101 AEUV und § 1 KartG 2005, nämlich vertikaler Preisabstimmungen im Zusammenhang mit der Behinderung eines Absatzkanals (Online-Verkauf) von Elektronikprodukten, insbesondere Receivern, im Zeitraum 1.1.2010 bis 31.12.2012, gemäß § 29 Z 1 lit a und lit d KartG 2005 eine Geldbuße von EUR 350.000,-- verhängt.

Begründung

Die Antragstellerin beantragte die Verhängung einer Geldbuße nach § 29 Z 1 lit a und d KartG 2005 in Höhe von EUR 350.000,--. Sie brachte im Wesentlichen vor, die Antragsgegnerin sei Anbieterin von Unterhaltungselektronik. Von Anfang 2010 bis Ende 2012 habe es im Produktbereich Unterhaltungselektronik – meist im Zusammenhang mit legitimen Verhandlungen über Einkaufspreise - vertikale Abstimmungen über Wiederverkaufspreise zwischen der Antragsgegnerin und einer Reihe von Unternehmen des Handels gegeben. Weiters sei es vor allem bei Selektivprodukten zu Einschränkungen durch die Antragsgegnerin in Bezug auf den Online-Vertrieb gekommen, indem beispielsweise bestimmte qualitativ besonders hochstehende Produkte der Antragsgegnerin nicht über das Internet vertrieben werden sollten. Dies habe insbesondere Receiver betroffen. Die Antragsgegnerin habe wiederholt sowohl schriftlich als auch mündlich Handelsunternehmen kontaktiert, um zu erreichen, dass sie Angebote im Internet unter dem von der Antragsgegnerin vorgeschlagenen Preisniveau aus dem Netz nehmen. Die Händler hätten die Preisvorstellungen der Antragsgegnerin in ihrer Preispolitik teilweise berücksichtigt. Dieses Verhalten sei als Zuwiderhandlung gegen Art 101 AEUV und § 1 KartG 2005 zu werten und einer Rechtfertigung nach Art 101 Abs 3 AEUV bzw. § 2 KartG nicht zugänglich. Hinsichtlich der Höhe der beantragten Geldbuße habe die Antragstellerin die in § 30 KartG enthaltenen Kriterien berücksichtigt, insbesondere die Tatsache, dass die Antragsgegnerin den prozessualen Aufwand durch die Außerstreitstellungen vor Einbringung des Bußgeldantrags erheblich reduziert habe. Bei der Berechnung der Geldbuße sei die Antragstellerin von einem Grundbetrag von 10% des Gesamtumsatzes der betroffenen Produkte für das Jahr 2012 ausgegangen und habe ihn mit der Dauer des Verstoßes von drei Jahren multipliziert. Weiters habe sie einen Nachlass von 10% für die Kooperation bei der Aufklärung sowie von 20% für die Reduktion des Verfahrensaufwandes durch die einvernehmliche Verfahrensbeendigung gewährt. Damit errechne sich eine Geldbuße von EUR 350.000,--.

Der Bundeskartellanwalt schloss sich dem Antrag der Antragstellerin an.

Die Antragsgegnerin stellte den von der Antragstellerin vorgebrachten Sachverhalt außer Streit, erstattete kein Vorbringen zu möglichen Rechtfertigungsgründen nach Art 101 Abs 3 AEUV oder § 2 KartG und sprach sich nicht gegen die Höhe der beantragten Geldbuße aus.

Das außer Streit gestellte Verhalten der Antragsgegnerin umfasst vertikale Abstimmungen über Wiederverkaufspreise zwischen ihr und einer Reihe von Unternehmen des Handels und Einschränkungen durch die Antragsgegnerin in Bezug auf den Online-Vertrieb, vor allem von Selektivprodukten, insbesondere Receivern. In diesen Zusammenhang kontaktierte die Antragsgegnerin schriftlich und mündlich Handelsunternehmen, um zu erreichen, dass sie Angebote für Produkte der Antragsgegnerin unter dem von Letzterer vorgeschlagenen Preisniveau aus dem Netz nehmen. Derartige vertikale Abstimmungen über Wiederverkaufspreise und Vertriebseinschränkungen stellen Kernverstöße gegen Art 101 AEUV dar und widersprechen dem Kartellverbot des § 1 KartG 2005.

Rechtfertigungsgründe sind nicht erkennbar und wurden von der Antragsgegnerin auch nicht geltend gemacht.

Die beantragte Höhe der Geldbuße, über die das Kartellgericht gemäß § 36 Abs 2 letzter Satz KartG nicht hinausgehen kann, steht mit den Kriterien des § 30 KartG in Einklang. Bei der Bemessung der Höhe war auch maßgeblich, dass die Antragsgegnerin an der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkte und die entscheidungsrelevanten Sachverhaltselemente des Kartellverstoßes außer Streit stellte.“


Ausdruck vom: 29.03.2024 13:24:32 MEZ